Sorry, aber was ist denn das für eine seltsame Logik?
Ich bin selber Missbrauchsopfer im Kirchenumfeld, und bin der letzte der die Verantwortlichen für sowas nicht verurteilt sehen will - aber das geht mir hier dann doch einen Schritt zu weit.
Hier muss man unbedingt(!!) zwischen den verschiedenen Themen unterscheiden - und zwischen Tätern und einer Institution in der die Täter arbeiten.
Dass hier keine Strafverfolgung stattfindet, laste ich nicht in erster Linie der Kirche an!
Ja, es ist schlimm, dass seitens der Kirche nicht mehr unternommen wird. Aber machen wir uns nichts vor: Die Strafverfolgung obliegt nicht der Kriche, sondern das ist verdammt nochmal der Job des Staates.
Dass die Kirche ihre Mitarbeiter deckt, ist traurig. Dass aber da nicht einfach schon längst irgendwelche Ermittlungsbehörden eingeritten sind, um Kirchenarchive einzusehen ist ein absolutes Armutszeugnis für die Staatsanwaltschaft.
Ich möchte auch widersprechen, dass es „gut so“ sei, dass Kirchen diese Infrastruktur betreiben. Aus meiner Sicht sind Bildung und Gesundheit originäre Aufgaben des Staates, die weder an kommerzielle Unternehmen noch an Glaubensgemeinschaften outgesourct gehören.
Nach den Lagen 206 und 207 gab es hier schon eine längere Diskussion zum Thema Abtreibung. Ich finde, das muss an dieser Stelle nicht wiederholt werden. Aber wenn hier kritisiert wird, dass Krankenhäuser in kirchlicher Trägerschaft sind und dies Abtreibungen erschweren würde, kann ich nur einen Blick auf die Statistik werfen, die besagt, dass es rund 100.000 Abtreibungen pro Jahr in Deutschland gibt. So schwierig scheint das also nicht zu sein.
Genau, sehe ich eher noch stikter: Selbst wenn ein Kindergarten zu 100% von der Kirche finanziert wäre, wäre es dann ok wenn Kinder in Abhängigkeit des Glaubens/nicht Glaubens der Eltern abgewiesen werden? Z.B. wenn es der einzige Kindergarten in einer Gegend ist? Und wenn es rein rechtlich ok ist, ist es dann christlich?
Wenn Täter nicht angezeigt werden, Fakten verschleiert und die Person einfach versetzt wird auf eine vergleichbare Position - wie wollen wir das denn anders bezeichnen als als Beihilfe?
Aber das ist doch höchstens ein Kriterium wenn es einen „Nachfrageüberhang“ gibt, ansonsten nehmen meiner Erfahrung nach katholische Kindergärten auch evangelische (oder muslimische, oder atheistische) Kinder auf und umgekehrt. Und dann ist es durchaus legitim, denke ich, denn bei konfessionellen Kindergärten spielt ja ausdrücklich die Erziehung mit dem jeweiligen Glauben eine Rolle (Basteln zu Bibelgeschichten und kirchlichen Feiertagen usw.).
In dem Moment, wo die Täter organisiert geschützt werden, darf man generalisieren.
In dem Moment wird eine einzelne Tat zum Gemeinschaftsprojekt.
Ausserhalb der Kirche nennt man so etwas mafiöse Strukturen.
In diesem Punkt und im Arbeitsrecht macht sich die Kirche unglaubwürdig.
Wenn diese Personen durch die Institution geschützt werden, ist die Anklage gegenüber der Institution gerechtfertigt.
Was passiert denn mit einem Täter? Der wird von einer Gemeinde in eine andere versetzt, und darf seinen Trieben dort weiter nachgehen.
Dass die Staatsanwaltschaft Religion und Strafttat miteinander vermischt und sich scheut durchzugreifen tut sein Übriges. Liegt aber alles an Jahrhunderten erlernten Verahltens.
