Bei allem Respekt vor eurer tollen Arbeit, aber bei dem Thema der offenen Briefe seid ihr absurd parteiisch.
Während der Brief der 54 in höchsten Tönen gelobt wird (wofür es auch viele gute Gründe gibt), habt ihr die Position der Gegenseite nur grob verkürzt und entstellt wiedergegeben.
Weder Welzer, noch die beiden Merkels haben in den etlichen Talkshows in denen sie auftraten, Waffenlieferungen per se abgelehnt wie ihr es beschreibt.
Stattdessen haben sie zusätzliches Engagement in der Diplomatie gefordert und damit haben sie meiner Meinung nach Recht. Wo ist die Initiative Indien oder China ins Boot zu holen? Stattdessen wird von hohen westlichen Präsidenten beschworen Russland müsse den Krieg verlieren (Johnson, Macron) , bis hin zur Schwächung auf Jahrzehnte (Biden).
Eine Schwächung Russlands in diesem Maße ist auch eine Erniedrigung der russischen Bevölkerung, die den Krieg nach Umfragen auch unterstützt. Wie eine erniedrigte Bevölkerung reagiert, damit haben wir in Deutschland schon einmal schlechte Erfahrungen gemacht haben (Versailles).
Das Thema bleibt leider kompliziert und so hätte ich mir sehr gewünscht ihr hättet das auch so differenziert betrachtet.
So bleibt die Erinnerung an eure früheren undifferenzierten Forderungen eines Gasembargos, wovon von euch nach dem Gespräch mit dem BNetzA Präsidenten Müller auch nichts mehr zu hören war.
Das findet doch statt?! Modi selbst war vor wenigen Tagen noch Gast in Berlin und ich würde der deutschen Seite hier nicht unterstellen, dass man Russland nicht angesprochen bzw. nicht versucht habe, Indien zu Maßnahmen zu bewegen.
Nur wo kein Wille ist oder gar wesentliche nationale Interessen eher bei Russland gesehen werden, da wird man kaum jemanden mit irgendeiner Initiative ins Boot holen können.
Das ist doch aber die einzig logische Konsequenz! Selbstverständlich muss Russland den Krieg verlieren oder möchtest du hier wirklich argumentieren, dass Russland aus diesem Angriffskrieg Profit schlagen soll?! Die Schwächung auf Jahrzehnte ist ebenfalls nachvollziehbar - geht es doch darum, Putin die Möglichkeit weiterer Angriffskriege zu nehmen. Er ist ja offensichtlich bereit jeden mit Krieg zu überziehen, den er glaubt unterjochen zu können.
Mit der Erniedrigung der russischen Bevölkerung zu argumentieren finde ich ziemlich schwierig. Es ist Putin, der diese Bevölkerung mit seiner Miss- und Verachtung des Bürgers erniedrigt. Es ist Putin, der seine Soldaten offensichtlich für wertlos genug hält, um sie in der Ukraine zum Kanonenfutter zu degradieren. Wenn diese Bevölkerung Putin nun nach (sehr zweifelhaften) Umfragen unterstützt, dann ist das halt so. Aber von einem „Versaillesmoment“ zu sprechen ist absurd, da Russland sich doch bereits in der Reaktion auf einen vermeintlich solchen befindet. Der ganze Ukrainekrieg wird doch genau mit der Erniedrigung aus dem Zerfall der Sowjetunion gerechtfertigt.
Sich für die Argumentation an den Äußerungen von Harald Welzer entlang zu hangeln war vollkommen überzogen und zahlte direkt auf das Konto der absolut deplatzierten Twitter Diffamierung seiner Person ein. Wenn man anfängt über Personen statt Inhalte zu reden, ist jegliche Objektivität verloren. Da hätte es auch eine sachliche Auseinandersetzung mit dem Brief abseits dieser Person getan.
Zudem ist die angebrachte Kritik, die durch den Emma Brief vertretene Position würde kein Ziel definieren und keine konkreten Vorschläge machen nahezu 1 zu 1 auf die Position der 54 anwendbar.
Was ist das Ziel der Waffenlieferungen, was ist das Ziel der Verlängerung und Intensivierung der Kriegshandlungen?
Wie stellt man sich denn ein Ende des Krieges konkret vor?
Was sind denn die konkreten Ziele, die direkt zu einer Verbesserung der Situation durch weitere Waffenlieferungen führen?
