LdN 230 Kirchliche Krankenhäuser Schulen und Kindergärten

Ich wollte ein paar Worte zur letzten Folge LdN230 hinterlassen. Inder folge wurde gesagt, dass die Kirche Krankenhäuser Kindergärten etc. betreibt und das wäre auch gut so. Da muss ich widersprechen. Ich persönlich finde das nicht so positiv.

Denn diese Einrichtungen sind mit über 95% öffentlich finanziert (siehe zB „Violettbuch der Kirchenfinanzen“ von Casten Frerk) und eben nicht von den Kirchen. Diese setzen lediglich ihren Stempel drauf und dürfen sich mit den öffentlichen Geldern im strahlenden Licht leuchten lassen.
Dafür dürfen sie aber auch bestimmen wer in diesen Einrichtungen arbeitet, welches Kind in den Kindergarten darf, das sehe ich als diskriminierend an. Die Angestellten dürfen nicht streiken (dritter Weg) und haben viele weitere Einschränkungen durch das Angestelltenverhältnis beim kirchlichen Träger.

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Ich stimme Sivar zu.
In Gegenden, in denen es kaum kommunale Kliniken gibt, ist der Weg zur Antreibung sehr weit.

Das gilt für das Emsland, in einigen Regierungsbezirken in Bayern gibt es keine KHs, die Abtreibungen durchführen.
Die Kirchenvertreter nehmen auch für sich in Anspruch, über besondere ethische Kompetenz zu verfügen (Sterbehilfe, Embryonenforschung…).
Auch wenn die Gelder zu 90% vom Staat kommsn oder von Krankenkassen, gilt das strikte kirchliche Arbeitsrecht.
Nach Daten von 2019 sind 40% nicht religiös gebunden, aber die zwei großen Kirchen nehmen für sich eine anachronistische Sonderstellung in Anspruch.
Das Thema kirchliche Privilegien gehört auf die Tagesordnung.

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Danke! Genau das wollte ich auch schreiben.

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Das Problem, weit reisen zu müssen, um einen Schwangerschaftsabbruch machen zu lassen, ist wirklich unfassbar… Schwangerschaftsabbrüche sollten zu „normalen Gesundheitsleistungen“ zählen. Eben, weil sie für viele Schwangere eben genau das bedeuten: der Weg gesund bleiben zu können (ob psychisch oder physisch). Das ist definitiv ein Thema, über das wir reden müssen! Danke, dass du das eingebracht hast!

Der Einfluss von sog. Tendenzbetrieben wie die Kirche auf Schulen ist dagegen auch problematisch. Sie dürfen dort arbeitsrechtlich problematisch agieren. Ich als verheiratete, homosexuelle Person, werde niemals eine Stelle an einer katholischen Schule bekommen. Es sei denn, ich verheimliche meine Partnerschaft. Was zum einen ein Grund wäre, mich zu kündigen, käme dies raus, zum anderen aber auch inakzeptabel für mich ist. Es ist für Schüler:innen wichtig, auch Lehrer:innen zu haben, die sich offen als homosexuell, divers, trans etc. „outen“. Das fällt auch unter Aufklärung. Viele Schüler:innen sind selbst „betroffen“. Für sie ist es eine wichtige Erfahrung, dass sie auch im Lehrer:innenkollegium nicht „alleine“ sind.
Diese Schulen dürfen zudem gewisse Lehrplanentscheidungen treffen wie der zwangsweise Unterricht von konfessionellem Religionsunterricht (bspw. das Nicht-Einführen von „Ersatzfächern“) oder das Verbot der sexuellen Aufklärung (was laut Schulgesetz in allen Fächern zu unterrichten ist).
Dies alles, wie @Sivar schon gesagt hat, mit 95% öffentlicher Unterstützung empfinde ich persönlich als von Staatsseiten gebilligte Diskriminierung.

Persönlich gesprochen empfinde ich die Duldung solcher Schulen als strukturelle Diskriminierung homosexueller Menschen.

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Ich halte die Vermischung von Arbeitsrecht und Kirchenrecht nicht nur für ungerechtfertigt sondern sehe sie höchst kritisch. Neben dem schon genannten Buch lohnt sich auch eine schon etwas „ältere“ ARD- Dokumentation „Gott hat hohe Nebenkosten“:

