Ich finde den Gedanken so absurd, dass ich nicht anders konnte. Meine Mutter blieb 10 Jahre zu Hause und hat in der Zeit drei Kinder groß gezogen, danach ging sie als gelernte Krankenschwester in die Altenpflege. Diese Brüche waren im Westen völlig normal.
Das spiegelt die Realität nicht wieder. Die externe Kinderbetreuung kostet ja auch Zeit und Geld. Und genug Plätze bieten auch nur wenige Bundesländer. Drei Jahre Mütterrente und Elternzeit korrelieren ganz gut.
Ich fände es gut wenn du weniger herein interpretieren würdest und dich stattdessen am Geschriebenen orientierst
Ich schrieb nämlich nur einen Satz zuvor
Das heißt im Hausfrau-Modell (respektive Hausmann-Modell) geht die Arbeitsleistung der Care Arbeit direkt in die Karriere und damit das Gehalt des Partners ein. Aus meiner Sicht hat die Hausfrau/ der Hausmann damit einen Anteil von 50 % am Erfolg der Gemeinschaft.
Viel eher sehe ich die Mütterrente als Abwertung der Care Arbeit, denn sie unterstellt, dass der Erfolg des Partners nur durch diesen selbst erreicht wurde und man daher dem häuslich arbeitenden Teil einen Almosen zukommen lassen muss.
Was du beschreibst ist quasi bereits weit verbreitet. Meine Frau und ich arbeiten je 40h pro Woche, mit Kind. In meinem gesamten Umfeld ist es genauso (max. reduziert einer auf 30 h).
Wir schaffen es alle die Kinder zum Verein oder zur Musikschule zu bringen. Manch einer ist sogar in der Lokalpolitik oder im Vorstand des Sportvereins aktiv.
Ich frage mich allerdings, auch angesichts der Überstunden (bezahlt und unbezahlt), die in Deutschland so geleistet werden, ob es ein Problem fehlender Arbeitsbereitschaft (von Frauen?) oder tatsächlich von fehlenden Fachkräften ist?
Ist es nicht eher ein Problem, das wir die Arbeit in vielen Bereichen nicht mehr vernünftig organisiert bekommen und es auch nicht schaffen, die passenden Rahmenbedingungen bereit zu stellen?
Es sind ja nicht nur die Buchstaben sondern die Botschaft die drin steckt.
Falls ich die falsch lese, dann sorry und lass uns das richtig stellen.
Jedenfalls wenn du schreibst:
Dann reduzierst du Frauen auf „Humankapital“ für den nationalen, und deinen persönlichen Wohlstand. So kommt es bei mir an. Und das halte ich für übergriffig.
Hoffe du meinst nicht nicht im Sinne Karriere! Könnte man nämlich so verstehen.
Mein Verständnis von Erfolg einer Familie (wobei sich das bei dir mehr nach Verdienstgemeinschaft anhört) sind Kinder groß zu ziehen mit einem Selbstverständnis eine verantwortliche Rolle für ihre Umgebung, der Umwelt und der Gesellschaft auszuüben. Das schließt eine passende Ausbildung und die Fähigkeit zum eigenen Broterwerb mit ein.
Dabei haben beide Elternteile die Möglichkeit sich selbst zu verwirklichen und am gesellschaftlichen Leben teil zu nehmen.
(hat mich eine Weile gekostet darüber nachzudenken)
Aber das entspricht nur meiner Sozialisierung.
Ich bin mir wohl bewusst, dass vielen Gesellschaft und Umwelt schnurz sind und nur der eigene Geldbeutel relevant.
Aus meiner Sicht gibt es zwei Dimensionen von Verantwortung, die wir Menschen haben. Zum einen eher individuellen Anteil. Der besteht daraus dafür zu sorgen, dass das Individuum und seine Umgebung ein gutes Leben hat (also bspw. das Wirken auf familiärer, nachbarschaftlicher oder freundschaftlicher Ebene). Zum anderen haben wir aber auch eine Verantwortung der Gesellschaft gegenüber. Zu letzterer Verantwortung gehört unter anderem deren Funktionieren durch Arbeit sicherzustellen.