Ja, die Verteidigungsfähigkeit der Ukraine wird gestärkt und die Kriegskosten Russlands werden in die Höhe getrieben. Gleichzeitig bedeutet dies jedoch nahezu zwangsmäßig eine fortlaufende Eskalation des Konflikts und eine direkte Vermehrung des Leids auf allen Seiten.
Und wie wird dieser Krieg enden, wenn nicht am Verhandlungstisch?
Insofern scheint es also um eine Verbesserung der Verhandlungsposition der Ukraine zu gehen bzw. Russland zu Verhandlungen zu Zwingen. Ob das ein realistisches Ziel ist, halte ich für zumindest nicht klar entschieden und durchaus fragwürdig.
Und die diplomatischen Wege sind weiß Gott nicht ausgeschöpft. Die wirtschaftlichen Sanktionen verlaufen sich im Sand, nach wie vor nimmt Russland täglich hunderte Millionen täglich durch Handel ein. Auch die globale Positionierung gegen Russland ist bei weitem nicht klar definiert. Einen diplomatischen Weg als „schwäche“ auszulegen oder gar mit einer Kapitulation der Ukraine gleichzusetzen empfand ich doch als etwas bestürzend.
Ich bin einfach schwer enttäuscht darüber, wie undifferenziert diese Debatte durch die Lage repräsentiert wurde. Natürlich ist jedem eine Meinung erlaubt, euer Bias war hier aber derart klar, dass ihr beide Positionen nicht kritisch betrachten konntet.
Danke für eure sehr gute Auswertung dieses Themas und der öffentlichen Briefe.
Die Mediale Debatte und die Interviews der einzelnen Unterzeichner beider Briefe haben sich zuletzt keine Gefallen getan.
Ich hätte nur eine Anmerkung zu eurer Aussage das die Armee Russlands „schwach“ wäre und gegen die Nato nie eine Chance haben würde.
Ich bin keine Militärexperte aber ich mache mir über genau diesen Punkt seit Beginn des Krieges einige Gedanken. Ich glaube man muss hier zwingend zwei Arten von Krieg unterscheiden. Der Krieg der in erster Linie versucht wird mit dem Militär geführt wird und derjenige der mit allem geführt wird was eine Gesellschaft bieten kann.
Im zweiten Weltkrieg wurden die Wirtschaften der USA, Russland und anderer auf Kriegsproduktion umgestellt. Das stellt einen fundamentalen Unterschied dar. Von diesem Punkt ist Russland weit und sogar die Ukraine noch entfernt.
Russland hat soweit ich richtig informiert bin nur ca. ein Drittel Ihres Materials in Stellung gebracht. Bei den Flugzeugen und Schiffen liegt diese Zahl noch viel niedriger. Unabhängig der Atomwaffen und defektem/veraltetem Material sind hier noch riesige Ressourcen ungenutzt.
Käme es zu einem Krieg mit der Nato wäre es für Russland ein „Vaterländischer“ Krieg. Würde Landesweit mobil gemacht und die Wirtschaft umgestellt hätten wir eine völlig andere Situation.
Ich wäre vorsichtig ein Land wie Russland an dieser Stelle zu unterschätzen. Aktuell wurden nur Bruchteile der Möglichen Ressourcen eingesetzt um die Bevölkerung nicht zu verlieren.
Ich lasse mich gern eines besseren belehren aber ich glaube nicht das es so einfach ist.
Also wenn ich dich richtig verstehe, sind deine Argumente, dass
Russland genug militärisches Material hätte, um es mit der Nato auf zunehmen und
Russland, wenn es seine Industrie auf Krieg einstellt, noch viel mächtiger wäre, als wenn die Nato ihre Industrie auf Krieg umstellt?
Zu 1.
Man kann sich ja mal die zusammengenommenen Truppenstärken ansehen(Quelle: statista.com):
Nato: ca. 3,4 Mill. Soldaten, 3527 Jagdflugzeuge, 14.682 Kampfpanzer
Russland: ca. 0,85 Mill. Soldaten, 772 Jagdflugzeuge, 12.420 Kampfpanzer
Das Russland verhältnismäßig viele Kampfpanzer hat, liegt an der russischen Panzer-Taktik. Das wird hier vom deutschen Panzermuseum ganz gut erklärt: Ukraine-Special 2: Panzereinsatz nach sowjetischer Doktrin? - youtube.com
Verkürzt gesagt:
Die Russen setzen bei Panzern auf Masse statt Klasse.