So sozial und hilfreich die diversen Einrichtungen mit kirchlichen Trägern sein mögen…das macht die Vermischung nicht weniger kritisch. Kirchenrecht hat im Arbeitsrecht nichts zu suchen. Grundsätzlich. Die schon angesprochene Finanzierungslage (100% Bestimmung bei gar keiner oder maximal 10% finanzierendem Anteil) ist da nur ein weiteres Argument. Die inhaltlichen Forderungen der kirchlichen Träger sind aus meiner Sicht ethisch hoch fragwürdig. Wenn im sozialen oder gesundheitlichen Arbeitsfeld (in dem ich selbst auch arbeite) eine humanitäre, menschliche, tolerante Haltung im Arbeitnehmerprofil gefordert wird ist das sicherlich sinnvoll und auch direkt mit der Tätigkeit verknüpft. Wenn aber nicht „nur“ die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Religion (meist katholisch oder evangelisch) gefordert ist, sondern zudem auch noch die Glaubenshaltung direkt an die PatientInnen vermittelt werden soll, erlebe ich das als hochkritisch. Wieso brauche ich eine religiöse Überzeugung um sozial und menschlich zu sein? Was ist mit PatientInnen, die einer anderen Glaubensrichtung oder keiner Glaubensrichtung angehören?
Wie mit anderen persönlichen Haltungen des Arbeitnehmers (politisch, weltanschaulich, etc.) auch, sollte die Glaubenshaltung nichts mit meinem Arbeitsplatz zu tun haben.

Mir ist klar, dass ihr mit eurer Aussage etwas ganz anderes zum Ausdruck bringen wolltet - vielleicht wären die Umstände des „kirchlichen Arbeitsrechts“ aber auch nochmal ein Thema, dem ihr euch in der Lage zuwenden mögt. Bevor ich mich selbst nach meinem Studium auf Jobsuche (bzw. im Studium auch schon auf Praktikumssuche) begeben habe, waren mir die konkreten Zusammenhänge nämlich auch nicht klar.

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Noch eine weitere Anmerkung. Mit Blick auf die Idee, das Thema in einer neuen Lage aufzugreifen, würde mich natürlich vor allem auch die rechtliche Perspektive interessieren.

Das Bundesverfassungsgericht scheint das Ganze ja für korrekt zu halten.
z.B. in diesem Fall

Was hat dieser „Sonderstatus“ der Kirchen im arbeitsrechtlichen Kontext zu suchen? Ein juristischer Blickwinkel würde mich als Erklärung tatsächlich sehr interessieren.

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Ich frage mich ehrlich gesagt mittlerweile, warum es einer Organisation, in der sich seit Jahrzehnten (Jahrhunderten?) Männer zusammenschließen, um Kinder zu missbrauchen, gestattet ist, in Deutschland Institutionen wie Schulen, Kindergärten, Freizeiteinrichtungen etc. zu betreiben.

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auch ich kann die positive Konnotation nicht nachvollziehen, dass Kirchen Krankenhäuser, Kitas, Altenheime und ähnliches betreiben.
Hierzu zwei Datenpunkte: Der Staat finanziert beispielsweise Teile der Diakonie, die sich dann wieder als kirchlicher Träger von eigentlich dem Staat obliegenden Institutionen beteiligt.
Zudem treibt Bekannterweise der Staat die Kirchensteuer ein, behält je nach Bundesland jedoch 2-4,5% der Steuer selbst ein.

Der Staat hat also paradoxerweise ein Interesse an hohen Kirchensteuereinnnahmen, da er daran selbst mitverdient - also eine invertierte res mixta.

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Soweit ich mich erinnere, werden solche Urteile auf europäischer Ebene regelmäßig kassiert. Was aber natürlich bedeutet, dass Betroffene noch eine Ebene höher gehen müssen.

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Die starke Investition der Kirche in soziale Einrichtungen wie Kitas und Krankenhäuser ist fatal. Zum Teil werden Ärzte zum Kircheneintritt genötigt um überhaupt eine Anstellung in einer Klinik bekommen zu können.

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Ich bin kein Fan der Kirche aber das ist mir dann doch etwas zu generalisierend. Unabhängig davon, dass der Umgang mit diesen Straftaten unterirdisch ist.

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Ja, das ist sicherlich zugespitzt. Aber man denke sich mal einen Moment den ganzen theologischen Überbau weg und überlegt sich, ob man sich vorstellen kann, dass es einer anderen Organisation, in der sich Männer seit ewigen Zeiten an Kindern vergehen und das seit ewigen Zeiten systematisch vertuscht wird und den Strafverfolgungsbehörden verheimlicht wird, erlaubt sein würde, mit Kindern in Schulen, Kindergärten, Krankenhäusern, Jugendfreizeiten etc. zu arbeiten. Nein, oder?

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Ich kann dem meisten gesagten hier nur Zustimmen

Diese ganzen Sonderrechte die sich die Kirche rausnehmen kann sind meiner Meinung nach einfach extrem überholt und schaden (durch die Missbrauchsfelle besonders krass illustriert) allen Beteiligten- außer der Kirche selber.

Sehr empfehlenswert in diesem Zusammenhang finde ich dieses Gedankenexperiment aus der Zeit:
https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2013-12/kirche-staat-muenster-trennung

Davon abgesehen, danke dass ihr diesem wichtigen Thema so viel Raum in dieser Folge gegeben habt!

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Nein, eine Abtreibung ist keine „normale Gesundheitsleistung“. Oder wie viele normale Gesundheitsleistungen sind eigentlich rechtswidrig? Mal ganz davon abgesehen, dass Sie mit einer solchen Haltung an einer katholischen Schule sicher nicht viel(e) Freu(n)de hätten.

