LdN 335: Abschiebungen, Asylvorschläge EU & Flüchtlingsgipfel

Es wäre doch viel besser diese Leute sofort aus dem Asylprozedere zu fasttracken zu einer Migration? Da wären alle damit geholfen.

Wenn man sich Straftäter aussuchen oder loswerden kann, sollte man es nicht lassen. So viel ist einfach gesunder Menschenverstand.

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Das wird erstmal mein letzter Beitrag sein, um die Diskussion hier nicht zum persönlichen Disput aufzublähen.

Ab einem gewissen Punkt, nämlich dann, wenn wiederholt schwere Straftaten wie Körperverletzungen, Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung oder gar gegen das Leben begangen werden, ist - und das ist meine Meinung - mir die Ursache dann auch irgendwann egal. Dann überwiegt das Interesse unserer Gesellschaft, sich vor solchen Menschen und den (auch finanziellen, von der Gesellschaft zu tragenden) Folgen ihrer Taten bzw. etwaiger Folgetaten zu schützen über den potenziellen Nachteilen, die ein Abgeschobener zu befürchten hat, wenn er in ein Land abgeschoben ist, dessen Sicherheitslage mitunter deutlich schlechter als die deutsche ist.

Die Stimmung, die aus der aktuell sehr angespannten Situation erwächst, als reinen Ausdruck von

abzutun, halte ich für ziemlich populistisch. Bereits heute zählt Deutschland zu den Ländern, die - weltweit - je nach Quelle mit 1,45 bzw. 1,3 Millionen am zweit- bzw. viertmeisten Asylsuchende (auf einem hohen Niveau) versorgt.

Ich empfinde dieses Engagement für richtig, auch wenn es für die deutsche Bevölkerung den Eintrag hoher finanzieller Ressourcen abverlangt. Nur ist es mit dem Aufbringen von staatlichen, finanziellen Ressourcen nicht getan - eine solche Aufgabe erfordert ein hohes Maß an gesamtgesellschaftlichem, zivilem Rückhalt.

Und für diesen sind eben - und damit schließt sich meine obige Argumentation - auch psychologische Signale wichtig, die vielleicht angesichts der absoluten Zahlen statistisch gar nicht stark ins Gewicht fallen.

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Guten Morgen zusammen,

was mich regelmäßig ärgert ist, daß Ulf und Philip immer argumentieren, daß ja bezogen auf die Gesamtbevölkerung nur ach so wenige Leute auf der Flucht dazukommen wollen. Das Problem aus meiner Sicht ist, daß es sich halt nicht um einen Einmaleffekt handelt, sondern ständig weiterer Nachschub auf dem Weg ist. Es geht eben nicht darum, einen „Ansturm“ einmalig zu meistern, sondern ständig.

Grüße

Peter

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Auf der anderen Seite brauchen wir genau das, damit unsere Wirtschaft nicht unter dem demografischen Wandel zusammenbricht.

Das Problem ist eher:
Die Konservativen wollen vor allem Fachzuwanderung - die wollen, dass die Migranten, die kommen, am besten schon im Herkunftsland am Goethe-Institut Deutsch gelernt haben und in einem für uns relevanten Bereich voll ausgebildet sind. Aber diese Leute gibt es einfach nicht.

Jetzt haben wir drei Möglichkeiten:
a) Der CDU/FDP-Ansatz: Möglichst gute Bedingungen schaffen, damit möglichst viele Fachkräfte kommen. Dabei kommt es zu einem erheblichen Brain-Drain auf der Seite der Entsendestaaten, aber das stört den Konservativen natürlich nicht. Und es ist sehr unwahrscheinlich, damit den zukünftigen Bedarf auch nur annähernd decken zu können, selbst wenn wir das kanadische System kopieren.

b) Der AfD/NPD-Ansatz: Keine Migration bzw. nur Migration aus „christlichen Ländern“, also noch weiter eingeschränkt als unter a). Absolut unrealistisch und populistisch, aber das ist von diesen Parteien ja auch zu erwarten.

c) Der gesellschaftlich linke Ansatz: Mehr Migration zulassen und die fehlende Ausbildung hier in Deutschland - wo immer möglich - nachholen. Daher: Massive Investitionen in Integration und Berufsausbildung.

