L367 - Seitenbemerkung zu Autos auf dem Land und Denken in Alternativen

Da du ja sehr ausführlich auf meine Beiträge reagiert hast, wollte ich nur nochmal klarstellen, dass ich ja ausdrücklich nicht ein emotionales Statement abgegeben habe, sondern beschrieben habe, welche emotionalen Reaktionen es gibt und weshalb ich es wichtig finde, das nicht zu ignorieren.

Diese Aussage finde ich bezogen auf das Thema dieses Threads noch immer nicht ganz angemessen. Es ist ja nicht so, dass es ständig Versuche gibt, gute Konzepte für einen attraktiveren ÖPNV umzusetzen, die dann nur daran scheitern, dass die Menschen sich aus Sturheit dagegen wehren.

Das ist wohl der Punkt.

Dem Menschen ist grundsätzlich das Hemd näher als die Hose.
Soll heißen, die primäre Frage ist eher, wie komme ich von A nach B, das in zeitlich Vertretbarem Rahmen zu geringen Kosten.
CO2 Abdruck oder gesamtgesellschaftliche Fragen sind da nachrangig.
Man mag das als egoistisch betrachten, aber das ist die Lebenswirklichkeit der Menschen.
Wohnen an Punkt A, weil dort die Miete bezahlbar ist und die sozialen Kontakte sind. Punkt B weil man dort das nötige Geld verdient um seinen Lebensalltag und den der Familie finanzieren zu können.
Das Verbrennerauto, weil es schnelle Mobilität ermöglicht, um abends mehr Zeit mit den Kindern zu haben bzw etwas Freizeit. Und weil die Rahmenbedingungen noch keine adäquate Alternative zulassen.

Das hat eher pragmatische Gründe als Bockigkeit oder grundsätzlichen Widerstand gegen Veränderung.
Veränderung wird nur als bedrohlich empfunden, wenn die Situation sich noch verschlechtert, also mehr Kosten der Mobilität, höherer Zeitaufwand, ohne das man selbst einen Alltagsvorteil hat.
Ein geringerer CO2 Abdruck ist da zu weit weg vom Alltag

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Der Verbrenner hat ja ohnehin ein Ablaufdatum. Wenn es also um die co2 Belastung geht sollten wir den nicht als dauerhaft gegeben sehen.
Und ich kenne mehr und mehr am Dorf die schon heute zumindest ein Auto durch eines mit Elektroantrieb ersetzt haben.

Keine Frage, das Elektro-Auto kommt. Die aktuellen Hürden (Preis, Lademöglichkeiten) sind ja auch nicht dauerhaft oder ideologisch, sondern eher pragmatisch zu sehen.
Das ist dann eher noch im Veränderungsprozess.
Wie möglicherweise andere Alternative Lösungen

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Die Umstellung von Verbrennern auf E-Autos ändert aber ja nicht grundsätzlich etwas an der Abhängigkeit vom motorisierten Individualverkehr - also dem sprichwörtlichen Auto auf dem Land. Zudem braucht es auch für diese Umstellung eine entsprechende Infrastruktur. Wenn in den nächsten Jahrzehnten sowohl Autoverkehr als auch Heizungen massenhaft von anderen Energieträgern auf Strom umgestellt werden, ist das nicht unbedingt ein Selbstläufer…

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Hierzu habe ich ja schon mehrfach geschrieben, dass ich befürworte diese Abhängigkeit zu reduzieren.
Der Aufbau einer Grundversorgung per ÖPNV ist da absolut nötig und das habe ich hier ja bereits eingangs betont. Ruflinien könnten eine Grundversorgung auch mit vernünftigem Aufwand mit akzeptabler Taktung und außerhalb der Standardzeiten ermöglichen.

In der Diskussion müssen wir in meinen Augen zwischen zwei Themen unterscheiden:

  1. Die Abhängigkeit vom Auto um überhaupt mobil zu sein
  2. Die Abhängigkeit vom Auto um bestimmte Strecken regelmäßig in einer akzeptablen Zeit zurückzulegen.

Das erste ist heute ein riesen Problem. Wer nicht Auto fahren kann ist heute auf andere angewiesen wenn es zum Arzt geht, zum Einkaufen oder was auch immer. Da ist die Frage dann oft auch gar nicht die Fahrzeit, sondern schlicht, dass es für einen Arzttermin keine einzige Möglichkeit gibt an einem Tag mit dem ÖPNV zur nächsten großen Stadt mit allen Fachärzten und wieder zurück zu kommen.
Auch dass Kinder nicht nach der Schule im Mittelzentrum bei Freunden bleiben können um dann mit einem späteren Bus heimzufahren, weil der letzte Bus schon um 15 Uhr geht sorgt für eine große Abhängigkeit von fahrenden Eltern.

Hier ist, wie ich mehrfach geschrieben habe, natürlich ein Handlungsbedarf.