Also nein, ich reduziere Mütter nicht auf ihre Wirkung als Humankapital. Ich sehe es aber als gesellschaftlich wenig hilfreich an, wenn sich Teile der Gesellschaft aus egoistischen Gründen (und dazu zähle ich explizit nicht die Mutter oder den Vater, die ein behindertes Kind pflegen), sich aus dem gesellschaftlichen Teil der Verantwortung entziehen, um den individuellen Teil zu maximieren.
Ehrlich gesagt verstehe ich deine Aussage nicht. Daher erkläre ich wie ich das meine.
Hausfrauen/Hausmänner haben mind. 50 % Anteil am Erfolg der Karriere des Partners und der Lebenspartnerschaft (, die ich oben als Gesellschaft bezeichnete). Kann ein Partner jede Woche 70+ Stunden schrubben und dick Karriere mit 6stelligem Einkommen machen weil der Partner die Care-Arbeit übernimmt, dann sollte er dieses Geld, Rentenanwartschaften usw. zu 50 % mit dem Zuhause Care-Arbeit leistenden Partner teilen (analog der Zugewinngemeinschaft, wie sie rund 90 % der Partnerschaften leben). Denn ohne dessen Support würde er diese Karriere sicher nicht bewerkstelligen können.
Das entspricht auch meiner Auffassung des individuellen Teils. Ich sehe hier keinen Dissenz.
Aber warum sollte das nicht möglich sein wenn beide Partner Vollzeit (30-40h pro Woche) arbeiten, um den gesellschaftlichen Teil der Verantwortung zu erfüllen? Etliche Familien (vor allem im Osten) haben das auch hinbekommen.
Als Beispiel, meine Eltern haben damals beide 40h gearbeitet. Trotzdem konnte ich 4h pro Woche zu Training für Sportart 1 und 3h pro Woche zum Training für Sportart 2 gehen. Außerdem haben sie mir ermöglicht, dass ich in Saison-Phasen an 3 von 4 Wochenend-Tagen (also innerhalb von zwei Wochen) zu Wettkämpfen konnte und ab dem Alter von 14 im Landesverband und später im Vereinsvorstand Aufgaben übernehmen konnte. Und trotzdem blieb den beiden auch noch Zeit für ein eigenes Leben.
Was hat dieser Absatz mit der Thematik der Diskussion zu tun? Ich kann keinen Bezug zu unserer Diskussion erkennen.
Halt dich als Wessi einfach zurück, wenn es um die Bewertung geht.
Deine Ahnungslosigkeit in Verbindung mit deiner abwertenden Haltung gegenüber allem was du mit der DDR verbindest ist erschreckend und Teil des Problems, welches du nicht sehen willst, da du dich dann aus deiner Komfortzone bewegen müsstest und nicht mehr alles den undankbaren Ossis anlasten könntest.
Um die gesellschaftliche Verantwortung zu erfüllen, müssen beide Partner Vollzeit 40h arbeiten (vorausgesetzt sie sind gesund und haben keine pflegebedürftigen Angehörigen)?
Wenn ein Teil eines Paares nun nur Teilzeit arbeitet, wäre das zuwenig für die Gesellschaft?
Ich würde eine (Ehe-)Paar oder Lebensgemeinschaft eher als Ganzes betrachten, die als Einheit Ihren Teil der Verantwortung tragen. Dieses als Kombination aus Erwerbsarbeit, Care-Arbeit und ehrenamtlicher Arbeit. Diese Kombination trägt auch wesentlich zu einem Funktionieren unserer Gesellschaft bei.
Es nur auf die bezahlte Erwerbsarbeit zu reduzieren, ist mir immer noch zu einseitig und zu „kapitalistisch“ gedacht.
Zudem: Wenn bezahlte Erwerbsarbeit einen derart hohen Stellenwert in unserer Gesellschaft haben soll, um unser aller Wohlstand zu gewährleisten, drängt sich mir die Frage auf: Warum dann Kinder? Die bremsen dann nur die Karriere, schmälern aufgrund der mit ihnen verbunden Kosten den individuellen Wohlstand, und ich könnte mir eine Menge monetär unproduktive Bereiche wie Schulen, Kinderbetreuung sparen, die dortigen Arbeitnehmer könnten dann woanders produktive Erwerbsarbeit leisten.
Bissl böse, aber wäre ja ein Gedanke, den sich viele Paare in Teilen heute schon machen und daher auf Kinder verzichten.
