Ist Deutschland ein Absteigerland/Sanierungsfall?

Naja, es hängt auch von der Verfügbarkeit von Material und vor allem Personal ab, das sind sowohl in der Infrastrukturerhaltung als auch beim Aufbau neuer Infrastruktur maßgebliche Flaschenhälse. Damit wird neben Geld dann auch langfristige Bildungspolitik und Außenhandelspolitik relevant, was dem Ganzen wieder die volle Komplexität verleiht.

Indirekt schon. Ein klammer Betreiber wird weniger Geld in den Erhalt stecken, ebenso wie Betreiber, der jede Ausgabe gegen politische Widerstände durchpeitschen muss. Das kann letztlich alles sehr auch vom politischen und vom Wirtschaftssystem abhängig sein.

Tatsächlich gilt, unabhängig von der Wirtschaftsform und den Besitzverhältnissen, dass die Nutzer in letzter Instanz für die Instandhaltung der Infrastruktur aufkommen müssen, entweder als Steuerzahler oder als Kunden bei privatisierter Infrastruktur. Die Frage ist daher oft eher: Welche Wirtschaftsform ist eher bereit, den Kunden zu einer angemessenen Finanzierung heranzuziehen, auch wenn dem Kunden das nicht gefällt?

Apropos Infrastruktur:
Auch wenn über jedes Loch in der Straße und jede Verspätung der Bahn wegen Baustellen gejammert wird, muss man festhalten, dass Deutschland im Infrastruktur-Index immer in den Top10 weltweit ist. Wir zeigen dann immer gerne auf die Schweiz und die Niederlande, zwei Nachbarländer die Weltweit absolute Spitzenklasse sind, aber selbst diese Länder sind nur minimal vor uns.

In diesem Sinne gilt auch hier: Wir sind nicht so schlecht, wie wir es gerne darstellen - auch wenn es natürlich noch Luft nach Oben gibt.

Das ist wohl richtig, aber nicht die Folgerung meiner Behauptung. Jedoch: Wenn sich ein Werkzeug schon vielfach als untauglich herausgestellt hat (Umweltschäden, Resourcenverschwendung, Wohlstand, Lebensqualität etc. waren in allen mir bekannten Planwirtschaften nicht die Punkte, die erfolgreich adressiert wurden), ist es mit großer Wahrscheinlichkeit erfolgversprechender, dieses Werkzeug auszumustern und andere Wege der Problemlösung zu suchen.

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Jep, die deutsche Wirtschaft wird untergehen, wenn beim Daimler/BMW/VW freitags keine Autos mehr Produziert werden, weil die Mitarbeiter in Vorbereitung auf den kommenden Stellenabbau schonmal in der Umschulung sind.

Ich bin jetzt mal raus hier, weil offenbar alle der Meinung sind ein staatlicher Eingriff in einen Industriezweig zum Zwecke der Vorbereitung den sofortigen Untergang der BRD und die Wiederherstellung der DDR beinhalten.

Das gleitet nun in die typische Systemdiskussion ab und geht schon sehr weit Off-Topic, aber nun gut…

Alle Länder, die bisher eine Planwirtschaft versucht haben, waren wirtschaftliche Problemländer mit hoher Korruption. Dass der Osten von Anfang an im „Kalten Krieg“ dem Westen maßgeblich wirtschaftlich unterlegen war - vor allem im Hinblick auf den Industrialisierungsgrad - ist ja nun wirklich nichts Neues. Wenn dann das wirtschaftlich stärkere System - in diesem Fall der Westen - im Rahmen eines Kampfes der Systeme alles versucht, dafür zu sorgen, dass der wirtschaftlich schwächere Systemfeind das Nachsehen hat… dann kann man wohl kaum von einem fairen Vergleich sprechen.

Das Argument, Planwirtschaft oder noch weiter Sozialismus würde generell nicht funktionieren, weil „die Geschichte das bewiesen hätte“, finde ich grundsätzlich falsch, weil die Zusammenhänge um ein Vielfaches zu komplex sind, um hier einen auch nur ansatzweise sinnvollen Vergleich der Systeme zu ermöglichen.

(das heißt nicht, dass ich zurück zum Sozialismus oder eine Planwirtschaft errichten will - auch mir sind die Risiken in diesem Hinblick viel zu groß, zumal unsere Bevölkerung ein anderes System gewohnt ist und ein Systemwechsel daher jeden sozialen Frieden sprengen würde… aber das ändert nichts daran, dass ich das so selbstverständlich vorgebrachte Argument des „geschichtlichen Beweises“ nicht gelten lassen kann.)

