LdN 335: Abschiebungen, Asylvorschläge EU & Flüchtlingsgipfel

Soll es nicht. Habe ich auch so nicht geschrieben.

Wer hat denn gesagt, dass das keine Strafen sein sollen?
Auch hier interpretierst du etwas in die Aussage um deine Frage herleiten zu können.

Welchen Gegensatz meinst du?
Ein System was auf Bestrafung setzt, sperrt die Leute ein und wirft den Schlüssel weg, respektive irgendwelche Zwangsdienste. So z.B. USA oder Russland.
Ein System was auf Resozialisierung setzt, sperrt die Leute auch ein, aber vergisst sie dort eben nicht. Es gibt die Möglichkeit die Leute auszubilden/ weiterzubilden um so z.B. Möglichkeiten zur Arbeitsaufnahme zu schaffen, auch der offene Vollzug ist ja so ein Ansatz der eine Möglichkeit zur Interaktion mit der Gesellschaft bietet um so einen Rückfall in die Kriminalität vorzubeugen.

Funktioniert nicht immer und ist auch sicher noch verbesserungswürdig, aber auf jeden Fall besser als X Jahre einsperren und danach einfach vor die Tür setzten mit der Aufforderung sich um sich selbst zu kümmern.

Das ist dann die Steilvorlage zur Rückkehr für die nächste Strafe.

Weil man nach irgendwas gehen muss.
Wenn ein Verurteilter sämtliche Angebote zur Resozialisierung ausschlägt und einfach nach kurzer Zeit wieder im Knast landet: wie willst du das anders werten?

Wird es zumindest von meiner Seite nicht, nur gibt es in meinen Augen gute Argumente das Problem unterschiedlich zu lösen.

Eine mögliche nennt sich z.B. Sicherheitsverwahrung.
Und das Verständnis für solche Menschen ist ebenfalls nicht vorhanden, nur dass man die halt einfach innerhalb Deutschlands rum reicht, weil niemand sie so wirklich haben will.

Fortsetzung:

Ja. Denn mir fehlt irgendwie das Verständnis dafür warum man solchen Leuten einfach immer nur mehr Geld für Maßnahmen hinterher werfen soll, wo sie doch durch ihr Verhalten deutlich machen, dass sie die Maßnahmen gar nicht wollen.

Und nochmal, es geht gar nicht um Leute die beim „Erschleichen von Beförderungsleistungen“ oder „Mundraub“ erwischt werden.

Sondern z.B. um Solche die meinen sich ihren Lebensunterhalt durch Einbruch oder schweren Raub zu verdienen.

Du kannst auch gerne eine gute Begründung dafür liefern, warum man einen Migranten der einen Bankraub begeht und nach Bestrafung mir Integrationsangebot gleich noch einen Bankraub durchführt nochmal durch das System schleusen soll.

Bei Sexualstraftaten muss man halt Abwegen, erstens was es für eine ist und auch warum sie begangen wurde. Danach kann man entscheiden ob eine Resozialisierung/ Integration möglich ist oder nicht.

Und immer wichtig: es ist eine Meinung die pauschalisiert ist. Es gilt aber immer eine Einzelfallentscheidung.

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Die Begründung dafür, Menschen in einer gleichen Situation gleich zu behandeln, lautet Rechtstaat. Begriffe wie „durch das System schleusen“ oder „Geld für Maßnahmen hinterherwerfen“ klingen ja so, als bekomme man quasi Belohnungen vom Staat, wenn man wegen einer Straftat verurteilt wird. Daraus folgt für mich:
Wenn jemand diese Maßnahmen für sinnlose Ausgaben hält - warum gehören sie dann nicht generell auf den Prüfstand, zumindest bezogen auf Mehrfach- oder Intensivstraftäter:innen?
Die Unterscheidung nach Staatsangehörigkeit ist an diesem Punkt nur dann sinnvoll, wenn man davon ausgeht, dass diese ein entscheidendes Kriterium für die Wirksamkeit bestimmter Maßnahmen ist.