Im Bekanntenkreis kenne ich einige Paare, die beide Vollzeit arbeiten, und ihre Freizeit lieber mit Urlaub, Luxusgütern wie Autos oder Möbel oder Hobbys verbringen als mit Kindern. Die also neben der Arbeit „leben“ wollen. Sind das jetzt Vorbilder oder wäre sowas auch kritisch zu sehen?
Herr Oettinger hat natürlich Recht, auch wenn man konstatieren muss, dass er maßgeblich daran beteiligt war.
Meine Sicht auf Deutschland: Scheinriese, der die Entwicklungen zu einer digitalen Gesellschaft verschlafen hat und auch in meiner Generation nicht mehr zu einem Vorreiter schaffen wird. Die Herausforderungen, die in unserem Land anstehen und zwar seit Beginn der 90er Jahre, sind ignoriert und Alt-Modelle weiter gefördert worden. Die Gesellschaft ist durch Stärkung konservativen Denkens, siehe Wahlerfolge progressiver Politik - gibt keine, weniger Bereit Änderungen zu akzeptieren.
Problemzonen im Detail:
Digitalisierung ist in Deutschland seit Jahrzehnten nicht als Lösung, sondern als Problem betrachtet worden. Das Ergebnis heute ist, dass wir aus eigener Kraft nicht mehr in der Lage sind digitale Lösungen für viele unserer Verwaltungsschritte, Reformen und vieler gesellschaftlicher Services zu finden. Dies ist nur mithilfe ausländischer Unternehmen noch zu ändern.
Vergütung ist in Deutschland miserabel. Mit einem deutschen Lohn kann man nur im schlechter bezahlten Ausland, ein gutes Leben führen. Als Beispiel kann man hier die Anwerbung von Fachkräften aus Brasilien anführen, die im Verhältnis in ihrem Heimatland mehr verdienen und mehr Anerkennung haben als bei uns. Entschuldigt aber das ist eigentlich katastrophal…
Wer Reich ist, jedoch wird durch zahlreiche Mittel abgesichert, sich nicht an Gesellschaftsausgaben zu beteiligen.
Bildung ist in Deutschland Ländersache und außer in Bayern vielleicht, schlecht gemanagt. Wir setzen keine Reformen um, sanieren nur ungenügend, unsere Bildungskenntnisse sind international absteigend, Lehrer und Erzieher gibt es kaum. Kurz gesagt unser Bildungssystem ist ein vollständiger Fehlschlag und wird Jahr für Jahr schlechter.
Migration ist in Deutschland planlos. Selbst die lobenswerten Versuche der Ampel werden nicht viel in den nächsten Jahrzehnt bewirken. Der Ruf ist ruiniert, viele, um ehrlich zu sein alle, Expats die ich kenne, wollen Deutschland wieder verlassen. Denn sie erleben jeden Tag Rassismus, Ausbeutung, schlechte Entlohnung, fehlende Sprachkenntnisse v. Deutschen, keine Anerkennung… Die die bleiben wollen, müssen ihre Heimatländer schon hassen.
Infrastruktur ist in Deutschland zu stark privatisiert worden. Unternehmen wie DB oder Telekom sind weder gewillt, noch in der Lage die notwendigen Investitionen zu tätigen. Hier ist mehr Geld und mehr Staat notwendig. Die Schiene in Staatshand, die Waggons privat.
Die Liste ist noch viel länger und natürlich komplexer. Ich werde schnellst möglich Deutschland mit meiner Familie verlassen. Ebenfalls sind die positiven Elemente in unserem Land nicht mehr überwiegend, sondern werden von Baustellen auf allen Seiten erschlagen. In meinen Augen, wird Deutschland für die nächsten 20 Jahre ein Scheinriese bleiben, bis das Kapital nicht mehr über die Baustellen hinwegsehen kann.
Ich befürchte wir verstehen uns falsch. Ich habe exakt nichts dagegen, dass eine Partnerschaft sich entscheidet Care-Arbeit und berufliche Tätigkeit frei nach Bedarf aufzuteilen. Mir geht es lediglich um die Frage, ob wir ein solches Modell bezuschussen, obwohl der zusätzliche Rückhalt Zuhause der Person in Erwerbsarbeit bereits ganz andere Vorteile in der Karriere ermöglicht und damit ein höheres Familieneinkommen ermöglicht.
