Eben. Freiheitsrechte und auch die „freiheitlich demokratische Grundordnung“ zielen im Kern auf Grundsätze wie Rechtstaatlichkeit, Volkssouveränität, Gewaltenteilung ab. In diesem Sinne sind sie liberal. Aber von „freiheitlich“ im Sinne von wirtschaftsliberal - wie Du den Begriff vorher verwendet hast, findet sich da nichts. Weder eine hohe Staatsquote noch sozialer Ausgleich - etwa von durch staatliche Zuschüsse oder Steuergesetze - widersprechen dem Grundgesetz und auch nicht dem Grundrecht auf Schutz des Privateigentums in Art. 14 GG. Es gibt in Deutschland auch weder Planwirtschaft noch Marktwirtschaft in Reinform - und das ist von der Verfassung auch genau so gemeint. Genau das macht Deine Definition von „Sozialismus“ ja so eigenwillig.
Wir alle können wahrscheinlich beliebig viele Beispiel sowohl für staatlich kontrollierte bzw. in öffentlicher Hand befindliche, als auch für rein privatwirtschaftlich organisierte (wenngleich vielleicht staatlich regulierte) Dienstleistungen finden, die nicht gut funktionieren. Die Einschätzung, ob diese dann in der jeweils anderen Variante besser funktionieren würde, dürfte stark subjektiv sein und von den eigenen politischen Überzeugungen abhängen. Noch dazu hängt das Funktionieren auch von vielen weiteren Faktoren ab, nicht zuletzt von der finanziellen Ausstattung.
Ist es im Sinne der Marktwirtschaft aber nicht effizienter wenn das Geld gleichmäßig verteilt ist um so überhaupt allen eine Marktteilnahme zu ermöglichen. Ein Millionär kann nur eine bedingte Anzahl an Fernseher kaufen während das gleiche Geld auf mehr Köpfe erheblich besser in den Markt zurück fließt.
Gewollt oder nicht gewollt? Das ist ein super Beispiel dafür, dass der Staat auch Geld ausgeben kann, das keiner vorher erwirtschaftet hat.
Also die Mär von man muss erst was erwirtschaften, bevor man es ausgeben kann, herrlich widerlegt.
Eigentlich ist es keine schwierige Frage. Schwierig wird es nur, wenn man den Staat als wirtschaftliches Unternehmen betrachtet.
Der Staat hat die Aufgabe das Zusammenleben gerecht zu gestalten. Diese Gestaltungsaufgabe sollte er möglichst effizient durchführen. Auf keinen Fall sollte er aber aufgrund der Effizienz auf die Umsetzung einer Maßnahme verzichten, die das Zusammenleben in der Gesellschaft gerechter macht. Hier sollte er sich eher an der Effektivität, an der Zielgenauigkeit seiner Maßnahme orientieren.
Bevor jetzt wieder das Thema Mittelverschwendung aufgemacht wird:
Samit sollen auf keinen Fall gesagt werden, dass alles gerechtfertigt ist. Nur die Abwägung zwischen Effizienz und Gerechtigkeit sollte für einen Staat nicht Basis von Entscheidungen sein.
Vor einigen Jahren verkündete der damalige Chef der Agentur für Arbeit, das man im Vorjahr einige Millionen Überschuss erwirtschaftet habe.
Mein Gedanke war dann auch, wer hat da das Prinzip nicht verstanden? Es geht bei diesen staatlichen Institutionen nicht um das erwirtschaften von Geldern aus Beiträgen, sondern um die Bereitstellung von gesellschaftlich relevanten Leistungen.
Nichts gegen Effizienz und Rücklagen, aber da gebe ich dir völlig Recht, @christoph
Puh. schwer da in den Diskurs einzusteigen, wenn du hier mit dem halben Schopenhauer um die Ecke kommst: Präsumption, ignoratio elenchi, Fallazie der falschen Ursache, Argumentum ad personam, Argumentum ad odium.
Ich denke, ich habe nicht den Nerv unter so viel ‚Methode‘ den Austausch mit Argumenten zu suchen. Mir scheint es, als wärest du nicht an einem Austausch interessiert, sondern eher daran ‚Es den Liberals mal so richtig zu zeigen‘. Vielleicht eher was für /pol?
Die eristische Dialektik kenne ich tatsächlich ganz gut. Trotzdem verstehe ich nicht, dass mein Argument nicht zur Sache und nachvollziehbar sein soll. Wie gesagt, der Kinderfreibetrag ist keine staatliche Subvention, sondern Ausdruck der aus meiner Sicht richtigen verfassungsrechtlichen Vorgabe, dass zumindest das Existenzminimum der Steuerzahler und ihrer Kinder steuerfrei bleiben muss. Diese Beträge stehen dem Staat nicht zu, so dass er sie auch nicht verteilen kann.
BlockzitatAlso die Mär von man muss erst was erwirtschaften, bevor man es ausgeben kann, herrlich widerlegt.
