Das sind alles Vorschläge, um die Nachfrage im Rahmen von ein paar Stunden zu verschieben und so besser mit dem Angebot in Einklang zu bringen. Daran hängt die Energiewende aber nicht - auch wenn es in Situationen echter physischer Stromknappheit natürlich ganz entscheidend sein kann, die Nachfrage für kurze Zeiträume zu reduzieren.
Das eigentliche Problem ist jedoch, dass Phasen von Knappheit und Überangebot von PV- und Windstrom sich über Tage oder gar Wochen erstrecken können. Da hilft das Verschieben von Nachfrage nicht, sondern echte Speichermöglichkeiten müssten her.
Ich weiß nicht, ob in einem der beiden Threads zum Thema der Link schon geteilt wurde. Es ist so viel. Daher zur Sicherheit: Ein Forscher der Nuclear Consulting Group kommt zu dem Ergebnis, dass, wenn man die gesamte Wertschöpfung betrachtet, Nuklearenergie sogar mehr CO2 ausstößt als Windenergie.
Ich muss zugeben, ich hab gelacht. Nicht mal darin gibt es bei Atomenergie Sicherheit.
Was wäre uns alles erspart geblieben, wenn wir mit der gleichen Verve, wie hier für die Atomenergie diskutiert wird, in den 90ern angefangen hätten, mit unseren MdB über regenerative Energien zu diskutieren. Wie viel Geld hätten wir gespart, wie viele Menschenleben gerettet.
Manchmal ist die Geschichte an Zynismus nicht zu überbieten. Die pazifistischen Grünen zogen als Erste in den Krieg. Nun stehen die Chancen nicht schlecht, dass die Anti-AKW Grünen, die Laufzeit verlängern oder modernste AKW zulassen - alternativlos bei dem CO2 Anstieg…
Ich hoffe ich habe hier nichts überlesen, da die Diskussion schon sehr lang ist. Mich würde es sehr interessieren, von einem Atomkraftbefürworter Antworten auf die folgenden Fragen zu bekommen:
Die Stromgestehungskosten aus Atomkraft sind deutlich höher als aus Windkraft, mindestens Faktor 2. Rechnet man auch die Kosten für Rückbau, Versicherung, Endlagerung ein, wohl eher Faktor 4. Am 9.1. gab es hier z.B. ein Interview mit dem Chef der Weltatombehörde IAEO, Rafael Grossi, in der FAZ (paywall), der eigentlich pro Atomkraft argumentierte. Am Ende sagte er aber, dass Atomkraft eigentlich nur bei den aktuellen extremen Gaspreisen überhaupt wirtschaftlich sei. Wäre also nicht ein Umstieg auf Atomkraft schädlich für die Wirtschaft und müssten nicht diejenigen, die sich über die hohen Stromkosten durch die deutsche Energiewende aufregen, erst recht gegen noch teureren Atomstrom sein?
Hinzu kommt, das die Kosten eines Kernkraftwerks kaum sinnvoll planbar scheinen und eigentlich immer ausfallen als gedacht. Eine Windkraftanlage ist dagegen ein Massenprodukt, das recht gut zu projektieren ist.
Außerdem ist die Frage, wer eigentlich für die Sicherheit bezahlt. Was kostest es denn, bei den Tausenden Mini-Kernkraftwerken, die angeblich in irgendwelchen Vorgärten stehen sollen, für die Sicherheit gegen Terrorismus zu sorgen? Vielleicht habe ich zu viele Filme gesehen, aber Tausend Kraftwerke 24/7 gegen einen Terroristischen Anschlag zu sichern und zuverlässig zu verhindern, dass kein strahlendes Material für eine schmutzige Bombe in der Berliner U-Bahn entwendet wird, dürfte doch einigermaßen teuer sein.
Die Planungsdauern für Kernkraftwerke sind einfach zu hoch. Angenommen wir würden heute in DE beschließen, unsere gesamte Stromversorgung auf Kernkraft umzustellen. Vor 2035 würde nichts ans Netz gehen. Und die ganz neuen Kleinkraftwerke, die Bill Gates schon 2020 bauen wollte, sind weit und breit nicht zu sehen. Also müssten wir entweder noch 15-20 Jahre Kohle verbrennen, dann brauchen wir aber nicht mehr über ein 2-Grad Ziel zu sprechen, oder wir bauen eben jetzt Windräder. Nur brauchen wir dann in 15 Jahren gar keine AKWs. Oder sollen wir dann aus dem teuren AKW-Strom Wasserstoff herstellen, dann siehe Punkt 1.
