LdN 335: Abschiebungen, Asylvorschläge EU & Flüchtlingsgipfel

Korrektur zum Kapitel „Migration – Pläne der EU-Kommission in der Kritik“

Ab Minute 36 heißt es in der Lage:

„Theoretisch solllen diese Menschen, die in der EU angekommen sind, dann zwar in dem Ankunftsland registriert werden, danach aber möglichst schnell auf die anderen Mitgliedsstaaten verteilt werden. Da sollen dann die Asylverfahren durchgeführt werden. Das ist das sogenannte Dublin-System.“

Das ist so in meinen Augen nicht korrekt.

Die aktuell gültige Dublin-III-Verordnung (EU-Verordnung Nr. 604/2013)
regelt tatsächlich, welches Land in der EU für das Asylverfahren zuständig sein soll. Allerdings ist der Mechanismus genau anders herum. Dublin-III benennt mehrere Kriterien für die Zuordnung. Die umstrittenste dürfte aber sein, wonach derjenige Staat für das Asylverfahren zuständig sein soll, in dem der Asylsuchende erstmals die EU betreten hat. Was in den meisten Fällen die Länder an den Außengrenzen sind.

Es ist also genau anders herum, als in der Lage beschrieben: Dublin sieht keine Verteilung aus den Ankunftländern vor, sondern im Gegenteil die Konzentration der Asylverfahren an den EU-Außengrenzen. Diese Lesart wird auch von Pro Asyl geteilt.

Das bestehnde Dublin-System wird von den Ländern an den Außengrenzen der EU als ungerecht wahrgenommen. Eine Reaktion darauf ist es, dass Flüchtende wie in der Lage beschrieben gar nicht erst registriert werden und ihnen so die Asylantragstellung in anderen EU-Ländern ermöglicht wird. Dublin wird so umgangen.

Der in der Lage beschriebene Mechanismus einer Umverteilung in der EU war nach meiner Wahrnehmung ein politisch diskutierter Vorschlag, der aber nie realisiert wurde. Er scheiterte stets am Veto derjenigen Staaten, die glauben von der aktuellen Dublin-III-Regelung zu profitieren.

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Illegale Migration ist weder ein fragwürdiger Begriff noch wie in der Lage gesagt ein „Kampfbegriff“, auch wenn das BMI seit der Ampel selbst mittlerweile von irregulärer Migration spricht.
Es gibt nun mal den schlichten Tatbestand der illegalen Einreise und es gibt auch seit dem Ende der Corona Maßnahmen steigende Schleuserkriminalität nach Deutschland.

Genau so ist es. Und selbst wenn es eine Registrierung oder die Annahme eines Asylantrags gibt, weigern sich Länder wie Italien, Griechenland oder Bulgarien regelmäßig, die Migranten wieder zurück zu nehmen.

Vor allem scheitert es an Ländern wie Ungarn oder Polen, die sich weigern überhaupt geflüchtete Nichteuropäer aufzunehmen.
Dublin III ist an sich tot, was auch jedem, der mit dem System zu tun hat, klar ist. Aber politisch gibt es in Europa einfach keinen Konsens in der Migrationspolitik.

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Nun dann sollte man mit denen zusammenarbeiten mit denen ein Konsens möglich ist und die anderen außen vor lassen, mit dem Hinweis, dass man deren Haltung in der Frage nicht vergessen wird, wenn sie das nächste Mal etwas vorran treiben wollen.

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Und um so einen Beschluss herbeiführen zu können, bräuchte es auf EU-Ebene eine Regeländerung, für die es wiederum einen Konsens braucht - so habe ich zumindest die entsprechende Debatte verstanden, die ja nicht umsonst seit Jahren geführt wird. Zudem sollte man nicht vergessen, dass Deutschland mal einer der wichtigsten Vertreter des Dublin-Verfahrens war, weil sich ja dann die anderen schön kümmern können und man selber Ruhe hat.

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Es gibt eine Idee um Leute (auf dem Land) Einwanderer sponsern zu lassen.

Die Sponsoren haben die Verantwortlichkeit über die Einwanderer, regeln Wohnraum, Job usw. helfen mit akklimatisieren und sind dafür für eine Weile finanziell beteiligt. So bald es da legal etwas zu verdienen gibt dann wird dieses Teil der Bevölkerung sehr schnell kapieren was für sie zu tun ist.

Das wird natürlich schon illegal gemacht von Schleusern was beweist dass das Modell grundsätzlich funktioniert. Stell dich vor die Leute die Flüchtlinge auffingen hatten sofort einen Job für die finden können und hätten dafür auch was gekriegt.

Finde diese Idee interessant, auch wenn ich noch nicht verstanden habe was es da zu verdienen geben soll.

