LdN 206 - Abschaffung § 218

Huhu, ich bin begeisterte Hörerin der Lage der Nation und finde es gut, dass ihr das Thema aufgemacht habt, auch wenn ich überhaupt nicht eurer Meinung bin. Es wurde hier schon viel gesagt, dem ich mich anschließen kann. Auch ich bin für die Abschaffung von § 218 StGB und zwar deswegen, weil der Paragraph ungewollt Schwangere kriminalisiert, die sich gegen die Fortsetzung einer Schwangerschaft entscheiden. Dass er sie am Ende unter bestimmten Bedingungen nicht sanktioniert, ist natürlich historisch ein Fortschritt, (wenn auch ein hart erkämpfter.) In der Lage klang es ein bisschen so, als ob es den gebärfähigen Menschen ja im Grunde egal sein könnte, dass es den § 218 gibt, weil man ja unter Umständen nicht sanktioniert wird. Das Argument halte ich für nicht haltbar und zwar aus folgenden Gründen.

  1. Die schlechte Versorgungslage resultiert aus der Kriminalisierung. Viele Ärztinnen bieten diese medizinische Leistung nicht an, weil sie mit mit Rechtsbrüchen verständlicherweise nichts zu tun haben wollen. Und auch für viele gebärfähige Menschen ist das Verbot trotz Sanktionsfreiheit ein großes Thema. Ich bin hier in meiner Stadt in einem Pro-Choice-Bündnis aktiv und wir hören immer wieder von Betroffenen, dass das Verbot sie sehr belastet hat und es schwierig gemacht hat, die in ihrer Lebenslage richtige Entscheidung zu treffen. In meiner Stadt ist die Versorgungslage sehr prekär. Wir sind deshalb in Kontakt mit Beratungsstellen und auch mit (angehenden) Ärztinnen und hören auch von ihnen immer wieder, dass der § 218 und die Umtriebe der Anti-Choice-Bewegung (z.B. möglich Belagerung von Praxen) viele Ärzt*innen davon abhalten, Schwangerschaftsabbrüche anzubieten. Ich kann mir schwer vorstellen, wie man unter diesen Rahmenbedingungen die Versorgung deutlich verbessern könnte, denn wenn der Staat weiterhin gleichzeitig sagt „wir wollen das nicht“ und „wir wollen, aber dass es möglich ist“, ist das am Ende nur verwirrend und abschreckend für alle Beteiligten.
  2. Das Verbot gibt der Anti-Choice-Bewegung Futter. Die Erfahrung der letzten Jahre zeigt, dass sie jede Möglichkeit und jedes Schlupfloch nutzen Betroffenen und Ärzt*innen das Leben schwer zu machen. Der Staat sollte meiner Ansicht nach hier deutlich sagen, dass ein sieben Wochen alter Embryo etwas anderes ist, als ein 8 Monate Fötus oder gar ein geborenes Kind. Auch wenn die Grenze nicht 100 % klar sein mag, ab wann ein Mensch ein Mensch ist, gibt es hier deutliche Unterschiede, die auch eine unterschiedliche rechtliche Behandlung erfordern.

Meiner Ansicht nach, sollte es das Recht einer gebärfähigen Person sein, sich innerhalb der ersten zwölf Wochen für oder gegen die Fortsetzung zu entscheiden. Das würde das Selbstbestimmungrecht gebärfähiger Personen unterstreichen und erheblich dazu beitragen, dass die Versorgungslage sich bessert.

Es wurde in der Lage auch gefragt, ob man das Thema nicht unterm Teppich lassen könnte, weil es so viel Eskalationspotential bietet. Ich kann verstehen, wenn man auf das Thema keine Lust hat, aber leider können wir als Pro-Choicler*innen gerade nicht die Füße still halten. Auch hier ist meine Stadt wieder ein gutes Beispiel:

  1. Der erste Grund, warum sich unsere Gruppe hier vor Ort gegründet hat, war die die Mobilisierung der Abtreibungsgegnerinnen, die hier jedes Jahr fröhlich durch die Stadt marschiert sind. Dabei stigmatisieren sie Menschen, die sich gegen die Fortsetzung einer Schwangerschaft entscheiden oder entschieden haben, verbreiten Unwahrheiten über medizinische Sachverhalte und schüchtern Betroffene und Ärztinnen ein. Wenn wir da die Füße still halten würden, dann hätte ihnen in der Öffentlichkeit niemand hörbar widersprochen, die Versorgungslage würde sich also weiter verschlimmern.