Eine Abwägung im Einzelfall ist sicherlich immer sinnvoll - auch das ist ja ein wesentliches Prinzip des Rechtsstaats. Tatsache ist aber, dass die (potenzielle) Doppelbestrafung durch aufenthaltsrechtliche Sanktionen diese de facto häufig unterminiert. So können Leute etwa wegen Fahrens ohne Ticket ihren Aufenthaltsstatus verlieren - sogar noch nach einer (teil-)verbüßten Strafe! Statt einer wohlwollenden Prüfung im Sinne der Resozialisierung greift beim Ermessensspielraum von Richter:innen und Ausländerbehörden nicht selten der Leitgedanke „so jemanden wollen wir unserer Gesellschaft nicht zumuten“ - und das ist der Unterschied ums Ganze, denn diese Option gibt es bei Deutschen nunmal nicht.

Natürlich nicht, aber der Rechtsstaat kostet halt Geld.

Mir fehlt daher in deiner gesamten Aussage eine Begründung, warum Deutschland dieses Geld für jemanden aufbringen soll, der aus freiem Willen nach Deutschland gekommen ist und nicht via Geburt sich aber eben diesem Rechtsstaat nicht beugen will.

Du kannst es also gerne nochmal versuchen mit einer Begründung, warum ein Abschiebung von Straftätern so dermaßen schlimm ist, dass es in jedem Fall ausgeschlossen werden muss und Deutschland die Kosten tragen muss.

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Und schon wieder eine unzulässige Gleichsetzung von Staatsangehörigkeit und Migration.
Einem Rechtsstaat „beugt“ sich übrigens jeder Mensch, der sich von einem ordentlichen Gericht in einem Verfahren zu einer Strafe verurteilen lässt. Ich finde es wirklich erschreckend, mit welch rechtslastiger Law-and-Order-Rhetorik hier teilweise argumentiert wird.

Ich habe oben doch recht ausführlich geschildert, warum langfristige Bleiberechte letztlich eine Vorstufe der Staatsangehörigkeit sind.

Es sind aber eben keine gleichen Situationen.

Mal ein anderes Beispiel, wo es ähnlich läuft:

Wenn jemand verbeamtet werden will, sollte er tunlichst keine schweren Straftaten begehen, denn wer hier verurteilt wird, wird als „Nebenwirkung“ einer entsprechend hohen Strafe auch nie in ein Beamten-Verhältnis kommen. Ist das für dich auch eine Doppelbestrafung?

Was beide Sachverhalte eint ist, dass es hier um Menschen geht, die in einer Anwärter-Position sind. Der eine will gerne Beamter werden, der andere will gerne einen langfristigen Aufenthaltstitel in Deutschland haben. Und in beiden Fällen führt eine rechtskräftige Verurteilung ab einer gewissen Höhe dazu, dass diese Anwartschaft in’s Leere laufen wird. Und in beiden Fällen geht es um die charakterliche Eignung der betroffenen Person.

Wie gesagt, ich kann total verstehen, dass man gerne auf Abschiebungen verzichten würde und ich bin auch der letzte, der leichtfertige Abschiebungen befürworten würde, aber diese generelle, pauschale Ablehnung jeder Abschiebung in jedem Fall halte ich für problematisch.

Du siehst das als „rechtslastige Law&Order-Rhetorik“, ich hingegen sehe es als gewissenhafte Abwägung in Einzelfallentscheidungen. Wie gesagt, es geht hier nicht darum, Leute abzuschieben, die kleinere Diebstähle oder Sozialhilfemissbrauch begangen haben - oder sich gar über absurde aufenthaltsrechtliche Beschränkungen hinweggesetzt haben. In solchen Fällen bin ich auch gegen Abschiebungen. Es geht hier um die Frage, ob in wirklich harten Fällen, daher im Falle langjähriger Haftstrafen, eine Abschiebung - wenn möglich - vollzogen werden sollte. Wie gesagt natürlich nicht in Staaten, in denen den Menschen Folter oder Verfolgung droht…

Ich denke, meine Position im Hinblick auf Abschiebungen liegt auf einer Rechts-Links-Skala schon ziemlich weit im linken Bereich - aber halt eher 7 oder 8 und nicht bei 10, wie deine Position, wenn du Abschiebungen ganz kategorisch und ohne Ausnahme ablehnst. Deine Position finde ich dabei durchaus sympathisch, aber ich könnte sie nicht guten Gewissens vertreten, weil ich sie für zu idealistisch halte. Deine Wahrnehmung, meine Position sei eine rechtslastige Law&Order-Position dürfte daran liegen, dass von deiner Warte aus alles „rechts“ ist, eben weil du dich in dieser Frage am äußersten linken Rand positionierst. Daher würde ich darum bitten, die Diskussion etwas differenzierter zu betrachten und meine Position im Kontext des gesamten politischen Spektrums einzuordnen - und da ist sie definitiv nicht „rechts“.

