Mir ist überhaupt nicht klar, was die Kindergrundsicherung leisten soll, der Regierung ja auch nicht, sonst würde man nicht Kosten von 2-12 Mrd. € angeben. Es ist viel einfacher, über konkrete Maßnahmen zu sprechen, als über „ Wir wollen mit der Kindergrundsicherung bessere Chancen für Kinder und Jugendliche schaffen und konzentrieren uns auf die, die am meisten Unterstützung brauchen.“
So wie ich es verstehe soll sie zunächst einmal eine Bündelung von Leistungen darstellen, damit der bürokratische Aufwand und die Hürden geringer werden. Hierdurch sollen mehr Familien Leistungen ohne Kampf mit den Behörden bekommen. Außerdem sinken so die Kosten in der Der Verwaltung. Die Kindergrundsicherung hat einen Grundbetrag den jeder pro Kind bekommen soll und dieser soll mindestens dem Kindergeld entsprechen. Dieser Betrag soll zwingend alle 2 Jahre geprüft werden, damit dieser Betrag nicht wieder von der Inflation reduziert wird. Hinzu kommen sollen Zusatzleistungen, die dann einkommensabhängig sind. Darin sind dann unzählige Leistungen zusammengefasst. Diese Leistung sinkt mit dem Einkommen bis es auf 0 ist ab einer gewissen Grenze. So kriegen also idealerweise auch kleine mittlere Einkommen mehr Unterstützung, während höhere Einkommen weiterhin „nur“ das Kindergeld kriegen. Also eigentlich eine gute Idee. Wieso die FDP das nicht will liegt auf der Hand, es würden primär untere Einkommen unterstützt.
Es ist ja nicht so, dass es keine konkreten Vorstellungen gäbe. Grundsätzlich soll die Kindergrundsicherung verschiedene bisherige Leistungen zusammenführen und dafür sorgen, dass von Armut bedrohte Kinder und junge Erwachsene a) Leistungen auch tatsächlich bekommen, wenn sie dazu berechtigt sind (viele Berechtigte stellen heute gar keine Anträge) und b) auch unabhängiger vom Beschäftigungsstatus der Eltern (z. B. bei Bezieher:innen niederiger Einkommen, die keine Transferleistungen beziehen). Der verlinkte Artikel bietet schon mal eine Übersicht, ein Gesetzentwurf mit der konkreten Ausgestaltung soll im Herbst folgen.
Außerdem ist es ja nicht so, dass die Kosten so unterschiedlich eingeschätzt werden - das Familienministerium erwartet die besagten 12 Milliarden - nur hat Lindner die eben nicht freigegeben und die 2 Milliarden aus den Fingern gesogen, die aber mit einer realistischen Schätzung nichts zu tun haben. Lindner mauert halt bei allem, was kein genuines FDP-Projekt ist und Kinderarmut dürfte dieser Partei am Allerwertesten vorbeigehen…
Ich muss hier leider populistisch zustimmen. Meinung von Lindner und der FDP ist wohl: Die Kinder sind selbst schuld und sollen mal selbst was gegen Ihre Armut tun.
Was hat denn die FDP, konkret, für weniger Armut bei Kindern getan in dieser Legislaturperiode? So populistische ist das gar nicht was du sagst
Da wäre z.B. das Startchancen-Programm
Erstens läuft das noch gar nicht und zweitens kommt das Programm Kindern nur mittelbar zugute. Es dient nämlich der Ausstattung von Schulen. Außerdem will die FDP-Ministerin, dass die Länder ihr mit viel Tamtam angekündigtes Programm zur Hälfte selber finanzieren.
Um diese Kritik zu verstehen, die ehrlich gemeinte Frage (weil ich es tatsächlich nicht weiss): was hat denn der Rest der Ampel in dieser Legislaturperiode bisher für bereits laufende Programme auf den Weg gebracht, die unmittelbar Kinderarmut bekämpfen?
Edit: btw an die Mods: vielleicht macht es Sinn die Diskussion zur Kindergrundsicherung / Kinderarmut auszulagern.
Das war keine Kritik, sondern ein Einwand gegen Dein Argument. Ich hatte die These vertreten, dass die FDP sich gelinde gesagt nicht besonders gegen Kinderarmut engagiert. Dem entgegnetest Du mit dem Hinweis auf das Startchancen-Programm und ich habe argumentiert, warum das meine These aus meiner Sicht nicht entkräftet. Nicht mehr und nicht weniger.
Bildung - jeder kann es darüber schaffen. Das Credo der FDP. Und das in einem Schulsystem das stark klassifizierend ist.
BAföG wird aber gekürzt.
Keiner hat gesagt ob bessere oder schlechtere Startchancen. Mal Humor ganz beiseite. Ich habe das Gefühl, manchmal wird irgendwas generisches drauf geschrieben auf ein Gesetz, und man muss ganz gut kontrollieren, bis zur letzten Abstimmung - wie uns das Ding mit der verkleinerung des Bundestags lehrt - und dann sehen was drin ist. Das ist weird: Wir haben keine konkurrierenden Gesetzentwürfe, sondern Konkurrenten, die zusammen an einem Entwurf arbeiten.
Kannst du die Kritik etwas konkretisieren? Ich habe eigentlich vor allem ein positives Feedback von Experten und Medien zu diesem Entwurf in Erinnerung. Gab ja auch einen Beitrag in der Lage.