Eine wirkliche Überlegenheit der russischen Armee gegenüber der gesamten Nato lässt sich, zumindest für mich, nicht erkennen.
Zu 2.
Die Frage, ob Russland seine Wirtschaft besser auf den Krieg umstellen könnte, ist natürlich schwieriger. Insgesamt ist Russlands Wirtschaft ja stark vom Rohstoffexport geprägt, das macht sie bei Treibstoff zwar unabhängig, aber das war es auch schon.
Bei anderen, möglicherweise Kriegs-wichtigen Industrien liegen schon allein die Europäer deutlich vorne, z.B. Stahlproduktion (Quelle), Fahrzeug-Produktion (Quellen) und auch die Waffenexporte von allein Deutschland, Frankreich und GB sind zusammen größer als die Russlands (Quelle).
Falls du da andere Daten oder Analysen hast, gerne posten aber bis hierhin überzeugen mich die beiden Argumente erst mal nicht wirklich.
es geht chris imo darum, dass das eskalationspotential noch weitaus höher liegt. das unken russland sei fertig, erscheint mir auch arg optimistisch. der ukraine kann es noch viel schlimmer ergehen, falls russland die kämpfe zu einem vernichtungskrieg macht. man stelle sich mal duztende TU langstreckenbomber vor, die kiew zerlegen. da reden wir schnell von ganz anderen opferzahlen
In der Lage war ja Fazit, dass die Argumentation derjenigen, die Waffenlieferungen ablehnen nicht zu Ende geführt sei. Dazu fällt mir aber ein, dass dies auch auf Befürworter zutrifft: wenn die Ukraine nämlich unsere ganze westliche Weltordnung verteidigt, weil Russland einen Krieg gegen die Demokratie im allgemeinen führt, dann wäre ja die Konsequenz, dass wir mit wirklich allen mitteln unterstützen sollen (heißt NATO Truppen, Flusgsverbotszone usw.) Davon redet (noch) zum Glück keiner. Die Ukrainer möglichst gut mit Waffen auszustatten, damit eine Generation junger ukrainischen Männer ihre Leben opfern können („Krieg bis zum letzten Ukrainer“) kommt mir ebenfalls zynisch vor… Auch wenn die Ukrainer es angeblich wollen wobei ich nicht weiß, ob man dies in der aktuellen Lage mit letzter Sicherheit feststellen kann (wie macht man Meinungsforschung unter Krieg…?).
Dass die ukrainischen Soldaten die russischen Truppen und ihr Kriegsmaterial so weit dezimieren können, dass diesen nichts anderes mehr übrig bleibt als auf russisches Territorium zu fliehen, weil alle anderen offensiven Optionen im Kosten/Nutzen-Verhältnis für Putin schlechter geworden sind als der Rückzug.
Siehe oben. Russen verlassen ukrainisches Territorium. Ist das konkret genug?
Ziel weiterer Waffenlieferungen: stärkere Bewaffnung. Führt zu Verbesserung der Verteidigungssituation der Ukraine.
Manchmal werden eigentlich recht simple Zusammenhänge auch unnötig verkompliziert, um eine andere, kompliziertere Sicht auf die Dinge als deutlich schlüssiger darzustellen als sie eigentlich ist.
Ich habe in letzter Zeit eigentlich eher das Gefühl, dass wir alle ein nachvollziehbares Bedürfnis danach haben, diesen Konflikt einfach / trivial darzustellen, obwohl er in der Realität aus meiner Sicht alles andere als einfach ist. Wenn ich beobachte, wie intelligente Menschen mit respektablen Motiven auf beiden Seiten der Pro und Kontra schwere Waffenlieferungs-Debatte miteinander streiten, ist das für mich eher Anlass, die eigene Position noch einmal kritisch zu hinterfragen.
Nehmen wir die Regionen Donezk, Luhansk und die Krim davon aus, wäre das für mich ein realistisches Ziel. Wenn wir allerdings tatsächlich erwarten, dass die Ukraine diese Gebiete zurück erobert, scheint mir das ein Kriegsziel zu sein, das potentiell mehr Leid erzeugt als verhindert.