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Ich verstehe zwar nicht ganz, warum Du einen Satz, der klar erkennbar auf eine konkrete Aussage von @Olaf.K bezogen war, jetzt so interpretierst, als hätte ich damit auf Dein Argument geantwortet, aber bitteschön: Ob das wirklich so ist, sei mal dahingestellt. Doch selbst wenn das eine „Vorstufe“ des anderen wäre, wären hier Lebende Menschen ohne Staatsangehörigkeit nicht automatisch Migrant:innen. Daher ist die Gleichsetzung unzulässig.

Die Doppelbestrafung ist eine empirische Tatsache. Dass von dieser Möglichkeit relativ großzügig und oft auch willkürlich Gebrauch gemacht wird, ebenfalls - sonst gäbe es z. B. keine Werbung von Anwält:innen, die sich genau darauf spezialisiert haben.
Die Frage ist nun also, wie diese Doppelbestrafung legitimiert wird. Da argumentierst Du mit dem "Anwärter-Status. Das bedeuten de facto, dass bei ohne Staatsangehörigkeit hier lebenden Menschen quasi ihr gesamtes Handeln unter Vorbehalt steht - wohlgemerkt mit einer viel stärkeren Aufmerksamkeit auf potenzielles Fehlverhalten und einer sehr viel restriktiveren Bestrafung bei tatsächlichem Fehlverhalten (beides wirst Du als Ex-Jura-Studi sicherlich bestätigen können) - bis hin zum kompletten und dauerhaften Verlust der ökonomischen Existenz und des sozialen Umfelds, ohne irgendeine Chance auf Resozialisierung. Zudem wird dieses Prinzip selbst auf Menschen angewandt, die hier geboren wurden (was eben beileibe nicht automatisch zu einem Aufenthaltstatus führt, der als „Vorstufe zur Staatsangehörigkeit“ angesehen werden kann). Wenn das für Dich gerechtfertigt klingt, muss ich das so akzeptieren - für mich tut es das nicht.

Diese Bemerkung bezog sich auf eben das: eine bestimmte Rhetorik, also ein bestimmte Set an Begriffen, Figuren und Metaphern - und nicht auf das Argument an sich. Ich habe auch niemandem als Person vorgeworfen „rechts“ zu sein - und erst recht nicht „von meiner Warte aus alles“ - zumal auch die Aussage mit der Rhetorik erkennbar auf einen Post von Olaf bezogen war und nicht auf Dich.

Ich bitte darum, genau zu lesen, was ich geschrieben habe und hier nicht irgendwelche Pappkameraden zu konstruieren. Deinen Aufruf zur Differenzierung kann ich insofern nur unterstützen!

Naja, du forderst letztlich ein Vorgehen von der Politik, welches in keinem anderen Staat aktuell praktiziert wird (dh. der Verzicht von Abschiebungen generell) und die Diskussionsgegner argumentieren, dass es einen Grund hat, warum kein Staat auf Abschiebungen verzichtet, selbst die sozial progressivsten Staaten nicht.

Du machst dann die Unterscheidung zwischen Staatsangehörigkeit und Migration auf, aber hier wird dir entgegnet, dass wenn wir generell nicht abschieben, die Grenze zwischen Staatsbürgerschaft und Migration nicht mehr relevant ist. Denn ein zentrales Element der Staatsbürgerschaft ist ja gerade, dass der Staat für den Bürger verantwortlich ist und ihn deshalb nicht abschieben darf. Ein Aufenthaltsrecht, welches Abschiebungen grundsätzlich nicht zulässt, sorgt eben dafür, dass der Staat für die Migranten die gleichen Verpflichtungen übernimmt, die er eigentlich nur gegenüber Staatsbürgern hat.

Daher argumentiere ich, dass die Unterscheidung zwischen Staatsbürgerschaft und mangels Abschiebung quasi unbegrenzten Aufenthaltsrechten in der Diskussion wenig sinnvoll ist. Du konntest dem bisher nichts entgegnen, außer Formalitäten (Staatsbürgerschaft ≠ Migration).

