Impfpriorisierung vs wählerische Impflinge

Hallo zusammen,
vorweg gesagt, ich finde es absolut richtig, dass die Impfpriorisierung bisher beibehalten wurde und ich denke auch, dass sie noch ein paar Wochen sinnvoll sein wird. Ich finde es ebenso absolut richtig, dass Geimpfte im epidemiologisch sinnvollen Rahmen von Beschränkungen ausgenommen werden.
Ich habe jedoch absolut kein Verständnis, wenn Ü60-Personen ohne med. Indikation den AstraZeneca Impfstoff ablehnen und stattdessen ein paar Tage später mit einem mRNA-Vakzin geimpft werden.
Denn dies verlangsamt den Impffortschritt doppelt. Zum einen, weil die abgelehnte AZ-Dosis nicht schnellstmöglich verimpft wird, zum anderen, weil den später folgenden Jüngeren eine Dosis „weggenommen“ wird. Da für jüngere U60-Personen das AZ-Vakzin nicht empfohlen wird (ob dies nun gerechtfertigt ist oder nicht, erlaube ich mir nicht zu beurteilen).
Ich empfinde es daher als „Schlag ins Gesicht“, wenn einige Bundesländer nun AstraZeneca an Jüngere verimpfen lassen, statt diesen Impfstoff verstärkt in der Impfung der Älteren einzusetzen und den mRNA-Impfstoff für die Impfung der Jüngeren in den Prio-Gruppen.
Wer sich ohne med. Indikation gegen den AZ-Impfstoff entscheidet (was sein/ ihr gutes Recht ist), und damit den Impffortschritt verlangsamt, sollte mMn nicht über eine Impfung einige Tage später mit der früheren Rückerlangung seiner Freiheit belohnt werden, sondern sollte warten müssen bis die Impfpriorisierung aufgehoben wird. Denn was mir sehr schwerfällt, ist Solidarität mit denjenigen die überspitzt formuliert ohne jeglichen Sachgrund „den Jüngeren Impfdosen wegnehmen“.
Wie seht ihr das?

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Ich lebe in einem Bundesland, in dem die Priorisierung für Astra Zeneca aufgehoben wurde und mittlerweile bekommt jeder, der sich bemüht, innerhalb weniger Tage einen Impftermin, weil das Zeug bei den Ärzten liegen bleibt und viele auf den „guten“ Impfstoff warten.
Neben gesundheitlichen Bedenken ist der Impfabstand bei Astra Zeneca mittlerweile das Hauptproblem. Jeder, der hoffen kann, innerhalb von 6 Wochen eine mRNA Impfung zu bekommen, ist schneller ein zweites Mal geimpft als mit Astra Zeneca ( und kann eher in den Sommerurlaub, so er auf Urlaub aus ist).
Wie stark dieser Freiheitsdrang ist wird man sehen, wenn Johnson & Johnson verimpft wird. Da reicht eine Impfung, d. h. nach zwei Wochen bekommt man den grünen Pass. Wenn es einen „Run“ auf diesen Impfstoff gibt, der wie Astra Zeneca funktioniert (nach meiner Kenntnis auch hinsichtlich Wirksamkeit) aber im Zulassungsverfahren nur mit einer Impfung zugelassen wurde, dann ist der „Freiheitsaspekt“ ein wesentlicher Aspekt für die Impfentscheidung.
Da die Impfabstände ja schon verschoben wurden, könnte da etwas gemacht werden (z. B. dass bei Astra eine Zweitimpfung nach 12 Wochen empfohlen wird, aber nach 6 Wochen auf Wunsch bereits möglich ist).
Mit Zwang wird man nicht viel ausrichten und der wäre auch nur über die Impfzentren durchzusetzen. Sobald jeder zum Hausarzt gehen kann, wird man keinen unbeliebten Impfstoff in unwillige Oberarme bekommen.

