Kindergrundsicherung

Was ich zur Pressekonferenz Lindner-Paus-Heil noch anmerken möchte:
C. L. hat unzutreffende Zahlen genutzt, um zu begründen, warum er „Arbeitsanreize“ insbesondere für Alleinerziehende für erforderlich hält.
Entgegen seiner suggerierten abnehmenden Erwerbstätigkeitsquote hat diese in den letzten 17 Jahren deutlich zugenommen. Natürlich gab es einen Rückgang um 2015 bzw. in der Folge (durch den Zuzug) und ab 2020 (wegen der geschlossenen Schulen), aber insgesamt nehmen die Quoten zu!
https://www.tagesspiegel.de/berlin/alleinerziehende-und-erwerbsarbeit-verbande-werfen-dem-finanzminister-falsche-aussagen-und-eine-spaltung-der-gesellschaft-vor-10387492.html
Bundespressekonferenz siehe ca. Minute 30

Abgesehen davon würde eine bessere Kinderbetreuung einen stärkeren Arbeitsanreiz bedeuten.

Genauso fatal ist Lindners Aussage (und einiger anderer FDPler), dass es jetzt mal genug sein muss mit den Sozialprojekten. Welche Sozialprojekte bitte?
Hartz IV wurde umbenannt in Bürgergeld, leichte Veränderung, kaum eine finanzielle Besserung für die Empfänger:innen.
Mindestlohnerhöhung wurde von Inflation aufgefressen und dann von der Mindestlohnkomission nicht wirklich erhöht.
Kindergrundsicherung wurde zusammengedampft auf einen Betrag, der vermutlich noch nicht einmal für die Zusammenführung der bereits existierenden Ansprüche reicht (Inanspruchnahme auch durch die, die bisher ihr Recht nicht geltend machen konnten, Kosten durch neue Auszahlungsstelle).
Hab ich was vergessen?
Das 9-Euro-Ticket: Das war tatsächlich sozial, solang es das Ticket gab. Das Deutschlandticket gibt es jetzt schon nicht mehr erschwinglich für Ärmere, und es ist nicht klar, ob es weiter finanziert wird.

Ach ja, es fehlen die Sozialprojekte, die auch (Gießkanne) oder vor allem Wohlhabenderen helfen: Die kalte Progression wurde ausgeglichen, Tankrabatt etc.

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Ja, zwar werden aktuell Schulden hauptsächlich refinanziert, also alte Schulden durch neue Schulden ersetzt, aber das kann nicht ewig so weiter gehen. Vor allem, wenn der Gesamtschuldenstand immer weiter steigt, anstatt zu fallen. Dass das BIP schneller wächst als die Schulden ist ein frommer Wunsch, der von den Daten nicht gedeckt wird.

Schon seit Jahren bringen 1 EUR neue Staatschulden weniger als 1 EUR BIP Wachstum.
Im Jahr 2021 betrug das Bruttoinlandsprodukt (BIP) Deutschlands 3,617 Billionen Euro[ (Bruttoinlandsprodukt (BIP) bis 2022 | Statista), während die Staatsschulden von 2,173 Billionen Euro im Jahr 2020 auf 2,321 Billionen Euro im Jahr 2021 anstiegen (Staatsverschuldung 1950 bis 2022 | Statista). Das bedeutet, dass die Staatsschulden im Jahr 2021 um 148 Milliarden Euro zugenommen haben. Im selben Jahr stieg das BIP um 2,7 % (Bruttoinlandsprodukt im Jahr 2021 um 2,7% gestiegen - Statistisches Bundesamt).
Auf Grundlage dieser Zahlen kann man das Wachstumsverhältnis ermitteln. Danach ist für jeden Euro zusätzlicher Staatsschulden im Jahr 2021 das BIP um etwa 0,621 Euro gewachsen ist.
Das heißt, mit 1 EUR neuen Schulden hat man gut 60 Cent neues Wachstum gekauft. Das ist nicht nachhaltig, muss aber gemacht werden, da ohne Wachstum die Überschuldung des Staates offensichtlich würde.

