Hallo,
ich möchte vorschlagen, dass ihr das Thema Impfreihenfolge, beziehungsweise Impfung von jungen Menschen einmal explizit auf die Tagesordnung nehmt.
Meiner Meinung nach sollten sich junge, gesunde Menschen, die im Homeoffice arbeiten können und keine Kontakte zu Menschen mit erhöhtem Risiko haben, noch nicht über Schlupflöcher in der Impfreihenfolge impfen lassen. Das gilt solange nicht die überwiegende Mehrzahl von Menschen mit höherem Risiko geimpft sind und Impfstoff nicht in ausreichender Zahl vorhanden ist.
In der letzten Lage hattet ihr ja scherzhaft von Impfberechtigten gesprochen, die sich über ihre Großeltern, die sie gar nicht pflegen, impfen lassen. In meinem Bekanntenkreis sehe ich das tatsächlich vermehrt. Viele nehmen ein Impfangebot Angebot über Angehörige wahr, obwohl sie in einer anderen Stadt als ihre Großeltern wohnen und diese gar nicht pflegen. Damit ihr mich nicht falsch versteht, junge Menschen, die an der Supermarktkasse arbeiten oder wirklich einen kranken Angehörigen haben, sollen sich impfen lassen.
Im Gespräch mit einigen von meinen Bekannten, die so ein Schlupfloch genutzt haben, zeigte sich, dass vielen nicht klar war, dass es wirklich noch einen Mangel an Impfdosen gibt und zum Beispiel in Nordrhein-Westphalen die Gruppe der über 60jährigen noch nicht impfberechtigt ist und in anderen Bundesländern gerade erst mit der dritten Gruppe begonnen wurde. Diese Situation wird sich hoffentlich innerhalb der nächsten Wochen ändern. Aber viele sagten mir in den Gesprächen, dass doch jetzt „sowieso alle geimpft“ würden, was aber noch nicht der Fall ist.
Außerdem lag bei vielen kein Bewusstsein für ein moralisch fragwürdiges Verhalten vor. Sie scheinen anzunehmen, dass was zurzeit legal ist, auch legitim sei. Viele waren überrascht, als ich sie darauf hinwies, dass in der gegenwärtig noch vorliegenden Situation, in der die Impfstoffe knapp sind, eine Impfung für einen gesunden jungen Menschen, insgesamt eine Impfung weniger bedeutet für einen älteren Menschen – oder für diejenigen, die wirklich ihre Angehörigen pflegen. Von der internationalen Ungerechtigkeit bei der Verteilung der Impfstoffe ganz zu schweigen.
Ich denke es wäre sehr hilfreich, wenn ihr – natürlich nur, wenn ihr meiner Argumentation folgt – mit eurer Reichweite sagt, dass nur weil man über solche Wege einen Impftermin haben kann, es nicht heißt, dass man diese Chance zurzeit auch nutzen sollte.
Ein weiteres Argument war, dass „jede geimpfte Person zählt“. Auch dazu denke ich, dass natürlich das Ziel sein sollte so schnell wie möglich so viele Menschen wie möglich zu impfen, aber dass man dabei eben nach wirklicher Bedürftigkeit vorgehen sollte.
In den Gesprächen kam auch immer wieder das Argument, dass die Betreffenden viele junge Menschen kennen würden, die schon geimpft wurden. Ich denke, eine starke Gegenstimme, zum Beispiel in der Lage, könnte ein Gegengewicht zu dem Gedanken bilden, dass es schon okay ist, das zu machen, wenn „es eh alle tun“.
Besonders beunruhigend finde ich, dass es auch hier ein Gefälle gibt, zwischen denen, die ohnehin schon privilegiert sind, weil sie die entsprechenden Kontakte, die Zeit, oder das Wissen haben und denen, bei denen das nicht so ist.
Natürlich gibt es auch junge Menschen, die schwer an Corona erkranken. Aber statistisch gesehen, ist die Wahrscheinlichkeit bei älteren Personen dafür höher.
Ich bin mir bewusst, dass ihr keine Stimmung erzeugen wollt, in der Menschen dann eventuell zurückhaltender werden, was die Impfung angeht. Ich denke aber, dass es in der jetzigen Situation mehr als genug ältere Menschen gibt, die impfbereit sind.
Ich bin selbst in meinen Zwanzigern und würde mich natürlich auch gerne impfen lassen um endlich wieder ohne Sorge meine Verwandten besuchen zu können, selbst besser geschützt zu sein, oder in den Urlaub fahren zu können. Ich habe mich auch auf eine Liste setzen lassen, über die ich kurzfristig angerufen werden kann, falls Termine ausfallen und Impfstoff vernichtet werden müsste. Aber für einen regulären Termin, sind zurzeit noch andere an der Reihe.
Beste Grüße
Frieda