Dass Nichtdeutsche durch strukturellen Rassismus stärker im Fadenkreuz der Ermittler sind und auch durchaus härter vor Gericht bestraft werden (u.a. wegen schlechteren Sozialprognosen, die wiederum auch in subtilen Rassismus begründet sein können usw.), da stimme ich dir wieder völlig zu.

Aber wir reden hier über Verurteilungen zu langjährigen Haftstrafen wegen schweren Verbrechen - wie gesagt, wir wollen alle nicht, dass Menschen wegen kleineren Delikten abgeschoben werden. Wir ziehen hier die Grenze bei Tötungsdelikten und ähnlich schweren Straftaten.

Unbillige Härten müssen dabei natürlich berücksichtigt werden, wie gesagt, eine Abschiebung in Folterstaaten ist generell unmöglich. Aber die anderen Härten (ökonomische Existenz, soziales Umfeld, länge des bisherigen Aufenthalts in Deutschland) müssen eben abgewogen werden - und das bedeutet wie gesagt, dass eine Einzelfallentscheidung nötig ist. Grundsätzlich gilt dabei, dass der sowohl die Interessen des Aufnahmestaates (hier also Deutschland) als auch die Interessen des Betroffenen zu berücksichtigen sind. Da kann dann auch durchaus bei einem schweren Straftäter das Ergebnis sein, dass man „Gnade vor Recht“ ergehen lässt und ihn nicht abschiebt. Aber das ist kein Automatismus.

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Nein, ich fordere kein bestimmtes Vorgehen, sondern ich fordere (wenn überhaupt) eine Begründung für eine bestimmte Rechtspraxis. Vielleicht ist mein Anliegen nicht richtig rübergekommen. Das kann daran liegen, dass es spezifisch und prinzipiell zugleich ist. Spezifisch, weil ich eben nicht generell über Abschiebungen geschrieben habe. Meine Fragen, die ich anhand von Olafs Beitrag formuliert hatte, bezogen sich auf Abschiebungen als Form der de facto Doppelbetrafung bei Straftaten, also auf einen Sonderfall. Prinzipiell ist mein Anliegen insofern, als ich einen Widerspruch zwischen dieser Funktion als Doppelbestrafung und dem allgemeinen Grundsatz der Gleichbehandlung im Rechtstaat sehe. Die Doppelbestrafung und damit dieser Widerspruch lassen sich m. E. nicht einfach aus dem Staatsangehörigkeitsrecht oder aus der (behaupteten) Notwendigkeit einer Regulation von Migration ableiten, sondern bedürfen meiner Meinung nach einer gesonderten Legitimation. Daher ist es keine „Formalität“, wenn ich argumentiere, dass diese generellen Verweise auf Staatsangehörigkeit und Migration keine Antworten auf meine Frage liefern.

Die Rechtspraxis zeigt m. E. sehr deutlich, dass es um weit mehr geht, als um eine ultima ratio in besonders extremen Fällen, in denen der Rechtstaat sich nicht anders zu helfen weiß - das habe ich ja ausgeführt und dem stimmst Du ja - wenn ich es richtig verstanden habe - auch grundsätzlich zu. Es ist ja nicht so, dass die beschriebenen Härten ein Zufall wären - sie ergeben sich aus der praktizierten Doppelbestrafung. Diese erlaubt es eben, neben der „normalen“ Strafverfogung, die (zumindest auf dem Papier) auf Resozialisierung setzt für bestimmte Menschen quasi parallel eine zweite Logik zu installieren, die stattdessen auf dauerhaften Ausschluss setzt. Und das finde ich problematisch.

Okay, vielleicht sehe ich das zu juristisch.

Das Problem mit dem Begriff der Doppelbestrafung ist, dass wir ihn unterschiedlich deuten.

Juristisch liegt eine Doppelbestrafung in solchen Fällen nicht vor, daher auch mein Vergleich mit dem Beamten-Anwärter. Andere Beispiele wären Disziplinar- und Berufsstandrechtliche Maßnahmen, die ebenfalls i.d.R. an eine Verurteilung geknüpft werden, aber keine Doppelbestrafung ausmachen.