Kernkraftwerke fährt man nicht einfach hoch und runter, sie laufen durch. Wie also soll das Zusammenspiel mit den Erneuerbaren funktionieren? Am Ende müssen dann die Windräder abgeschaltet werden, weil sonst zu viel Strom da ist.
Ich habe die Quelle nur grob überflogen und nicht versucht sie nach zurechnen. Aber die Befürchtung, dass wir beim Ausbau der Erneuerbaren irgendwann an Flächenprobleme stoßen, teile ich absolut. Aber das wäre vielleicht sogar eher Thema für einen eigenen Thread.
Also nachgerechnet habe ich es auch nicht. Aber deine Bauchgefühl setze ich mein Bauchgefühl mit Experten-Aussagen dagegen. Prof. Quaschning hat ausgerechnet, dass bei Nutzung von 1/3 der Landwirtschaftsfläche mit PV der Strom locker erzeugt werden kann (oder war es sogar Energie?). Wie man weiss kann dort ja trotzdem weiter Landwirtschaft betrieben werden. Mit dem Unterschied höherer Erträge (aktuelle Öko-Test). Und da haben wir noch gar nicht über Dächer und Straßen gesprochen. Die Behauptung wir hätten zu wenig Fläche ist schlicht eine Lachnummer (sorry for that Bashing).
Es ist hier natürlich keine Option- ich denke das ist auch Konsens in dieser Diskussion. Wir haben uns dagegen entschieden und fertig. Aus der anderen Perspektive: Meine amerikanischen Kollegen machen sich gern über die Deutschen lustig, die damals entschieden haben die Atomkraft abzuschaffen und dafür die Kohle zu verlängern. Wird hier nicht diskutiert weil es doch eine unangenehme Wahrheit ist, ist scheinbar in anderen Ländern aber eine beliebte Anekdote… Da fällt mir auch wenig zu unserer Verteidigung ein. Wäre es anders gelaufen, hätten wir jetzt länger Zeit für die Energiewende.
Unabhängig davon sind die Planungszeit und Kosten für Entsorgung, Sicherheit etc. Dinge, die sehr stark standortabhängig sind. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass all das hier deutlich teurer ist als in anderen Teilen der Welt, die eine andere Meinung zu Atomkraft haben. Deutschland hat nunmal die lästige Angewohnheit, unerwünschte Dinge oft nicht zu verbieten sondern mit Bergen von Papier so lange zu ersticken, bis wirklich jeder zugibt, dass sie nicht mehr praktikabel sind und freiwillig aufgeben (passiert interessanterweise auch gerade in gewisser Weise mit der Impfpflicht-Debatte, bessere Beispiele sind allerdings z.B. Tierversuche und die Arbeit mit Gentechnik).
Daher finde ich auch das Argument Atomkraft sei Quatsch da selbst die Versorger keine Atomkraft mehr in Deutschland bauen wollen immer ein wenig zum Schmunzeln… Natürlich finden die das in einem Land unpraktikabel, in dem sich Leute ständig auf die Schienen legen, alle demokratischen Parteien dagegen sind und vor einigen Jahren auch mal eben entschieden wurde den Stecker zu ziehen… Da würde ich auch lieber Kohlekraftwerke bauen
Diesen Mythos würde ich hier gerne mal entkräften.
Atomkraftwerke können laut TAB Hintergrundpapier mit bis zu 10%/Minute Nennleistungsänderung geregelt werden können. Das ist zwar nicht so schnell wie Gaskraftwerke mit bis zu 12%/Minute - aber doch immer noch ziemlich schnell. Zugegeben - auf weniger als 50% der Nennleistung sollte man ein AKW nicht herunterregeln. Wenn man das AKW ganz aus macht braucht es 1-2Tage zum hochfahren. Das sollte man dann nur in einer windigen Sommerzeit überlegen. Die französischen AKWs laufen üblicherweise 12h Vollast, fahren dann 3h lang (morgens) auf 50% Kapazität, bleiben dann 6h auf 50% und fahren 3h wieder hoch auf Vollast um nachts den deutschen teuren Atomstrom zu verkaufen.
Hier mal ein plastisches Beispiel wie kompliziert das ganze ist.
Mein Unternehmen benötigt in der Spitze 1.500KW Leistung.
Dafür zahlte ich in Deutschland etwas unter 20ct/KWh Industriestrom - in der Spitze also gerundet 5€ pro Minute.