Wenn das nicht in der Vergangenheit passiert ist, dann muss jemand in der Zukunft das erwirtschaften, was heute ausgeben wird. Irgendjemand muss die Schulden, die der Staat für die Programme aufgenommen hat, jedenfalls zurückzahlen.
Ich verstehe nicht ganz dein Problem. Ist dir die Kindergrundsicherung zu hoch? Oder willst du selber auch mehr Geld behalten? Was ist der einfache Kern deiner Aussage?
Zu 1. Ich denke dazu habe ich oben schon was geschrieben.
Zu 2. Also das es im Grenzbereich Härtefälle gibt seh ich ja ein. Ich habe nur das Gefühl das du und die Leute die sich aufregen, nicht diejenigen sind die hier am Ende des Monats aufgrund ihrer Kinder nicht wissen wie Sie das Essen bezahlen sollen…Hier sehe ich halt den Sozialen Teil der Sozialen-Marktwirtschaft. Die die Glück im Leben hatten, unterstützen diejenigen denen das leider verwehrt war. Es geht nicht um die Gerechtigkeit im Sinne, das alle die gleichen finanziellen „Vorteile“ haben sollen.
Das Erschreckende in linker Sozialpolitik ist mir immer, dass die mit dem Glück im Leben es immer nur zufällig erfahren haben. Sicherlich, sein Elternhaus und seinen Geburtsort sucht man sich nicht aus. Aber irgendwann wird man ja älter, reifer und erwachsen. Hat man volle Rechte und auch volle Pflichten. Vielleicht ist ja was dran an den beiden alten Sprichwörtern:
„Auf das Glück darf man nicht warten, dann kommt es nicht. Man muss daran arbeiten.“
„Das Glück hilft denen nicht, die sich nicht selbst helfen.“
Sicherlich nicht die volle Wahrheit, aber vielleicht ein gar nicht so unwichtiger Teil davon.
Das ist doch auch nicht stimmig. Glaubst du wirklich, „jemand“ erwirtschaftet die 2 Billionen Schulden von heute und zahlt diese zurück? Irgendwann in der Zukunft? Also die Summe in Gänze? Würde man das Geld zurückzahlen, würde man dem Steuerzahler damit ja 2 Billionen Euro von Konto nehmen. Den er muss es der Logik folgend ja auch zahlen.
Vielmehr wird es dazu kommen, dass das BIP schneller wächst als die Schulden und man dann auf die niedrigere Schuldenstandsquote verweisen kann.
Das erschreckende unserer insgesamten Sozialpolitik ist, das wir den Erfolg der Tafeln feiern. Politiker sich zu Jubiläum treffen, mithelfen bei der Ausgabe, und sich über das ehrenamtliche Engagement freuen.
Mit keinem Gedanken jedoch darauf kommen das mit ihrer Politik etwas nicht stimmen könnte.
Genauso fatal ist Lindners Aussage (und einiger anderer FDPler), dass es jetzt mal genug sein muss mit den Sozialprojekten. Welche Sozialprojekte bitte?
Hartz IV wurde umbenannt in Bürgergeld, leichte Veränderung, kaum eine finanzielle Besserung für die Empfänger:innen.
Mindestlohnerhöhung wurde von Inflation aufgefressen und dann von der Mindestlohnkomission nicht wirklich erhöht.
Kindergrundsicherung wurde zusammengedampft auf einen Betrag, der vermutlich noch nicht einmal für die Zusammenführung der bereits existierenden Ansprüche reicht (Inanspruchnahme auch durch die, die bisher ihr Recht nicht geltend machen konnten, Kosten durch neue Auszahlungsstelle).
Hab ich was vergessen?
Das 9-Euro-Ticket: Das war tatsächlich sozial, solang es das Ticket gab. Das Deutschlandticket gibt es jetzt schon nicht mehr erschwinglich für Ärmere, und es ist nicht klar, ob es weiter finanziert wird.
Ach ja, es fehlen die Sozialprojekte, die auch (Gießkanne) oder vor allem Wohlhabenderen helfen: Die kalte Progression wurde ausgeglichen, Tankrabatt etc.
Ja, zwar werden aktuell Schulden hauptsächlich refinanziert, also alte Schulden durch neue Schulden ersetzt, aber das kann nicht ewig so weiter gehen. Vor allem, wenn der Gesamtschuldenstand immer weiter steigt, anstatt zu fallen. Dass das BIP schneller wächst als die Schulden ist ein frommer Wunsch, der von den Daten nicht gedeckt wird.
Schon seit Jahren bringen 1 EUR neue Staatschulden weniger als 1 EUR BIP Wachstum.