Das Problem ist dabei ziemlich identisch mit dem klassischen „Wir finden nicht genug geeignete Azubis“-Problem im deutschen Handwerk. Wir müssen aufhören, zu erwarten, dass uns die „perfekten Kandidaten“ geliefert werden und anfangen, unperfekte Kandidaten aufzubauen und Chancen zu geben. Ich sage daher weiterhin, dass der deutsche Fachkräftemangel vor allem ein Chancengebermangel ist, wenn viele Stellen lieber unbesetzt gelassen werden, als darin zu investieren, einen Kandidaten, der noch nicht optimal ist, aufzubauen, damit er diese Rolle in absehbarer Zeit erfüllen kann.

Ich bin daher klar für Ansatz c: Wir brauchen Migration und müssen viel mehr in Integration und Ausbildung investieren.

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Erster Schritt dahin: Bürokratieabbau bei der Arbeitsgenehmigung.

Denn man könnte ja schon mal mit Hilfsarbeit oder anlernjobbs anfangen, selbst wenn noch nicht klar ist ob Mensch bleiben darf oder nicht.
Schafft Kontakte, Möglichkeiten Deutsch zu üben/verbessern, entlastet die öffentlichen Kassen.

Wenn dann klar ist dass Mensch bleiben kann, ist er/sie/es schon deutlich weiter in der deutschen Sprache und kann wesentlich einfacher für Mangelberufe ausgebildet werden.

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Danke, dass Ihr Euch wieder diesem Thema annehmt! Ich habe drei kurze Kommentare:

  1. Zu dem Argument „die Zahlen sind ja nicht so hoch“:

Volle Zustimmung! Aber: das liegt vor allem daran, dass eine inhumaner und menschenrechtswidriger Kurs an den europäischen Außengrenzen gefahren wird. Deshalb sollten wir uns darauf nicht zurücklehnen. (Siehe auch meinen Post vom Januar [1]. )

  1. Zu den Pushbacks:

Wichtig wäre noch zu erwähnen, dass Pushbacks nicht nur in Südost-Europa durchgeführt werden, sondern auch etwa im Baltikum. Vor einer Woche wurde ein entsprechendes Gesetz in Litauen verabschiedet: Litauen legalisiert Pushbacks | Europa | DW | 02.05.2023
Alle Mitgliedsländer der EU akzeptieren diese Politik mindestens stillschweigend.

  1. Wenn Ihr das Thema wieder aufnehmt:

Mich würde insbesondere interessieren wie sich die deutsche Bundesregierung auf EU Ebene positioniert, und ob da ein Kurs / eine Strategie erkennbar ist?

[1] Vision für eine humane europäische Migrations- und Flüchtlingspolitik

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Ich glaube schon, dass es diese Leute gäbe. Nur zieht es die nicht nach Deutschland, sondern in attraktivere Länder wie Schweden, die Schweiz, Kanada oder Norwegen.

Für gut- und hochqualifizierte Migranten ist Deutschland einfach nicht attraktiv genug:

„Denn bei hochqualifizierten Fachkräften aus dem Ausland fiel Deutschland demnach im Vergleich zu einer früheren Studie aus dem Jahr 2019 gleich um drei Plätze zurück auf den 15. Rang. Die OECD-Staaten Neuseeland, Schweden, Schweiz, Australien und Norwegen sind am attraktivsten. Die Bedingungen in Deutschland hätten sich nicht verschlechtert, aber andere Länder hätten stark aufgeholt.“ Quelle

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Ich kann dieser Aussage nicht zustimmen, Deutschland gehört zu den Ländern in Europa mit der geringsten Jugendarbeitslosigkeit (laut Statista sogar das Land mit der geringsten) und auch gesamtgesellschaftlich haben wir eine super geringe Arbeitslosigkeit.
Ich bin der Ansicht, daß die sehr geringe Arbeitslosigkeit ein klares Zeichen dafür ist, dass uns tatsächlich Arbeitskräfte fehlen und es, in Deutschland, einfach kaum noch Arbeitssuchende gibt, denen man eine Chance geben könnte.

EU – Jugendarbeitslosigkeit in Europa | Statista.
EU - Aktuelle Arbeitslosenquoten in Europa | Statista.