Daher: Wird ein Beamter von einem Strafgericht zu einer mehr als einjährigen Haftstrafe verurteilt, wird als disziplinarische Folge in der Regel die Entlassung aus dem Staatsdienst folgen. Wird ein Arzt, Steuerberater oder Rechtsanwalt wegen bestimmten Straftaten verurteilt, wird die zuständige Kammer (Ärztekammer, Steuerberaterkammer, Rechtsanwaltskammer) ihm ebenfalls seine Zulassung und damit seine berufliche Existenz entziehen, was oft wesentlich schlimmer für den Betroffenen ist, als z.B. das Jahr auf Bewährung, zu dem er verurteilt wurde.

Das alles sind aber juristisch keine Fälle von „Doppelbestrafung“, sondern von Folgen einer Bestrafung, die über die Strafe hinausgehen. Ebenso könnte man argumentieren, dass ein Arbeitnehmer, der zu einer Haftstrafe verurteilt wird und deshalb seinen Job verliert, gegenüber einem Arbeitslosen oder Obdachlosen, der wegen der Haftstrafe nicht seinen Job verliert, doppelt bestraft sei. Auch das ist aber juristisch nicht der Fall, auch das ist einfach eine Folge der Bestrafung, keine zweite Bestrafung.

In all diesen Fällen - und damit auch im Fall der straffälligen Migranten - sind diese indirekten Folgen der strafrechtlichen Verurteilung natürlich vom Richter bei der Festlegung des Strafmaßes zu berücksichtigen. Deswegen werden dann oft Beamte „nur“ zu 9 Monaten verurteilt, damit sie nicht auch noch ihre Karriere verlieren. Aber das geht natürlich nur bis zu einem gewissen Punkt. Wenn der Beamte eine Straftat begeht, für die eine Strafe unter einem Jahr nicht möglich ist, wird er die bittere Pille der strafverschärfenden Folgewirkung der Strafe schlucken müssen.

Wir können uns gerne darauf einigen, dass die Gerichte die extrem zerstörerischen Auswirkungen von Verurteilungen in Fällen, in denen bei Verurteilung ab einem gewissen Maße eine Abschiebung droht, stärker berücksichtigen sollten. Aber wenn nun mal ein Totschlag im Raum steht, wird kein Gericht darum herum kommen, ihn zu einer mehrjährigen Strafe zu verurteilen und wenn es die Praxis im Ausländerrecht ist, in solchen Fällen keine weitere Duldung auszusprechen und die Abschiebung durchzusetzen, ist das zwar bitter für den Betroffenen, aber eben keine Doppelbestrafung.

Kurzum:
Eine „faktische“ Doppelbestrafung dadurch, dass sich die gleiche Strafe auf unterschiedliche Betroffenen ganz unterschiedlich auswirken kann, ist normal und muss vom Richter bei der Zumessung des Strafmaßes berücksichtigt werden. Juristisch liegt keine Doppelbestrafung vor.

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Da sieht man wieder, dass du @Daniel_K deutlich höher gebildet bist als ich ^^
Danke dass du so schön ausdrücken kannst was ich meine :wink:

Ich gehe mal davon aus, dass es im juristischen Sinne keine Doppelbestrafung ist, sonst wäre die geltende Gesetzgebung ja verfassungswidrig. Ich habe ja denke ich zur Genüge beschrieben, dass sich mein Verständnis des Begriffs auf die de facto Auswirkungen auf die Betroffenen bezieht. Mir geht es also nicht um Legalität, sondern um Legitimität.
Ich verlasse also bewusst den formal-juristischen Rahmen. Von daher passt auch der Vergleich mit Beamt:innen aus meiner Sicht nicht. Denn in diesem Fall gibt es keinen gesellschaftlichen Diskurs, der dieser Bevölkerungsgruppe eine spezifische und überdurchschnittliche Kriminalität unterstellt. Der enge Zusammenhang mit diesem Diskurs ist aber ein konstitutives Merkmal der von mir problematisierten aktuellen Regelungen zur Verknüpfung von Strafverfolgung und aufenthaltsrechtlichen Konsequenzen (Stichwort „Gastrecht“) - auch hier wird also m. E. eine Verengung auf eine rein juristische Perspektive der Sache nicht gerecht.