Noch ein anderer Hinweis. Es wird ja immer angeführt wir benötigen junge Menschen für den Arbeitsmarkt. Gestern hab ich im Radio gehört, dass es alleine in Rheinland Pfalz tausende junge Menschen ohne Abschluss und Qualifizierung gibt. Das wären dann bundesweit sicher 1 Million. Mit denen könnte man sich ja auch mal beschäftigen. Das Argument mit dem Arbeitsmarkt wird damit relativiert. (Gerne den Beitrag woanders hinschieben, soll eure Diskussion nicht ablenken)
Edit, Zahlen korrigiert

Ein Teil von den Einkünften.

Die Idee heißt Visen Zwischen Personen und kommt aus Radical Markets.

Es setzt sich damit auseinander dass progressive Menschen die in Großstädten leben Migration befürworten weil sie davon Vorteil haben (diverse Kulturangebote/Essen, Druck auf den niedrigen Segmenten des Wohn- und Arbeitsmarktes). Den Rest hat eher weniger Vorteile upset sogar Nachteile und ist dementsprechend keine Verfechter.

Rheinland-Pfalz hat laut Wikipedia 4,1 Millionen Einwohner ingesamt und der Alterstannenbaum weist auf eine demographische Verteilung wie im Rest der BRD, die Zahl kann nicht stimmen, weil in RP gar nicht so viele junge Menschen leben.

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Danke für den Check. War eine SWR3 Meldung und das habe ich mir falsch gemerkt. Statista spricht von rd 50.000 pro Jahr. Über 20 Jahre also immerhin 1 Mio, in DE

Das unter Menschenverstand abzubuchen setzt aber eben auch den Gedanken voraus, dass der Schaden, den ein Straftäter im Abschiebeland hervorruft, weniger ins Gewicht fällt als der hier.
Klassische Externalisierung von Problemen.
Wir nehmen gerne die Ressourcen und Arbeitskraft aus anderen Ländern in Anspruch und lassen alles Problematische gerne dort.

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Für mich liegt das Missverständnis darin, dass in der Ausweisung/Abschiebung eine Bestrafung gesehen wird. Dabei ist das nur eine mögliche Konsequenz, wenn Bedingungen des rechtmäßigen Aufenthalts nichts mehr erfüllt sind. Gleiches kann Ausländer treffen, wenn zum Beispiel der Lebensunterhalt nicht mehr gesichert ist, oder ein ausländischer Student sein Studium abbricht und es keine andere Rechtsgrundlage für seinen Aufenthalt gibt. Gerade bei ausländischen Straftätern, darf man durchaus zum Ergebnis kommen, dass die Möglichkeit der Abschiebung für die Betroffenen nicht ganz überraschend kommt.
§ 5 Aufenthaltsgesetz regelt, dass unter anderem kein Ausweisungsinteresse bei der Erteilung des Aufenthaltstitels vorliegen darf.
§ 54 AufenthG spezifiziert nun welche Bedingungen erfüllt sein müssen.
In diesem Zusammenhang von Bestrafung zu sprechen ist für mich unangebracht. Die verurteilten Täter sind hier nicht die Opfer.

Im übrigen ist der § 1 AufenthG sehr deutlich in der Darstellung des Zwecks des Gesetzes:

„Das Gesetz dient der Steuerung und Begrenzung des Zuzugs von Ausländern in die Bundesrepublik Deutschland. Es ermöglicht und gestaltet Zuwanderung unter Berücksichtigung der Aufnahme- und Integrationsfähigkeit sowie der wirtschaftlichen und arbeitsmarktpolitischen Interessen der Bundesrepublik Deutschland. Das Gesetz dient zugleich der Erfüllung der humanitären Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland. Es regelt hierzu die Einreise, den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern…“
Tatsächlich ist das Gesetz in vielen Bereichen viel moderater, als der § 1 auf den ersten Blick vermuten lässt. Im Bereich der Familienzusammenführung und aus arbeitsmarktpolitischen Interessen befinden sich deutsche Behörden im gebundenen Ermessen bzw. es besteht teilweise auch Anspruch auf einen Aufenthaltstitel.

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Wow, d.h. wenn wir Bananen aus Ecuador importieren, müssen wir auch Straftäter aus Ecuador zu uns einreisen lassen? Können wir einfach auf die Bananen verzichten und damit die Probleme in Ecuador lassen? Ich glaub, hier wird grad das Prinzip Globalisierung neu gedacht…

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Nein, es ist kein „Missverständnis“. Ich weiß, dass der von mir gewählte Begriff „Doppelbestrafung“ wertend ist, aber ich argumentiere ja gerade damit, dass es neben den strafrechtlichen Folgen (die für alle gleichermaßen gelten) eben aufgrund des Aufenthaltsrechts noch weitere Konsequenzen gibt, die für die Betroffenen de facto eine weitere Bestrafung darstellen. Den Begriff „Opfer“ finde ich in dem Zusammenhang nicht angebracht, ich sage ja nicht, dass Menschen ohne deutschen Pass für Straftaten weniger bestraft werden sollen, als Deutsche - nur eben auch nicht mehr.
Ansonsten taugt der Verweis auf den Inhalt einer gesetzlichen Regelung m. E. nicht als Argument gegen den Zweifel an der Legitimität dieser Regelung - das wäre in der Tat reiner Positivismus (es ist gut so wie es ist, weil es ist wie es ist).

