LdN 285: Spritverbrauch durch Tempolimit

Ihr sagt korrekterweise, dass der Luftwiderstand quadratisch mit der Geschwindigkeit steigt. Daneben gibt es den Rollwiderstand, der zunächst unabhängig von der Geschwindigkeit ist. Die benötigte Leistung hingegen errechnet sich daraus, dass die Summe aus Luft- und Rollwiderstand nochmals mit der Geschwindigkeit multipliziert wird, sodass diese sogar eine Abhängigkeit in der 3. Potenz darstellt.
Oder empirisch: Mit ca. 125 PS kommt man schon grob auf 200 km/h, für die Verdopplung auf 400 km/h werden dann aber schon ca. 1000 PS (= 125 * 2^3 = 120 * 8) PS benötigt. Auch wenn man innerhalb eines Automodells Leistung und Höchstgeschwindigkeit verschiedener Motorisierungen vergleicht, sieht man diesen Effekt.
Aber: Inwieweit die Leistung mit dem Spritverbrauch korreliert, kann ich nicht sagen. Evtl. kann ja hier noch jemand etwas beisteuern?

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Hinzu kommt, dass Sprit besonders beim Beschleunigen verbraucht wird. D.h. regelmässiges Beschleunigen um zu Überholen verbraucht auch mehr. Wenn alle dieselbe Richtgeschwindigkeit haben, dann sollten auch die Überholmanöver seltener werden.

Pauschal gesagt, steigt mit der abgerufenen Leistung der Verbrauch. Jeder Motor ist für einen bestimmte Leistung optimiert.
Wenn das Ziel 130 km/h ist, reicht ein kleiner Motor mit geringer Leistung für einen Mittelkasse PKW.
Wenn das Ziel 260 km/h ist, wird ein größerer/ komplexerer Motor benötigt. Der Motor muss die Mehrleistung auch verkraften, also massiver gebaut sein und benötigt Technologien die wie z.B. Turbolader um die Leistung zu generieren. Das Fahrzeuggewicht nimmt dem entsprechend zu.
Wenn wir jetzt 100 km/h als Limit einführen, benötigen Fahrzeuge die für höhere Geschwindigkeiten konstruiert wurden mehr Sprit als schwächer motorisierte Fahrzeuge.

Das pauschal gesagte war mir wohl klar :grinning:
Bleiben wir bei „vergleichbaren“ Parametern. Dann wäre mein 400 km/h Beispiel ein Bugatti Veyron. Wenn ich dessen Motor vierteln würde, bekäme ich 4 4-Zylinder-Turbomotoren mit je 250 PS. Der Bugatti würde also evtl. bei Volllast (400 km/h) den vierfachen Verbrauch eines 250-PS-Autos bei Vollast (ca. 250 km/h, z. B. Audi A8 3.0 TDI mit 245 PS) haben. Die 1,6-fache Geschwindigkeit wird in diesem Fall also mit der 1,6^3 = ca. 4-fachen Leistung und in diesem Fall (geviertelter Bugatti-Motor) auch 4-fachem Spritverbrauch erkauft.

Spannend (für mich zumindest) bleibt aber auch der 2. Punkt von dir, denn - „Sofortmaßnahme“ hin oder her - wir würden ja in keinem Fall die gesamte Fahrzeugflotte Deutschlands kurzfristig auf ca. 40-PS-Autos umrüsten (der Fiat Uno 45 Fire schaffte mit 44 PS 145 km/h). Der Punkt „wir bewegen uns vom Optimum des Motors weg“ reduziert ein Stück weit die Einsparungen - für mich wäre aber eben interessant, ob das bemessen werden kann.

Es wird schon helfen wenn der Veyron auch nur 100 km/h fährt.
Der brauch dann natürlich mehr als der Fiat, aber weniger als bei TopSpeed ^^

Vielleicht hat der TÜV oder der ADAC eine Effizienz Matrix, welche Auskunft über Verbrauch und Leistung gibt. Dann könnte man eine theoretische Idealleistung für z.B. 100 km/h berechnen.

Da CO2-Ausstoß und Verbrauch korrelieren, kann man das der UBA-Studie entnehmen (dort wird jedoch nicht zwischen Motorisierungen unterschieden):

Interessant dabei: Bei Schritttempo ist der Verbrauch ähnlich hoch wie bei 170 km/h. Von daher sollten Staus auch vermieden werden.
Anmerkung: Es wird in der Studie nicht von einer konstanten Geschwindigkeit ausgegangen, sondern von Geschwindigkeitsprofilen.

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Wenn die Kurven so stimmen wäre ja das geforderte Tempolimit von 30 in Städten sogar kontraproduktiv. Oder hab ich da nen Denkfehler?