Der zweite Punkt mit den vielfältigen Pendelstrecken in einem breiten Zeitfenster ist dagegen schwierig zu lösen. Da kommen schnell absurd aufwändige Verbindungen zustande, auch wenn wir von einem Ausbau des Angebots ausgehen.
Gerade in Anbetracht von E-Mobility sehe ich aber auch gar nicht das Problem, wenn diese Strecken dann eben weiter mit dem Auto zurückgelegt werden. Optimal wäre natürlich wenn man auch hier die Strecke die zurückgelegt wird zumindest reduzieren könnte indem man eben nur bis zur nächsten sinnvollen ÖPNV Verbindung fährt, falls die Strecke sehr lang ist.

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Ich hatte eigentlich mit einer Steigerung von 15ct/l gerechnet, da hätte es wenigstens auch eine Lenkungswirkung gegeben. Aber 1,4ct merkt man doch gar nicht, natürlich auch, weil der Preis gerade eh niedrig ist.

Zum Kontext, da ich es oben vielleicht zu knapp und missverständlich zitiert habe: Das ist der Unterschied zwischen der ursprünglich angestrebten Erhöhung des CO2-Preises auf 40€/t gegenüber der dann (infolge des BVerfG-Urteils zum Nachtragshaushalt) beschlossenen Erhöhung auf 45€/t. Ggü. der 2023 geltenden Höhe (30€/t) ergibt sich bei 45€/t ein Unterschied von 4,3ct/l Benzin. Diesel liegt jeweils etwas höher (er enthält einfach mehr Kohlenstoff. Da die Verbrennung im Dieselmotor effizienter ist, wird aber weniger Kraftstoff verbraucht).
Insgesamt kann man sich auf Grundlage dieser Zahlen eine Kostenerhöhung von ca. 12,9ct/l Benzin bei 45€/t errechnen gegenüber dem Zustand ohne CO2-Bepreisung. Diesel sollte grob bei 14,1ct/l liegen, also nah am von Dir erwarteten Wert. Oben ging es speziell um die Steigerung zum 1.1.2024 ggü. den ursprünglichen Plänen der Ampel mit 40€/t CO2. Sieht dort daher kleiner aus, als es ist.

Danke für die Klarstellung.
Ich schaue nur manchmal an der Tankstelle, wir fahren ja elektrisch.
Der Preis beim Diesel liegt gefühlt seit Dezember bei 1,67€ an unserer kleinen Tanke.
Deshalb wundert mich das. Der hat auch schonmal über 2€ gekostet, da gab es auch keine Gelbwestendemos.

Gegenüber 2020 ist der Benzinpreis aufgrund der CO2-Bepreisung ja schon 12,6 cent pro Liter höher. Da müsste es ja nach Deiner Argumentation eine „Lenkungswirkung“ geben. Aber wie sieht die aus - vor allem, aufs Thema dieses Threads bezogen - bei der Nutzung von Autos auf dem Land?

Da die Lenkungswirkung mangels Alternativen, zu denen „umgelenkt“ werden kann, eher gering ist, bedeutet es primär nur höhere Pendelkosten, die zu tragen sind.
Einige empfinden es dann als „Bestrafung“, weil sie auf dem Land wohnen, andere gucken ggf nach sparsameren Verbrennern, wieder andere sparen die Zusatzkosten woanders ein.

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Lenkungswirkung ist sicher etwas eher langfristiges, mangels kurzfristiger Alternativen. Bei den Leuten die ich am Land kenne (recht breit gefächert) gibt es da verschiedene Ansätze.

Da Spritpreise ja schon lange in der Tendenz eher steigend sind (auch wenn hier ja angemerkt wird, dass es schonmal teurer war, das war aber ja nur kurzfristig) haben sich einige, gerade aus den eher höheren Bildungsschichten schon länger E-Autos fürs Pendeln zugelegt. Meist daheim geladen, im Sommer vorwiegend mit Solarstrom.
Andere pendeln mit dem Motorrad, da dies auf Dauer gesehen günstiger ist. Das findet man dann aber auch eher bei mittleren Strecken bis max. 20 km.
Wo möglich wird auch versucht die Präsenztage durch mehr Homeoffice zu reduzieren, bzw. die Stunden auf weniger Tage zu verteilen (z.B. 35 h auf 4,5 Tage, also jeden zweiten Freitag frei).

Was mich aber noch immer wundert ist, dass viele einfachste Mittel nicht nutzten. Fahrgemeinschaften sind oft selbst bei Kollegen die in der selben Firma im selben Gebäude arbeiten und gleiche Arbeitszeiten haben nicht üblich, weil vielleicht ist ja der eine 5 Minuten eher fertig als der andere und überhaupt muss man sich ja dann immer abstimmen (da geht es aber auch um eher kurze Strecken von 5-10 km.

Leider anscheinend gar keine, wobei ich auf dem Land ziemlich viele E-Autos sehe.
Kann aber daran liegen, weil wir selber elektrisch fahren und mehr darauf achten.
Aber gerade auf dem Land und mit Eigenheim lohnt sich ein Elektroauto schon ohne PV.
Bis auf den höheren Anschaffungspreis.

Fahrgemeinschaften ist schon gut, praktiziere ich selbst, mit etwas Flexibilität kein Problem.

Sowas in organisierter Form, ggf über eine App, wäre hilfreich.