Die Vorstellung von Globalisierung, dass halt irgendwo was wächst, und die Menschen dort verkaufen uns diese Früchte in einer win-win-Situation für alle, erscheint mir recht unterkomplex. Genauso wie die Vorstellung, dass Straftäter eine festgeschriebene Charaktereigenschaft ist.

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So lange es Grenzen gibt, kann man das machen und wer das nicht tut wird von anderen ausgenutzt.

Da gibt es einen Austausch und die Leute dort (zusammen mit die hier) entscheiden sich wie sie diesen Austausch gestalten wollen. Ich sehe da nichts fragwürdiges.

Aber das gilt wie gesagt auch in vielen anderen Kontexten.

  • Der Arbeitnehmer, der seinen Job verliert, weil er in den Knast geht vs. dem Obdachlosen, der keinen Job verliert.
  • Der Beamte, der schon bei Bewährungsstrafen über einem Jahr seinen Job verliert
  • Der Rechtsanwalt, der seine Zulassung verliert.

Nebenbei wurde gerade auch das Einbürgerungsgesetz geändert. Auch für eine Einbürgerung sind - wenig überraschend - bestimmte Straftaten ein Hinderungsgrund, vor allem Antisemitismus und Terrorunterstützung.

Der Kern der Diskussion bleibt, dass es das grundsätzliche Recht eines souveränen Staates ist, darüber verfügen zu können, wer
a) sich auf seinem Staatsgebiet aufhalten darf (daher Visum, Aufenthaltsrecht usw)
b) dem Staatsvolk beitreten darf (Einbürgerung)

Dass diese Punkte von Bedingungen abhängen, ist für mich einfach absolut selbstverständlich. Diese Bedingungen müssen sachlich und verhältnismäßig sein. Einen Aufenthaltstitel oder eine Staatsbürgerschaft daran zu knüpfen, dass eine Person nicht nach deutschem Recht erheblich vorbestraft ist, ist in diesem Kontext ebenso logisch wie die Bedingung für den Eintritt in ein Beamtenverhältnis oder in die Rechtsanwaltskammer daran zu knüpfen.

Von allen Bedingungen, die wir an Aufenthaltstitel und Einbürgerung stellen, ist die Bedingung, keine schweren Vorstrafen zu haben, noch die verständlichste. Bedingungen in finanzieller oder bildungstechnischer Hinsicht (z.B. Spracherwerb bei Menschen, die nur über einen Grundschulabschluss verfügen) halte ich für wesentlich schwerer begründbar, weil die Nichterfüllung dieser Bedingungen oft wesentlich weniger in der Macht der Betroffenen liegt.

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Damit ignorierst du aber komplett die restlichen Beispiele, die angebracht wurden:

Wenn ein deutscher Student sein Studium abbricht, muss er sich halt was anderes suchen.
Wenn ein ausländischer Student sein Studium abbricht muss er im Zweifelsfall das Land verlassen, wenn sein Aufenthaltstitel daran geknüpft ist.

Bei uns hier sind gerade Flüchtlinge aus Syrien verzweifelt auf der Jagd nach Festanstellungen, denn ihr Aufenthaltstitel hängt daran (zumindest solange SD ihren Willen nicht durch bekommen, dann nützt der auch nichts mehr)

Werden solche Leute jetzt in deinen Vorstellungen auch bestraft?
Was tun? Einfach alle bleiben lassen die einmal den Fuß nach Deutschland bekommen haben ?

Ich sehe wenig Sinn darin, auf bereits vorgebrachte Argumente nochmal dasselbe zu entgegen. Ich wollte lediglich auf das Argument des „Missverständnisses“ eingehen, weil es so m. E. hier noch nicht vorkam.

Mich würde mal interessieren, wie viele von euch beruflich praktisch mit Asylbewerben/Ausländern zu tun haben. Weil einige Beiträge erscheinen mir arg lebensfremd. Ich arbeite seit über 5 Jahren hauptsächlich im Bereich Asyl-/Aufenthaltsrecht - und klar gibt es schwarze Schafe, die nicht wollen, aber es gibt auch genug, die hinten runter fallen oder denen es enorm schwer gemacht wird. Schwer gemacht durch umständliche Bürokratie, fehlende Sozialarbeiter, überlastete Jobcenter/Ausländerbehörden/BAMF/Sozialämter.
In der Theorie latschen wie es besser sein könnte, kann ich auch, aber mir wäre mehr Praxis recht und das lieber gestern als morgen.

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