Mit Nebelkerze meine ich, dass es eben eine schöne Ablenkung für die Verantwortlichen in der Politik ist, wenn das Thema aufgebracht wird, um von dem eigenen Versagen abzulenken. Ich weiß nur, dass unsere Politiker jeden Strohmann brauchen können, um von diesen eklatanten Fails abzulenken wie:
- keine wöchentliche Taskforce der Bundesländer
- keine Initiative zur Untersuchung der Infektionsketten
- Impfen/Schnelltests
Also ich würde das tun, damit ich zumindest einen Teil des Unmuts umleiten kann. Und wer kümmert sich schon genau um solche Statistikdetails?
Zu den Zahlen selbst:
Natürlich könnte man das verschärfen für die Unternehmen, ich fand aber eben erhellend in der von Ihnen zitierten Studie, dass folgendes gesagt wurde:
"39 Prozent der Befragten gaben im Januar an, sie könnten ihre beruflichen Tätigkeiten uneingeschränkt oder zu einem großen Teil in Heimarbeit erledigen (19 bzw. 20 Prozent). Das liegt nahe an Schätzungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, während das Münchner ifo-Institut das grundsätzliche Homeoffice-Potenzial in einer aktuellen Untersuchung sogar auf über 50 Prozent beziffert. Hält man die 38 Prozent dagegen, die im Januar vollständig, vorwiegend oder gelegentlich zu Hause arbeiteten, erscheint das als gewisse Annäherung ans Potenzial.“
Also:
39% der befragten AN geben an, dass sie ihre Tätigkeiten uneingeschränkt (19%) oder teilweise (20%) ausüben können. (Insgesamt 6000+ Befragte, wenn ich mich recht entsinne)
38% im Januar vollständig, vorwiegend oder gelegentlich im Home Office.
Hmm, scheint sich zu decken.
IFO schätzt grundsätzliches Home Office-Potential auf 50%. Fragt sich, was das IFO genau meint. Ich glaube, dass die restlichen 11% bestimmte Voraussetzungen benötigen wie Umnstrukturierungen von papierpbasierten Arbeiten oder Telefonanlagensysteme, die Umstellung ermöglichen etc.
Das heißt, das das Potential durch die AGs schon gut ausgeschöpft wird, wenn ich das richtig lese, aber ich lasse mich da gerne korrigieren. Interessant fände ich, was der eigentliche Unterschied zwischen „gelegentlich“ und „uneingeschränkt“ ist und welche Hindernisse da sind. Das ist sicher von AG zu AG unterschiedlich.
Anders ist das bei den Arbeiten in den Logistiklägern, Laboren etc., aber die AN werden das glaube ich auch nicht angegeben haben.
Insofern unterstützen mich die Zahlen darin, dass ich Arbeitgeber, die sich nicht daran halten wollen, für Ausnahmen halte. Aber wie gesagt, wenn es andere Zahlen gibt, gerne.
Da haben Sie wohl recht. Hinter der Provokation steht auch die Idee, dass zum Beispiel Ältere eigene Slots bekommen wie das in Tübingen der Fall war. Was ich sagen will ist, dass auch hier Maßnahmen zum Schutz von Risikogruppen möglich und umsetzbar sind. In dieser aufgeheizten Atmosphäre war mein Ton da echt unglücklich, das gebe ich gerne zu. Ich werde mich da in Zukunft klarer ausdrücken, weil der Frust insgesamt halt groß ist.
Halte ich persönlich für sehr, sehr kritisch. Beispiel Hamburg: Hier sind die Inzidenzen nach Ortsteilen krass unterschiedlich. Und das ist auch verständlich. Beispiel: Mehr Armut, mehr häusliche Gewalt, mehr Draußensein mit Peergroups. Um nur eine mögliche Kette zu nennen. Da fehlen einfach Studien, die ich als hochgradig dringlich ansehe.
Ein Beispiel: Ich bin mit der Arche in Hamburg in Kontakt:
Bei den Familien, die dort betreut werden, fehlt es an allem, und die Umstände sind für die Kinder, die nicht mehr zur Arche kommen können, immer fataler. Die Fluchtmöglichkeiten fehlt ihnen, wo sollen sie also hin? Die Abstandsregelung ist für diese Kids doch völlig abstrakt, sie haben existentiellere Sorgen. Wie Sie schon schreiben, das könnte man fortführen.
Gibt es dazu Studien? Wenig. Gibt es Lösungsansätze? „Wir müssen noch eine Weile durchhalten“. Fehlanzeige. Es ist sogar so, dass immer noch Spendenaufrufe losgehen, damit diese Kids Rechner und Pads bekommen. Ein Jahr nach Pandemiebeginn.
Zusammengefasst: Ich teile Ihren Frust. Ich weiß aber nicht, ob er sich mit den Arbeitgebern an die richtige Adresse richtet, die Zahlen geben das in der Studie für mich nicht her. Ich würde mich freuen, wenn ich andere belastbare Zahlen sehe.
Was ich aber sehe und was mich wie Sie wütend macht, ist die Ungleichbehandlung von verschiedenen Branchen, und zwar auf Grundlage von… Nichts. Keine belastbare Verfolgung und keine Strategie, hier zu Erkenntnissen kommen zu wollen.
Sie sagen, das ist jetzt so, aber ich erwarte von einem Staat, der 1 Jahr Einschränkungen verlangt, alle Anstrengungen, um Grundrechtseinschränkungen auf ein Minimum zu reduzieren und alle Mittel und Wege zu gehen.
Die zuständigen Stellen wissen, das sie das nicht tun, und deswegen kommen alle Diskussionen, die davon ablenken, gerade recht. Und in Deutschland ist Arbeitgeberkritik halt immer ein gut gehendes Narrativ.
Ich kann diesen Status Quo nicht akzeptieren und finde, dass ein Rechtsstaat seine Maßnahmen auf belastbare Zahlen stützen muss und wenn diese nicht da sind, diese beibringen muss. Wir lassen den Entscheidungsträgern viel zu viel durchgehen und uns dann auf Diskussionen führen, die mit den eigentlichen Ursachen wenig zu tun haben.