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Liegt deine Schlussfolgerung nicht daran, dass viele Menschen gar nicht in die Arbeitslosenquote aufgenommen werden? Zum Beispiel, wenn die Arbeitserlaubnis fehlt? Der/Diejenige kann dann doch nicht als arbeitssuchend registriert sein.
https://www.dstgb.de/themen/asyl-und-fluechtlinge/aktuelles/fluechtlinge-und-arbeitsmarkt/ https://statistik.arbeitsagentur.de/DE/Navigation/Grundlagen/Methodik-Qualitaet/Methodische-Hinweise/AST-Meth-Hinweise/AST-Meth-Hinweise-Nav.html https://www.tagesschau.de/wirtschaft/konjunktur/hg-arbeitslosenzahlen-101.html
Am Arbeitskräftemangel habe ich jedoch keine Zweifel.

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Guten Morgen, Daniel,

ein Kommentar zu der ersten der drei Möglichkeiten:

a) Der CDU/FDP-Ansatz: Möglichst gute Bedingungen schaffen, damit möglichst viele Fachkräfte kommen. Dabei kommt es zu einem erheblichen Brain-Drain auf der Seite der Entsendestaaten, aber das stört den Konservativen natürlich nicht.

Ich betrachte mich absolut als Konservativen und halte diese Möglichkeit trotzdem für einerseits vollkommen asozial und zum anderen für langfristig kontraproduktiv. Diese Politik sorgt dafür, daß die Herkunftsländer noch weniger Möglichkeiten haben, jemals aufzuholen; ziemlich egal, ob es um wirtschaftliche Entwicklung oder Freiheitsrechte geht. Aber nur Wohlstand und Stabilität in den Herkunftsländern können für weniger mehr oder weniger unfreiwillige Ausreisen sorgen. Außerdem bekommen wir nur mit weiter verbreitetem Wohlstand (vielleicht) das Überbevölkerungsproblem und damit eine der Hauptursachen der Umweltprobleme in den Griff.
Das große Problem ist aber, daß man im Wettbewerb verliert, wenn man als einzelne Nation auf diese Art der Zuwanderung verzichtet, während viele Konkurrenten sie damit noch leichter erfolgreich anwenden können. Wie so oft benötigte unsere globalisierte Welt daher auch an dieser Stelle international abgestimmte Regelungen. (Ich verwende absichtlich den Konjunktiv der Unmöglichkeit.)

Gruß und schönen Sonntag!

Peter

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Ich finde es immer seltsam wenn man für Migration ist während es hier eine massive Wohnkrise gibt (ohne jegliche politisch tragbare Lösung).

In einem Land wo hauptsächlich Mieter leben wäre ein Kollaps des Wohnungsmarkts (zB wegen kleiner werdende Bevölkerung) netto ein positiver Effekt.

Was Wirtschaftswachstum angeht sollte man sich darauf richten das durch effizienteres arbeiten zu schaffen und nicht immer mal mehr Körper einsetzen (um dumm zu schuften).

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Exakt in dieser Spannungslage befinden wir uns, wie leider bei so vielen Themen (siehe z.B. Klimaschutz oder Steueroasen).

Es ist leider immer so, dass derjenige - oder in diesem Fall der Staat - der sich sozial und rücksichtsvoll verhält, Nachteile dadurch erleidet, während die Staaten, die rücksichtslos die eigenen Interessen über das globale Wohl setzen, davon profitieren.

Leider verhindern gerade diese Profiteure auch internationale Lösungen bzw. verwässern internationale Lösungen bis zur effektiven Unwirksamkeit (und wenn sie internationalen Abkommen zustimmen, achten sie natürlich darauf, dass es keinerlei Mittel zur Durchsetzung gibt, siehe Klimaschutzabkommen).

Guter Punkt, letztlich haben wir hier wieder eine typische Multi-Problem-Lage.

Langfristig betrachtet bedeutet der demografische Wandel aber auch, dass viele große Wohnungen, die jetzt noch von der Boomer-Generation (häufig sehr ineffizient) bewohnt werden, bald frei werden.