Zur Diskussion: ich glaube kaum jemand hier im Forum steht hinter der fragwürdigen Einstellung der FDP zu sozialem Ausgleich. Das ist m.E. aber kein Grund einen guten Ansatz zur Reduzierung des Armutrisikos von Kindern nicht anzuerkennen, der unabhängig von den anderen Dingen, die man noch tun müsste, Sinn ergibt. Zumindest wenn es nicht um reines FDP bashing geht.
Nachdem Lindner allen sein Spardiktat aufdrückt, will er Unternehmen entlasten: https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/wachstumschancengesetz-100.html
Unglaublich.
(Randbemerkung: Warum dann nicht der von Habeck vorgeschlagene Industriestrompreis? Aber das ist hier nicht Thema.)
Ein absolutes Minimum, was die FDP vor sich herträgt wie eine Monstranz. Das Schulsystem braucht wirklich mehr, als nur die Förderung von 4000 Brennpunkt Schulen.
aber konkrete Kritik am Startchancen Programm zusammen getragen:
Finanzielle Ausstattung nicht sinnvoll:
Konkret kritisiert die Ministerin vor allem die geplante finanzielle Ausstattung des Programms: Erst ab 2024 sollen nach ihren Aussagen überhaupt und nur 100 Millionen Euro für Schulsozialarbeit zur Verfügung gestellt werden.
»Wenn Sie das umrechnen, bedeutet das gerade mal 25.000 Euro pro Schule. Das ist nichts!«, kritisiert die CDU-Politikerin. »Und die eigentlichen Budgets für die Startchancen-Schulen starten überhaupt erst 2025, im letzten halben Jahr der Legislatur.« Am Ende bleibe für das Programm nicht mal eine Milliarde Euro für die gesamte Legislatur.
Vergabe via Königsteiner Schlüssel
Abweichungen zwischen Bund und Ländern gibt es besonders bei der Verteilung der Mittel. Die Kultusministerkonferenz hat sich bei ihrer Frühjahrstagung im März 2023 zwar darauf verständigt, dass das Geld nicht mit der Gießkanne erfolgen soll. Dennoch wollen die Länder nur fünf Prozent aller Mittel in einen Solidaritätsfonds geben. Aus diesem bekommen dann nur die Länder Geld, die besonders viele Schulen mit Problemen haben. Das sind vor allem Bremen, Nordrhein-Westfalen und Berlin. Das restliche Geld soll nach dem sogenannten Königsteiner Schlüssel verteilt werden.
Schön, dass für die Autoindustrie immer noch ein paar Millionen da sind, aber für Kinder und Familien nicht:
Wir wollen ja auch sicher gehen, dass auch die Firmen und Gutverdiener genug Geld wieder kriegen. Die Förderung selbst ist ja immer noch fehlgeleitet mit der Gießkanne.
Hier nochmal als Antwort auf die Frage „Warum Kindergrundsicherung ?“ ein kurzes, sehr interessantes Interview mit dem langjährigen Präsidenten des Deutschen Kinderschutzbundes Heinz Hilgers, indem auch die Kindergrundsicherung vorkommt.
Er stellt ab auf Chancen und auch Gerechtigkeit Arm/Reich.
Außerdem erklärt er, warum Kinder wählen dürfen sollten.
https://open.spotify.com/episode/6MgEXERi3h86OALbZINgNn?si=hlQY-QoXTfW_dCln0CQpCQ
Meine Mutter hat über 10 Jahre ehrenamtlich im Kinderschutzbund gearbeitet. Eine großartige Organisation.
Wer bei Kindern spart, zahlt später drauf
Interessant dazu ist, dass Marcel Fratzscher bereits im Februar diesen Jahres schreibt [1]:
„Die größte Sorge ist, dass die Politik die Kindergrundsicherung mit dem Argument bremst oder verwässert, diese sei zu teuer und man brauche das Geld für die Bundeswehr, für die Rente, für Energiesubventionen für die Industrie oder um die Schuldenbremse einzuhalten. Das wäre ein großer Fehler. Denn das Geld für die Kindergrundsicherung ist für Gesellschaft wie Wirtschaft hervorragend investiertes Geld. Es würde das Armutsrisiko senken, mehr soziale Teilhabe ermöglichen, bessere Chancen für einen Schul- und Bildungsabschluss eröffnen und den Weg in ein späteres Arbeits- und Erwerbsleben ebnen.“
Zwischen den von Experten geforderten 20Mrd. und den bisher geplanten 2Mrd liegt Faktor 10. Selbst die von Paus geforderten 3,5 Mrd würden daher vermutlich kaum eine Wirkung zeigen. Gäbe es die Schuldenbremse nicht, wäre das ein gutes Beispiel für eine Maßnahme, für die es sich lohnt, sich weiter zu Verschulden, da sie in der Zukunft Mehreinnahmen generiert. Alternative wäre eine Finanzierung z.B. über eine Erbschafts- / Vermögenssteuer eine Lösung. Das investierte Geld würde sich vermutlich ähnlich gut vermehren aber gleichzeitig sozialen Ausgleich schaffen.
[1]
Ist halt unrealistisch mit der FDP in der Regierung und Scholz als Kanzler. Die flankierende Kampagne in den Medien, dass das alles rausgeschmissenes Geld sei, startet bereits. So schnell wie Paus von ihren geplanten 12 Mrd. runtergeht, kann man ja gar nicht kucken. Hat bestimmt auch was damit zu tun, wie ihr Habeck in den Rücken gefallen ist. Die Zahl (laut Medienberichten in der Tat mittlerweile nur noch 3,5 Mrd.) wird in den Verhandlungen nicht wieder ansteigen. Am Ende wird’s dann vielleicht ein „Kompromiss“ mit 2,5 Mrd.