Diese subjektive Entscheidung, die rein gar nichts mit der kognitiven Eignung zu tun hat, kann eben auch ein Kind und Jugendlicher treffen.
Jugendliche können regelmäßig noch nicht hinreichend zwischen Parteien unterscheiden, denn sie fangen gerade erst an die ganze Materie kennenzulernen. Erwachsene mögen in ihre Entscheidung teils nicht viele Hirnzellen einbeziehen, aber es macht aus meiner Sicht dennoch einen Unterschied ob jemand gerade erst anfängt, einen Sachverhalt zu erfassen, oder schon reichlich Fortbildung und Zeit hatte. Letzteres macht eine durchdachte Entscheidung wahrscheinlicher, und darauf kommt es mir an.
Ich glaube wir drehen uns im Kreis. An dieser Stelle können wir Diskussion beenden weil auf der einen Seite jemand steht der sagt Kinder sind erst ab 16/18 in der Lage eine rationale Entscheidung für eine Wahl zu treffen, wir hören auf der anderen Seite man das den Kindern früher zutraut.
Ich bin eher der Meinung, dass Kinder die es früher können. Aber sinnstiftend ist diese Diskussion nicht mehr.
Können wir. Was mir - sehr zum negativen - aufgefallen ist: Während in den eher technischen Diskussionsbereichen des Forums, wo es um Wärmepumpen oder Klimawandel geht, ständig (und das zurecht) nach Quellen und Evidenz gefragt wird, reiht sich hier ein Pamphlet an das andere, hauptsache es unterstützt die eigene politische Meinung.
Natürlich ist der Wirkungsgrad einer Wärmepumpe leichter zu beschreiben als die durschnittliche kognitive Reife eines Zwölfjährigen - es gibt aber für letztere Fragestellung entsprechende Instrumente und Evidenz. Solange hier nur - sehr blumig - umschriebene Forderungen der jeweils eigenen politischen Überzeugung argumentativ hervorgehoben werden, halte ich die Diskussion tatsächlich für frustran.
Das stimmt. Wir sind drei ehrenamtlich Moderatoren, die nebenbei beim Mitlesen moderieren (Beiträge möglichst zeitnah freigeben, auf den Ton achten, Fake eliminieren, Qualität hochhalten. Wir können nicht alle Threads mitlesen (v.a. wenn Diskussionsstränge ins Nirgendwo laufen) und immer alle Regeln durchsetzen.
Es steht übrigens jedem Teilnehmer frei, um Belege zu bitten
Bitte fasse das nicht als Kritik an den Moderatoren auf. Eine - zur Prüfung hinsichtlich Stil und Netiquette hinzukommende - allumfassende, faktenprüfende Moderation wäre allein dahingehend völlig unmöglich, dass die im Podcast angesprochenen, politischen Themen beinahe für sämtliche Lebensbereiche Assoziationsanker ergeben.
Ich begrüße sehr die neue Moderationsstruktur, die (meines Erachtens) einen breiteren Diskurs zulässt, allein dadurch, dass Beiträge von Nicht-Stammgästen wesentlich schneller veröffentlicht werden. Ich persönlich habe das Gefühl, dass das Forum in den letzten Wochen geradezu aufgeblüht ist.
Warum ich die Nachfrage nach Evidenz hinsichtlich der emotionalen und kognitiven Reife von Kindern- und Jugendlich in Bezug auf das Wahlthema wiederholt habe:
Oftmals kommt es mir so vor, als hätten viele - auch gebildete - Menschen den Eindruck, diese schwer fassbaren Themen aufgrund eines bestimmten Bildungsniveaus oder aufgrund einer bestimmten politischen Haltung hinreichend beurteilen zu können. Dem ist aber nicht so. Es gibt Forschung dazu, es gibt Experten dazu (zu denen ich mich als Erwachsenen-Psychiater nicht zähle). Ich meine - und das ist meine persönliche Meinung - dass eine Forderung nach der Herabsetzung des Wahlalters eine sehr simplifizierende (und dabei sicherlich meist wohlmeinende) Maßnahme darstellt, die von den wichtigeren Hebelpunkten ablenkt.
Sorry, aber welche wichtigeren Hebelpunkte im Hinblick auf die Repräsentation von Menschen über 18 Jahren in unserem Wahlsystem meinst du?