Die Ukraine / Selensky wird ihre Kriegsziele aus gutem Grund selbst definieren. Und es ist nicht unwahrscheinlich, dass die genauso aussehen, obwohl Selenksy das o.g. natürlich genau weiß. Aber seine Bevölkerung wird das nachvollziehbarerweise fordern und das wird er schwer ablehnen können.
Nehmen wir mal an, die Ukraine kriegt das militärisch gestemmt. Dann ist zunächst zu beachten, dass Selensky in den drei genannten Regionen erheblich weniger Rückhalt hat, als im Rest des Landes. Die Kriegsparteien werden dort erbittert kämpfen, es gäbe zehntausende Tote und potentiell steht am Ende kein Stein mehr auf dem anderen. Selbst wenn der Ukraine die Rückeroberung gelingt, würden die Regionen dauerhaft instabil sein.
Realistischer wäre es, dass die Ukraine mithilfe der schweren Waffen militärisch die Oberhand gewinnt und damit Russland wieder an den Verhandlungstisch zwingt. Putin könnte dann einsehen, dass er realistisch gesehen höchstens die o.g. Gebiete halten kann und damit wäre ein Deal, auf den er sich einlassen könnte, die Krim im annektierten Zustand zu belassen, den Regionen Donezk und Luhansk einen irgendwie gearteten politischen Sonderstatus zu geben und seine Truppen abzuziehen.
Luhansk und Donezk sind damit ein gutes Beispiel dafür, wo ein Satz wie „Putin darf seine Ziele nicht erreichen“ seine Grenzen hat. Auch wenn Putin damit auf dem Papier einen Erfolg errungen hat, war der Preis so immens und wären die Folgen und Vorkehrungen in der Zukunft so gravierend, dass die Abschreckung für Russland und potentiell nacheifernde Staaten dennoch effektiv genug wäre. Kein optimaler, aber eben ein pragmatischer Kompromiss.
Was die Ukraine tut, obliegt natürlich ihr selbst. Kritisch ist an der einen oder anderen Stelle sicher zu hinterfragen, ob wirklich so viele Ukrainer hinter Selensky stehen, oder ob es derzeit einfach nicht ratsam ist, eine „Position der Feigheit“ öffentlich zu äußern (keine übermäßige Kritik an Selensky übrigens – so ist halt manchmal ein Kriegszustand). Ich denke aber, es ist realistisch, dass es die Mehrheit ist. Dennoch dürfen wir uns als Europäer schon fragen, bis zu welchem Ziel wir die Ukrainer mit Waffen unterstützen und da sollten m.E. die o.g. Überlegungen eine Rolle spielen.
Stimmt, das ist ein wichtiger Punkt. Daraus folgt aber auch: die Ukraine bestimmt hier, wie viel Leid sie zu „erzeugen“ bereit ist. Es ist nicht an uns, sie in dem Punkt zu bevormunden, indem wir ihr z.B. mögliche Waffenlieferungen, die sie eigentlich bekommen müsste, weil sie entweder dafür bezahlt oder man ein gemeinsames Ziel verfolgt und ihr diese Lieferungen daher als Unterstützung unentgeltlich zukommen lässt, vorenthalten.
So lange die Ukraine ganz klar in der Verteidigerposition ist, gibt es keinen moralischen und auch keinen strategischen Grund unsererseits, ihr Lieferungen von Waffen zu verweigern, wenn man die These „die Ukraine und nur die Ukraine bestimmt, wie lange sie bereit ist, sich mit Gewalt zur Wehr zu setzen“ wirklich ernst meint.
Das heißt natürlich auch: sollte die Ukraine zu irgendwelchen Zugeständnissen im Rahmen eines Friedensvertrags bereit sein, ist es genausowenig an uns, sie zum Weiterkämpfen zu ermuntern. Aber ich habe nicht den Eindruck, dass selbst bei den größten Befürwortern von Waffenlieferungen irgendwer in einem solchen Fall ernsthaft der Meinung wäre, man solle so etwas tun. Das wäre dann tatsächlich Kriegstreiberei und meines Erachtens nicht zu rechtfertigen.