Hier müssen natürlich Lösungen gefunden werden, aber das ist ein ganz anderes Thema. Langfristig muss die Migration natürlich grob mit dem Wohnungsmarkt vereinbar sein, das war durch die großen Flüchtlingswellen 2015 und durch den Ukraine-Krieg nun nicht mehr der Fall. Aber es soll ja auch nicht der Normalfall werden, dass wir alle paar Jahre plötzlich eine siebenstellige Zahl von Flüchtlingen aufnehmen müssen…

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Eine Lösung um das zu adressieren wäre, analog der Ausbildungsvergütung im Sport, dem Herkunftsland pro ausgebildeter Fachkraft eine Förderung zu geben. 1 Jahreslohn pro Fachkraft, sofern sie länger als 3 Jahre bleibt, wäre eine faire Option.

Ich bin mir sicher, dass das arme Länder dazu bringt massiv in Ausbildung zu investieren.

Dann aber mindestens einen deutschen Jahreslohn, nicht den aus dem Herkunftsland.

Spannender finde ich eigentlich den Ansatz junge Menschen zu holen und hier auszubilden.
Anschließend eine Verpflichtung von X Jahren hier zu bleiben und dann sind sie frei wohin auch immer zu gehen.

Ein Teil wird dauerhaft bleiben, ein Teil wird aber eben die Bildung zurück in die Heimat tragen.

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Ja natürlich.

Ja das fände ich grundsätzlich auch begrüßenswert, aber offensichtlich ist mindestens ein Teil der Bevölkerung dem nicht so offen gegenüber eingestellt wie dafür nötig wäre. Wir können uns die Welt doch nicht malen wie wir sie wollen. Wir müssen Konzepte für die Welt erstellen, die wir haben.

Zumal hat in deinem Ansatz das Herkunftsland mindestens bereits für die schulische Bildung gesorgt und damit massiv Geld investiert.

Ich finde diese Aussagen in mehrfacher Hinsicht interessant und würde gerne ein paar Fragen dazu formulieren - sozusagen in die Runde:

  • Warum soll es von der Art eines Vergehens bzw. von der Länge der dafür angedrohten Strafe abhängen, ob Menschen nach denselben rechtstaatlichen Prinzipien behandelt werden?
  • Wozu gibt es Geld- und Haftstrafen, wenn dies keine „wirklichen Strafen“ sind? Und was wären das für Strafen?
  • Worin soll der Gegensatz zwischen den Zielen Straftaten bestrafen und Täter:innen resozialisieren bestehen? An welchem Punkt schließt sich das gegenseitig aus?
  • Warum wird wiederholte Straffälligkeit als „Ablehnung“ des Prinzips der Resozialisierung gewertet?
  • Warum wird diese vermeintliche Ablehnung in der Regel nur bei Menschen ohne deutschen Pass thematisiert?
  • Welche Konsequenzen sollte es haben, wenn Menschen mit deutschem Pass eine ähnliche „Ablehnung“ zeigen? Wie problematisch ist dann das Verständnis für deren „Anwesenheit“?

De facto wird hier als „Keule“ eine Doppelbestrafung befürwortet - zusätzlich zu einer Verurteilung nach dem Strafrecht gibt es als zweite Strafe aufenthaltsrechtliche Konsequenzen oder auch eine Verhinderung von Einbürgerung - also wenn man so will, eine Vorenthaltung bürgerlicher Rechte und damit genau das Gegenteil von Resozialisierung.

Weil in unserer Rechtsordnung - nicht nur in Deutschland, sondern global - die Zugehörigkeit zu einem Staat Rechte und Pflichten begründet und nur in Ausnahmefällen ein Wechsel der Staatsangehörigkeit zulässig ist. Das ist Rechtspositivistisch, ich weiß, aber es gibt letztlich ja auch Gründe, warum das so gehandhabt wird. Wie gesagt, nenn mir ein Land (idealerweise mit einem funktionierenden Sozialsystem), das unbegrenzte Migration zulässt - du wirst keines finden, weil das in der Praxis nicht funktioniert.

Da daher die Zahl der Immigrationen, die ein Staat zulassen will, begrenzt ist, besteht die Situation, dass die Staaten - ich denke nachvollziehbar - ein Stück weit „aussortieren“ können wollen. Es wäre nun problematisch, wenn diese Auswahl an Hand von Parametern wie ethnische Zugehörigkeit, Hautfarbe oder Religion getroffen würde, aber die Frage, ob jemand schwer bzw. wiederholt straffällig geworden ist als Parameter für die Frage, ob man diese Person einbürgern möchte, gewählt wird, ist doch hier wirklich nachvollziehbar.