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Ich bin im Schuldienst tätig, stehe im Impfzentrum auf der Warteliste, meine Hausärztin impft nicht, andere Hausärzte weisen mich ab, weil sie lieber ihre Patient:innen impfen bzw. die Alten impfen. Für die **** Priorisierung habe ich absolut kein Verständnis. Vor allem nachdem die Alten den Stoff jetzt ablehnen. Das finde auch ich extrem unsolidarisch, aber was soll man schon groß erwarten von Menschen/Boomern, die u.a. den Planeten sehenden Auges mit ihrer Lebensweise nachhaltig zerstört haben/zerstören?

Wenn die „Impfprivilegien“ greifen und die in diesem Land stets bevorzugten Alten wieder rausgehen dürfen, rechne ich ehrlich gesagt nicht damit, dass sie aus Solidarität bzw. Respekt vor den Jungen mehrheitlich zuhause bleiben werden.

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Jeder der seinen Impftermin nicht wahr nimmt oder unbegründet absagt, weil Astra Zenica gespritzt werden soll muss zwingend ganz nach hinten gesetzt werden. Irgendwo hört es doch mal auf mit der Rücksichtnahme meiner Meinung nach.

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Ich würde hier noch einen Schritt weiter gehen: Wer in einer Prio-Gruppe einen Impfstoff ablehnt, sollte ganz hinten eingereiht werden bis alle ohne Priorisierung (die auch wollen!) durch sind. Nur die Priorisierung zu verlieren bedeutet ja dann schließlich immer noch erhöhte Konkurrenz mit den impfwilligen Letztpriorisierten, was ich persönlich nicht gutheißen kann.

Umsetzbar wird das aber leider nicht sein, denn man wird ja nicht nachweisen können, dass jemand schon die Möglichkeit auf eine Impfung hatte und verzichtet hat.

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Vielleicht habe ich mich etwas unklar ausgedrückt. Es geht mir überhaupt nicht darum „unbeliebten Impfstoff in unwillige Oberarme bekommen“. Aber wer den Impfstoff, der ihm/ ihr angeboten wird, nicht annehmen will, der sollte mMn nicht erwarten können weiterhin priorisiert zu werden.
Das ist besonders problematisch, wenn der abgelehnte Impfstoff nicht ohne Weiteres an die nicht/ später Priorisierten verimpft werden kann. Es kann einfach nicht sein, dass dann der „unbeliebte Impfstoff“ auch an diejenigen verimpft wird, für die er gar nicht empfohlen wird, während der Impfstoff, welcher für alle geeignet ist, weiterhin an diejenigen geht, die den „unbeliebten Impfstoff“ ohne med. Indikation abgelehnt haben.
Es ist unerträglich, wenn weiterhin Solidarität, in Form einer Impfpriorisierung, mit diesen Menschen verlangt wird, während sich diese Menschen absolut unsolidarisch verhalten. Wenn Impfstoff offenbar von den Priorisierten abgelehnt wird, dann sollte die Impfpriorisierung für alle Impfstoffe aufgehoben werden.

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Im Impfzentrum schon, da gibt’s dann einfach keine weitere Einladung.

Alle diese Leute kann Jens Spahn übrigens auf seiner „Impfangebot für alle bis zum Sommer“-Liste abhaken.

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Gibt es denn belastbare Hinweise, dass diese Problematik überhaupt in relevanten Größenordnungen vorkommt? Oder regen wir uns hier über ein paar vereinzelte, statistisch insignifikante, Anekdoten auf?

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Statistisch relevante Zahlen habe ich nicht, nur Eindrücke aus meinem Umfeld. Bei uns ist die Priorisierung bzgl. Astra Zeneca aufgehoben. Mein Hausarzt hat mich (U60) damit letzte Woche geimpft, weil er an Ü60 nichts mehr losgeworden ist. Ich habe ausdrücklich nachgehakt, weil ich niemandem eine Impfung wegnehmen wollte. Mein Mann (U60) hat von seiner Hausärztin diese Woche ein Angebot bekommen - für Astra Zeneca und ist jetzt geimpft.
Eine Freundin hat nun für ihren ganzen Chor ein Impfangebot gemacht. Ihr Mann (Kardiologe) hat Impfstoff bestellt, um ihn an seine zum Teil multimorbiden Patienten zu verimpfen (Übergewicht mit Herzproblemen und zum Teil Diabetes). Es werden nächste Woche 40 Chormitglieder mit Astra Zeneca geimpft, da der Großteil seiner Patienten warten will, „weil ja bald genug von dem guten Impfstoff da sein soll“.
Ich habe deshalb schon den Eindruck, dass es ein Akzeptanzproblem gibt.