Letztlich ist dies eine Konsequenz unseres Geldsystems, bei dem neues Buchgeld durch neue Schulden geschaffen wird. Wenn die für die Schulden angeschafften Wirtschaftsgüter nicht zumindest den Nominalwert der Schulden plus Zinsen erreichen, entsteht bei der nächsten Refinanzierung ein höherer Refinanzierungsbedarf für die alten Schulden. Daher steigen die Staatschulden stärker als das BIP. Das Inflationsziel von 2% hilft den Staaten dabei, die reale Refinanzierungslast zu senken; Inflation ist aber unsozial, da davon ärmere Menschen ohne Vermögen besonders hart getroffen werden.

Wenn Du über Steuererhöhungen die Schulden zurückzahlen willst, nimmst Du eben doch etwas von fremder vergangener oder zukünftiger Wertschöpfung weg. Die besonders Vermögenden werden das allerdings kaum abwarten, sondern sich vorher zumindest steuerlich absetzen.

Wohlstand lässt sich nicht ohne Produktion realer (also nachgefragter) Werte schaffen. Schulden machen und damit bildlich Geld drucken funktioniert nur vorübergehend und ist zusätzlich unsozial.

Dieser Artikel erklärt, warum CL keine unzutreffenden Zahlen genutzt hat:

Der Artikel ist nicht zugänglich.

Bei mir klappt es.

Auch wenn die Zahlen richtig gewesen sind, muss er sich in dem Fall schon Kritik gefallen lassen, da der kritisierte Rückgang der Erwerbstätigenquote um 1,1 - 1,4 Prozentpunkte im Vergleich zu vor 10-14 Jahren mMn nicht den Rückschluss zulässt, dass diese Gruppe aus schlechten Gründen keine Arbeit sucht / aufnimmt.

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Schade. Hier ist der entscheidende Teil des Artikels:

Doch ganz so einfach ist es nicht, wie ein Blick in die Daten der Bundesarbeitsagentur zeigt. Die Quote der Alleinerziehenden, die erwerbstätig sind, stieg tatsächlich seit 2012 bis ins vergangene Jahr von 70,5 auf 74,1 Prozent an. Gleichzeitig sank aber die Erwerbsquote unter Alleinerziehenden in diesem Zeitraum leicht: von 79,7 auf 78,1 Prozent. In realen Zahlen bedeutet das: Die Zahl der Alleinerziehenden, die arbeiten wollten oder bereits einen Job hatten, ist um gut 150 000 Alleinerziehende zurückgegangen.
Der Arbeitsmarktexperte Holger Schäfer vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) erklärt, warum zwischen den beiden Begriffen unterschieden werden muss: «In der Statistik steht die Erwerbsbeteiligung als Synonym für die sogenannte Erwerbsquote. Diese Kennziffer führt alle Menschen auf, die dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen – unabhängig davon, ob sie einen Job haben, also erwerbstätig sind, oder auf der Suche nach einem sind und somit gegenwärtig als erwerbslos gelten.»
So gesehen waren die Anmerkungen von Minister Lindner korrekt: «Die Statistik zeigt, dass die Erwerbsbeteiligung unter Alleinerziehenden in den vergangenen zehn Jahren tatsächlich leicht abgenommen hat», sagt Schäfer. Gründe könne es dafür mehrere geben: etwa ein fehlendes Angebot von Kinderbetreuungsplätzen. «In manchen Fällen kann aber der Grund auch in mangelnden Arbeitsanreizen liegen, weil die Aufnahme eines Jobs gegenüber dem Bezug von Transferleistungen nur eine geringe finanzielle Verbesserung darstellen würde», sagt Schäfer.
Der Anstieg der Erwerbstätigen unter den Alleinerziehenden im Vergleichszeitraum lasse sich dadurch erklären, dass viele Erwerbslose in den vergangenen Jahren einen Job gefunden hätten, erklärt der IW-Ökonom Schäfer. Zumindest faktisch liegt der deutsche Finanzminister mit seinen Äusserungen, wie zuvor schon bei der Debatte über Kinderarmut, also richtig.

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Bei mir funktioniert der Link. Keine paywall oder sowas.

Und auch der Rückgang der Erwerbsquote findet beinahe ausschließlich im Zeitraum 2021-22 statt, also während der Pandemie. Das daraus einen allgemeinen Trend abzuleiten, ist mindestens simplifizierend.