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Nö, ich bin da grundsätzlich bei dir. Staatliche Eingriffe sind völlig in Ordnung, wie tief diese im Zweifel gehen können, darüber kann man vortrefflich streiten. Ich nehme auch an, dass du keine komplette Planwirtschaft haben willst, aber ein stärkerer Ordnungsrahmen, der durchaus auch Eingriffe in die Organisationsstruktur von Betrieben beinhalten kann, ist absolut im Bereich des Vertretbaren.

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In Normalsituationen sind Material und Personal ebenfalls eine Funktion des Geldes. Und gemäß meiner anekdotischen Erfahrung im Süden Deutschlands kann ich zumindest für zwei Städte sagen, es ist das Geld. Die eine Stadt nimmt es (derzeit noch) in die Hand, die zweite, größere mit möglicherweise angespannter Kassenlage, nicht.
Der derzeitige Krisenlage hinsichtlich Material löst sich langsam auf, dank der Wirtschaftskrise wird sich vielleicht die angespannte Personallage ebenfalls auflösen (gerüchtehalber tut sie das im Bereich Handwerk schon).

Auch ein klammer öffentlicher Betreiber wird sich schwer tun, die Instandhaltung aufrecht zu erhalten.

Da stimme ich zu. Ich befürchte allerdings, dass es nicht mehr lange so bleiben wird. Ich habe tatsächlich die Befürchtung, das unsere derzeitige Regierung in Zusammenarbeit mit den aktuellen Krisen der Wirtschaft einen irreversiblen Schaden zufügt.

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Das ist meiner Meinung nach eine typische Fehlannahme.

Ganz langfristig betrachtet kann man natürlich alles auf „Geld“ zurückführen, wobei „Geld“ letztlich ja auch nur ein Konstrukt ist. Aber kurz- und mittelfristig (wobei Mittelfristig durchaus Zeiträume von 10+ Jahren meint) kann man eben nicht alle Probleme mit „mehr Geld“ lösen.

Denn hier gibt es zwei Probleme:

  1. Diminishing Returns in Angebot- und Nachfragebasierten Systemen
    Natürlich kann man bei einem Arbeitskräfte- oder Materialmangel immer „mehr Geld“ als alle anderen bieten, Problem ist dann aber, dass die Kosten explodieren. Und zwar für alle an diesem Angebot- und Nachfrage-System beteiligten.

  2. Problemlösung an der einen Stelle führt zu Mangelentstehung an der anderen Stelle
    Wenn nun bei dir im Süden Staat/Land bereit sind, wesentlich mehr Geld in die Infrastruktur zu stecken, wird die damit eingekaufte Arbeitskraft und das eventuell knappe Material an anderer Stelle fehlen.

Mehr Geld ist daher in der Regel keine nachhaltige Lösung, wenn Arbeitskräfte und Materialien knapp sind. (zu den Materialien gehören hier auch z.B. Straßenbaufahrzeuge, die nicht von Heute auf Morgen beschafft werden können)

Auch hier muss man die Frage der Konsequenz stellen:
Löst sich die Mangellager bei Handwerker wegen der Wirtschaftskrise auf, weil weniger Privatleute es sich leisten können, einen Handwerker zu beschäftigen, weil die Preise dafür auch so stark gestiegen sind? Dann ist das vermutlich keine positive und vor allem keine lange anhaltende Entwicklung, da die nun nicht getätigten Handwerksdienste möglicherweise später umso teurer nachgeholt werden müssen.

Und ich habe die Befürchtung, dass 16 Jahre Kohl und 16 Jahre Merkel der Infrastruktur nur schwer reparable Schäden zugefügt haben :wink: Du merkst, hier geht es nur um politische Präferenzen, da werden wir nicht überein kommen…

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Fairness ist in diesem Umfeld allerdings kein Kriterium.

Ich denke, aufgrund der Erfahrungen und der Vergangenheit kann man das durchaus feststellen. So ist z. Bsp. Korruption weltweit in allen Systemen, welche Sozialismus und Planwirtschaft installiert haben, ein inhärentes Problem, und zwar in größerem Ausmaß als bei anderen Systemen.
Zudem lässt sich beobachten (zumindest in den Beispielen, die mir gerade einfallen), dass ein Übergang in nicht-sozialistische, eher kapitalistische Systeme, die meisten Parameter Richtung Verbesserung verändert. Viele asiatische Staaten können hier als Beispiel dienen, z. Bsp. China, welches unter einer „kommunistischen“ Regierung ein marktbasiertes Wirtschaftssystem installiert hat.

