Hand aufs Herz, ab 2 Kinder und Beruf sind nicht vereinbar

Interessanterweise deuten - zumindest mir bekannte - empirische Daten darauf hin, dass Männer, die längere Elternzeiten nehmen, statistisch gesehen eher keine Karriereeinbußen hinnehmen müssen. Im Gegenteil: Die Chancen für Karriereprestigegewinne nach längeren Elternzeiten stehen sogar recht gut. Möglicherweise liegt hier also eine Fehlwahrnehmung vor: Die Furcht vor Einbußen durch lange Elternzeiten wird deutlich höher gehängt als es angemessen wäre. [1]

Oder mal etwas polemisch formuliert: Männer sind sehr gut im (Er-)Finden von Rechtfertigungen, warum sie keine langen Elternzeiten nehmen sollten.

[1] Heavy grains of salt: Es gibt wenige Auswertungen; weil Väter erst in den letzten Jahren vermehrt Elternzeit nehmen gibt es bisher eine eher geringe Datengrundlage; Väter, die längere Elternzeit nehmen, haben tendenziell bereits ein relativ hohes Karriereprestige.

Ja, das habe ich tatsächlich auch gelesen. Grundsätzlich halte ich das auch für denkbar. Ob es auch so wäre, wenn Männer dies im großen Stil tun würden, ist die Frage. Am Ende ist der genaue Grund wahrscheinlich nachrangig. Es braucht einfach mehr Männer, die in (rückständigen) Unternehmen Präzedenzfälle schaffen, um die Ausnahme zur Regel zu machen.

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Ist das nicht jetzt schon möglich?
Wie haben im Büro 38 Stunden in Gleitzeit, wenn ich die an vier Tagen arbeiten wollte, dürfte ich das (halt nicht mehr als 10 Stunden pro Tag).
Mit Schichtmodellen ist ja auch andere Arbeit weitgehend flexibel. Nachts und Sonntags wird es halt teurer, aber das zu recht.
Einzig das Ladenschlussgesetz steht dem noch etwas entgegen. Oder übersehe ich was?

Gibt es hierzu wirklich aktuelle Daten für das deutsche Berufsleben? Bitte um Verlinkung.

Das bestreitet wohl niemand. Ich bin selber der Meinung, dass es für Paare erstrebenswert ist/sein sollte, dass jeder Partner 80 % arbeitet, anstatt einer Vollzeit und einer Teilzeit (50 % - 60 %).

Aber ich verstehe es so, dass auch Du der Ansicht bist, dass Du lieber 4 x 8 Stunden arbeitest, als 5 x 6,5 Stunden? Danach hattest Du schließlich ursprünglich gefragt.

Ich beziehe mich schließlich auf den Fall, wenn die Arbeitszeit nicht reduziert werden soll (oder kann). Es gibt ja viele Menschen, die auf die letzten 10 % des Nettogehalts absolut angewiesen sind.

Mir geht es tatsächlich eher um eine generelle Verkürzung der wöchentlichen Arbeitszeit (idealerweise bei vollem Lohnausgleich - also das was in den 1980ern(!) massiv diskutiert und verhandelt wurde) und nicht darum, wie man mehr Arbeit in weniger Tage quetschen kann. Was die Verteilung der Arbeit bei Paaren angeht, stimme ich Dir absolut zu!

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Da bin ich ganz bei dir. Leider gelten besonders Frauen bei alten weißen Männern dann schon nicht mehr aka vollwertige Arbeitskraft und die Karriere ist damit beendet. Meine Frau hat nur 6 Stunden reduziert und durfte nach viel Kampf gerade so ihre Stelle behalten. Auf Grund der Inflation und der Ankündigungen zu Heizungen von Habeck habe ich meine Reduzierung erstmal aufgeschoben aber bereits angekündigt. Aber such das wurde ehr mit Unverständnis aufgenommen.

Ja.