Natürlich ist der Parameter „Straffälligkeit“ ähnlich wie der Parameter „Bildungsstand“ dahingehend problematisch, dass dadurch bestimmte Menschen u.U. systembedingt benachteiligt werden (z.B. dürfte eine Ablehnung wegen Straffälligkeit im absolut überwiegenden Teil Männer betreffen), aber solche Unschärfen wird man nie ganz aus dem System bekommen.

Der Unterschied zum straffälligen Deutschen bleibt, dass Deutschland qua Staatsangehörigkeit verpflichtet ist, ihn als Bürger zu behalten - denn Ausbürgerungen sind nach internationalem Recht aus gutem Grund verboten (siehe Abkommen zur Vermeidung von Staatenlosigkeit). Der Migrant hingegen will erst diesen Status bekommen, er ist quasi ein Anwärter, der sich bewähren muss.

(Alle diese Ausführungen gelten nebenbei selbstverständlich nicht für Menschen aus Ländern, in die aus humanitären Gründen nicht abgeschoben werden kann)

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Du sprichst a) vom Prinzip der Staatsangehörigkeit und b) von Migrationspolitik. Beides hat aber nicht zwingend mit dem Punkt zu tun, den ich angesprochen habe.
Dazu erst mal zwei grundsätzliche Bemerkungen: zu a) der sogenannte „Aufenthaltsvorbehalt“ - also die Tatsache, dass der Aufenthalt von Nicht-Staatsangehörigen in einem Land grundsätzlich unter Vorbehalt steht, also nur unter bestimmten Bedingungen gewährt werden kann, aber nicht muss, ist aus meiner Sicht schon an sich ein Problem, wenn Menschen eben gar nicht migriert sind, sondern als Nicht-Staatsangehörige in dem Land leben, in dem sie geboren wurden.
zu b) Die Reduktion auf Migration und deren Regulierung ist hier also m. E. schon unzulässig. Darüber hinaus ist „unbegrenzte Migration“ aus meiner Sicht keine neutrale Beschreibung eines möglichen Szenarios, sondern ein Angst evozierender Kampfbegriff, der historisch aus einer ganz bestimmten Ecke kommt.
Weder aus dem Prinzip der Staatsangehörigkeit, noch aus einer (vermeintlich) notwendigen Regulation von Migration folgt aber zwingend, dass man Staatangehörige und Nicht-Staatsangehörige in einem Rechtstaat für dasselbe Verhalten unterschiedlich behandelt. Auch hier zeigt ein Blick in die Geschichte, dass es in Deutschland lange Zeit gar keine Abschiebungen als direkte Folge von Straffälligkeit gab. Vielmehr ist dies Folge eines m. E. rassistischen Diskurses über „Ausländerkriminalität“, der in den 1980er-Jahren in rechtskonservativen bis rechtsextremen Kreisen begannt, dann über Wahlkampagnen der „Republikaner“ und von Unionsparteien irgendwann zur Regierungspolitik wurde, die dann auch ein Kanzler Schröder übernommen hat (" Wer unser Gastrecht missbraucht, für den gibt es nur eins: raus, und zwar schnell") und der inzwischen auch bei vielen Grünen und Linken bzw. deren Wähler:innen Zuspruch findet.

Es gibt inzwischen zig Studien darüber, dass diese „Ausländerkriminalität“ ein Artefakt ist, sprich: wenn man Variablen wie Geschlecht, Alter und soziale Lage berücksichtigt, und jene Straftaten herausrechnet, die Deutsche qua Status gar nicht begehen können, ergibt sich keine signifikant höhere Kriminalität. Trotzdem wird dasselbe Verhalten unterschiedlich geahndet.

