LdN 261/274 - Energiewende/ "Atomkraft ist kokolores"

Es wäre hilfreich konkrete Namen zu nennen. Das habe ich leider auch nicht. Daher mal ein paar Studien, wo nicht nur zwei Namen von Wissenschaftlerinnen dahinterstehen, sondern mehrere Institutionen.

Beispielsweise Klimapfade für Deutschland beauftragt vom BDI und realisiert von BVG und Prognos. Oder Klimaneutrales Deutschland 2045 beauftragt von Agora Energiewende, Agora Verkehrswende und Stiftung Klimaneutralität und durchgeführt von Wuppertalinstitut, Ökoinstitut und Prognos. Dann noch Wege für die Energiewende und noch sehr neu Neue Ziele auf alten Wegen? Strategien für eine treibhausgasneutrale Energieversorgung bis zum Jahr 2045 vom FZJ IEK3. Ebenfalls die Langfristszenarien der Bundesregierung von Fraunhofer ISI, Consentec, TU Berlin und Ökoinstitut.

Ich glaube das zeigt ganz gut, dass es nicht nur prominente und genehme Wissenschaftlerinnen sind, sondern eine breite wissenschaftliche Evidenz für den eingeschlagenen Weg da ist. Gibt da auch noch genug weitere.

Die zukünftigen Energiesysteme sind da in der Regel mit Optimierungsmodellen gerechnet worden. Damit will ich sagen, selbst mit Speichern, Netzen und Flexiblitätsoptionen ist es günstiger als mit Atomkraft.

Das ist dann immer das Totschlagargument gegen jeden Wandel. Führt ja unter anderem dazu, dass aber der notwendige Wandel behindert wird. Im schlimmsten Fall, wie bei Wind und PV gehen dann dummerweise tausende Arbeitsplätze in eigentlichen Zukunftsbranchen verloren.

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Die Arbeitsplätze sind doch nicht weg - sie sind nur woanders.
Deutschland hat im 19. Jahrhundert eine Aussetzung der Patentierung eingeführt. Daraufhin ist ein gewisser Karl Pfizer, der Teil der „Apotheke der Welt“ war, von Deutschland in die USA ausgewandert.
Deutschland hat im 20. Jahrhundert eine Förderung der in Deutschland entwickelten Solarenergie auslaufen lassen - und die gesamte Solarindustrie ist gen Asien gewandert.
Deutschland erwehrt sich im 21. Jahrhundert der nuklearen Energie und bekommt teureren Strom. Ausgang ist auch hier nicht ungewiss.

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Deutschland ist schon ausgestiegen. Und jeder Mensch ist nur so lange Befürworter der Atomenergie so lange nicht in seinem Wohnort ein Atomkraftwerk oder Endlager gebaut werden soll.

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Mein Unternehmen ist da, wo es günstig und zuverlässig Energie geliefert bekommt. Wer das ernsthaft für Deutschland in den nächsten Jahren sieht ist überoptimistisch, unbekümmert oder unbelesen.

Und das ist eine gute Zusammenfassung wie unsere Welt funktioniert.

Ich vermute Ihr Unternehmen steht dort wo Arbeitskraft sehr günstig ist.

au contraire. Aber ich habe auch pricing power und kann die Löhne meiner Mitarbeiter gegenüber den Kunden durchsetzen, die brauchen die Produkte die wir herstellen mehr als wir mehr Kunden.

ier ein paar Beispiele:
Saarstahl zieht nach Frankreich
Porsche baut ein Entwicklungszentrum in China und eine Fabrik in Malaysia
Was zeigen uns die Beispiele?
Wenn Saarstahl glaubt es will jemand seinen Atomstahl künftig kaufen verrechnet es sich möglicherweise. Viele große Unternehmen beginnen den Einkauf auf Basis der Umweltleistung der Lieferanten zu steuern. Atomstrom wird da zu einem Malus führen, d.h. dieser Stahl erhält einen künstlichen Preisaufschlag um in mit dem der Wettbewerber zu vergleichen.
Das zweite Beispiel ist noch unglücklicher. Porsche geht nach Malaysia, weil in Asien der Absatzmarkt ist. Der Energieanteil von Porsche beträgt vielleicht 1 bis 2% vom Umsatz und hat überhaupt keinen Einfluss auf den Standort. Und schon gar nicht bei einem Entwicklungszentrum.