IMHO ist der Drops gelutscht.
Planwirtschaft ist ein Teil des Problems, keine Lösung (evtl. weil in volkswirtschaftlichen Zusammenhängen dieselbigen derart komplex sind, dass mit unseren Werkzeugen valide Ergebnisse schlicht nicht vorherseh- und planbar sind).

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Du machst den typischen Fehler, den ich oft bei eher konservativen und wirtschaftsliberal geprägten Menschen beobachte:

Du denkst zu sehr in Schwarz-Weiß, Kapitalismus gut, Sozialismus böse, Freie Wirtschaft gut, Planwirtschaft böse. Das ist mit der Realität nicht vereinbar.

Wir haben in Deutschland und nahezu überall in Europa eine soziale Marktwirtschaft. Diese ist eine Mischung aus Kapitalismus und Sozialismus, eine Mischung aus freie Wirtschaft und Planwirtschaft. Wir haben zahlreiche Elemente all dieser Systeme in unserem Wirtschaftssystem - und das ist gut so.

Ein Hardcore-Kapitalismus funktioniert ebenso wie ein Hardcore-Sozialismus nur in einem sehr kleinen Rahmen. Alle größeren Staaten werden nur Mischsysteme betreiben können (das gilt auch für die USA und China, weder sind die USA eine rein kapitalistische freie Marktwirtschaft, noch ist China eine rein sozialistische Planwirtschaft…).

Die Frage ist daher gar nicht, ob Planwirtschaft oder freie Wirtschaft, ob Kapitalismus oder Sozialismus das bessere System sind: In ihren Extremformen sind ALLE diese Systeme völlig unbrauchbar. Die Frage ist einzig, wo sich ein Land auf der Skala von „Freier Marktwirtschaft und Planwirtschaft“ und auf der Skala von „Sozialismus und Kapitalismus“ positionieren will.

Und wenn man historisch argumentiert, muss man hier sehen, dass gerade die erfolgreichen skandinavischen Länder, aber auch Deutschland und die Niederlande, mit einem ganz bestimmt nicht dediziert kapitalistischen Ansatz weltweit mit am besten fahren.

Selbst China ist laut eigener Verfassung übrigens eine „soziale Marktwirtschaft“, hat aber noch deutlich stärkere Planwirtschafts-Elemente (im Hinblick auf die Eingriffsmöglichkeiten des Staates) als Skandinavien und Europa. Und rein wirtschaftlich betrachtet fährt China definitiv nicht schlecht damit (unabhängig von der menschenverachtenden Politik des dortigen Regimes).

TLDR:
Es ist nicht so schwarz-weiß, wie du es hier darstellst.

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Wir kommen jetzt schon in sehr gesellschaftstheoretische Systemfragen hinein.
Wäre fast schon das Sprungbrett für ein neues Thema?
Hier haben wir im Grunde ja den Konsens, das Herr Oettinger nicht recht hat, aber trotzdem vielfältiger Handlungsbedarf besteht.

Gibt es denn noch Diskussionsbedarf im ursprünglichen Thema?

Die Schwierigkeit ist immer, abzugrenzen, wo ein neues Thema anfängt, da ja schon alles zusammen hängt (konkret hier: Lässt sich der vermeintliche / wahrgenommene „Abstieg“ Deutschlands durch eine Stärkung des Ordnungsrahmens (böse: planwirtschaftliche Elemente) korrigieren?).

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Wie schweifen ab, aber mir scheint es, als führe die Problematik im Bausektor zu freien Kapazitäten im Handwerksbereich, sodass Handwerker, die sowohl die „Privatkunden“ als auch größere Projekte bedienen, plötzlich wieder für Privatkunden in Zeiträumen unter einem dreiviertel Jahr verfügbar sind.
Aber das ist doch nicht das Thema, oder? Ehrlich gesagt habe ich den Ausgangspunkt aus den Augen verloren, was auch ein wenig an der unübersichtlichen Forensoftware liegt.

Wir sollten die Ebenen nicht vermischen. Die Aussage trifft auf die Infrastruktur des Bundes zu, 30 Jahre CDU mit SPD-Grünen-Pause haben jedoch nichts mit kommunalen und länderspezifischen Themen zu tun. Bahn ist zum Teil Bund, aber auch zum Teil Land. Wasser, Gas und Strom ist kommunal sowie Land, und überregional ist Strom (bitte korrigier mich, wenn ich hier falsch liege) privat (Transnet und Co). Wobei die Unternehmen des Landes und der Kommunen (Stadtwerke etc.) häufig privat organisiert sind, aber von der Politik abhängen.

Zudem: Dass wir seit 10 Jahren keine Stromleitung nach BaWü bekommen, ja noch nicht einmal mit dem Bau begonnen wurde, liegt nicht an der Politik.