Von mir aus müssen wir nicht unbedingt einigen. Du findest die faktische Doppelbestrafung „normal“, ich finde sie illegitim und problematisch. Vielleicht belassen wir es einfach dabei.

Damit sind wir aber wieder bei der Frage warum, bzw. warum nicht.
Der Frage weichst du die ganze Zeit aus.

Warum sollte Deutschland hier Verantwortung übernehmen für Leute die aus freien Stücken ihre Anwesenheit in Deutschland bestimmt haben?

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Inhaltlich habe ich denke ich meine Position, weshalb ich das von mir als Doppelbestrafung bezeichnete Vorgehen illegitim finde, ausreichend begründet. Es ist mir ehrlich gesagt wichtiger, meinen Standpunkt zu begründen, als auf irgendwelche suggestiv formulierten Fragen zu antworten, die damit nur bedingt zu tun haben.

Ich finde sie auch problematisch, aber ich sehe eben keine Änderung, die realistisch umsetzbar ist und zu einem erwünschteren Gesamtergebnis führt.

Findest du eigentlich nur die faktische Doppelbelastung bei Migranten problematisch, oder auch die bei Beamten, Rechtsanwälten oder Ärzten? Also unabhängig davon, dass Migranten durch strukturellen Rassismus stärker betroffen sind, während die anderen Gruppen zweifelsohne eher privilegiert sind, bleibt es ja dennoch dabei, dass auch hier eine faktische Doppelbelastung vorliegt. Ich kann nachvollziehen, dass das als nicht so problematisch empfunden wird, weil die Doppelbelastung hier die „starken“ und nicht die „schwächsten“ der Gesellschaft trifft, aber eine Doppelbelastung ist es zweifelsohne in beiden Fällen.

Wir kommen vielleicht auch deswegen zu unterschiedlichen Ergebnissen, weil ich stark auf die Gesamtrechnung schaue. Ich bin dafür, dass Deutschland so viele Flüchtlinge aufnimmt, wie es wirtschaftlich möglich ist, also deutlich mehr, als z.B. die Konservativen es wollen. Aber mir ist auch bewusst, dass straffällige Flüchtlinge, die Jahre im Strafvollzug sitzen, unheimlich teuer sind. Wenn wir davon welche abschieben können, um Finanzmittel frei zu machen für Menschen, die eine realistische Chance haben, sich hier ein Leben aufzubauen, sehe ich das als positiv an.

Sowohl finanziell als auch im Hinblick auf die Akzeptanz der Bevölkerung sind schwer straffällige Flüchtlinge einfach sehr, sehr teuer… wenn die Frage daher ist, ob wir 99.900 Migranten und 100 schwere Straftäter oder 120.000 Migranten (dafür aber keine schweren Straftäter) aufnehmen wollen, bin ich doch eher für die 120.000 Migranten.

Bei einer „absoluten“ Sichtweise hingegen wird i.d.R. gar nicht berücksichtigt, dass Ressourcen (egal ob finanziell oder gesellschaftlich/politisch) nun einmal begrenzt sind.

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Nun gut, dann diskutieren wir eben weiter.

Wie schon mehrfach gesagt finde ich die Doppelbestrafung durch beamtenrechtliche Konsequenzen (und Ähnliches) nur bedingt vergleichbar mit den aufenthaltsrechtlichen Konsequenzen für Nicht-Staatsangehörige. Neben der Schwere der Konsequenzen betrifft es wie Du richtig sagst, ganz andere Bevölkerungsgruppen, deren einzig gemeinsames Merkmal es ist, keinen deutschen Pass zu besitzen. Zudem haben rassistische Denk- und Wahrnehmungsweisen nicht nur einen Einfluss auf die Gestaltung der entsprechenden gesetzlichen Regelungen, sondern auch auf die Häufigkeit und Härte von deren Anwendung. Dein Hinweis auf die „Akzeptanz der Bevölkerung“ belegt m. E. genau die Wirkmächtigkeit dieser Diskurse.