Jetzt kann das Unternehmen natürlich nicht Rücksicht auf die Windgeschwindigkeit bzw. Sonnenstunden nehmen - also müsste entweder die Leistung von bis zu 36.000KW pro Tag zwischengespeichert werden (bis wieder Sonne/Wind vorhanden) oder es braucht irgendeine grundlastfähige Energiequelle.
In Zukunft werden die Strompreise in Europa also noch weiter auseinanderlaufen - und die energieintensive Industrie wird vermehrt Deutschland den Rücken kehren.
Hey @Grumpel, ich kann schonmal versuchen ein paar deiner Bedenken zu addressieren:
Stromgestehungskosten ignorieren Speicher- und Netzkosten
Ja, Windenergie (und zunehmend auch Solar) hat sehr niedrige Gestehungskosten. Das Problem ist aber, dass du nicht einfach zu jeder Zeit zu diesen Kosten Strom aus den Anlagen beziehen kannst, sondern eben nur bei passenden Bedingungen. Fairerweise müssten daher Netz- und vor allem Speicherkosten mit einbezogen werden. Das erhöht die tatsächlichen Kosten von variablen Stromquellen drastisch.
Skaleneffekte
Wir haben mehr als eine halbe Billion Euro für die Energiewende ausgegeben. Das ist mit der Grund warum die Preise so stark gesunken sind, und das ist auch super so. Ich würde mal behaupten, dass gleiche würde für Kernenergie passieren wenn wir für eine halbe Billion Euro Kernreaktoren bauen würden.
Kosten vs. Machbarkeit
Das Argument von Kernkraft Befürworten ist meistens weniger, dass Kernenergie zwingend günstiger wäre als Erneuerbare, das Argument ist eher dass eine Versorgung mit Kernenergie funktioniert während das für erneuerbare unklar ist.
Rückbau und Endlagerung
Das Problem mit den Endlagerkosten ist: die haben wir sowieso, mehr oder weniger Brennelemente machen da kaum den Unterschied. Außerdem ist absehbar, dass Endlagerung mittelfristig nur noch für einen Bruchteil des Materials nötig sein wird. Der Rückbau ist vor allem ein Problem wenn man, nun ja, die Kraftwerke abbauen will. Wenn man die einfach stehen lässt, ggf. renoviert und weiterbetreibt kann man das Problem stark reduzieren.
Selber Schuld
Das stimmt für Europa weil wir Kernenergie nicht mögen und es ihr so schwer wie möglich machen. Das stimmt nicht in China, in Südkorea, in Russland, in Frankreich in den 60ern etc. Etwas nur 1x zu bauen ist immer teuer und schwer zu planen, wie du schon hervorhebst mit dem Vergleich zu den Windrädern. Wenn wir wollten könnten wir 30x das gleiche Design bauen und Kosten und Bauzeit stark reduzieren.
Praktische Umsetzbarkeit
Ja, sehe ich auch so. Die Frage ist ob du, wenn du Terrorist bist und eine schmutzige Bombe bauen möchtest, wirklich versuchst an strahlende Brennelemente zu kommen. Die sind entweder in einem Castor behälter, in einem Reaktor oder in einem Abklingbecken. Die zu klauen ist nicht super einfach ohne Schwerlasttransporter. Und selbst wenn, warum etwas nutzen was so leicht detektierbar ist? Besser könntest du irgendwelche toxischen Chemikalien benutzen die deutlich leichter zu beschaffen sind und nicht sofort jeden Geigerzähler in der Umgebung auslösen.
Load following kann auch mit Kernkraftwerken durchaus gemacht werden. Aber ich würde hier die Frage zurückgeben: ist das ein Problem des Kernkraftwerks oder der Windanlagen?
Hier können sicher einige noch ergänzen/korrigieren, trotzdem schonmal Danke für deine Offenheit & Fragen
Ja ich zieh die Aussage erst mal zurück. Ich hatte da noch alle Rechnungen im Hinterkopf, die, so meine Erinnerung, sagten, dass wir 1/3 unsrer Landwirtschaftsflächen für die vollständige Erzeugung von grünem Strom brauchen. In dem Link von @JanLukas ging es aber um den gesamten Primäreinergie-Bedarf von Deutschland (also Wärme, Verkehr und Strom) und da ist Strom sogar einer der kleinsten Teilbereiche (Quelle).
Bei der Frage, ob man den gesamten deutschen Primärenergie-Bedarf von Deutschland aus regenerativen Energien beziehen kann, bin ich aktuell aber nicht richtig informiert, daher rudere ich hier erstmal zurück.
