Kirche und Klimaschutz

Da ja unter anderem die CDU das C beim Thema Klimaschutz als Bewahrung der Schöpfung interpretiert, wäre es doch sicher mal spannend zu beleuchten, welche Klimaziele sich die Kirche z.B. in Deutschland beim Thema CO² und Klima & Umweltschutz setzt. Da es einer der größten Arbeitgeber mit eigenen Gesetzen ist. Bisher kann ich mich nicht erinnern etwas je zum Thema Klimaschutz und Kirche gehört zu haben, eigentlich krass, wenn man die Verantwortung, Größe etc. bedenkt … Was sagt ihr?

https://www.deutschlandfunk.de/klimaschutz-und-religionen-was-die-kirchen-sagen-und-was-100.html

https://www.klima-kirche.de/start/index.html

Übergeordnet dazu auch:

Das wird schon hier und hier diskutiert.

Zum Thema selbst:

Tatsächlich ist Umweltschutz ein großes Thema für die Kirchen alleine schon aus Selbsterhaltungstrieb.
Die Kirchen sind z. B. extrem schwer zu heizen. Damit spart ein gutes Klimakonzept echtes Geld. Die Wohnungen, die den Pfarrern zur Verfügung gestellt werden, sind meist verpflichtend zu beziehen. Damit ist ein energetisch saniertes Pfarrhaus beim Kampf um die noch zur Verfügung stehenden Pfarrer ein echter Standortvorteil.

So besonders dringlich ist es ihr aber nicht damit, oder?

Vorweg: Hier ist eine Kolumne zu der Frage von Rezo in der Zeit aus dem Jahr 2019.

Ich würde noch ein paar eigene Aspekte hinzufügen: Man kann zwei Fragen diskutieren:

  1. Nutzen die Kirchen ihre Größe als Arbeitgeber, Immobilienbesitzer, etc., um Klimaschutz voranzutreiben?
  2. Nutzen die Kirchen ihren gesellschaftlichen Einfluss, um Klimaschutz voranzutreiben?

Bei Teil 1. würde ich mit einem „ja, aber …“, bei 2. würde ich mit einem „ja“ antworten.

Zu 1. Ein großer Hebel ist die Rolle der Kirchen als Betreiberin von Pflegeheimen, Krankenhäusern, etc. Wenn es Dir um eine konkrete Aktion geht: Die Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland unterstützt mit Nachdruck ein Tempolimit und hat im Herbst 2022 beschlossen, dass ihre Mitarbeitenden auf Dienstreisen mit PKWs ein freiwilliges Tempolimit einhalten sollen. Sicherlich gibt es auch Gemeinden, die noch Solarzellen auf Dach packen und die Orgel mit Ökostrom betreiben sollten, aber das ist sehr kleinteilig und schwer zu recherchieren.

Ich denke aber, dass Punkt 2 bedeutsamer ist.

Die Positionen, gerade der evangelischen Kirche, sind grüner, als die der Durchschnittsgesellschaft. Das hat auch dazu geführt, dass Umweltschutz in Deutschland einen anderen Stellenwert hat und einen (aus meiner Sicht menschlicheren) theoretischen Unterbau hat, als anderswo.

Derzeit dominieren im internationalen Diskurs technokratische Argumente, wie

Wir brauchen Klimaschutz, um das Überleben der Menschheit zu sichern!

die etwa von ER oder LG vorgetragen werden. Andere beliebte Argumente sind ökonomisch:

Schaut euch die Schäden an! Klimaschutz ist nun finanzielles Gebot der Stunde.

Das ist alles fachlich korrekt, aber auch sehr vom Menschen entfernt und eine kalte Betrachtungsweise. Es ist schwer, damit Menschen zu begeistern und Mehrheiten zu organisieren. Auch ist eine solche Argumentation anfällig für das Abdriften in Eugenik (sie Extinktion Rebellion) und technokratisches Denken (Neue AKWs für den Klimaschutz, Geoengineering, etc.).

(Teil 2 folgt)

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(Teil 2 von 2)

Das kirchliche Argument für Klimaschutz war hingegen immer, dass man

Die Schöpfung bewahren

müsse. Und dieses Argument, dass Natur einen intrinsischen Wert hat, ist auch für AtheistInnen und AgnostikerInnen anschlussfähig. Insbesondere durch kirchliche Arbeit wurde dies sehr tief in unserer Gesellschaft verankert:

Erst durch kirchliche Beteiligung wurden vorher marginale Friedens-, und Umweltbewegungen auch mit der bürgerlichen Mehrheitsgesellschaft vernetzt und einflussreich. Man denke z.B. an das Kreuz von Wackersdorf.

Auch wenn die Grünen das ungerne zugeben, aber die Partei „die Grünen“ wäre ohne Kirche nicht in der heutigen Form vorstellbar. Man denke nur an den Katholiken Winfried Kretschmann oder an die Position des Präses der evangelischen Kirche in Deutschland welche von 2009-2013 von Katrin-Göring-Eckhard ausgeübt wurde.

Auch in der DDR gab es eine enge Verzahnung zwischen Kirche, Umweltschutz- und Oppositionsbewegung, die sich gegenseitig unterstützt und gestärkt haben.

Eine konkreter Maßnahme in jüngerer Zeit ist das Freiwillige Ökologische Jahr, wo kirchliche Jugendorganisationen bei gut der Hälfte der FÖJ-Verhältnisse die Trägerschaft übernehmen, Weiterbildungen organisieren und FÖJlerInnen vernetzen. So sind auch durch Mitwirkung der Kirchen in den letzten Jahrzehnten zehntausende junge Menschen für Umwelt- und Klimaschutz sensibilisiert worden und wirken nun im Alter zwischen 20 und 40 Jahren als MultiplikatorInnen in der Gesellschaft.

Der Begriff der Klimagerechtigkeit spielt im Diskurs in Deutschland eine im internationalen Vergleich größere Rolle, als in anderen industrialisierten Ländern. Entwicklungszusammenarbeit kirchlicher Gemeinden mit Partnergemeinden im globale Süden hat die Erkenntnis, dass wir mit unseren Emissionen die Lebensgrundlagen anderer Menschen zerstören, verankert. Das hatte konkrete Folgen: So wären die hunderte Milliarden, die Deutschland als Anschubfinanzierung für Solarenergie investiert hat, bis diese endlich günstig wurden, ohne diese gesellschaftliche Verankerung des Bewusstseins, dass unser Konsum anderen Menschen die Lebensgrundlagen zerstört, viel schwerer zu vermitteln gewesen.

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