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Langfristige Aufenthaltsgenehmigungen sind letztlich eine Vorstufe der Staatsangehörigkeit. Ich denke, wir sind uns einig, dass das Ziel einer guten Migrationspolitik ist, dass jeder, der lange Jahre in einem Land lebt, auch die dortige Staatsangehörigkeit erwerben können sollte, es daher gerade nicht der Wunschzustand ist, dass Menschen seit 40 Jahren in der dritten Generation noch auf Aufenthaltstitel angewiesen sind, um in dem Land bleiben zu dürfen, in dem sie geboren sind. Das ist ja zum Glück seit 2000 auch schon teilweise der Fall, daher: Unter bestimmten Voraussetzungen erwerben schon durch Ausländer in Deutschland geborene Kinder die deutsche Staatsbürgerschaft (Voraussetzung ist Aufenthalt mindestens eines Elternteils in Deutschland seit mindestens 8 Jahren und ein gültiger Aufenthaltstitel zum Zeitpunkt der Geburt). Die Themen sind daher eng miteinander verbunden.

Ich kann verstehen, wie der Begriff so gedeutet wird, hier ist er aber schlicht beschreibend gemeint: Migration ohne gesetzliche Begrenzungen, daher im Prinzip: Offene Grenzen.

Du hast immer noch kein Beispiel für Staaten genannt, die grundsätzlich keine Abschiebungen ausführen. Wie gesagt, hier muss man sich auch mit den Realitäten auseinandersetzen.

Das Argument trägt nicht wirklich, weil die Gesetzeslage und vor allem die Durchführungspraxis sich ständig geändert hat. Die Geschichte der Abschiebung im Nachkriegsdeutschland findest du u.a. hier bei der BPB.

Dass es keine Sonderregeln für Straffällige gab, lag eher daran, dass generell stärker auf die Rechtsdurchsetzung gepocht wurde. Dass wir jetzt darüber diskutieren, „nur“ vor allem Straftäter abzuschieben, ist daher letztlich ein gesellschaftlicher Fortschritt, kein Rückschritt.

Wie gesagt, ich bin auch für ein sehr liberales Aufenthaltsrecht - jeder soll seine Chance bekommen. Aber das erhebliche Straftaten ein klares Argument sind, jemanden nicht aus „Gnade vor Recht“ nicht abzuschieben, ist mMn einfach sehr nachvollziehbar. Letztlich muss in jedem Fall einer Abschiebung eine Einzelfallentscheidung getroffen werden, bei der alle Argumente für und gegen die Abschiebung, vor allem unbillige Härten, berücksichtigt werden. Und ein gewichtiger Teil dieser Bewertung ist selbstverständlich das Verhalten der Person seit Einreise nach Deutschland.

Da Kriminologie sowohl im Studium der Sozialen Arbeit (Schwerpunkt Straffälligenhilfe) als auch im Jura-Studium zu meinen Schwerpunkten gehörte, kann ich dir hier nur zustimmen: Du hast absolut Recht, dass „Ausländer“ oder „Menschen mit Migrationshintergrund“ nicht per se kriminalitätsgeneigter sind, wenn man alle anderen Risikofaktoren rausrechnet. Das klassische Beispiel ist immer: Der deutsche Jugendliche aus einer bildungsfernen Familie in einem sozialen Brennpunkt, der selbst viel Gewalt erfahren hat, wird ein ähnlich großes Risiko für Gewaltstraftaten aufweisen wie der türkische Jugendliche mit dem gleichen Hintergrund - der Unterschied ist: Ein weit größerer Anteil der türkischen Bevölkerung im Vergleich zur Deutschen lebt in solchen, kriminalitätsförderlichen Umgebungen, sodass es zu einer statistischen Auffälligkeit dahingehend kommt, dass der Anteil der Straftäter in der nur nach Migrationshintergrund definierten Kohorte bei den „Deutschen“ niedriger liegen wird.

All das führt natürlich dazu, dass man strukturellen Rassismus im Strafrecht und auch bei Abschiebungen hinterfragen muss, es führt auch dazu, dass man Menschen aus problematischen Verhältnissen auch mal mehr als eine Chance geben muss, aber es führt nicht dazu, dass man jemanden nicht abschieben sollte, der schwere Straftaten (also z.B. Sexualstraftaten oder Tötungsdelikte) begangen haben. Ja, jeder Mensch, den wir in’s Gefängnis sperren oder abschieben müssen, ist auch ein gesellschaftliches Versagen, weil wir es als Gesellschaft nicht geschafft haben, diese Entwicklung frühzeitig zu verhindern.

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