Wenn es diese Problematik nicht in relevanter Größenordnung gäbe, würde nicht so viel AstraZeneca „übrig bleiben“ und in der Folge an „zu Junge“ verimpft werden.

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Bisher hat AstraZeneca etwa 20% der vorhandenen Impfdosen geliefert. Allein dadurch wird die Relevanz der Größenordnung ja schon gemindert. :smiley:

Ich sehe es wie du. Die AZ-Ablehnung durch Ü60er ist haarsträubend. Ebenso haarsträubend finde ich, dass der Staat und Ärzte das tolerieren.

Ich bin auf einer Linie mit @tris und @Peter.


Ich finde schon. Man kann den Leuten so oder so ähnlich schreiben:

Hiermit wird Ihnen ein Impftermin am 1.5.21 zugeteilt. Ihnen wird AstraZeneca-Impfstoff zugeteilt.

!!! ACHTUNG WICHTIGER HINWEIS: Wer den AstraZeneca-Termin ohne triftigen Grund nicht wahrnimmt, wird in die hinterste Priorisierungsgruppe 5 versetzt. Priorisierung 5 ist eine neu eingeführte Gruppe für Menschen über 60, die AstraZeneca ohne triftigen Grund ablehnen. Priogruppe 5 wird als allerletzte Gruppe geimpft. Im Versetzungsfall werden wir Ihnen gegen Ende der Impfkampagne einen neuen Termin vergeben.

Triftige Gründe sind: medizinische Kontraindikation, Wunsch nach späterem AstraZeneca-Termin, [ergänzen]

Praktisch bedeutet das für Sie: Sie haben die Wahl, jetzt mit AstraZeneca oder gegen Ende der Impfkampagne mit einem anderen Impfstoff geimpft zu werden.

Begründung:

Das können sowohl Impfzentren als auch Einzelärzte so machen. Ob die Einzelärzte es einhalten, wird aber schwierig zu überwachen sein.

[edit: Alternativüberlegung: Statt in eine Prio 5 kann man die Verweigerer auch in Prio 4 verlegen. Jedenfalls wäre das sinnvoller als ihnen die Privilegierung zu belassen, welche die Prio 3 darstellt.]


Zum Thromboserisiko: Das ist bei jungen Leuten ungefähr in derselben Größenordnung wie das COVID-Risiko – hängt u. a. vom individuellen Infektionsrisiko ab.

Genaueres hier:

[edit: Der folgende SZ-Artikel ist wohl nicht so sorgfältig gemacht – z. B. ging er ursprünglich von einer Wochen- statt Monatsinzidenz aus, habe ich gelesen. Deswegen hier das EMA-Original: https://www.ema.europa.eu/en/documents/chmp-annex/annex-vaxzevria-art53-visual-risk-contextualisation_en.pdf ]

Wem eine Impfung mit Astra Zeneca besonders nutzt - Wissen - SZ.de

Cambridge kam für UK zu einer ähnlichen Einschätzung: Winton Centre Cambridge

edit: Ich weise darauf hin, dass das zugrundeliegende COVID-Risiko nur so lange besteht, bis Impfschutz erreicht ist – Verlasst euch daher nicht blind auf die Visualisierung.
Beispiel EMA:

The analysis looked at prevention of hospitalisations, ICU admissions and deaths due to COVID-19, considering an 80% vaccine effectiveness over a period of four months.