Genau dieses Kostenargument macht m. E. deutlich, dass hier auf Angehörige zweier unterschiedlicher Gruppen zwei komplett verschiedene Logiken bzw. Zielvorstellungen angewandt werden. Bei Deutschen wird Strafvollzug als eine sinnvolle Maßnahme angesehen, für die entsprechend Geld ausgegeben wird. Bei Nicht-Deutschen werden dieselben Maßnahmen nun aber plötzlich als finanzielle Belastung angesehen, die es im Sinne der Allgemeinheit zu vermeiden gilt. Genau das meinte ich in einem vorherigen Post mit Resozialisierung versus Ausgrenzung. Mir ist nachwievor nicht ersichtlich, warum bei sonst identischen soziodemografischen Merkmalen die Resozialisierung eines deutschen Straftäters erstrebenswert, aber die Resozialisierung eines nicht-deutschen Straftäters nicht erstrebenswert ist.

Das Kostenargument halte ich in diesem Zusammenhang aus mehreren Gründen für nachrangig.

Fast niemand sieht Strafvollzug als Sinnvoll an - er ist nur leider oft alternativlos, wenn von dem Täter sonst eine Gefahr für die Gesellschaft ausgeht.

Und das ist genau der Punkt, wo sich der Umgang mit Migranten unterscheidet: Hier ist der Strafvollzug nicht alternativlos, weil es (einen kooperativen Herkunftsstaat vorausgesetzt) eine Alternative gibt: Die Abschiebung.

Die (teure) Resozialisierung der eigenen Staatsbürger ist für einen Staat langfristig immer erstrebenswert, eben weil diese Staatsbürger i.d.R. den Rest ihres Lebens in dem Land bleiben werden. An der Resozialisierung eines 30-jährigen Deutsche hat Deutschland daher ein ganz eigenes Interesse, weil die Alternative sonst „teuer Strafvollzug bis zum Tod“ oder „Neue Straftaten nach der Entlassung“ wäre.

Bei einem schwer straffällig gewordenen Migranten hingegen ist es für den Staat langfristig erstrebenswert, dafür zu sorgen, dass diese Person das eigene Staatsgebiet verlässt. Der Staat hat hier kein Interesse, große Geldsummen für Resozialisierungsmaßnahmen auszugeben, wenn er ohnehin wegen der Straftaten (und der damit zwangsläufig verbundenen negativen Integrationsprognose) eine Verlängerung des Aufenthaltstitels ablehnen wird und definitiv keine Einbürgerung dieser Person anstrebt.

Siehst du wirklich nicht, dass hier ganz unterschiedliche Ausgangssituationen bestehen?

Finanzielle Mittel sind nicht unendlich - und große Mengen finanzieller Mittel in die Resozialisierung von Menschen zu investieren, die hier schwerste Straftaten begangen haben, statt damit Migranten zu unterstützen, die zumindest keinen schweren Schaden anrichten, ist doch wirklich nachvollziehbar, auch wenn es sich hart anhört.

Wenn ein Konservativer sich schützend vor alle Polizisten stellt und sich dagegen einsetzt, dass „schwarze Schafe“ bei der Polizei aussortiert werden, würdest du doch auch sagen, dass das ein Problem ist, weil diese schwarzen Schafe das Ansehen der Polizei insgesamt beschädigen.

Exakt die gleichen Argumentationsmuster gelten hier auch. Man tut der Gesamtgruppe (dh. Migranten oder Polizisten) absolut keinen Gefallen, wenn man die schwarzen Schafe in dieser Gruppe schützt, so nobel die Motive auch sein mögen.

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Kurz gesagt: Nein, ich sehe unterschiedliche Bewertungen einer gleichen Ausgangslage. Zum Kostenargument habe ich mich bereits geäußert. Zudem lese ich die Aussagen zum Zweck des Strafvollzugs etwa in § 2 StVollzG deutlich anders als das was als dessen Ziel beschreibst. Ich glaube die Argumente sind ausgetauscht, wir werden uns in diesem Punkt nicht gegenseitig überzeugen.

Das was du als suggestive Frage bezeichnest, ist der Kern der gesamten Diskussion.

Sobald du eine gute Antwort darauf hast, warum der deutsche Staat das machen sollte, kannst du das Fass der „Doppelbestrafung“ aufmachen.

Vorher wird es Rumeierei, von wegen du argumentierst zuerst juristisch um dann einen Rückzieher zu machen, dass es ja juristisch gar nicht falsch ist.

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Es ist eine Frage, die Du in den Mittelpunkt rückst. Dabei argumentierst Du mit genau jener Unterscheidung, deren Legitimität ich infrage stelle. Da beißt sich das Einhorn in den Schwanz.