Ich bin ja kein Fan von solchen absoluten Positionen sondern denke eher, dass man im Einzelfall awägen muss. Im Allgemeinen ist der Satz ja nachvollziehbar. Ich stelle mir jetzt mal so eine festgefahrene Situation im Donbass vor. Ukrainische Truppen und russische Separatisten, unterstützt von russischen Truppen liefern sich über Monate, vielleicht Jahre ein Gefecht. Wahrscheinlich werden die Ukrainer gezwungen sein, Teile ihrer eigenen Städte zu zerstören, weil sich feindliche Truppen dort verschanzt haben. Die Zivilbevölkerung im Donbass ist gespalten in eine prorussische Minderheit, eine „fahnentreue“ ukrainische Gruppe, die bis zum letzten Mann für ihre Freiheit kämpfen würde und eine weitere prinzipiell Ukraine-Treue Gruppe, die langsam beginnt, kriegsmüde zu werden. Der Rest der Ukraine steht mehrheitlich hinter Selenskys Plan zur Befreiung des Donbass. Wie groß die einzelnen Gruppen sein würden, ist schwer zu sagen, aber ich bin Recht sicher, dass keine davon vernachlässigbar klein wäre.
Ehrlich gesagt könnte ich jeden Europäer verstehen, der Parallelen zu so manch anderen Konflikten sieht und sich weigert, hier Waffen zu liefern.
Ich bin aufgewachsen mit der Lehre, dass in Kriegen niemand gewinnt, sondern alle verlieren. Dieser Auffassung bin ich auch nach einem Geschichtsstudium und einigen Lebensjahrzehnten noch immer. Und jetzt wird allerorts nicht nur davon gesprochen, dass die Ukraine den Krieg nicht verlieren, sondern dass sie ihn gewinnen müsse. Wie dieser Sieg aussehen soll, davon reden die großen Verteidiger der Demokratie vor den Mikrofonen und Kameras aber nie. Dabei wurde gerade in dieser Folge #289 doch die aktuelle Situation beschrieben: Die ukrainische Armee hat bereits Gegenoffensiven gestartet und es ist eben nicht vorbei, wenn die russischen Einheiten über die Grenze gezwungen werden. Zu Recht werden sie weiter angegriffen. Und bald beschießt dann eine deutsche Panzerhaubitze2000 russische Waffenlager…
Ich bin auch dafür, einem Aggressor Widerstand zu leisten. Aber der Vorwurf, die Forderung nach Perspektive jenseits von noch mehr Waffen sei kurzsichtig, ohne der Gegenseite mindestens das selbe vorzuwerfen ist doch völlig absurd.
Was wie ich finde auch viel zu wenig betrachtet wird: Unsere Entscheidungen für (oder im Zweifel auch diejenigen gegen) immer massivere Unterstützung der Ukraine ist auch wieder in post-kolonialer Hinsicht eine kritische. Denn es ist doch schon in den ersten Kriegstagen klar gewesen, wer unter einem langen Krieg zuerst und am meisten leidet. Man könnte es überspitzt formulieren: Für die Verteidigung westlicher Werte, die an den Außengrenzen von EU und USA enden - solange man nicht blond und blauäugig zur Welt gekommen ist - hungern diejenigen, die niemals in den Genuss dieser Werte kommen werden.
Ich kann mich durchaus erinnern, dass als Selensky die Aufgabe der Natomitgliedschaft als Verhandlungsmasse für Frieden anbot, dass der amerikanische Präsident dagegen protestierte.
Ich kann mich auch nicht erinnern, dass die Ukraine seitdem die Neutralität noch einmal anbot.
Natürlich endet der Krieg am Verhandlungstisch. Und welche Verhandlungsmacht die Ukraine dabei hat, hängt von Waffenlieferungen ab.
Bei solchen Statements hat man den Eindruck, die Person, die sie äußert, hat sich noch nie mit Verhandlungen beschäftigt. Das ist kein idealer Diskurs und keine gewaltfreie Kommunikation. Das Ergebnis hängt es ganz entscheidend davon ab, welche Alternativen beide Parteien zur vertraglichen Einigung haben. Und wenn die Ukraine keine Waffen hat, bleibt ihr nur die Kapitulation.
Nun, das war so: die Ukraine wurde ja vor längerer Zeit von der NATO abgelehnt, hat aber weiterhin in der Verfassung das Ziel einer Mitgliedschaft stehen, was ja unter anderem ein erklärtes Problem von Putin ist. Also sagte Selensky: „Ja gut, wir können auf dieses Ziel verzichten, wenn wir stattdessen harte Sicherheitsgarantien von den USA und noch ein paar weiteren Staaten bekommen“. Was angesichts dessen, dass die USA die mit Abstand stärkste militärische Kraft in der NATO sind, so etwas wie eine NATO-Mitgliedschaft darstellt, nur dass es halt nicht so heißt.
