Israel & Nahost: Waffenruhe, „limited campaign“ oder Bodenoffensive. Wie geht es weiter?

Ebenso gibt es Videoaufnahmen von jubelnden Menschen, die Putin, Kim Jong Un oder Xi Jinping zujubeln - und wenig Widerstand gegen diese Machthaber. Bedeutet das, dass diese Autokraten jeweils eine völlig demokratische, chancengleiche Wahl gewinnen würden? Möglich, aber nicht sicher. Bedeutet die Tatsache, dass es kaum nennenswerte Opposition gibt, dass jeder mit der Regierungspolitik einverstanden ist? Ganz klar: Nein. Denn diese Regierungen sind bekannt dafür, die Opposition zu verfolgen und im Keim zu ersticken.

Und jetzt führ dir bitte vor Augen, dass die Hamas nicht nur ein „Diktator“ ist, sondern tatsächlich eine blutrünstige Terrororganisation. Wenn Putin, Xi oder Kim Regimegegner in’s Straflager schicken, was glaubst du, tut die Hamas? Ich gebe dir einen Tipp: Die haben keine Straflager und noch weniger Respekt für Menschenleben (was schon viel bedeutet…).

Dazu kommt die Tatsache, dass das palästinensische Volk nun seit vielen Jahrzehnten unter schrecklichen Voraussetzungen lebt. Die Tatsache, dass die Hälfe der Bevölkerung dort minderjährig ist, sagt extrem viel über die Lebensumstände aus. Ist das historisch selbstverschuldet? Klar. Ist der heute 14-24-jährige Palästinenser (der wohl 75% der gegenwärtig politisch handlungsfähigen Bevölkerung ausmacht) etwas für diese Geschichte? Nein!

Wenn wir einen langfristigen Frieden in Nahost wollen (und nicht bloß „Rache für den 07.10.“) müssen wir darüber nachdenken, wie wir es schaffen, dass die nächste Generation der Menschen in Palästina nicht auch zu so verkappten Antisemiten wird, wie es bei einem durchaus beträchtlichen Teil der gegenwärtigen Bevölkerung der Fall ist. Und da hilft es nicht, auf Abwägungen bei der Frage, ob eine Aktion militärisch notwendig und die Kollateralschäden wert ist, zu verzichten - ganz im Gegenteil.

Wie viel Prozent der in Gaza lebenden Palästinenser die Hamas tatsächlich unterstützen ist übrigens auch sehr umstritten, siehe z.B. diesen Artikel, nach dem es nur 27% sind:

Unbestrittener Fakt dürfte sein, dass die Hamas die finanziell und militärisch stärkste Gruppe (unterstützt durch den Iran und die Hisbollah) im Gaza-Streifen ist und zugleich, wie zuletzt die Massaker vom 07.10. gezeigt haben, auch die mit weitem Abstand rücksichtsloseste. Dass sich gegen diese Gruppe, auch wenn sie nur 5% der Bevölkerung ausmachen würde, niemand auflehnen wird, noch dazu, in einem Staat, in dem diese Gruppe die staatliche Autorität kontrolliert, es also keinen staatlichen Schutz gegen Übergriffe gibt, liegt auf der Hand. Es wäre schlicht Selbstmord.

2 „Gefällt mir“

Nein, die Hamas übernimmt kaum eine Regierungsfunktion. Gaza ist ein „lost state“, weitgehend unregiert.

In einem Land, in dem Menschen, die sich gegen die Hamas auflehnen, von Wohnhäusern fallen, darf man nicht erwarten, dass eine nennenswerte Opposition existiert. Nur, weil (ich weiß nicht wie) viele Menschen aus nackter Angst still halten, kann man nicht schließen, wie hoch die Zustimmung der Bevölkerung zu der sie unterdrückenden Hamas ist.

Eine spannende Einschätzung von Matthias Herdegen, Direktor des Instituts für Völkerrecht an der Universität Bonn:

4 „Gefällt mir“

was aktuelles, interessante Einschättzung zum Geisel-Deal:

1 „Gefällt mir“

Krieg ist die Verfolgung politischer Ziele durch andere Mittel.
Die Politischen Ziele der Israelischen Regierung sind, sehr wahrscheinlich die Vertreibung der Palästinenser nach „Sinai“.
Neben dem gelakten Strategie

welches die „Evacuation of the Civilian Population from Gaza to Sinai“ empfiehlt, hat Netanyahu‘s Auftritt bei der UN

dafür gesorgt, dass eine andere Schlussfolgerung schwierig wird.
Der Verbleib der Palästinensische Bevölkerung in einem Annektierten Gaza würde, die schon jetzt gravierenden demographischen Probleme Israels unlösbar, machen. Über Kurtz oder lang wäre das Ergebnis eine Jüdische Minderheit im eigenen Staat.

Der ehemalige Israelische Premier Minister vertritt die Position neben anderen Israelischen Politikern öffentlich „We don’t tell Gazans to go to the beaches or drown themselves … No, God forbid … Go to the Sinai Desert. There is a huge expanse, almost endless space in the Sinai Desert just on the other side of Gaza.“

Neben dem deckt sich das Vorgehen der israelischen Arme ziemlich genau mit dem Dokument.

Um es in die Angebrachten Worte zu kleiden, es ist eine Politik der „ethnischen Säuberungen“. Unabhängig wie jeder einzelne sie Moralisch bewertet.

Zur Diplomatie:
Netanyahu „sought to convince European leaders“ „ that the solution was for Egyptians to take Gazans at least during the war“.

wobei die Verhandlungen über ein Flüchtlingsabkommen der Eu mit Ägypten laut der FT nichts mit Gaza zu tun haben.

Die Haaretz berichtet von einem Framing der Vertreibung als humanitäre Hilfe

und ausgeübtem Druck auf die auch die ägyptische Regierun.

Die Beiden Administration hat den Kongress noch Finanzen für „potential needs of Gazans fleeing to neighboring countries”„ gefragt.
Es ist auch relativ wahrscheinlich, dass das Thema von Blinken bei seinen Besuchen in Ägypten und anderen Arabischen Ländern aufgegriffen wurde.

Die Machbarkeit ist jedoch relativ zweifelhaft. Die ägyptische Regierung ging soweit, ein Solches Ereignis als Kriegserklärung zu bezeichnen. Türkei ist wahrscheinlicher eher in die Gewünschte Richtung lenkbar.

Das Thema wird auch von Adam Tooze in seinem Podcast aufgegriffen mit Bezug auf die Wirtschaftskrise in Ägypten.

Zur Geschichte der Hamas und ihrem Ursprung in der Muslimischen Bruderschaft.