Mehr noch, ist ein solches Modell denn gesellschaftlich hilfreich? Du beschreibst doch selbst einen Fall, in dem ein Elternteil mit Care-Arbeit so lange zu Hause blieb, dass sie danach in ihrem ursprünglichen Beruf nicht mehr einsatzfähig war.
Sehr klare Ansagen.
Mag für einige Ohren möglicherweise sehr pessimistisch klingen, aber die genannten Baustellen sind ja unbestreitbar dar.
Der Begriff „Scheinriese“ trifft es recht gut.
Ich denke im internationalen Vergleich klagen wir hier auf hohem Niveau. Da sollte man die Kirche im Dorf lassen.
Aber wir haben uns jetzt 30 Jahre auf vergangenen Lorbeeren ausgeruht und vom Ersparten gelebt.
In einzelnen Bereichen mögen wir noch ganz gut sein. Aber Länder, auf die wir einst überheblich herabgeblickt haben, sind mittlerweile an uns vorbeigezogen.
Wir müssen einige unserer offenen Baustellen, die ja hier genannt wurden, mal langsam angehen.
Vom abwarten und aussitzen werden wir nicht besser.
Lieber Mike, ich meinte genau diese Aussage. Ich bezweifle, dass wir im internationalen Vergleich gut abschneiden.
Denn wirtschaftliche Werte sind in meinen Augen eher zweitrangig und gesellschaftliche Werte, wie Erneuerungswille, Solidarität und sogar Freundlichkeit wichtiger. Welche ich im überwiegenden Teil unseres Landes nicht sehe. Auch weiß ich, dass andere Länder auch nicht perfekt sind und zahlreiche Fehler haben. Allerdings treffe ich dort meistens Menschen, die dies auch zugeben. Selbst hier im Forum sind die meisten erstaunt, ob meines Pessimismus. Doch gab ich nur an, dass 30 Jahre Stillstand nicht in 4 Jahren aufgeholt werden können. Ich gebe auch zu noch Jung zu sein, also 31 Jahre, somit kenne ich leider auch nur Stillstand.
Wie dem auch sei, ich verstehe mich in erster Linie als Europäer mit deutscher Migrationsherkunft. Dementsprechend ist es mir wichtiger, ob Europa in den nächsten Jahren seine Baustellen angeht und Deutschland ist noch ein wichtiger Teil in diesem Prozess.
Da stimme ich dir ja zu. Aber dennoch ist unser Lebensstandard hier noch deutlich höher als in vielen anderen Ländern.
Ja, Optimismus sehe ich auch nicht, aber Pessimismus bringt uns ja nicht weiter. Eher zupackender Realismus.
Ich gestehe den Grünen sogar durchaus zu, die großen Baustellen anpacken zu wollen, wenn auch oft mit zuviel Dickkopf. Was auch an einer schweigend zusehenden SPD, einer kontraproduktiven FDP und einer irrlichternder CDU ohne Plan als Opposition liegt.
Was mir als interessiertem Wähler (und Weltbürger, Europäer oder einfach Mensch auf diesem Planeten) fehlt:
Offen einzugestehen, das es drängende Probleme gibt, die wir schnell lösen müssen.
Stattdessen haben alle Panik vor jeglicher Veränderung und wollen zurück in die Vergangenheit.
„Aus Irritation angesichts der Vielfalt flüchtet der Mensch in die Sicherheit der Einfalt.“ Anselm Vogt
Ich finde diese Meinung sehr sympathisch, was wichtig ist. Auch wenn ich deine Einschätzung wo wir da stehen so absolut nicht teile. Das hängt sicher auch damit zusammen wo du gerade lebst und in welchem Umfeld. Deinen Erfahrungen will ich damit keinesfalls widersprechen. Die sind ein wichtiges Feedback für uns als Gesellschaft.
Interessanter Weise adressierst du in deinem Ausgangspost übrigens auch vor allem die ökonomischen Themen. @pitus, da besteht auch genau der Unterschied unserer Sichtweisen. Du versuchst alles auf den Euro zurückzuführen. So kommt es mir vor. Mir geht es vor allem um eben die von Carmenius priorisieren.
In diesem Fall ist es egal, ob man dein Verständnis (nur wirtschaftlicher Beitrag zeigt Verantwortung) oder meine Präferenz ( nicht monetäre Beiträge sind wichtiger) heranzieht.
In beiden Fällen pfeifen die Menschen darauf. Die helfen weder dir noch mir bzw unseren Zielen