Ich sehe, dass du dieselben bei mir nicht richtig einschätzen kannst. :wink:

Früher waren die deutschen Tugenden in aller Welt bekannt.
Kann dem Bericht zustimmen, arbeite ebenfalls nur noch 35h.

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Marx dachte ja noch, dass sich der Kommunismus zuerst in den am weitesten entwickelten Volkswirtschaften durchsetzen würde, aber da hat ja schon Lenin für eine Überraschung gesorgt.

Bei den beiden deutschen Staaten kann man schon beobachten, wie sie bei ähnlichen (wenn auch nicht ganz gleichen) Anfangsbedingungen unterschiedliche Entwicklungen genommen haben, sowohl wirtschaftlich als auch in der Gewährung von Menschen- und Bürgerrechten.

Das geht wirklich sehr weit vom Thema ab, aber alleine die Art der Reparationen begründet den völlig unterschiedlichen Ausgang. Westdeutschland hat durch den Marschallplan Unterstützung in Milliardenhöhe erhalten und musste kaum Reparationen zahlen, die DDR hingegen wurde von der Sowjetunion quasi blank gezogen und teilweise de-industrialisiert (bis hin zur Demontage von Eisenbahnstrecken).

Die Zeit hat hier einen ganz guten Artikel darüber. Die Teilüberschrift „Demontage im Osten, Wirtschaftswunder im Westen“ trifft es ganz gut.

Wie gesagt, diese Dinge sind einfach nicht vergleichbar. Und für die Diskussion hier auch relativ irrelevant, da wie gesagt beide Systeme - Kapitalismus wie Sozialismus - in ihrer Extremform ohne jeden Zweifel abzulehnen sind, da sind wir uns glaube ich alle einig. Dass Westdeutschland besser gefahren ist liegt daher allenfalls daran, dass es ein weniger in einem der Extreme verhaftetes System gewählt hat, sondern einen gesunden Mittelweg, während die DDR ein Extremmodell anwendete. Die Frage, ob eine stärkere Verwendung planwirtschaftlicher Elemente im Rahmen der sozialen Marktwirtschaft vorteilhaft oder nachteilig ist, vermag das daher schon nicht beantworten. Wie gesagt, niemand hier möchte zurück zum realexistierenden Sozialismus. Es geht nur um die Frage, wo im Spektrum der gesündeste Mittelweg der Systeme gesehen wird - und dabei gilt mit Sicherheit nicht: „Desto weniger sozialistische Elemente, desto besser ist es“, denn das wäre wie gesagt das Extrem-Modell Kapitalismus ohne jede soziale Abfederung… und dieser Gedanke, also dass weniger sozialistische Elemente für das System gut seien, war ja der Ausgangspunkt dieser Sub-Debatte, aus dem dann leider direkt die Unterstellung wurde, einige Diskutanten würden die DDR-Planwirtschaft zurück wollen - was definitiv niemand will.

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Die Überschrift lautet „ist Deutschland ein Absteigerland“. Da gehört ja vieles dazu. Ganz sicher auch Infrastruktur, Schulen, Verwaltung. Das steckt auch in den Punkten „Innovationsfähigkeit und Reformbereitschaft“
Das Thema Innovation wurde breit diskutiert, der Rest nicht so sehr.

An wem sollte das sonst liegen?
Das ist genau das Reformthema. Wenn es keinen Business Case gibt, dann muss ich die Rahmenbedingungen ändern. Da ist 16 Jahre das Gegenteil passiert und fliegt in uns jetzt um die Ohren, das muss man mal so deutlich sagen.

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ich muss zugeben, ich finde es befremdlich, wenn sich eine CDU hinstellt und sagt, es gibt soviele offene Baustellen und die aktuell Ampel-Regierung kriegts nicht hin
Da wünsche ich mir schon oft den demütigen Schulterblick.

Was mich aktuell wirklich stört, das es vielen Parteien nicht um die Zukunft Deutschlands geht und die konkrete Lösung akuter und kommender Probleme, sondern eher um Machterhalt, partei-ideologische Themen und das gegenseitig runternachen.
Nur bringt uns das nicht weiter.
Das man sich trotz abweichender politischer Ansichten nicht für ein gemeinsames Ziel (Deutschland, die Welt, die Menscheit,. .) zusamnenraufen kann, ist nicht sonderlich erwachsen und erzeugt kein Vertrauen.