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Das siehst du soweit richtig. Ich hatte in einem älteren Thread zu dem gleichen Thema schon mal angemerkt, dass sowohl der Diesel von meinem Vater als auch der Benziner von meinem Großvater den geringsten Verbrauch pro 100l/km (Abgelesen vom Bordgerät, nicht Tankfüllung) bei 60-70 km/h hatte mit minimalen Unterschieden zu 80/50 km/h. Alles drunter und alles drüber verbraucht deutlich mehr. Deswegen hab ich die Debatte über Tempo 30 zum Klimaschutz auch nie verstanden und auf Nachfrage konnte auch niemand Daten liefern, die dies bestätigen würden.
Bei niedrigen Geschwindigkeiten <50km/h ist der Rollwiderstand auch signifikant, weshalb auch der Reifen/-luftdruck entscheidend ist. (Rollwiderstand steigt linear mit der Geschwindigkeit, kinetische Energie, sowie Luftwiderstand quadratisch). Hier wird auch nur von der mittleren Geschwindigkeit gesprochen. Dies ist auch entscheidend. In der Stadt je nach Verkehrslage/Ampeln etc. bedeutet eine mittlere Geschwindigkeit von 30km/h ständiges beschleunigen (auf 50) und abbremsen, eine mittlere Geschwindigkeit von 50km/h ist gar nicht zu erreichen (es sei denn man fährt schneller als die erlaubten 50km/h). Auch das Bremsprofil kann hier entscheidend sein, je mehr gebremst werden muss, desto mehr Energie wird „verschwendet“.
Abschließend gilt auch zu sagen, dass für mittlere Geschwindigkeit 20-50km/h keine Datenpunkte vorhanden sind. Und natürlich, Motoren sind für ein gewisses Fahrprofil optimiert. Ein Tempolimit könnte dazu führen dass vermehrt Autos mit einer besseren Effizienz bei geringen Geschwindigkeiten produziert werden.

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Tempo 30 in Städten reduziert die Verkehrstoten um 80%. Für Klimaschutz ist es erstmal kontraproduktiv, das ist richtig. Aber es gibt auch Sekundäreffekte wie z. B. Das mehr Leute mit dem Fahrrad fahren.

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Jup, aber auch nur wiederum auf Strecken, auf denen man die 50 etwas halten kann. Die Beschleunigung frisst ja am meisten, d.h. wenn ich wegen 4 Ampeln bei uns im abstand zueinander von 750m immer auf 50 hochbeschleunige, dann wiegt die Reduktion das nicht auf.

D.h. 50 > 30 gilt unterm Strich wohl nur auf den „Stadtautobahnen“.

Außerdem dient Tempo 30 in der Innenstadt ja in erster Linie der Verkehrssicherheit und dem Lärmschutz

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Das kann ich mir kaum vorstellen. Der zu überwindende Luftwiderstand und die Energieverluste durch „Abbremsen und Wiederbeschleunigen“ sinken jeweils quadratisch bei geringeren Geschwindigkeiten.

Gleichzeitig ist das wichtigste Kriterium für den Sprit-Verbrauch eines Motors bei einer bestimmten Geschwindigkeit doch die Drehzahl oder? Und die wird doch wohl über das Getriebe angepasst.

Ich kann dein Argument daher nur schwer nachvollziehen. Hast du da Quellen für?

edit:
Darüber hinaus, denke ich mal, werden Autos auch eher für die realistischen Geschwindigkeiten bis 130 oder 150 km/h optimiert. 260 km/h dürfte wohl kaum relevant sein in den Fahrzyklen, nach denen Verbrauchswerte ermittelt werden, selbst wenn ein Auto so schnell fahren kann.

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So ist es. Fahrzeuge werden auf den WLTP Fahrzyklus optimiert, damit sie im Datenblatt einen möglichst geringen Verbrauch haben.

Der WLTP ist mit sehr sparsamen Fahren in der Realität vergleichbar, den erreicht man in der Realität nur wenn man wirklich jede Dynamik und jeden Fahrspaß rauslässt.

Spannend dabei ist:
Früher gab es den noch viel weniger anspruchsvollen NEFZ Fahrzyklus. In diesem hat quasi jedes Auto noch weniger Kraftstoff verbraucht als im WLTP. Gerade in der Übergangsphase zum WLTP kamen aber immer mehr Autos zum Vorschein, die im WLTP weniger Verbrauch hatten als im deutlich „einfacheren“ NEFZ, teils auch gleiche Modelle die für WLTP neu homologiert wurden. Heißt die Fahrzeuge werden wirklich exakt auf einen Fahrzyklus ausgelegt, damit sie eben im Vergleich gut dastehen.

Etwas bestes Thema, aber auch damit verbunden: Es gibt ja noch etliche Betriebszustände, in denen die Autos z.B. ihre Abgasvorschriften legal ignorieren dürfen. Die bekannteste ist wohl das Thermofenster. Aber das ist ein anderes Thema.

Interessant. Hast Du dazu einen Link?

Drehzahl und Last sind wichtig. Ein Beispiel für ein Verbrauchskennfeld ist in Wikipedia: Verbrauchskennfeld – Wikipedia . Dieser Verbrennungsmotor ist am effizientesten bei etwa halber Maximaldrehzahl und nahe der Vollast für diese Drehzahl. Bei Teillast ist er über weite Bereiche bei niedrigeren Drehzahlen und höheren Lasten effizienter als bei höheren Drehzahlen. Hochschalten lohnt sich also meist, wenn die Leistung ausreicht und man nicht zu nahe an die Grenzen geht.