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Die NZZ hat, glaube ich, ein System, dass man hin und wieder einen Artikel ohne Paywall lesen kann. Obwohl sie aus meiner Sicht mittlerweile ziemlich rechtslastig ist, lese ich manchmal darin, da ich an der Grenze zur Schweiz wohne und natürlich auch andere Sichtweisen lesen möchte.
Also:

Mit „Unzutreffend“ meinte ich nicht absolut falsch, sondern dass er sich ganz bestimmte Zahlen herausgepickt hat, die seine seltsamen Thesen bestätigen.
Abgesehen davon lässt er außer Acht,

  • dass sich die Erwerbsquote der Alleinerziehenden natürlich durch die Pandemie reduziert hat. Wie könnte es anders sein?
  • dass sich die Erwerbsquote durch die ukrainischen Flüchtlinge reduziert haben muss. Wie könnte es anders sein?
  • dass es oft an Betreuungsmöglichkeiten für die Kinder mangelt. Der Verweis auf die Grundschule ist nicht sehr sinnvoll, da die Betreuung dort begrenzt ist.
  • dass viele Bürgergeldbezieher:innen Aufstocker sind, also bereits im möglichen Umfang arbeiten.

All das spricht in keiner Weise für eine nachlassende Arbeitsmotivation Alleinerziehender. Ganz im Gegenteil. Es ist überraschend, dass die Zahlen nicht extrem gesunken sind, was wiederum für eine große Motivation spricht zu arbeiten.

Wer noch Zweifel hat, kann sich auch ansehen, wie hoch die Erwerbsquote von Müttern ist, die in Partnerschaften leben. An der Motivation von Alleinerziehenden sollte man wirklich nicht zweifeln. https://de.statista.com/infografik/27659/erwerbsumfang-von-alleinerziehenden-muettern-und-muettern-in-paarfamilien/
Es gibt keine Notwendigkeit, Arbeitsanreize zu setzen. Es gibt die Notwendigkeit, für vernünftige Kinderbetreuung zu sorgen und all jene, die dann trotzdem aus unterschiedlichen Gründen nicht arbeiten können, so zu versorgen, dass ihre Kinder gut aufwachsen und an Gesellschaft und Bildung teilhaben können, denn wir brauchen sie. Es ist absolut kurzsichtig, nicht in alle Kinder zu investieren. Kinder aus armen Familien brauchen die Unterstützung besonders.

Außerdem mache sich bitte jeder mal klar, was es bedeutet, Bürgergeld zu beziehen. Gerade die Politiker:innen, einige sogar (noch) kinderlos, leben in einer völlig anderen Welt. Herr Lindner verdient wahrscheinlich (mit Ministergehalt, Bundestagsbezügen, Nebeneinkünften) an einem Tag mehr als eine Alleinerziehende mit Kind im ganzen Monat an Bürgergeld bekommt. Zugespitzt formuliert.

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Schön dass wir von unterschiedlichen Dingen reden, so wie es leider in der Diskussion häufiger passiert.
Ich rede gar nicht davon, dass durch 1 € Schulden eine gewisse Menge an BIP erzeugt wird.
Meine Aussage ist, dass die Schuldenquote trotz steigendem Schuldenstand absolut sinkt.

Deutsche Staatsschulden steigen 2022 um 71 Milliarden Euro auf 2,57 Billionen Euro, Schuldenquote sinkt von 69,3 auf 66,4 Prozent

Und das es Staaten gibt, die immer noch existieren und eine deutlich höhere Schuldenquote haben, sieht man an der nachfolgenden Statistik.

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Alte Menschen wollen doch, dass wir uns um sie kümmern. Die arbeitende Generation soll für Sie Waren und Dienstleistungen bereitstellen, da sie das aufgrund ihres Alters nicht mehr selbst können.

Dabei ist doch für die arbeitende Generation entscheidend, wie viel Prozent von Ihrem Einkommen dafür aufgewendet wird.

Dabei finde ich es absolut unverständlich, warum manche Menschen während sie arbeiten weniger Geld erhalten, als andere während Rente oder Pension. Wenn jemand zu Arbeitszeiten gut verdient hat, z.B. als Richter oder Ingenieur, warum sollte er dann auch noch als Rentner mehr Geld bekommen, als jemand, der schon sein Leben lang sehr schlecht verdient hat, z.B. als Maler oder Krankenpfleger?

Wer es gut im Alter haben will und gut verdient, der kann doch während des Erwerbslebens Geld beiseite legen und dieses im Alter verkonsummieren.
Auch das Haus kann man verkaufen und von dem Geld leben, es gibt viele junge Familien, die sich darüber freuen würden. Aber dann könnte man es eben nicht mehr seinen Kindern vererben.

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