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Das sind doch alles Phrasen. Wenn dein Unternehmen nicht selbst ein Kraftwerk betreibt, dann werden sich eure Bezugskosten für Strom über kurz oder lang an den Preisen am Spotmarkt orientieren. Und dort setzt das teuerste zur Deckung des Bedarfs noch notwendige Kraftwerk den Preis. Sprich: irgendein Gaskraftwerk. Daher ist der Marktpreis für Strom in ganz Mitteleuropa nahezu identisch, aktuell aufgrund der Gaspreisexplosion liegt er irgendwo bei 20 Cent/kWh an Werktagen.

Richtig günstig ist es nur in Nordnorwegen und Nordschweden, wo Strom aus Wasserkraft im Überfluss vorhanden ist, aber die Leitungen gen Süden noch nicht ausreichen, um den lokalen Markt mit dem des übrigen Europas kurzzuschließen. Sobald die nötige Leitungskapazität da ist, haben die dann auch ungefähr de gleich hohen Spotmarktpreis wie unsereins.

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Ich wiederholen den Punkt gerne: Die aktuelle Studienlage zeigt, dass es ohne Atomstrom am günstigsten ist. Es wird also teurer, wenn da Atomstrom noch mit reinkommt.

Damit einher geht dann, dass auch der Rest des Systems angepasst werden muss. Das die politischen und regulatorischen Rahmenbedingungen aktuell nicht stimmen ist kein Geheimnis. Hier gibt es genug Möglichkeiten dafür zu sorgen, dass das System auch besser auf EE ausgelegt ist.

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Laut Wikipedia ist er wegen den niedergeschlagenen demokratischen Revolutionen von 1848 ausgewandert (Karl Pfizer – Wikipedia). Und er war zu dieser Zeit noch normaler Apotheker und hatte kein großes Unternehmen, dessen Erfindungen mit Patenten geschützt werden müssen. Sein Unternehmen hat er erst in den USA aufgebaut.
Das Argument ist also offenbar nur vorgeschoben.

Das die deutsche Solarbranche eingegangen ist, lag an dem Preisdruck aus China, vorrangig durch niedrigere Löhne. Und meines Wissens gab es Förderung für Solarenergie hauptsächlich bei den Kunden, also Hausbesitzer etc… Aber welche Solaranlagen die davon kaufen (deutsche oder chinesische), ist ja deren Sache.

Und das Atom-Strom so billig ist, liegt schlicht daran, dass weder in der Vergangenheit, noch jetzt ernsthafte Bemühungen gemacht werden, die exorbitant hohen Entsorgungskosten ernsthaft den Stromproduzenten in Rechnung zu stellen. Das lagern die dann schön an den Steuerzahler aus:

Ohne diesen Wettbewerbsvorteil, für den am Ende die ganze Gesellschaft zahlt, wäre Atomstrom kein Thema mehr. Leider ist es in unserem Wirtschaftssystem zu leicht für Unternehmen sich nach dem Geldverdienen aus der Verantwortung zu ziehen. Der deutsche Atomausstieg in den 2010er ist dafür sogar ein Musterbeispiel.

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Das ist durchaus möglich:
Batterie: Die größten Energiespeicher der Welt - ingenieur.de
FluenceEnergie, ein Joint Venture an dem Siemens beteiligt ist, baut gerade einen 470MWh-Speicher auf den Philippinen, leider habe ich keine Ahnung über die Kosten.
Aber so etwas installiert sich ja nicht das Unternehmen, sondern der Stromanbieter.

Und warum nicht den Strombedarf mit einem Blockheizkraftwerk absichern, das dann zugleich die Region mit Fernwärme versorgt?

Haben die Chinesen das nur noch nicht verstanden? :wink:
Bloomberg - Are you a robot?

Ich möchte das gerne noch ergänzen.
Bei einer Last von 1,5 MW ist die Herausforderungen noch nicht wirklich groß. Das ist gerade mal eine halbe Windkraftanlage. Für den Ausgleich gibt es schließlich das Netz und es ist nicht so, dass jeder zu jeder Zeit seine eigene Leistung abdecken kann. Du schreibst dann noch, dein Betrieb könne sich nicht nach dem Wind richten. Wieso eigentlich nicht? Es wird schon eine Weile am Thema Flexibilität gearbeitet. Die Lösungen werden kommen

Sobald die Lösungen da sind komm ich gern wieder nach Deutschland. Aber auf Hoffnungen auf sinkende Strompreise verwette ich sicher nicht mein Unternehmen. Die doppelt so hohen Strompreise in Deutschland verglichen mit Frankreich und Spanien sowie viermal so hoch wie in Skandinavien sprechen doch eine klare Sprache.
Wenn das alles so einfach ist wie hier vielfach behauptet wird mit Ausgleich durch das Netz oder Speichersystemen die aber einfach aktuell nicht stehen - dann baut das doch erstmal und zeigt, dass man in Deutschland günstigen Strom bekommen kann.