Siehe zur Wirksamkeit hier: Debatte um Impfstoff von Astrazeneca - Was über Wirksamkeit und Nebenwirkungen bekannt ist | deutschlandfunk.de

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Ich frage mich, ob das so verallgemeinerbar ist. Bezieht sich deine Information auf Ü60er? Oder nehmen sich die Ärzte die Zeit, die U60er hinreichend aufzuklären? (Ohne hinreichende Aufklärung wird AZ hoffentlich nicht an U60 verimpft.)

  1. Es ist die Begründung dafür, AZ an Prio 4 „freizugeben“ – zunächst von den Regierungen Mecklenburg-Vorpommerns und Sachens sowie einem (anekdotisch geprägten) ZDF-Bericht über Hessen – jetzt auch deutschlandweit:

    • Die Freigabe in Mecklenburg-Vorpommern sei „ein Angebot, dass diejenigen, die keine oder wenige Vorbehalte gegen den Impfstoff haben, die Möglichkeit nutzen können, sich gegen das Coronavirus auch impfen zu lassen“, sagt Gesundheitsminister Harry Glawe (CDU). Ziel sei es, dass kein Impfstoff liegenbleibe.

    • Sachsen hatte einen ähnlichen Weg mit Vorbehalten gegen Astrazeneca begründet. Wegen der hohen Mengen an erwartetem Biontech-Impfstoff gebe es Impfberechtigte, die lieber auf das Präparat des Mainzer Unternehmens warten wollten, obwohl sie bereits Anrecht auf eine Astrazeneca-Impfung hätten.

    • jetzt auch deutschlandweit:

      Ärzte hatten zuvor berichtet, dass sich viele ältere Menschen nicht mit Astrazeneca impfen lassen wollen, sie bevorzugen den Impfstoff von Biontech und Pfizer. Deswegen blieben viele Dosen übrig, die Ärzte würden weitaus weniger Menschen impfen, als sie eigentlich könnten.

  2. Die AZ-Freigabe wäre ja auch völlig kontraproduktiv in Hinsicht Thromboserisiko der U60er und Durchimpfung der Ü60er, wenn der jetzt an U60 freigegebene AZ-Stoff noch von genügend Ü60ern akzeptiert würde.

  3. Der Anteil an nicht wahrgenommenen Impfterminen.

  4. Der Fakt, dass Ärztevereinigungen lieber Biontech als AstraZeneca bei den Hausärzten sehen wollten.

    „Den Praxen werden in den kommenden Wochen viel weniger BioNTech-Dosen zugewiesen als versprochen, weil der Impfstoff offensichtlich vorrangig an die Impfzentren geht“, sagte Andreas Gassen […] Zwar erhalten die Arztpraxen laut Gassen als Ausgleich mehr Dosen des AstraZeneca-Impfstoffs. „Aber das wird so nicht aufgehen“, warnte der Kassenärzte-Chef. "Wenn die Impfzentren komplett den vergleichsweise unproblematischen Impfstoff erhalten, die Praxen aber den umstrittenen, der zumal den unter 60-Jährigen nicht gespritzt werden darf, wird die Impfkampagne massiv ins Stocken geraten.

  5. Notwendigkeit, an speziellen Aktionstagen oder an Lehrer, Polizisten u. ä. AstraZeneca zu verimpfen

  6. Mehrere Länder verweisen darauf, dass der AstraZeneca-Impfstoff nur noch in die Hausarztpraxen geht und für Erstimpfungen gar nicht mehr im Impfzentrum verwendet wird.

  7. Potentiell hilfreich:

    • Das Dreierverhältnis AZ-Lieferungen – AZ-Impfungen an Ü60 – AZ-Impfungen an U60.

    • Ob und wie sehr sich das Verhältnis Ü60-AZ-Impfungen – Ü60-Biontech-Impfungen im Laufe der Zeit verändert. Diesen Veränderungsgraph könnte man dann mit dem Veränderungsgraph des Verhältnisses Biontech-Lieferungen – AZ-Lieferungen vergleichen.