Dass Biden diesen Vorschlag angesichts des Eskalationspotenzials einer direkten militärischen Konfrontation der NATO mit Russland, das er bekanntlich auch eher kritisch sieht, jetzt nicht sofort enthusiastisch begrüßt hat, sollte doch gerade dir als erklärtem Vertreter einer Deeskalationsstrategie eigentlich eher willkommen sein, oder?
Ich erinnere mich übrigens auch nicht daran, dass Putin diesen Vorschlag irgendwie begrüßt hätte, oder gar seinerseits einen Rückzug der Angriffstruppen im Falle des Zustandekommens einer solchen Sicherheitsgarantie plus Verzicht auf NATO-Mitgliedschaft in Aussicht gestellt hätte. Könnte vielleicht was damit zu tun haben, dass die Ukraine seither der Idee, irgendwie „Neutralität“ anzubieten, nicht mehr so viel Erfolg zutraut. Vielleicht ist’s aber auch die Tatsache, dass das ja durch die Bedingung der Sicherheitsgarantie gar keine Neutralität gewesen wäre, sondern praktisch eine NATO-Mitgliedschaft, die einfach nur anders heißt.
Jetzt wird schon der Postkolonialismus bemüht, um Rechtfertigungen für verwerfliche Untätigkeit zu finden. Man kann Sachen auch soweit zuspitzen, dass sie keinen Zusammenhang mehr zur Realität aufweisen.
Diese Menschen hungern sicher nicht „für die Verteidigung westlicher Werte“, sondern, weil Russland die Ukraine angegriffen hat und die Häfen blockiert.
(Nur, damit kein Missverständnis aufkommt: Was die EU an ihren Außengrenzen tut, ist m.E. nicht zu rechtfertigen, hat aber hiermit nichts zu tun.)
Belege dies bitte.
In jedem Fall ist die Neutralität der Ukraine ohne der Mitgliedschaft ähnliche Sicherheitsgarantien Selbstmord.
Im Rahmen des Budapester Memorandums bekam die Ukraine nicht-bindende Sicherheitszusagen von Russland, den USA und UK (sowie separat Frankreich und China) für die Aufgabe der Atomwaffen. Man sieht ja, was sie darauf geben konnte.
Ist halt wie mit den Bundestrainern und Bundesvirologen. Wozu auch Fachwissen als Basis für eine Meinung ansehen. Es reicht völlig aus mal einem Militärexperten in der Tagesschau zugehört zu haben um selbst Experte zu sein, scheint mir.
Russland genug militärisches Material hätte, um es mit der Nato auf zunehmen
Ja richtig. Wobei „aufnehmen“ und Zahlenmäßige Vergleiche, die durchaus richtig sind, keine eindeutige Aussage zulassen. Das Material und Personal ist teilweise Weltweit unterschiedlich mit unterschiedlichen Schwerpunkten verteilt. Mein Punkt ist an der Stelle → wir sehen nur einen kleineren Teil im Einsatz, es ist nicht so das Russland hier alle reinwirft.
Russland, wenn es seine Industrie auf Krieg einstellt, noch viel mächtiger wäre, als wenn die Nato ihre Industrie auf Krieg umstellt?
Nein das habe ich nicht geschrieben. Die Aussage war das Russland wie alle anderen Länder auch im Bereich Personal/Bevölkerung nicht alles im Einsatz hat. Wir sehen hier einen Minimaleinsatz den Putin glaubt in seinem Land irgendwie rechtfertigen zu können. Anders sieht es aus wenn man die Bevölkerung und die Wirtschaft mobilisieren kann. Die Aussage in der Lage war, das dieses Russland niemanden angreifen braucht da es nie eine Chance haben würde, schon garnicht gegen die Nato. Das ist eine schwierige Aussage in meine Augen. Wir sehen einfach nicht das komplette potenzial. Ja klar wäre die Nato in Zahlen größer und „mächtiger“ aber im Westen ist eine Mobilmachung und eine Umstellung der Wirtschaft deutlich schwieriger und später umzusetzen als in Russland und China.