  2. Der zweite Grund dafür, dass wir politisch aktiv geworden sind, ist die schlechte Versorgungslage. Viele Ärztinnen, die Abtreibungen früher vorgenommen haben, waren politisierte Menschen aus der „zweiten Welle“ der feministischen Bewegungen. Aber davon sind die meisten nun in Rente. Die Versorgungslage scheint sehr elementar davon abzuhängen, ob Ärztinnen das anbieten, weil sie das Selbstbestimmungsrecht von Schwangeren aus politischen und humanistischen Grünen wichtig finden. Daher müssen wir jetzt wieder kämpfen und hoffen, dass sich über unsere Öffentlichkeitsarbeit wieder mehr Menschen bereit erklären.

Ich hoffe, dass ihr das Thema in der Lage nochmal aufgreift und auf die vielen guten Argumente, die in diesem Thread genannt wurden, noch einmal eingeht.

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Lieber Ulf,

ich denke, dass ich deinen Punkt verstehe. Es geht um eine Art Dilemma, das ich mir häufig schon bewusst machen musste: „Radikalität“ vs. Pragmatismus. Beides kann in Debatten hilfreich und vorantreibend, aber auch hindernd sein.
Dass mit Pragmatismus Kompromisse geschaffen werden können, die viele Menschen überzeugen und langfristig bestehen, zeigt zB die Arbeit von RBG, die für mich ein Paradebeispiel für eine nicht-ideologisch, sondern pragmatisch agierende Juristin ist. Natürlich sehe ich den Vorteil einer solchen Diskussionsführung.
Trotzdem muss ich auch darauf hinweisen, dass der Feminismus ohne „Radikalität“ in der Frauenbewegung nicht da wäre, wo er jetzt ist (wobei Radikalität auch nur bedeutet, radikal für gleiche Rechte einzustehen. Das wurde und wird leider immer noch als „Extrem“ bewertet, solange es nicht um bereits als gesellschaftlich akzeptierte Feminismen geht. Daher die Anführungsstriche).
Ich finde, du verkennst sowohl den Nutzen als auch die Notwendigkeit von solch „radikalen“, kompromisslosen Forderungen - vor allem aus der Perspektive von tatsächlich betroffenen Bevölkerungsgruppen.
Und da finde ich leider eine Argumentationsweise von dir wieder, die ich auch schon in der LdN in der Sommerpause 2020 bemerkt habe, in der ihr die Frage beantwortet habt, wie ihr mit Kritik über rassistische Äußerungen umgeht. Du bemühst dich zwar um Hineinversetzen in andere Positionen, es gelingt dir aber (logischerweise) nur bedingt. Es wird aber weder dir noch mir als weißer Frau möglich sein, Rassismuserfahrungen und deren schreckliche Folgen komplett nachzuvollziehen. Genauso wenig kannst du dich in eine Frau hineinversetzen, die bereits in einer Abtreibungssituation war. Auch ich kann dies nur aus zweiter Hand bewerten und finde daher eine Aussage wie „ich denke, ich kann mich da schon ganz gut reinfühlen“, wie du die in der aktuellen Lage gebracht hast, sowohl aus deiner als auch aus meiner Perspektive sehr anmaßend.
Grundsätzlich versuche ich Verständnis für diejenigen zu haben, die unter verletzenden Machtsystemen leiden und für die eine Kompromisslösung eben einen (eventuell auch subjektiv geringen) Verzicht auf eigene Rechte bedeutet. Warum, frage ich mich, sollten Frauen einen Kompromiss eingehen, um der patriarchalen Gesellschaft ein wenig von ihren Traditionen zu belassen? Da finde ich es schon ein wenig anmaßend, dass du aus der Nicht-Betroffenen-Sicht genau einen solchen Kompromiss verlangst bzw. politisch verteidigst (bzw. in der Rassismus-Diskussion konstruktive Kritik verlangst, die dir aber niemand, der betroffen ist, schuldet. Vielmehr ist es deine Aufgabe, dich mit Antidiskriminierung auseinanderzusetzen).
(In dieser Hinsicht habe ich den Eindruck, dass Philip dir schon einen Schritt voraus ist, was Selbstreflektion in Hinblick auf Antidiskriminierung angeht (auch wenn Abtreibung genau genommen nur Frauen betrifft und das Gesetz deshalb nicht unmittelbar (!) diskrimierend ist). Deshalb fände ich es schön, in einer weiteren Lage auch Philips Einschätzung aus einer bewussten (!) Außenperspektive zu hören).
Zurück zu dem Argument der Radikalität. Für einige Frauen ist auch ein aus deiner Perspektive geringer Eingriff wie die Beratungspflicht eine massive Beschränkung der Selbstbestimmung, sei es in der konkreten Situation einer Abtreibungsüberlegung oder auch daraus resultierend, dass dieser Eingriff für so viel mehr steht, für patriarchale Strukturen und eine „Verteufelung“ von Frauen, die im Bereich Verhütung/Kinder/Familienplanung ohnehin existiert. Die Argumente dafür sind oben bereits zahlreich dargelegt. Diesen Eingriff einfach hinzunehmen, um eine pragmatische Lösung zu finden, ist eine sehr individuelle Entscheidung, die man nicht „verlangen“ kann. Dass das „Opfer“, das für Pragmatismus gebracht werden müsste, für Betroffene deutlich größer ist, berücksichtigst du meiner Meinung nach in deiner Argumentation zu wenig.