    • Leider meldet laut zeit.de nicht jedes Bundesland die Alter der Geimpften. Umkehrschluss: Für einige Bundesländern kann man dies aufschlüsseln (hoffentlich zugleich auch in der Kategorie „Impfstoff“).

edit: weitere Evidenz hinzugefügt

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Meine Information bezieht sich auf U60. Man druckt sich die Informationsblätter zu Hause aus, unterschreibt die Formulare, nimmt die zum Impftermin mit und unterschreibt dort eine Enthaftungserklärung, dass man weiß, dass Astra Zeneca nur für Ü60 von der STIKO empfohlen wird, man aber trotzdem mit Astra Zeneca geimpft werden möchte. 5 Minuten Termin.

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Mal kurz zu Ende gedacht:

  1. Dann bräuchte man eine Datenbank der AZ-Verweigerer, gegen die alle Impfzentren und Arztpraxen verpflichtend prüfen müssten. So was wäre m.E. nur zu rechtfertigen, wenn wir hier nachweislich von einem gravierenden Problem sprechen. Solange das immer nur anekdotisch berichtet wird, halte ich das für nicht vertretbar. Würde in jedem Fall eine Klagewelle auslösen.
  2. Sehr leicht zu umgehen. Und irgendeinen Hausarzt, der sich drüber wegsetzt, findet sich auch.
    Die Verweigerer werden sehr kreativ werden, andere „zwingende Gründe“, der Termin nicht wahrzunehmen, zu finden. Eine Lösung wäre es, den Impfstoff erst im Termin bekannt zu geben.

Das Problem ist: als Priorisierter weise ich meine Priorisierung nach sonst lande ich andernfalls bei den „Normalen“ in Gruppe 4. Es gibt nun mal keine Gruppe darunter. Aber warum sollte ich als fiktive Gruppe 5 Angehöriger das auch freiwillig zu meinem Nachteil kommunizieren? Da es kein deutschlandweites Register gibt, sondern jedes Land bzw sogar jede Kommune ihr eigenes Süppchen kocht, kann ich ja einfach dort hingehen, wo ich noch nicht registriert war und dort als Priorisierter auftreten, der bislang noch kein Impfangebot bekommen hat.

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Die bräuchte es, aber die gibt es nicht. Eine Klagewelle könnte man aushalten und wäre womöglich ohnehin unerheblich, weil sich in der Zeit bis Recht gesprochen wird, die Impfstoffsituation wieder ein wenig verändert haben dürfte. Selbst wenn individuell erfolgreich geklagt würde, könnte ein solches Vorgehen also immer noch eine direkte Steuerungswirkung entfalten und darüber hinaus auch dadurch eine indirekte, dass sich Impfprivilegierte zweimal überlegen, ob sie aus reinem Egoismus wirklich die Durchimpfung der Gesellschaft derart sabotieren wollen.

Der Arzt ist ein gewichtiges Argument, aber man kann halt nicht jede Lücke schließen. Außerdem muss der Verweigerer ja dem Arzt gegenüber offenbaren, dass er eigentlich schon eine Impfung hätte haben können, wovon ich durchaus einen die Kooperation steigernden Effekt erwarten würde.

Eine Lösung wäre es, den Impfstoff erst im Termin bekannt zu geben

Das sehe ich nun völlig anders, denn in diesem Fall würde der Schaden, denn die AZ-Verweigerer unter den Priorisierten für die Gesellschaft anrichten ja noch größer ausfallen. Die Frage ist natürlich, ob die Effizienzverluste der Impfzentren davon aufgefangen würden, dass quasi mehr potenzielle Verweigerer sagen „fuck it, ich nehms jetzt einfach“, wenn sie bereits auf dem Stuhl sitzen. Bei dem Amount of Entitlement, das für die grundsätzliche Einstellung dieser Kandidaten ursächlich ist, würde ich mir da aber überhaupt keine Hoffnungen machen.