Wäre das Verhalten der Kirchenoberen ein anderes, würde ich Ihnen recht geben.
Das kann ich nur akzeptieren, wenn die Kindergärten dann auch aus kirchlichen Geldern finanziert werden. Wenn die die Öffentlichkeit tut, dann müssen die Kindergärten alle aufnehmen und das tun sie nicht. Nach allem was ich weiß (und das ist nicht gesichert) müssen lediglich 10% der Kinder eines kath. Kindergartens nicht kath. sein.
Ist ja fast schon alles gesagt, nur noch mal als weiteres Beispiel: in Süddeutschland auf den Land gibt es praktisch nur kirchliche Kindergärten, da hat man kaum eine Wahl, auch wenn die Familie eigentlich atheistisch oder muslimisch oder wasauchimmer ist. Und dann wird wird da ganz selbstverständlich vor dem Essen christlich gebetet.
Ein Aspekt kommt mir hier in der Diskussion bisher etwas zu kurz - aber vielleicht ist das mittlerweile auch die Ausnahme? Das sind in Kindergärten oder Altenheimen mitarbeitende Nonnen und Mönche. In meiner Erfahrung und aus den Berichten aus der Kontrolle von Altenheimen ist das ein großer Unterschied, und kann auch ein Vorteil kirchlicher Einrichtungen sein, wenn die Beschäftigten (wenn man das so nennen will), ihre Aufgabe als Berufung sehen. Denen sind dann Arbeitszeiten oder Schichten oft ziemlich egal, wenn jemand, ob Kind oder Senior, mehr Zeit braucht. Und das scheint gerade in der Altenpflege viel Lebensqualität auszumachen, nicht nach einem festen Zeitplan behandelt zu werden.
Ich bin vor etwa 30 Jahren in einem katholischen Kindergarten gelandet (mit Schwester Rosa Marita als Kindergärtnerin), weil zu dem Zeitpunkt das der einzige war, der häusliche Pflege genauso wichtig fand wie Erwerbsarbeit (meine Mutter hat meine krebskranke Großmutter und meinen einjährigen Bruder “an der Backe gehabt”, weltliche Kindergärten wollten mich nur, wenn beide Eltern Vollzeitjobs gehabt hätten).
Aber ich weiß nicht, ob es aktuell wirklich noch viele Nonnen und Mönche in dem Bereich gibt.
naja, was mich störte, war das „um“.
Du hast vollkommen Recht, dass die Täter organisiert durch die Institution geschützt werden. Aber daraus eine Institution zu machen, die sich allein dem Zwecke des Missbrauchs verschrieben hat bzw. deren Existenz sich in der Möglichkeit des Missbrauchs begründet (wie es das „um“ verdeutlicht), geht mir wie gesagt zu weit.
Ich möchte nicht den Missbrauch relativieren. Ich bin mir auch sicher, dass die problematischen Strukturen innerhalb der Kirche (und auch außerhalb, s. staatlicher Umgang damit) bestimmte Handlungen begünstigen!
Eine Institution kann man nicht wegen Missbrauch anklagen…
Aber nochmal: Man kann dort mit der Staatsanwaltschaft aufschlagen und Akten beschlagnahmen.
Das Verhalten der Kirchenoberen ist zwar moralisch daneben, aber nachvollziehbar. Es ist nicht der Job der Kirche für Strafverfolgung zu sorgen.
Der Job der Staatsanwaltschaft jedoch schon. Und hier ist das verhalten nicht nur moralisch sondern auch rechtlich zweifelhaft. Sie kommen damit ihrer Hauptaufgabe nicht nach.
Es ist allerdings der Job der Kirche, sich um Ihre Schutzbefohlenen zu kümmern und diese nicht einer Gefahr auszusetzen.
Einen Sexualstraftäter von einer Gemeinde in die andere zu versetzen ist schon fast Mittäterschaft, da man ihm hilft die Strafverfolgung zu verschleiern.