Vielleicht hilft das ja ein wenig dabei zu verstehen, warum diese Kompromisslösung für viele Menschen untragbar ist. Die Diskussion ist in jedem Falle sehr wichtig.

Viele Grüße und vielen Dank für eure grundsätzlich tolle Arbeit!

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Hallo zusammen,
hier wurde schon eine ganze Menge geschrieben und auch mir brennt das Thema unter den Nägeln.
@LdN in eurer Betrachtung zu §218,219 usw habt ihr den „Kompromiss“ aus den 90er Jahren angesprochen aber in dieser Betrachtung die Geschichte vergessen und zwar die der ca. 8 Millionen Frauen aus der DDR, di8e mit einem mal rechtlich schlechter gestellt wurden bzw. ihre Handlungen Kriminalisiert wurden.
Allein daraus wurde das Thema Abtreibung in den 90er Jahren aufgemacht und die Ergebnisse als guten Kompromiss zu bezeichnen, empfinde ich als Mann schon als sehr gewagt.

Das man Angst haben kann, das Abtreibungsgegner das Thema hochkochen, kann ich gut verstehen. Das es so kommt, liegt aber auch daran das sich bei diesem Thema Menschen recht laut in den Vordergrund drängeln, die eigentlich nichts damit zu tun haben. Denn ein Mann muss das Kind nicht austragen, es muss nicht zu den Beratungen, es muss nicht mit den Folgen einer Schwangerschaft leben usw.
Ich finde es eher beängstigend, wie nur bei Thema Schwangerschaft einer Menschengruppe das Recht abgesprochen wir, sich „richtig“ zu Entscheiden. Und das impliziert auch, das Frauen sich der Bedeutung des Embryos sehr wohl bewusst sind.
Hier wird meiner Meinung nach nur noch eine weiter rechtliche Hürde für Frauen aufgebaut die auch noch aus historischer Sicht, patriarchalisch geprägt ist.

So lange wir den Frauen per Gesetz das Recht der Freien Entscheidung absprechen bzw. reglementieren, wird es Proteste dazu geben.

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Es ist nun einmal nichts mit einer ungewollten Schwangerschaft vergleichbar, ob nun der Weisheitszahn, Homosexualität oder sonst etwas. Wir können aber versuchen, uns dem Thema zu nähern, indem wir versuchen, uns ähnliche Dinge mit entsprechenden Gesetzen vorzustellen.