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An wem es liegt?
Da haben wir viele Beteiligte. Mit die wichtigsten dürften unzufriedene Bürger sein, die sich in kleinen Bürgerinitiativen organisieren und das Thema mittels vielfältiger juristischer Optionen torpedieren. Nicht ohne Erfolg. Und das ist nicht ausschließlich schlecht (Erdkabel statt Überlandleitungen), aber dennoch aus Kosten- und Zeitgründen fragwürdig.
Solche Bürgerinitiativen locken dann Politiker an, welche diese Forderungen aufnehmen. Ein ganz normaler demokratischer Prozess.

Die Rahmenbedingungen zu ändern, bedeutet in diesem Fall demokratische Rechte einzuschränken. Einspruchsfristen verkürzen, Rechtsmittel einschränken. Kann man machen. Ist möglicherweise sogar vertretbar.
Was passiert, wenn wir in dieses Wespennest stechen, weiss ich nicht. Wenn ich mir eine Bevölkerung ansehe, die ein Stückchen Stoff vor dem Mund als unerträgliche Freiheitseinschränkung betrachtet, weiss ich auch nicht.

Was ich nicht verstanden habe, ist das Ding mit dem Business Case. Ich denke nicht, dass das ein derartiges Problem ist. Und speziell in diesem Fall sehe ich die Ursache nicht bei der Groko. Dort sind die Genehmigungsverfahren mehr oder weniger wie geplant vorangeschritten.

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Dieser Trend ist in nahezu allen Demokratie leider zu beobachten, am stärksten wohl in den USA (aber der Rest des Westens folgt wie immer mit ein paar Jahren Verzug…). Ich stimme dir zu, wir brauchen mehr Sachlichkeit und mehr Sachpolitik, weniger Polemik und Schuldzuweisungen.

Dummerweise gewinnt man scheinbar mit Letzterem die Wahlen…

Vertretbar ist es in jedem Fall.

Auch dieses Thema kann man auf einer Skala darstellen und auch in diesem Thema sind beide Extreme abzulehnen - Ziel muss es sein, einen funktionierenden Mittelweg zu finden.

Die Extreme auf dieser Skala sind:

  • Absolute demokratische Mitbestimmung der Bürger, daher alle erdenklichen rechtstaatlichen und demokratischen Mittel, um Projekte zu beeinflussen (und zu verzögern und verhindern)
  • Absolute autokratische Zielverfolgung ohne jede Rücksichtnahme auf die betroffenen Bürger und andere Rechtsgüter

Wir neigen in Deutschland - mehr noch als andere Länder der westlichen Welt - zum ersten Extrem. Das hat den Preis, dass Großprojekte nicht realisiert werden können, große Transformationen nicht durchgeführt werden können und dazu die Kosten regelmäßig explodieren.

China als Beispiel neigt zum anderen Extrem. Wenn da zu viel Smog in der Stadt ist wird einfach von Heute auf Morgen kein neues Auto mehr zugelassen, wenn da ein Stausee für ein Wasserkraftwerk gebraucht wird, werden halt ohne jede Möglichkeit des Widerstandes ganze Landstriche umgesiedelt.

Auch hier darf man nicht den Fehler machen, zu sagen „Mehr Demokratie / Rechtstaat = Gut“, denn auch dieses Extrem funktioniert nur in einer Utopie und zerschellt an den vielfältigen Realitäten (und führt dann zu einem System, das zwar vorbildliche Werte vertritt, aber zusehend handlungsunfähig wird und deshalb im internationalen Vergleich zurückfällt… und dann gilt wieder: Das hohe moralische Ross hilft nicht viel, wenn man es nicht füttern kann…).

Reformen zur Beschleunigung von bestimmten Verfahrensarten und Bürgerbeteiligungen müssen daher dringend her, auch wenn das im Einzelfall dazu führt, dass man geringfügige Abstriche beim Rechtsschutz und der Bürgerbeteiligung machen muss. Das aktuelle System ist von der NIMBY-Fraktion einfach zu stark ausnutzbar, irgendeinen seltenen Käfer oder Rotmilan findet man immer, mit dem man über jahrelange Gerichtsverfahren und Gutachten die Projekte quasi lahmlegen kann. So fehlt uns die Handlungsfähigkeit, um im Hinblick auf den Klimawandel die nötigen Weichen rechtzeitig zu stellen.

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Wenn Geld zu verdienen wäre würde es schneller geplant und umgesetzt. Aber Herr Söder wird wie ein Löwe kämpfen um zu verhindern, dass die Tarife der Netze aufgeteilt werden. D.h. die von Bayern erzwungenen Zusatzkosten können nicht in Rechnung gestellt werden.
Zu den Verfahren, gerade war Scholz in den Nachrichten. Gefühlt 50% der neuen Gesetze beschleunigen die Verfahren