Im zweiten Artikel finden sich interessante Anhaltspunkte:
Religionsmündigkeit ab 14
Organspende ab 16
Auch der Gesetzgeber sieht bereits in jüngeren Jahren die Fähigkeit zu komplexen Entscheidungen.
Wichtig finde ich auch, dabei anzumerken, dass rechtliche Altersgrenzen immer dann besonders wichtig sind, wenn sie dazu dienen, im Schnitt sehr unerfahrene Menschen vor den Folgen ihrer Entscheidungen zu schützen. Deshalb gibt es im Zivilrecht für Minderjährige sehr vorteilhafte Regelungen, deshalb werden Jugendliche im Strafrecht weniger hart angefasst und deshalb sind Dinge wie Alkohol- oder Tabakkonsum sowie das Fahren schneller Motorräder (sogar ab 21!) mit Altersgrenzen versehen. Es geht daher nicht nur um die Frage, ob wir jungen Menschen „komplexe Entscheidungen“ zutrauen, sondern auch darum, welche Risiken sich durch fehlgegangene Entscheidungen für das Individuum ergeben können.
Bei all diesen Dingen überwiegt daher die Schutzwirkung der Altersgrenze.
Im Hinblick auf das Wahlrecht sehe ich hingegen nahezu keine (realistische, das Individuum betreffende) Gefahr, vor der mit einer Altersgrenze geschützt werden müsste, gleiches gilt bei den von dir genannten Beispielen der Religionsmündigkeit und der Organspende, bei denen eine Schutzwirkung allenfalls im Hinblick auf „spirituelle Schäden“ diskutiert werden könnte.
Deshalb bedürfen Einschränkungen des Wahlrechts durch Altersgrenzen mMn stärkerer Argument als einem bloßen „Aber im Zivilrecht und im Strafrecht darf das Betroffene auch noch nicht frei entscheiden“, sodass ich zu dem Ergebnis komme, dass das Wahlrecht mindestens auf 14, eher auf 12 Jahre abgesenkt werden sollte…
Eine Demokratie hält ein paar „fragwürdige Stimmen“ aus Mangel der Entscheidungsfindung aus. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Wahlbeteiligung mit sinkendem Alter auch niedriger sein wird und vor allem diejenigen wählen werden, die tatsächlich eine Meinung gefasst haben. Und auch wenn diese Meinung oft auf fragwürdigen Grundlagen besteht sollte man ehrlich sein und sich bewusst sein, dass das bei vielen „Traditionswählern“ nicht anders ist Die Demokratie wird ein paar fragwürdige Stimmen überleben, im Gegenteil sogar, es gehört geradezu zur Demokratie dazu, dass auch diejenigen mitbestimmen dürfen, deren Meinung vielleicht fragwürdig sein könnte.
Ich bin ein wenig überrascht, dass es so viel Begeisterung bzgl. Wahlen alle 5 Jahre gab. Jaja, die Parlamentarier finden, dass sie erst nach 4 Jahren wirklich eingearbeitet sind. Das darf wohl sehr bezweifelt werden, zumal ja nicht alle Parlamentarier ihre erste Amtszeit haben (derzeit 38%).
Ein weiteres Jahr Job-Garantie hat da bestimmt keinen Einfluss auf ihre Einschätzung.
Für mich als Wähler überwiegen die Nachteile und damit meine ich, dass ich mir verarscht vor komme, im Jahrzehnt zwei Chancen auf demokratische Teilhabe zu haben.
Aber ich will konstruktiv bleiben: Wie wäre es mit 6 Jahre, aber alle 3 Jahre wird die Hälfte der Sitze neu vergeben?
Das würde wohl dennoch bedeuten, dass alle 3 Jahre eine neue Regierung zu Stande kommt - und vor allem, dass die Parteien eine noch größere Zeit in ihrer Legislaturperiode im Wahlkampf wären, also die produktive Zeit noch weiter verkürzt wäre.
Ob 4 oder 5 Jahre nun besser sind, ist schwierig zu sagen - es gibt gute Argumente für beides. Man sollte sich darüber im Klaren sein, dass es hier keine einfache Lösung gibt - Utopie steht schlicht nicht zur Auswahl, wir können nur zwischen den mangelbehafteten Alternativen auswählen, die realistisch machbar sind.