Stellt Euch mal vor, zwei Frauen würden in einem Podcast darüber reden, wie es sich anfühlt, eine Vasektomie oder Zirkumzision machen zu lassen (sie hätten sich mit Männern unterhalten, die den Eingriff haben machen lassen) und ob man das Männern erlauben, verbieten oder vorschreiben sollte. Das wär doch auch schräg!
Stellt Euch vor, so wie für Frauen der Default ist, eine Schwangerschaft NICHT abzubrechen, gäbe es ein Gesetz, dass Männer beschnitten werden müssen und wenn sie das nicht wollen, müssen sie sich beraten lassen. Aber diese Beratung wird nur drei Stunden Busfahrt entfernt von einem Rabbi angeboten. :wink:
Ja, der Vergleich ist total bescheuert, aber könnt Ihr Euch wirklich nicht vorstellen, wie bevormundend das wäre?

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Danke!
Ich stimmt in allen Punkten zu!

Es ist absurd, Frauen zu unterstellen, sie würden nicht mehr verhüten, wenn sie abtreiben dürfen. Genauso absurd ist, ihnen zu unterstellen, sie würden bis kurz vor der Geburt abtreiben.

Zum Thema „sich eine Abtreibung leisten können“: Ein Kind muss man sich auch leisten können. Selbst wenn man es nach der Geburt zur Adoption freigibt, muss man mit dem schlechten Gewissen leben, dass man es im Stich gelassen hat, dass es womöglich nie eine richtige Familie findet. Mit zunehmender Schwangerschaft ist man immer stärker eingeschränkt, kann sich nicht mehr so gut bewegen, nicht mehr so gut schlafen, hat ständig Vorsorgetermine, verschwendet Zeit in Wartezimmern, die Kleidung passt nicht mehr, von Schmerzen, Übelkeit, dicken Beinen und Co. mal abgesehen und von der Geburt mit sämtlichen Risiken will ich mal gar nicht anfangen.

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Vielen Dank!
So ähnlich hätte ich das auch geschrieben.
Ergänzend mal das hier:

Plus der Hinweis, dass der Planet total überbevölkert ist, es schon genug Kinder gibt, die in Armut leben und wenn man schon Leben schützen will, könnte man vielleicht mit Arten anfangen, die vom Aussterben bedroht sind, wie z.B. Eisbären.

Würde man dafür sorgen, dass Mütter finanziell besser abgesichert sind, arbeiten gehen können, es also eine vernünftige (!) Betreuung gibt und man nicht mal eben den Jahresurlaub aufbrauchen muss, wenn das Kind längere Zeit krank ist, wenn man mit Kindern, womöglich noch alleinerziehend, bezahlbare Wohnungen fände, wenn also ein Kind kein so großes Risiko wäre, in die Armut oder in den totalen Stress zu rutschen, würden sich vielleicht weniger Frauen dafür entscheiden, eine ungeplante Schwangerschaft abzubrechen.

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Mit dem letzten Absatz gehen ich mit; den Rest finde ich wirklich daneben.

Ernsthaft, gehts noch? Bin offen gesagt auch etwas entsetzt, so menschenfeindlichen Kram im Lageforum zu lesen. Damit kannst du halt auch bspw. beliebige Menschenversuche an Säuglingen rechtfertigen – lass uns doch TD50 Untersuchungen an Säuglingen machen; ist besser als an Ratten… Seriously WTF‽

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Ich habe 1993 in der Schule vorgeschlagen, dass wir über den §218 diskutieren, weil ich das Thema wichtig fand. Die meisten Menschen in meiner Umgebung vermittelten den Eindruck, das habe nichts mit ihnen zu tun. Der Rest hatte eine zementierte Meinung und war zu keiner Diskussion bereit. Ich konnte nicht verstehen, wieso nicht darüber gesprochen wurde. Heute denke ich, dass es wie mit allem „Frauenkram“ (Menstruation, Geburtsverletzungen, Stillprobleme etc.) ist: Darüber spricht man nur im Geheimen mit der besten Freundin oder im akuten Fall mit der Ärztin/dem Arzt. Frauensachen sind Tabu.