Ich bin ehrlich gesagt froh, dass ein Vorschlag wie eine „Gruppe 5“ zur Abstrafung von Menschen, die sich gegen einen bestimmten Impfstoff entscheiden, praktisch nicht umsetzbar ist.
Natürlich ist es blöde und egoistisch, wenn aufgrund einer (zu) kurzfristigen Absage Impftermine ausfallen oder gar Impfstoff vernichtet werden muss. Um so mehr wenn es andererseits genügend Leute gibt, die sich sehr gerne damit impfen lassen würden. Aber die Hausarztpraxen (zumindest die, die ich kenne) gehen mit diesem Problem auch entsprechend pragmatisch um und zweitens wird ja auch auf übergeordneter Ebene darauf reagiert, indem die Priosierung für AZ aufgegeben wird. Und außerdem gibt es nun mal keine Impfplficht, also hat jeder Mensch das Recht, eine Impfung nicht zu wollen, und das gilt bis zu dem Zeitpunkt, wo die Spritze im Oberarmmuskel durchgedrückt wird - auch wenn’s nervig ist.
Was ich problematisch finde ist der Gedank, die Bestrafung von bescheuterem Verhalten ins Zentrum der Debatte zu stellen - zumal diese ja schnell Auswirklungen haben kann, die über die jeweilige Einzelperson hinausgehen. Wenn zum Beispiel Menschen mit einem besonders hohen Risiko für schwere Covid-Verläufe mit Absicht besonders spät geimpft werden, bedeutet das ja auch eine zusätzliche Belastung für das Gesundheitssystem. Ich hoffe zumindest, dass die Lust an der Bestrafung nicht so weit geht, diesen Menschen im Zweifelsfall dann die notwendige medizinische Versorgung zu verweigern.

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https://projekte.uni-erfurt.de/cosmo2020/web/summary/36/

Eine gering eingeschätzte Effektivität hängt mit einem generell negativen Gefühl gegenüber dem Impfstoff zusammen. Dies kann zu einem „Halo-Effekt“ führen, den wir auch beobachten: ein negatives Gefühl zu einem Impfstoff überschattet die Bewertung verschiedenster Eigenschaften eines Impfstoffs. Dies beobachten wir am Beispiel des AstraZenca Impfstoffs. Im Vergleich mit dem BioNTech-Impfstoff schneidet AstraZeneca auf allen Dimensionen (außer Knappheit) schlechter ab und wird als weniger sicher und weniger effektiv wahrgenommen. Die Impfbereitschaft für eine Impfung mit dem BioNTech-Impfstoff ist deutlich höher (64% vs. 39% für AstraZeneca). Wer überzeugt ist, dass ein Impfstoff sicher und ausreichend auf Sicherheit überprüft worden ist, ist eher impfbereit; dies gilt bei beiden Impfstoffen. Die Befragten unterscheiden beim AstraZeneca-Impfstoff nicht, ob die Krankheit oder schwere Verläufe verhindert werden, beides wird weniger angenommen als beim BioNTech-Impfstoff.

Befunde: 66% derjenigen, die sich prinzipiell impfen lassen würden, ist es (eher) wichtig, den Impfstoff auswählen zu können. Wahlfreiheit ist vor allem älteren Menschen wichtig. In einem Survey-Experiment wurde untersucht, wie sich eine eingeschränkte Wahlfreiheit auf die Impfbereitschaft auswirken könnte. Dabei wurde verglichen, ob die Einschränkung der Wahlfreiheit durch einen Lieferengpass bei eigentlich bestehender Wahlfreiheit zustande kam oder prinzipiell fehlender Wahlfreiheit und durch die Zuweisung durch Behörden. Auch wenn Personen sich ärgerten, wenn ihre Wahlfreiheit eingeschränkt wurde, blieb die Impfbereitschaft stabil. Aus welchem Grund die Wahlfreiheit eingeschränkt wurde wirkte sich nicht auf den Ärger oder die Impfbereitschaft aus. Wie wichtig es den Personen war, frei zu entscheiden, hatte ebenfalls keinen Einfluss.