Ich finde die Idee auch ohne weitere Anpassungen nicht gut. Zum einen sollte es eine Amtszeitbegrenzung für Kanzler und Minister geben (höchstens 2 Legislaturperioden). Dann sollten Bürger mehr rechtliche Handhabe gegen Politiker haben und prinzipiell eine höhere rechtliche Prüfung statt finden (ignorieren Klimaschutzgesetz). Ansonsten bitte nicht. Wenn ich daran denke, dass wir statt 16 Jahren ganze 20 Jahre die schlechte Merkel und den fragwürdigen Kohl gehabt hätten schüttelt sich mir alles.
Wie kommt man eigentlich auf den Gedanken, dass es so lange braucht um sich einzuarbeiten? Bei einem neuen Mitarbeiter in der freien Wirtschaft sagt man, der ist nach 6 Monaten gut bis voll eingearbeitet. Ich sehe nicht wieso Politker dafür Jahre brauchen, außer sie sind gänzlich ungeeignet.
Alles gut! Gab mir nur mal die Gelegenheit, darauf hinzuweisen, welche Rolle/Aufgabe wir haben / wahrnehmen können.
Das freut uns sehr, das zu hören (@Margarete @Daniel_k @vieuxrenard)!
Ich kann nachvollziehen, was Du sagst. Allerdings gilt das für sehr viele Themen, über die wir hier im Forum diskutieren. Es kann aber nicht sein, dass Menschen, die sich informieren, sich nicht über solche Themen eine Haltung bilden können, weil sie niemals die Kompetenz von Forschern und Experten erreichen werden.
Forscher und Experten bereiten das Wissen wissenschaftlich auf, Wissenschaftsjournalisten machen es verständlich, Interessierte bilde sich darauf fakten- und wertebasiert eine Meinung. So kann es funktioniert. Und so sollte es funktionieren. Daher ist auch die Forderung nach Belegen immer wieder wichtig und jeder Forenteilnehmer sollte sie einfordern, wo sie oder er es für notwendig erachtet.
In diesem Fall ging es, wenn ich es richtig verstehe (ich habe die Diskussion nicht im Detail verfolgt) darum, ob Kinder/Jugendliche unter 18 über genügend Intellekt und Reife verfügen, oder? Ich hatte dazu bislang auch eher eine skeptische Meinung (die sehr von meinen Erfahrungen mit Teenagern geprägt ist). Allerdings habe ich hier im Thread einige gewichtige Argumente gelesen, die mich ins Zweifeln gebracht habe (allein dafür liebe ich dieses Forum).
- Vor allem, dass der Gesetzgeber in allen möglichen anderen Aspekten junge Leuten mehr zutraut.
- Und, dass sehr viele Menschen über 18 ebenfalls nicht über genügend Intellekt und Reife verfügen, um die so wichtige Entscheidung für sich und für die Gesellschaft fällen und wir lassen sie aber dennoch. Wir scheinen darauf zu vertrauen, dass sie - trotz aller Manipulation und Populismus - doch irgendwie zu einer guten Entscheidung kommen. Vermutlich vor allem deshalb, weil wir noch keine bessere Lösung erfunden haben. Allerdings: Gibt dies uns nun das Recht, ein System aufrecht zu erhalten, dass die Interessen junger Leute seit Jahrzehnten mehr oder weniger ignoriert?
Naja, hier muss man schon berücksichtigen, dass der Arbeitnehmer einen Beruf gelernt hat und sich folglich schon vor Antritt des Jobs in seinem Beruf grundsätzlich auskennt. Der Mensch, der in die Politik geht, hat hingegen bevor er das Bundestagsmandat erlangt keine spezifische Erfahrung auf diesem Gebiet. Abgesehen davon ist die Arbeit von Abgeordneten vermutlich noch deutlich komplexer als die Arbeit in den meisten Jobs, man muss sich einfach in unheimlich viele neue Themen völlig neu einarbeiten.
Der Vergleich zwischen Bundestagsabgeordneten und Arbeitnehmern ist daher mMn unfair, passender wäre fast der Vergleich zwischen Bundestagsabgeordneten und Azubis - denn die kommen auch völlig neu in einem Beruf an.
Das wird immer mal wieder diskutiert und ich denke, 16 Jahre Kohl und 16 Jahre Merkel zeigen auch, warum das sinnvoll ist. Der Amtsbonus ist halt nicht zu leugnen, daher: Ein Regierungschef, der 8 Jahre durchhält, hat so viel Gelegenheit gehabt, sich beim Volk zu verankern, dass er erhebliche Vorteile dabei hat, wiedergewählt zu werden.