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Ja, mein Beitrag ist provokant, das geb ich zu.
Aber ist es nicht verdächtig, dass gerade die Leute, die angeblich Menschenleben schützen wollen, indem sie Abtreibungen verbieten, oft auch diejenigen sind, die die Flüchtlinge am liebsten im Mittelmeer ertrinken lassen wollen?

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Liebes Lage-Team,

in der letzten Folge habt Ihr Euch dem sehr emotionalen Thema „Abtreibung“ gewidmet. Ich will nicht einzelne Aussagen aufgreifen, die bei mir zu Stirnrunzeln geführt haben. Ihr habt nach der Sicht von Frauen zu dem Thema gefragt …

Ich hätte es besser gefunden, wenn Ihr ein oder zwei Frauen mit eingebunden hättet. Auch Frauen haben unterschiedliche Sichtweisen zu diesem Thema. Hier hätte sich eine Diskussion entwickeln können, die die Sicht der Frauen direkt zeigt.

Die aktuelle rechtliche Einordnung für Deutschland fand ich gut. Auch wenn ich nach wie vor die Lösung aus DDR-Zeiten für die bessere halte. Beim Recht geht es auch um den Schutz von Menschen, hier speziell um den von Frauen und ungeborenen Kindern. Der Schutz der Frau, körperlich und vor allem seelisch, ist aus meiner Sicht derzeit nicht vollständig gewährleistet.

Jede Abtreibung ist eine Tragödie. Sie sollte legal sein, sie sollte für die Frau sicher sein.

Gestern war „save abortion day“. Für mich heißt „save“ in dem Zusammenhang nicht nur von ausgebildeten Ärztinnen und Ärzten den Eingriff vornehmen zu lassen. Es heißt auch eine neutrale Beratung zu bekommen, dass die Kassen die Kosten übernehmen, die Legalisierung der Abtreibung an sich, sich offen dazu bekennen können und noch vieles mehr.

Frauen, die vor dieser Frage stehen, haben einen Wendepunkt im Leben erreicht, der alles verändert, unabhängig davon, ob sie das Kind bekommen oder nicht. Sie tragen das für immer mit sich rum. Deshalb ist die Betreuung nach so einem Schritt so wichtig. Übrigens nicht nur für die Frau, auch für den Mann.

Die emotionale Sicht von Männern, die dann doch nicht Papa werden, die fehlt mir in den Diskussionen. Sie sind schließlich auch betroffen. Wie wäre es für Euch (emotional, seelisch, moralisch), wenn Ihr vor diesem Thema steht?

Wir brauchen eine breite Debatte. Sie wird emotional, sie wird anstrengend, sie wird lang und leider auch ekelhaft. Ich denke, wenn man sie in Etappen führt, kann man das insbesondere für Frauen Stück für Stück verbessern. Vielleicht ein Thema, bei dem sich die GFF zunächst über die Abschaffung von § 219 StGB einbringt?

Viele Grüße,

Silke

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Entschuldigung, wenn ich hier ein Stück weit eine Meta-Diskussion aufmache, aber es interessiert mich wirklich und ist auch direkt relevant: wenn argumentiert wird, das Thema betreffe letztlich nur Frauen und deren Selbstbestimmungsrecht ins Feld geführt wird (zwei eng verknüpfte, wenn auch nicht identische Argumente), bedeutet dass dann aus Eurer Sicht, dass Männer zu dem Thema keine Meinung äußern sollten oder gar kein Recht hätten, ein moralisches Urteil zu fällen und ggf. auch nicht an der Gesetzgebung oder Rechtsprechung beteiligt werden sollten?
So klingt es für mich teilweise. Ist es auch so gemeint?