Im Jahr 2021 betrug das Bruttoinlandsprodukt (BIP) Deutschlands 3,617 Billionen Euro[ (Bruttoinlandsprodukt (BIP) bis 2022 | Statista), während die Staatsschulden von 2,173 Billionen Euro im Jahr 2020 auf 2,321 Billionen Euro im Jahr 2021 anstiegen (Staatsverschuldung 1950 bis 2022 | Statista). Das bedeutet, dass die Staatsschulden im Jahr 2021 um 148 Milliarden Euro zugenommen haben. Im selben Jahr stieg das BIP um 2,7 % (Bruttoinlandsprodukt im Jahr 2021 um 2,7% gestiegen - Statistisches Bundesamt).
Auf Grundlage dieser Zahlen kann man das Wachstumsverhältnis ermitteln. Danach ist für jeden Euro zusätzlicher Staatsschulden im Jahr 2021 das BIP um etwa 0,621 Euro gewachsen ist.
Das heißt, mit 1 EUR neuen Schulden hat man gut 60 Cent neues Wachstum gekauft. Das ist nicht nachhaltig, muss aber gemacht werden, da ohne Wachstum die Überschuldung des Staates offensichtlich würde.
Letztlich ist dies eine Konsequenz unseres Geldsystems, bei dem neues Buchgeld durch neue Schulden geschaffen wird. Wenn die für die Schulden angeschafften Wirtschaftsgüter nicht zumindest den Nominalwert der Schulden plus Zinsen erreichen, entsteht bei der nächsten Refinanzierung ein höherer Refinanzierungsbedarf für die alten Schulden. Daher steigen die Staatschulden stärker als das BIP. Das Inflationsziel von 2% hilft den Staaten dabei, die reale Refinanzierungslast zu senken; Inflation ist aber unsozial, da davon ärmere Menschen ohne Vermögen besonders hart getroffen werden.
Wenn Du über Steuererhöhungen die Schulden zurückzahlen willst, nimmst Du eben doch etwas von fremder vergangener oder zukünftiger Wertschöpfung weg. Die besonders Vermögenden werden das allerdings kaum abwarten, sondern sich vorher zumindest steuerlich absetzen.
Wohlstand lässt sich nicht ohne Produktion realer (also nachgefragter) Werte schaffen. Schulden machen und damit bildlich Geld drucken funktioniert nur vorübergehend und ist zusätzlich unsozial.
Auch wenn die Zahlen richtig gewesen sind, muss er sich in dem Fall schon Kritik gefallen lassen, da der kritisierte Rückgang der Erwerbstätigenquote um 1,1 - 1,4 Prozentpunkte im Vergleich zu vor 10-14 Jahren mMn nicht den Rückschluss zulässt, dass diese Gruppe aus schlechten Gründen keine Arbeit sucht / aufnimmt.
Schade. Hier ist der entscheidende Teil des Artikels:
Doch ganz so einfach ist es nicht, wie ein Blick in die Daten der Bundesarbeitsagentur zeigt. Die Quote der Alleinerziehenden, die erwerbstätig sind, stieg tatsächlich seit 2012 bis ins vergangene Jahr von 70,5 auf 74,1 Prozent an. Gleichzeitig sank aber die Erwerbsquote unter Alleinerziehenden in diesem Zeitraum leicht: von 79,7 auf 78,1 Prozent. In realen Zahlen bedeutet das: Die Zahl der Alleinerziehenden, die arbeiten wollten oder bereits einen Job hatten, ist um gut 150 000 Alleinerziehende zurückgegangen.
Der Arbeitsmarktexperte Holger Schäfer vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) erklärt, warum zwischen den beiden Begriffen unterschieden werden muss: «In der Statistik steht die Erwerbsbeteiligung als Synonym für die sogenannte Erwerbsquote. Diese Kennziffer führt alle Menschen auf, die dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen – unabhängig davon, ob sie einen Job haben, also erwerbstätig sind, oder auf der Suche nach einem sind und somit gegenwärtig als erwerbslos gelten.»
So gesehen waren die Anmerkungen von Minister Lindner korrekt: «Die Statistik zeigt, dass die Erwerbsbeteiligung unter Alleinerziehenden in den vergangenen zehn Jahren tatsächlich leicht abgenommen hat», sagt Schäfer. Gründe könne es dafür mehrere geben: etwa ein fehlendes Angebot von Kinderbetreuungsplätzen. «In manchen Fällen kann aber der Grund auch in mangelnden Arbeitsanreizen liegen, weil die Aufnahme eines Jobs gegenüber dem Bezug von Transferleistungen nur eine geringe finanzielle Verbesserung darstellen würde», sagt Schäfer.
Der Anstieg der Erwerbstätigen unter den Alleinerziehenden im Vergleichszeitraum lasse sich dadurch erklären, dass viele Erwerbslose in den vergangenen Jahren einen Job gefunden hätten, erklärt der IW-Ökonom Schäfer. Zumindest faktisch liegt der deutsche Finanzminister mit seinen Äusserungen, wie zuvor schon bei der Debatte über Kinderarmut, also richtig.