In diesem Sinne stimme ich zu, dass zumindest für den Bundeskanzler eine Limitierung von zwei Amtszeiten sinnvoll wäre.
Da haben wir wieder das alte Problem mit der Frage, wie man sich das vorstellt, ohne, dass es in einer Katastrophe endet. Irgendwer muss bei politischen Richtungsentscheidungen das „letzte Wort“ haben - und in einer Demokratie müssen das zwangsläufig die gewählten Volksvertreter sein, kein Gericht. Die Überprüfung durch Gerichte kann daher immer nur auf klare Verstöße zuvor festgelegter und strafbewährter Regeln erfolgen, die wiederum nur der Gesetzgeber erlassen kann (aber das aus nachvollziehbaren Gründen nicht tut…). Für diesen Themenkomplex gibt es keine einfachen Lösungen.
Dann müsste man verpflichtet 1 Jahr Seminar zur Vorbereitung machen. Ich sehe nicht, wieso Bürger akzeptieren sollen, dass wir quasi von Azubis vertreten werden und daher 1-2Jahre nur Einarbeitung ist.
Ich sehe die Katastrophe im jetzigen sehr rechtsfreien Raum. Das Klimaschutzgesetz wurde offen gebrochen mit einem Grinsen der FDP. Das nenne ich Katastrophe.
Das ist ein gutes Argument gegen 6/3.
Man hat sich entschieden. Für 4 Jahre. Wir müssen uns nicht mehr entscheiden.
Wer etwas im Grundgesetz verändern will, muss dafür sehr gute Gründe liefern. Und die sehe ich nicht.
Wenn man dieses Argument ernst nehmen würde, dann würde das bedeuten, dass wir 2-3 Jahre einer Legislaturperiode ungenügend vertreten werden. Statt auf 5 Jahre zu gehen, sollte man dann vielleicht lieber gleich über eine Technokratie nachdenken.
Oder die Wahlen erfolgen immer mit einem Jahr Vorlauf, so dass die neu gewählten Parlamentarier 6 Monate Praktikum bei einem „alten Hasen/alter Häsin“ + 6 Monate Fach-Praktikum in einer einschlägigen Bundesbehörde machen müssen.
Letzteres ist vielleicht wirklich eine gute Idee. Definitiv besser, als dem Bürger seltener Mitspracherecht zu geben, damit seine Vertreter wenigstens 2 Jahre ordentlich arbeiten können, nach dem sie sich 3 Jahre so durchgewurschtelt haben.

Der Mensch, der in die Politik geht, hat hingegen bevor er das Bundestagsmandat erlangt keine spezifische Erfahrung auf diesem Gebiet.
Meines Wissens schafft es so gut wie kein Bundestagsabgeordneter ins Amt ohne bereits über Jahre zuvor auf kommunaler oder Landesebene aktiv gewesen zu sein. Ich würde schon sagen, dass man da schon etwas über den Job gelernt haben dürfte.
Schwierig ist vielleicht eher die Arbeit in Fachausschüssen. Da wird ein Neuling aber keine herausgehobene Funktion einnehmen.

Entschuldigung, aber finden Sie wirklich die Entscheidung einer Glaubensgemeinschaft beizutreten komplex?
Mindestens so komplex wie wählen. Bei Religion kann ich sogar direkt von der Glaubensgruppe unter Druck gesetzt werden.

Ist das in den möglichen Konsequenzen für die Gesellschaft, vor allem möglichen negativen, wirklich mit der Einflussnahme auf die Politik vergleichbar nach Ihrer Meinung?
Sorry, aber könnte man bitte aufhören so zu tun, also ob die Stimmen der jungen Menschen plötzlich absolute Mehrheit der Spiel&Spaß Partei bedeuten. Es geht darum, jedem das Recht zu geben am politischen Entscheidungsprozess teilzuhaben. Wir haben komischerweise kein Problem, Jugendliche ab 14 in Jugendorganisationen der Parteien zu lassen, aber bitte nicht wählen, weil das wäre das Ende unserer Demokratie.