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Guten Abend,

Ich habe die Argumentation von Ulf (meiner Meinung nach :wink:) verstanden. Es wurde in einem anderen Kommentar jedoch bereits darauf hingewiesen bzw. beanstandet, dass ausgerechnet Amerika und die dort geführte Abtreibungsdebatte als Vergleich angeführt wird.
Welche Hinweise sprechen dafür, dass diese Debatte in Deutschland nicht sachlich geführt werden kann und es eine Verdrängung von anderen Themen geben wird? Ulf meinte, dass er die hier geführte Diskussion als Anhaltspunkt dafür sieht. Nach Lesen aller Kommentare kann ich dem nicht zustimmen, ich würde mir wünschen öfter so wertschätzende Kommentare, die versuchen auf die andere/alle Seite(n) einzugehen, zu lesen.

Ein Punkt der mir außerdem Sorge bereitet, ist dass Gesetze unter jeder Regierung funktionieren müssen und alleine aus diesem Grund möchte ich keinen Artikel wie den Paragraphen 218 im Strafgesetzbuch haben, welcher einen Schwangerschaftsabbruch unter Strafe stellt und nur mit Hilfe des 218a die Straffreiheit unter bestimmten Umständen gewährt wird, selbst wenn ich hier natürlich nicht von dem schlimmsten Fall ausgehe.

Beste Grüße

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Nach Lesen aller Kommentare kann ich dem nicht zustimmen, ich würde mir wünschen öfter so wertschätzende Kommentare, die versuchen auf die andere/alle Seite(n) einzugehen, zu lesen.

Das ist ja hier auch ein aktiv moderiertes Forum … ich denke nicht, dass man das mit den AfD-Sümpfen in anderen Ecken des Netzes vergleichen kann. Und vermutlich schauen auch nur wenige harte Konservative vorbei.

Ein Punkt der mir außerdem Sorge bereitet, ist dass Gesetze unter jeder Regierung funktionieren müssen

Das Argument ist hier wenig stichhaltig, denn eine andere Regierung könnte ja einen § 218 in ein paar Wochen wieder einführen. Eine Verschärfung des Sexualstraftrechts war tatsächlich eine der ersten Strafrechtsinitiativen der Nazis 1933, daher stammt zB der heutige § 219a StGB. Das Argument funktioniert nur bei Überwachungs-Infrastruktur oder Datensammlungen, die sich nicht über Nacht schaffen lassen.

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Genau das macht sie ja … wir haben Kristina Hähnel unterstützt und eine Anlaufstelle für Ärzt*innen eingerichtet, die von Fanatikern mit Strafanzeigen überzogen werden.

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Ja, grundsätzlich soll Schwangerschaftsabbruch im Rahmen eines Gyn-Moduls behandelt werden. In welcher Umfang und in Form dies passiert ist stark variierend und ua davon abhängig, wie die der Dozent in dazu steht.

Nun jeder Studierende der sich in einen Hörsaal setzt, geht das Risiko ein Lebenszeit in einer schlechten Vorlesung zu verschwenden.

Abgesehen davon werden andere Eingriffe detaillierter durchgenommen, Vorgehensweise, Schwierigkeiten etc. erläutert. Man könnte dies auch für den Abbruch im Rahmen der Kerncurricula vorsehen und so für eine wissenschaftlichere Betrachtungsweise dessen sorgen.

Gibt es wirklich Hinweise darauf das an Unikliniken zum Schwangerschaftsabbruch unwissenschaftliche Inhalte gelehrt werden? Wäre mir persönlich neu, aber ich habe ja auch nicht überall Einblick.

Im Rahmen der weiteren (Facharzt-)Ausbildung ist dann die Durchführung eines Schwangerschaftsabbruch nicht mehr zwingend vorgeschrieben. Wenn die Assistenzzeit in einem katholischen Krankenhaus durchgeführt wird, ist es mehr als wahrscheinlich, dass dies nicht gelehrt wird. Gleichzeitig sind die Assistent innen davon abhängig wie die jeweiligen Oberärzt innen zu dem Thema stehen, was letztendlich einem Glücksspiel gleichkommt, wenn ich als Assistentin eigentlich das Ziel habe auch auf einen solchen Eingriff vorbereitet und geschult zu sein. Auch hier könnte man verpflichtende Vorgaben machen…wenn MANN wollen würde.