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Verstehe ich das richtig, sie sind Geschäftsführer eines KMUs und wollen wegen der Strompreise aus Deutschland ins Ausland abwandern?

Zumindest den energieintensiven Teil habe ich nun umgezogen - ja.
Damit bin ich aber nicht alleine - der Spiegel berichtet einen Rückgang um 10 Milliarden (oder 13,8%) an Investitionen durch die Industrie in 2020 in Deutschland.
Und eh jetzt jemand sagt das würde an Corona liegen - der Rückgang in UK lag bei gerade mal 0,2 Milliarden Pfund.

Aber es gibt natürlich mehr Gründe, Deutschland mit seinem Unternehmen zu verlassen.
Die Weltbank gibt ein verständliches Ranking heraus - den „Ease of doing Business“ report.
https://www.doingbusiness.org/en/rankings
Und da wird einem wirklich bewusst wie sehr Deutschland eigentlich unternehmensfeindlich ist. Zumindest kleinunternehmensfeindlich.

Ich kenne die Studienlage für China nicht. Auch den chinesischen Markt und die Ausgangslage nicht gut genug. Von daher kann ich zu China nicht sagen, was die Regierung dort bewegt und was an Subventionen und co. dahinter steht.

Für Deutschland sind aber die schon angemerkten Studien ziemlich klar. Da würde das System mit Atomenergie teurer werden. Was teurer wird, muss dann am Ende auch von den Konsumentinnen bezahlt werden. Ergo, die Preise sind dann auch höher.

Zu den Preisen allgemein. Da ist der reine Strompreis in der deutschen Preiszone und der französischen eigentlich gleich oder nur geringfügig abweichend. Die großen Unterschiede bei den Endkundinnenpreisen sind durch die Steuern, Abgaben und Umlagen verursacht (https://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/index.php?title=File:Electricity_prices_for_non-household_consumers,_first_half_2021_v5.png). Es liegt also nicht am Atomstrom, um auf das Thema der Diskussion einzugehen, sondern eigentlich darum, wie der Rest besser gestaltet werden kann. Was das angeht können wir uns sehr gerne unterhalten und austauschen. Da sehe ich es nämlich auch so, dass dort etwas getan werden muss. Das dann aber bitte in einer dafür vorgesehenen Diskussion.

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Hab mir nochmal ein bischen was dazu angesehen. Es gibt einen Artikel der Klima-Reporter:

von 2018 allerdings, der mal die De-Karbonisierung für Deutschlands Strombedarf bis ins Jahr 2050 durchrechnet. Sie gehen da von einem Jahres-Bedarf von 700 TWh in 2050 aus (aktuell haben wir wohl um 500 TWh Strombedarf in Deutschland pro Jahr).
Die zusammensetzung der 700 TMh sieht da so aus:

  1. 90 TWh aus Frei-Flächen-Photovoltaik
  2. 200 TWh aus Dach-Photovoltaik
  3. 240 aus Onshore-Windanlagen
  4. 210 aus Offshore Windanlagen

Das Problem ist, damit ist nach aktuellen Regelungen die Windkraft-Fläche zumindest am Land voll ausgesnutzt. Auch das Solar-Dach-Potential ist hierbei wohl weitesgehend ausgeschöpft.

Leider habe ich noch nichts vergleichbares für den gesamten Energiebedarf von Deutschland gesehen. Der liegt aktuell (Quelle) bei 3238 TWh, also ein Vielfaches des Strombedarfes. Um das zu Erreichen muss man also scheinbar mindestens Flächen für Photovoltaik umwidmen und die Abstandsregeln für Windräder überarbeiten.
Hat jemand dazu mal Studien o.Ä. gesehen?

Hast du da jeweils Links zu?

Wieviele Arbeitsplätze sind den da mitgezogen? Ich kann mir vorstellen, dass es nicht leicht ist, erst mal ohne die langjährig eingearbeiteten Fachkräfte klar zu kommen. In welcher Branche arbeitet ihr Unternehmen denn, wenn ich fragen darf?