Vielen Dank an Sivar, genau dieser Gedankengang ging mir auch sofort nach der Aussage durch den Kopf. Zudem wäre es meiner Meinung nach wichtig gewesen im Podcast darzustellen, dass selbst bei einem Kirchenaustritt man weiterhin als Steuerzahler die Kirchen finanziert. Die obersten Kirchenämter werden größtenteils vom Staat getragen und die teilweise Jahrhunderte alten Entschädigungsverträge für „Enteignungen“ laufen auch immer noch. All diese Punkte werden auch in den oben aufgeführten Dokus genannt, ich fand es aber wichtig das explizit hervorzuheben, da es jedem bewusst sein sollte, dass keiner von uns der Steuern zahlt eine Wahl hat, ob er die Kirchen mitfinanzieren möchte oder nicht.

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das ist vermutlich das Problem.

Das ist ja nun wirklich nicht der Punkt gewesen.

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Den Hinweis über die Finanzierung der „kirchlichen“ Krankenhäuser, Kindergärten usw. finde ich wichtig. Obwohl wir diese Einrichtungen zum großen Teil über Steuer finanzieren, werden dort die Doktrin der jeweiligen Kirche vermittelt und die Mitarbeiter müssen die moralischen Regeln der jeweiligen Kirche einhalten. Die Tarifbindung wird ausgehebelt, Streikrecht eingeschränkt.

Interessant ist, dass Gerichte diese Zustände legitimieren.

Ebenso ist es interessant, dass selbst die Vermittlung religiöser Vorstellungen (in anderem Kontext würde man von Indoktrination sprechen) aus dem allgemeinen Steueraufkommen finanziert wird. Theologielehrstühle werden vom Staat finanziert, obwohl dort Lehrmeinungen vermittelt werden, die nicht unbedingt dem Grundgesetz entsprechen (z.B. Recht auf Schwangerschaftsabbruch). Zumindest die katholische Kirche ist eine völlig hierarchische, auf autoritärer Gehorsamsforderung beruhende Institution, deren Personal vollständig weisungsgebunden ist. Und sollte ein/e ProfessorIn die kirchliche Lehrbefugnis verlieren, richtet der Staat eine neue Professur ein, damit wieder die offizielle Lehrmeinung verbreitet werden kann, während gleichzeitig die alte Professur bestehen bleibt. Gut ist das natürlich für deren Inhaber, der/die nicht den Verlust allen Einkommens befürchten muss. Was aber passieren kann, wenn man sich als ehemaliger Lehrstuhlinhaber auch noch von der Kirche abwendet, die Glaubensgemeinschaft verlässt, zeigt das Buch „Herren und Knechte der Kirche“ von Hubertus Mynarek, der seine persönliche Verfolgung durch die kirchliche und weltliche Justiz dokumentiert.

Eigentlich ist es uns klar, dass Kirche und Staat in einer Interessengemeinschaft der Herrschaftssicherung verbunden sind. Wir verstehen intelektuell, dass die kirchliche Moral auch der Rechtfertigung der weltlichen Herrschaft dient (solange die wieder den Interessen der Kirche dient). Nur das Ausmaß der Beeinflussung ist uns nicht wirklich klar. Programmbeiräte, Lehrplankommissiionen, Rundfunk- und Schulbeiräte, in den Parteien direkt, aber auch mit „Botschaften“ in Berlin, mit dem Angebot von Gottesdiensten im Parlament selbst. Überall sind Vertreter der institutionalisierten, christlichen Religion präsent und machen ihren Einfluss geltend.

Ist es da verwunderlich, dass die Staatsanwaltschaft davor zurückschreckt, kirchliche Archive zu durchsuchen? Ist es verwunderlich, dass die Politik davor zurückschreckt, endlich die Zahlungen nach Maßgabe des Reichsdeputionshauptschlusses von 1803 einzustellen, die den Kirchen für den Verlust linksrheinischer Herrschaftsgebiete zugestanden wurden - wir zahlen immer noch, im 21. Jahrhundert!.

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Hier haben wir eine intellektuelle Höchstleistung á la „Drogen sind verboten, weil sie illegal sind“. Was rechtswidrig ist und was nicht ist eine arbiträre Entscheidung des Gesetzgebers. Man könnte Abtreibung einfach ebenso legal machen wie das Einsetzten von Hüft-Prothesen oder eine Bypass-OP oder eine Liposuktion.

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Wie nett. Aber Sie haben natürlich Recht, der Gesetzgeber könnte Abtreibungen legalisieren. Ist aber aus guten Gründen noch nicht passiert. Weil eine Abtreibung und das Einsetzen einer Hüft-Prothese sehr unterschiedliche Dinge sind, nicht nur medizinisch.

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Was sind denn die „Guten Gründe“. Würde ich gerne wissen. Dass ein Schwangerschafsabbruch und eine Hüft-Prothese zwei unterschiedliche dinge sind kann es ja wohl nicht sein.

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