Land und eAuto macht primär beim Eigenheim Sinn, als Mieter (eher die Mehrheit auf dem Land) schon schwieriger, aber dann Absprache und Finanzierungsfrage mit dem Vermieter.

Also erste praktische Ideen sind ja da

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Das trifft bei Pendlern zu x% zu, unter der Woche. Primär ist also relativ

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Hallo

zu deinem Kommentar[/quote]
Der größte Faktor wäre, dass man ja erstmal ein grundlegendes Angebot schaffen muss um überhaupt über weniger Individualverkehr am Land sprechen zu können. Aktuell werden viele Orte am Wochenende gar nicht angefahren, unter der Woche nur von Schulbussen, also für Pendler quasi auch gar nicht.
[/quote]

Bei uns haben sie vor ein zwei Jahren, ich weiß schon gar nicht mehr wie lange das genau schon geht, eine sehr große Anzahl an Bussen bereitstellen lassen damit viele Ziele mindestens im Stundentakt angefahren werden. Die Nutzung ist marginal und nur von denen die anders gar nicht können.
Wenn ich damit meine 13km zur Arbeit fahren würde (btw: ich wohne im Hunsrück) bräuchte ich eine Stunde was mit dem Auto in 10min gefahren ist.
Ich denke auf dem Land sind Linienbusse nur für gut evaluierte Verkehrsströme sinnvoll. Das wäre meines erachtens sowieso das erste was man tun sollte. Ermitteln wie der Bedarf ist.
Als alternative könnte ich mir etwas wie einen Uber Bus vorstellen. Kleine Busse die an bestellen kann und die von einem zentralen Rechner optimierte Strecken vorgegeben bekommen um alle mitzunehmen etc. Somit käme man direkt von Start nach Ziel mit vielleicht nur kleinen Umwegen oder Wartezeiten, die aber kalkulierbar wären. Es gab mal vor einigen Jahren ein Versuchsprojekt einer Uni dazu, finde es aber nicht mehr. Würde mich mal interessieren was daraus wurde, zumal sowas bei den immer stärker werdenden Machine-learning-Systemen bestimmt immer realistischer werden könnte.

Als Unterstützung dazu das Dorfauto (Ausleihbare Fahrzeuge im Ort) und pro Familie ein Elektrofahrzeug und das könnte gehen. Aber bis dahin ist durchaus ein recht weiter weg zumal ich noch keinen wirklichen politischen Willen dahin sehe. Dorfautos gibt es hier und da und sie werden auch angenommen. Aber da muss echt noch viel passieren.

Mal so meine Gedanken eines ehemaligen Städters der seit 10 Jahren auf dem Land wohnt.

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War unscharf ausgedrückt. Will sagen, wenn jemand täglich zur Arbeit mit dem Verbrenner pendelt, weil er sonst nicht zur Arbeit kommt mangels Mobilitätsalternativen, und die Benzinkosten steigen aufgrund des CO2 Preises spürbar, dann merkt dieser Pendler das zuerst an höheren Ausgaben für das Pendeln.
Eine Lenkungswirkung bleibt insofern aus, das diesem Pendler zum aktuellen Zeitpunkt keine adäquaten Veränderungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen.
Das war mit primär gemeint

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Mein Eindruck ist, dass in dieser Diskussion gerne auf die tatsächlich vorhandenen Mobilitätsschwierigkeiten verwiesen wird, um dann mit dem Auto die 2km zum Bäcker zu fahren, weil das Auto ja eh da ist. Sicher haben viele für einige Strecken keine Alternative. Ich glaube aber, dass sich Städter und Landbevölkerung, bei Strecken mit vernünftigen Alternativen (per pedes, mit dem Fahhrad, mit dem Bus) in der Frage, ob das Auto nicht doch gerade bequemer ist, nicht großartig unterscheiden.

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Das ist tatsächlich eine Beobachtung die ich auch mache. Und weil am Dorf parken meist kein Problem ist fährt man halt. In der Großstadt würde man wegen Parkplatzsituation kurze Strecken dann oft auch bei vorhandenem Auto eher laufen.

Weil ich das oft kritisierte und meist mit dem Rad kam galt ich im Dorfverein (Fußball) als autoskeptisch, was man mir hier wohl eher nicht attestieren würde.

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Ja, Bequemlichkeit ist sicher eines der wesentlichen Hindernisse bei der Mobilitätswende.
Obwohl das wohl kein „Land-„Probkem ist.
Ich sehe sowohl bei uns an der Dorfgrundschule die Mutter im imposanten SUV oder Sportwagen das Kind die 800m bis an die Eingangstreppe bringen, wie auch in der Großstadt in der ich arbeite lange Autokorsos vor der Realschule, damit das Kind nicht mit dem Bus fahren muss.

Die Frage ist wohl kleinteiliger. Welche Gründe oder Anlässe gibt es, ein Auto zu nutzen im konkreten Fall? Welche Alternativen gibt es für diese konkreten Fälle? Und überwiegen die Alternativen so weit, das man persönlich auf ein Auto verzichten kann?

Sowohl auf dem Land, aber vor allem in Städten

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