Das ist eine Interpretation. Eine andere ist: Unternehmen haben in unserem Gesellschafts- und Wirtschaftssystem die Aufgabe, maßgeblich dazu beizutragen, damit die Ressourcen arbeitsteilig bestmöglich so verteilt wird, dass der Nutzen der Gesellschaft maximiert wird.
Wir leben in einem marktwirtschaftlichen Wirtschaftssystem. In diesem soll das Gewinnstreben genau für diese effiziente Allokation von Ressourcen sorgen [1].
Der Grund, warum Unternehmen oft die Anpassung an sich lang andeutenden Veränderungen verpassen, ist m.E. nicht das Gewinnstreben, sondern die Unternehmensgröße:
Je größer die Unternehmen werden, d.h., je mehr angestellte Manager die strategischen Entscheidungen fällen, desto weniger „unternehmerischer“, will sagen: weniger risikobereit fallen diese Entscheidungen aus. Die Folge: Je größer Unternehmen werden, desto träger werden sie, desto weniger / schlechtere Entscheidungen fällen sie unter Unsicherheit, weil die angestellten Manager dem unternehmerische Risiko aus dem Weg gehen.[2] [3]
Das führt dann dazu, dass große Unternehmen die langfristigen Entwicklungen am Markt zwar vielleicht noch sehen, aber nicht schnell genug darauf reagieren, um Chancen zu ergreifen oder Risiken vorzubeugen.
Aktuelle Beispiele in Deutschland ist die Elektromobilität (rühmliche Ausnahme: Diess bei Volkswagen), die Entwicklung von Heizungssystemen für die Wärmewende (Viessmann), die Entwicklung von KI (wird auch in den USA maßgeblich einem StartUp, OpenAI, vorangetrieben), generell IT / Digitalisierung.
[1] Dass die Marktwirtschaft in vielen Bereichen genau darin versagt und der Staat deswegen mehr oder weniger gut interveniert oder intervenieren sollte), bestreite ich ausdrücklich nicht.
[2] Ausnahmen sind einige wenige Unternehmen, die sich möglichst dezentral organisieren und auch die strategischen Entscheidungen „nach möglichst weit unten“ delegieren. Und zwar an Mitarbeiter, die vom Erfolg des Unternehmens auch finanziell partizipieren (entweder, weil sie an ihrer Abteilung beteiligt wurden oder sehr transparent über Boni am Erfolg finanziell beteiligt werden).
[3] Warum dies nach meinem Eindruck eher für Deutschland und Europa gilt, offenbar aber nur in einem geringeren Umfang für die USA, weiß ich nicht.