Insofern gibt es schon den Trend, dass Motoren, die eine höhere Maximalleistung haben, beim Fahren im Stadtverkehr weniger effizient sind, weil weiter vom Eiffizienzoptimum nahe der Vollastlinie entfernt. Da gibt es aber eine Menge Parameter, die eine Rolle spielen.

Als Beispiel 3 Benzinmotorvarianten des Golf Variant mit Hubraum, Leistung und Verbrauch:

  • 1.0 l 81 kW 4,7 l / 100 km
  • 1.5 l 96 kW 5.1 l / 100 km
  • 1.5 l 110 kW 5.2 l / 100 km
    ( Konfigurator )

Die Verbrauchsunterschiede sind da deutlich geringer als die Leistungsunterschiede, aber es gibt sie.

Musste ich erst suchen, da ich das gehört hatte. Hier ist einer:
https://www.motor-talk.de/forum/spanien-fuehrt-30-km-h-tempolimit-innerorts-ein-t7098413.html?page=8

Was interessant ist, der ADAC lehnt Tempo 30 innerorts ab, auch weil es keine höhere Sicherheit bringt.

Wichtig dabei: „Ohne bauliche Maßnahmen konnten die v85 - und mittleren Geschwindigkeiten gerade
mal um 2 bis 8 km/h abgesenkt werden, wobei diese umso stärker zurückgingen, je höher das Ausgangsniveau war.“
Heißt das funktioniert nur im Ausland, nicht im Autoland Deutschland.

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Dann scheint mir allerdings die Forderung nach Tempo 30 im Zusammenhang mit „Sprit sparen gegen Putin“, wie sie häufig kommuniziert wurde, ziemlich unseriös. Nach dem, was ich so auf den ersten Blick recherchieren konnte (und das deckt sich weitestgehend mit dem, was hier schon geschrieben wurde) gibt es gute Argumente für ein Tempolimit 30 in vielen Bereichen innerorts. Geringerer Verbrauch gehört allerdings nicht dazu. Da laufen halt die Effekte von höherem stationären Verbrauch und geringerem Verbrauch bei Beschleunigung gegeneinander - in der Tendenz contra tempo 30 - auch wenn es nicht wirklich belastbare allgemeingültige Untersuchungen gibt.
M.E. eine unnötige Angriffsfläche für die generellen Gegner von Tempolimits.

Danke für die Links.
Das eine ist also die Behauptung eines Politikers, als er ein Tempolimit einführt, die zumindest da leider nicht mit Quellenangaben unterstützt wird.
Das andere ist eine Broschüre des ADAC, der Studien zitiert, die sagen, die Reduktion des Tempolimits von 50 auf 30 km/h hätte keinen statistisch signifikanten Effekt gezeigt. Weiter wird gesagt:

Der Effekt von Geschwindigkeitsbegrenzungen auf die Verkehrssicherheit ist vor allem deshalb so gering, weil sich Unfälle meist auf die Knotenpunkte konzentrieren. Dort herrscht systembedingt ohnehin ein schon geringeres Geschwindigkeitsniveau vor als auf der freien Strecke.

Danach scheint die Position des ADAC besser belegt und plausibler. Ich vermute, die Wahrheit liegt dazwischen, aber näher an den ADAC-Aussagen.

Ich denke, der Grund ist wirklich ein besserer Verkehrsfluss. Ich fahre bei uns im Ort wirklich nur Fahrrad, wenn ich es muss und das höre ich auch von anderen Orten. Auch fühle ich mich als Fußgänger bei Tempo 30 wesentlich wohler und komme leichter über die Straße.
Wenn das Auto sich zurücknehmen muss, ist es also verlockender andere “schwächere“ Verkehrsmittel zu wählen.
Ich habe meinen Begrenzer auf 40 eingestellt, da lässt sich im dritten Gang dann gut zwischen 30 und 40 pendeln.

Tja, du gesellst dich eben jetzt du den Technik-Nerds :smiley:

Das Klimaargument zieht innerorts nicht. Umgekehrt verbraucht T30 innen aber auch nicht mehr (wie ich ja beschrieb wegen der Beschleunigung). Dieses Argument verwenden Rechte gerne… InNeN TemPO 50 iST grÜn!!!1!!elf

Sinnvoll ists trotzdem allemal, denn T50 spart immerorts je nach Stadt und Strecke meistens eh kaum Zeit, kostet aber Ruhe und Leben

Das will ich auch gar nicht bezweifeln.
Allerdings war die Aussage oben von @Seb91 , dass dieser Effizienzverlust so groß ist, dass dadurch der absolute Verbrauch bei geringeren Geschwindigkeiten größer ist als bei höheren. Und das habe ich in Zweifel gezogen.