Kein Problem, hast ja die Behauptung kritisiert und nicht mich. Alles gut.
In der ZEIT ein faszinierendes Interview mit Steven Pinkler.
Eine Kernaussage fand ich spannend:
Pinker: Uns fehlen konstruktive Diskussionen anhand von Argumenten. […]bei der Überlegung, ob es wieder mehr Atomkraftwerke geben sollte. Bei diesen Themen sind viele kluge Leute befangen, weil es sich um Fragen handelt, die mit Identität und Loyalität zusammenhängen. Wenn ich ein guter Linker bin, glauben viele, dann darf Atomkraft für mich nicht verhandelbar sein, sonst gelte ich als konservativ.
Vielleicht erkennen sich hier einige wieder.
Vielleicht sind einige zu ihrer Haltung „Atomkraft nein Danke“ oder der dahinterstehenden Bewegung oder gar Partei ein wenig zu loyal - und neuen veränderten Umständen nicht offen genug gegenüber.
Ich würde ja auch sagen dass es ein Fehler war, in die Atomkraft einzusteigen - halte es aber auch für einen Fehler jetzt auszusteigen.
Vielleicht ist es aber auch so, dass es mehr als genug kluge Menschen gibt, die auf wissenschaftliche Publikationen schauen und sehen, dass es ohne Atomstrom möglich ist die Energiewende umzusetzen. Insofern ist ihre Aussage, dass der Ausstieg ein Fehler ist auch nicht nachzuvollziehen. Gerade weil der Einstieg ja als Fehler angesehen wird. Wieso also diesen Fehler noch ein mal machen?
Dass es möglich ist bezweifle ich ja gar nicht. Andere Staaten setzen auf zumindest mittelfristig günstigeren Atomstrom oder Kohlestrom (unter Einbeziehung von Speicherkosten, die kurzfristig sowieso nicht verfügbar sind).
Dorthin wandert die energieintensive Industrie ab oder muss unter massivem Subventionsaufwendungen in Deutschland gehalten werden.
Jedenfalls führt es zu einem relativen Wohlstandsverlust Deutschlands. Und ob der deutsche gesellschaftliche Anti-Atomkraft-Konsens weiterbesteht, sobald jemand durchrechnet, dass in Frankreich von deutschem Steuergeld und EU-ESG zertifiziert Atomkraftwerke gebaut werden, die dann Nachts nach Deutschland Strom verkaufen und wir im Gegenzug tagsüber unsere Windkraftenergie zu Schleuderpreisen verschenken - da bin ich mir nicht so sicher.
Im Vakuum sollte Deutschland aus der Atomkraft aussteigen. Bitte unterschätzt die Sogwirkung gut bezahlter Industriearbeitsplätze nicht. Von diesem Sog hat Deutschland lange profitiert - aber mittlerweile scheint des Nachbars Garten nicht nur Grüner - er hat sogar einen Starkstromanschluss drauf.
Hier ein paar Beispiele: Saarstahl zieht nach Frankreich Porsche baut ein Entwicklungszentrum in China und eine Fabrik in Malaysia
Die Menge aus Einzelfällen ergeben irgendwann einen Trend. Und teurer Strom ist ein Standortnachteil. Und unter Berücksichtigung von Speichern ist der deutsche Weg einfach ein sehr teurer.
Pinker hat da natürlich einen Punkt. Dass Kernkraft einfach Mist ist, das ist in vielen Ländern ein Glaubenssatz auf der linken Seite des politischen Spektrums.
Aber man kann die Kernkraft halt nicht abseits ökonomischer, industrieller und gesellschaftlicher Realitäten diskutieren. Und da sieht es außerhalb von China sehr düster aus. Die sind die einzigen, die aktuell noch ein echtes „Atomprogramm“ voran treiben. Sprich: im Schnitt jedes Jahr wenigstens mal einen neuen Reaktor ans Netz bringen.
Man muss ja schon mal fairerweise festhalten: Nach ca. 20 Jahren Energiewende und über 500.000.000.000 ausgegebenen Euros haben wir was Dekarbonisierung betrifft nicht mal ansatzweise das erreicht was Frankreich vor 50 Jahren geschafft hat. Das waren 50 Jahre Kohle verbrennen die nicht nötig waren.
Es gibt vor allem 2 (in Deutschland aus offensichtlichen Gründen sehr beliebte) Wissenschaftler die die Energiewende für machbar halten.