Ja wegen der gesetzlichen Lage kann der Abbruch nicht für den Facharzt erforderlich sein. Das man das problematisieren könnte hatte ich auch schon hier an anderer Stelle geschrieben.
Das der Zugang zu Ops/Eingriffen als Machtmittel gegenüber Assistenten eingesetzt wird, ist ja leider in einigen Fachrichtungen/Abteilungen verbreitet und ein Unding.
Was ich allerdings einwenden möchte ist, das ein Assistenzarzt sich sowieso unbedingt vorher informieren sollte was er an seinem zukünftigen Arbeitsplatz für seinen Facharzt mitnehmen kann.
Wer als Anästhesist z.B. an einem Haus ohne Kinderklinik anfängt, wird bald merken das er sein Logbuch nicht voll bekommt. Ähnliches gilt für Assistenten die Schwangerschaftsabbrüche an katholischen Häusern lernen wollen. Man kann halt nur das lernen was angeboten wird.
Nichtsdestotrotz finde ich das Verhalten der katholischen Häuser unmöglich und das sollte angegangen werden.

Was mich also interessieren würde, weil ich wenig Einblick in die Realität der gynäkologischen Facharztausbildung habe, ist es für Assistenten die den Eingriff lernen wollen in der Realität wirklich ein großes Problem ein Krankenhaus oder eine Praxis zu finden an der sie das lernen können? Hier wäre ich für Feedback dankbar.

Jein.
Ich finde als Mann (bin selber einer) sollten wir nur Beratend/Begleitend dieses Thema Begleiten denn nicht wir sind die jenigen die die Hauptlast der Schwangerschaft/Geburt und alles was damit zusammen hängt, tragen müssen.
Uns steht gar nicht zu, eine moralisches Urteil zu sprechen, mit welcher Begründung auch?

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Stimmt! Danke für die Erinnerung, war mir entfallen. Gute Arbeit - insbesondere die Anlaufstelle für Ärztinnen und Ärzte!

Allerdings meinte ich mit Abschaffung von § 219a StGB die vollständige Streichung aus dem Gesetz. Die Neufassung aus dem Jahr 2019 ist für mich nicht genug. Ein langer Weg. …

Wenn man das Selbstbestimmungsrecht der Schwangeren und potentiell Schwangeren ernst nimmt, dann sind die Fragen danach ob z.B. Beratung oder die prinzipielle Illegalität von Abtreibung einen Schaden an der Selbstbestimmung ausmachen von diesen einfach besser zu beantworten. Menschen, die nicht potentiell schwanger werden könnten sollten sich bewusst sein, dass ihre Meinung und ihr Urteil zu dem Thema weniger relevant sind.

Diese von der Rechtsprechung auszuschließen wird wahrscheinlich nicht funktionieren (was wahrscheinlich auch nicht schlecht ist; ich kenne mich damit nicht aus). Viel wichtiger finde ich im Hinterkopf zu haben, dass die Ideen, die hinter dieser Illegalität stehen, milde gesagt patriarchal eingefärbt sind (Vater Staat kontrolliert den Körpter der Frau – ich finde das Gedankenspiel, dass, wenn alle Männer schwanger werden könnten, Abtreibung erlaubt wäre sehr einleuchtend!); wir also dringend relevantere, weil betroffene Einschätzungen zu diesem Thema brauchen, um unser Gesetz zu verbessern.

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Keine Ahnung, was Ulf und Philip gemeint haben, aber wenn ich mal meinen Senf (als Rechtsreferendarin) dazu geben darf: Unser Rechtssystem ist nicht darauf angelegt, dass nur Menschen, die von einem Thema betroffen sind über dieses Thema urteilen (im Sinne von Rechtsprechung). Strafrichter_innen sind schließlich weder Straftäter noch (in den meisten Fällen) Opfer irgendwelcher Straftaten. Der Prüfungsmaßstab von Richter_innen ist auch nicht das Maß persönlicher Betroffenheit, sondern Recht und Gesetz.