Die institutionalisierte Verschleierung ist es, und der damit fortschreitende Missbrauch neuer Opfer ist das, was man der Institution vorwerfen kann.
Ich habe übrigens nie behauptet, dass man die Institution juristisch anklagen soll, sondern gemeint war eine moralische Anklage. Bitte Kontext lesen.
Und was bringt das? Das geschieht schon seit Jahrzehnten!
Ändern wird sich nur was, wenn man endlich mal die Strafverfolgung an den Pranger stellt!
Hinkgender Vergleich:
Zwei Geschwister rauben eine Bank aus. Die Mutter deckt sie! Alle wissen es, Beweise liegen im Haus der Mutter in schriftlicher Form vor. Nichts passiert…
Wem macht man jetzt den Vowurf?
Der Mutter, dass sie die Kinder deckt?
Oder der Polizei, die nichts unternimmt, weil sie sich nicht traut?
Ich stimme Sivar zu. Dazu habe ich ein Beispiel aus meiner Gemeinde im Schwäbischen:
In den neunziger Jahren wurde für den evangelischen Kindergarten eine Erweiterung beschlossen. Bezahlt wurde die Erweiterung zu 100% durch die Gemeinde, und die neu eingestellten Erzieherinnen zu 100% durch die Gemeinde und die beitragszahlenden Eltern.
Die evangelische Kirche, vertreten durch den örtlichen Pfarrer, hatte zum „Ausgleich“ die Entscheidungshoheit über das einzustellende Personal. Üblicherweise waren das „systemkonforme“ Erzieherinnen, die auch das von ihm ausgesprochen Verbot, die Kinder an Karneval verkleidet in den Kindergarten kommen zu lassen, hörig befolgten.
Ich war über den ganzen Vorgang entsetzt, vor allem auch über den zuletzt genannten Aspekt, der vollkommen aus der Zeit gefallen schien.
Also DAS Problem verstehe ich hier nicht. Wenn die Kirchengemeinde doch den Kindergarten komplett finanziert, wieso dürfen sie dann nicht auch selber entscheiden, was dort für Konzepte fahren.
Und selbst wenn nicht… So schräg man das mit dem Verkleiden finden mag. Wer seine Kinder in einen christlichen Kindergarten gibt, weiß worauf er sich einlässt.
Bei Privatschulen trägt die Kosten in der Regel auch zu einem nicht geringen Teil der Staat. Wer seine Kinder auf eine Walldorfschule schickt, der braucht sich auch nicht darüber aufregen, dass sie dort lernen, ihren Namen zu tanzen (von anderem Geschwurbel ganz abzusehen).
Nur weil eine Sache staatlich finanziert wird, heißt das nicht, dass sie von allen als gut empfunden werden muss.
Wir finanzieren auch Dinge wie Volks-, und Schlagermusik, bei der sich mir die Zehennägel kräuseln. Trotzdem hat das seine Berechtigung.
Da hatte ich mich leider unklar ausgedrückt. Mit „Gemeinde“ bei der Finanzierung meinte ich die städtische Institution, also nicht die Kirchengemeinde.
Über die „Nebenwirkungen“ des evangelischen Kindergartens waren wir insofern überrascht, da das Verkleiden in dem Ort, wo wir zuvor gelebt hatten, in dem dortigen evangelischen Kindergarten den Kindern selbstverständlich erlaubt war. Die evangelische Kirche hier in der Gegend ist sehr pietistisch geprägt (die katholische Kirche ist quasi in der Diaspora), der katholische Karneval daher wohl ein „Tabu“. Weitere christliche „Elemente“ gab es dort glücklicherweise nicht, sonst hätten wir die Kinder in einen weiter entfernten Kindergarten bringen müssen.
So hat jeder seine Präferenzen. Ich finde Karnevall ziemlich ätzend und hätte da keine Schmerzen mit, wenn meine Kinder sich da nicht verkleiden.
Da mache ich mir hier in Mainz aber gerade wenig Hoffnungen