https://projekte.uni-erfurt.de/cosmo2020/web/summary/39/

Jedoch ist das Vertrauen in die Sicherheit des AstraZeneca Impfstoffs geringer als das Vertrauen in COVID-Impfstoffe allgemein; das Vertrauen in die Sicherheit von AstraZeneca ist auch nochmal gesunken: 39% haben vollstes Vertrauen in die Sicherheit der AstraZeneca Impfung; 47% stimmen dem nicht zu. Es herrscht große Unsicherheit über die Wahrscheinlichkeit schwerer Impfnebenwirkungen: 40% hält sie für gering, 42% für hoch. Im Vergleich zum Jahresende 2020 ist jedoch die generelle Bereitschaft gestiegen, sich mit AstraZeneca impfen zu lassen, insbesondere bei Älteren und bei Männern.

https://projekte.uni-erfurt.de/cosmo2020/web/summary/40/

Befunde: Die Impfbereitschaft ist stabil bei ca. zwei Drittel geblieben. Auch an der Impfstoff-Präferenz hat sich über die letzten 4 Wochen nichts Wesentliches geändert: AstraZeneca wird von 1.4% der Befragten bevorzugt, etwa einem Viertel ist der Impfstoff egal, 51% bevorzugen BioNTech. Wenn die Corona-Impfung vom Hausarzt empfohlen wird, ist die Impfbereitschaft größer. Werden auch nur geringe Zweifel bei der Hausärzt/in wahrgenommen, ist die Impfbereitschaft deutlich geringer.

Mein Fazit: Aufklärungsarbeit zu AZ gescheitert.

https://projekte.uni-erfurt.de/cosmo2020/web/summary/41/

Ein weiteres Experiment hat eine Verbesserung der Risikokommunikation zum Vorkommen von Hirnvenenthrombosen nach einer AstraZeneca-Impfung untersucht. Die Befragten erhielten entweder keine Risikoinformation oder eine Grafik, die Intensivfälle durch COVID-19 in verschiedenen Altersstufen mit dem Auftreten von Hirnvenenthrombosen nach einer Impfung vergleicht. (siehe Abbildung ). Die Infografiken führten zu einer Verringerung des wahrgenommenen Risikos, das mit der AstraZeneca Impfung verbunden ist. Ob man die Grafiken gesehen hatte oder nicht wirkte sich jedoch nicht direkt auf die Impfbereitschaft aus. Allerdings waren Personen mit einer geringeren Risikowahrnehmung auch eher impfbereit.

Stehen mehrere Impfstoffe für eine Alters- und Vorerkrankungsgruppe zur Verfügung, werden diese bis zur ihrer jeweiligen maximalen Impfbereitschaft verimpft. Ist die Impfbereitschaft für einen Impfstoff erschöpft, kann in dieser Gruppe nur noch ein Impfstoff mit einer höheren Akzeptanz verimpft werden.

Das ist im Hinblick auf den Schutz der U60er immernoch effektiver, als sie in Prio 3 zu impfen.

Allerdings entsteht ein Gleichbehandlungsproblem zwischen AZ-Ablehnern, die in Prio 5 kämen, und AZ-Ablehnern, die einfach warten.

Ich verstehe, dass man es als Lust an Bestrafung von Blödheit auffassen kann. Ich sehe es aber als Prävention, Gefahrenvorsorge.

Beispiel: Brandschutz gibt es nicht, um Leute zu ärgern, die so blöd sind, ihn nicht zu wollen. Brandschutz gibt es, um Gefahren zu verringern.

Das ist ein Problem. Aber die Leute haben mit AZ doch ein vorbehaltslos zumutbares Impfangebot. Im besten Fall kommt es gar nicht dazu, dass die Person AZ ablehnt.

edit: Auch im schlechtesten Fall ist die Präventionsregel gerechtfertigt, weil die entscheidende Abwägung zugunsten der Interessen Thromboseprävention und Impffortschritt ausfällt.
Den Leuten wird eigentlich nicht die Prio genommen, sondern nur die (ziemlich willkürliche) Auswahl an Prio-Impfstoffen. Es bleibt ein Impfstoff, der für sie sehr, sehr gut ist.

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