Vor Gericht landen schließlich eine Vielzahl unterschiedlichster Fälle, die die unterschiedlichsten Menschen betreffen. Kein_ Richter_in kann mit jedem dieser Menschen identisch sein oder dieselbe Betroffenheit teilen (eine zu große Betroffenheit geht auch zu Lasten der Objektivität und könnte im schlimmsten Fall Befangenheitsvorwürfe nach sich ziehen). Die Tätigkeit als Richter_in erfordert immer, dass man sich in die Beschwer/das Klagebegehren/den Vorsatz anderer von sich selbst verschiedener Menschen hineindenkt. Das ist natürlich auf einer rechtlichen Ebene, aber ich denke schon, dass man die Motive der Menschen nachvollziehen können muss um das Recht im Sinne einer gerechten Entscheidung auslegen und anwenden zu können. Das erfordert aber gerade keine persönliche Betroffenheit (weil dann jeder nur über sich selber urteilen könnte), sondern Empathie und Fähigkeit zum Zuhören.
Aus diesem Grund war ich persönlich auch etwas fassungslos, dass einige hier Ulf und Philip geradezu vorgeworfen haben, dass diese meinten, sich in Frauen, die vor der Entscheidung stehen, ob sie Abtreiben, möglicherweise einfühlen zu können.

Andererseits sind natürlich auch Recht sprechende Menschen Menschen, die Voreinstellungen und Vorurteile haben, die sich (wie bei jedem Menschen) unterbewusst bei jeder Entscheidung in beruflichem und privaten Kontext in irgendeiner Form auswirken können. Um hier unterschiedliche Richter_innenpersönlichkeiten, die ein breiteres gesellschaftliches Spektrum (oder im konkreten Fall: ein sachkundigeres, passenderes…) aus eigener Erfahrung umfassen, lassen sich durchaus Mechanismen denken. Bei den Arbeitsgerichten gibt es z.B. zwei ehrenamtliche Richter_innen, von denen eine_r aus dem Kreis der Arbeitgeber und eine_r aus dem Kreis der Arbeitnehme_r stammt.

Kleine Anekdote noch: In der juristischen Ausbildung wird einem oft beim Lösen von Fällen zum Zwecke der Ausbildung vom_von der Ausbilder_in gesagt, man solle den Fall doch bitte „lebensnah auslegen“. Über die Frage, was dann lebensnah ist, entbrennt dann unter den Student_inne_en bzw. Referendar_inn_en regelmäßig eine rege Diskussion über die Frage, was in diesem Fall lebensnah ist…

Bei der Gesetzgebung ist die Idee der repräsentativen Demokratie, dass die gewählten Abgeordneten das ganze Volk repräsentieren. Das heißt, die Leute, die im Parlament sind dazu befugt Gesetze zu erlassen, weil sie gewählt wurden und nicht, weil sie irgendwelche Eigenschaften haben oder nicht haben. Es liegt in der Hand der Wähler_innen die Personen zu wählen, die sie für geeignet halten. Dem gegenüber steht dann natürlich die Frage, wer die Gesetze tatsächlich ausformuliert und wer nur aus Fraktions-Übereinkunft „abnickt“ (Ministerien? Anwaltskanzleien? Ausschüsse? Wer sind da die Handelnden und welche Betroffenheit haben diese Personen?)

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Also ich (biologisch männlich) hab zu dem Thema eine eher fatalistische Haltung: es geht mich nichts an.
(Bin aber auch nie in der Situation gewesen, dass meine Partnerin schwanger geworden wäre)

Ich wäre dafür, das gesamte Thema incl. Debatte und Beschluss ausschließlich denen zu überlassen die von Mutter Natur dazu ausersehen wurden, also den biologisch weiblichen Personen.

Desweiteren finde ich es bemerkenswert, dass z.T. dieselben Personen die sich für die Kriminalisierung der Abtreibung eintreten hinter vorgehaltener Hand die Möglichkeiten für eine Geburtenkontrolle debattieren um die Bevölkerungszahlen der Erde zu begrenzen.

Mal wieder (wie so oft) hauptsächlich weiße Männer die über Frauen und POC bestimmen wollen.

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