Deshalb bedürfen Einschränkungen des Wahlrechts durch Altersgrenzen mMn stärkerer Argument als einem bloßen „Aber im Zivilrecht und im Strafrecht darf das Betroffene auch noch nicht frei entscheiden“, sodass ich zu dem Ergebnis komme, dass das Wahlrecht mindestens auf 14, eher auf 12 Jahre abgesenkt werden sollte…
Man könnte auch noch hinzufügen, dass der Bundestag 2019 vom Bundesverfassungsgericht aufgefordert wurde, die Wahlrechtseinschränkungen für Menschen mit Vollbetreuung und für Straftäter:innen, die aufgrund von Schuldunfähigkeit in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht sind, aufzuheben. Der Bundestag hat dann im März 2019 für die Einführung eines inklusiven Wahlrechts gestimmt.
Nicht schuldfähig zu sein oder bestimme Entscheidungen nicht selbst treffen zu können, ist also offensichtlich im Hinblick auf die Ausübung des Wahlrechts irrelevant. Voraussetzung ist, dass man zu einer selbstbestimmten Willensäußerung in der Lage ist. Welche gedanklichen Prozesse hinter dieser Äußerung stehen ist irrelevant - und kann ja auch schlicht nicht überprüft werden.
Die Politikwissenschaftler Prof. Dr. Thorsten Faas und Arndt Leininger, PhD, vom Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft der Freien Universität Berlin haben in einer von der Otto Brenner Stiftung (OBS) finanzierten Studie bei 15- bis 24-Jährigen empirisch untersucht, welche Chancen und Risiken mit einer derzeit viel diskutierten Absenkung des Wahlalters von 18 auf 16 Jahren verbunden sind. „Wir finden wenig, was gegen eine Absenkung des Wahlalters spricht“, bilanziert Projektleiter Arndt Leininger. Man müsse allerdings insbesondere darauf achten und hinwirken, dass mit der Absenkung des Wahlalters nicht auch die soziale Ungleichheit der Wahlbeteiligung ansteige, sagt Thorsten Faas: „Ein Selbstläufer ist das nicht.“ OBS-Geschäftsführer Jupp Legrand erläutert: „Mit dieser Studie wollten wir die strittige, häufig vor allem normative Diskussion rund um das Wahlalter empirisch unterfüttern und gleichzeitig Orientierungspunkte für mögliche gesellschaftspolitische Weichenstellungen geben.“
Kritikerinnen und Kritiker einer Absenkung führen häufig an, jungen Menschen unter 18 Jahren fehle es an der nötigen „Reife“, um wählen zu können. Befürworterinnen und Befürworter halten dem entgegen, dass Interesse und Wissen nicht aus einem „Reifungsprozess“ entstünden, sondern gerade durch die Möglichkeit der Teilhabe. „Das stimmt nach den Erkenntnissen aus unserer Studie so beides nicht“, sagt Thorsten Faas, „wir finden schon bei 15-Jährigen ein recht ausgeprägtes Interesse an und Wissen über Politik – und das unabhängig vom gültigen Wahlrecht in beiden untersuchten Bundesländern.“
Eine umfassende Debatte über das Wahlalter erfordere aber, dass man den Blick ausweite und auch das private und schulische Umfeld junger Menschen und das damit verbundene Informationsumfeld einbeziehe. Denn gerade bei jüngeren Menschen sei es wahrscheinlicher, dass sie noch die Schule besuchen und zu Hause wohnen – Faktoren, die eine Teilnahme an einer Wahl eher begünstigten und daher für eine Absenkung des Wahlalters sprechen. Aber genau hier zeige sich die Ambivalenz der möglichen Absenkung, sagt Thorsten Faas. „Wer ist mit 17 oder 18 noch in der Schule? In welchen Elternhäusern wird viel über Politik gesprochen? Hier sehen wir deutliche Unterschiede zwischen jungen Menschen“, erläutert der Politikwissenschaftler. So sei es zwar möglich, durch eine Senkung des Wahlalters junge Menschen zu Hause oder in der Schule mit Politik in Verbindung zu bringen, allerdings vor allem in privilegierten heimischen oder schulischen Kontexten. Im Sinne einer gleichmäßigen Beteiligung und damit einer demokratischen Gleichheit sei eine Absenkung des Wahlalters „kein Selbstläufer.“ Um zu bewirken, dass möglichst viele junge Menschen wählen gehen, sollten daher gezielte flankierende Maßnahmen zu einem herabgesetzten Wahlalter ergriffen werden.