Weiterhin zeigt Abbildung 4, dass Mütter, unabhängig von der Länge der Elternzeit, drei Jahre nach dem Wiedereinstieg Rückgänge im Berufsprestige im Vergleich zum Wert vor der Geburt verzeichnen. Dies prägt sich insbesondere direkt beim Wiedereinstieg aus, etwa um eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Erwerbsarbeit zu erzielen (Skora et al. 2020). Bei Vätern ist es anders: Sie verzeichnen Anstiege im Berufsprestige, gerade jene mit längeren Elternzeiten. Differenziertere Analysen der Entwicklung des Berufsprestiges über die Zeit (ohne Abbildung) in Verbindung mit kaum beobachtbaren Veränderungen in der Aufteilung der Hausarbeit geben keine Hinweise darauf, dass sich Karriereverläufe von Eltern nach der Elternzeit im Zeitverlauf substantiell verändert haben.

Interessant wird es auch, wenn man diese Wahrnehmung mit dem vergleicht, was die Soziologin Lena Hipp von der Uni Potsdam 2018 in einer Studie herausfand. In einem Experiment schickte sie fiktive Bewerbungen von Männern und Frauen an Unternehmen, auf 718 Inserate antwortete sie. Die Qualifikation der angeblichen Bewerber war dabei stets gleich, nur die Dauer der Elternzeit unterschied sich, mal waren es zwei Monate, mal zwölf. Das Ergebnis: Bei den Männern war die Länge der Elternzeit unerheblich für ihre Chance, zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen zu werden. Anders bei den Frauen: Mütter, die nur zwei Monate aussetzten, wurden deutlich seltener von den Firmen eingeladen.

Engagement für die Familie wirkt sich de facto kaum negativ auf Beruf und Karriere aus, fragt man die Statistik. So zeigte etwa eine Allensbach-Studie in diesem Jahr, dass nur zwei Prozent der Väter, die Elternzeit genommen haben, hinterher sagten, dies habe ihrer Karriere geschadet. 21 Prozent gaben an, dies habe „teils-teils“ geschadet. Von denen, die nur jemanden kennen, der Elternzeit genommen hat, gaben 6 Prozent an, aus ihrer Beobachtung heraus habe dies der Karriere der Person geschadet und ebenfalls 21 Prozent „teils-teils“. In beiden Gruppen gaben 65 beziehungsweise 61 Prozent aber an, die Elternzeit habe dem betreffenden Vater in puncto Karriere nicht geschadet. Je 12 Prozent wussten keine Antwort.

Es gibt allerdings auch gegenteilige Argumente. Meiner Wahrnehmung nach stützen sich diese aber zumeist auf die starke Generalisierung von Einzelfällen:

Wenn man in die im SZ-Artikel verlinkte Studie der Antidiskriminierungsstelle des Bundes von 2022 schaut (S. 88ff.) zeigt sich dort sehr deutlich, dass Frauen nach der Rückkehr aus der Elternzeit deutlich schlechtere Erfahrungen machen als Männer und häufiger Rückschlägen auf dem Arbeitsmarkt ausgesetzt sind.

Entschuldigt bitte, da habe ich mich unpräzise ausgedrückt. Ich wollte nicht behaupten, dass diese Regelung nicht erlaubt sei, sondern auf mögliche Vorteile einer 4 Tage Woche á 10 Stunden hinweisen. Meine Kritik am Micromanagement der Arbeitszeit war eher genereller Natur, in diesem Zusammenhang aber nicht zutreffend.

Um einen Bogen zurück zum ursprünglichen Thema zu schlagen hier mal ein Positivbeispiel aus der jüngeren Vergangenheit: Die Zuverdienstmöglichkeiten beim Elterngeld wurden 2021 erleichtert und an real übliche Arbeitszeiten angepasst (da haben wir wieder unseren 8 Stunden Tag).

Die zulässige Arbeitszeit während des Elterngeldbezugs und der Elternzeit wurde von 30 auf 32 Wochenstunden angehoben. Auch der Partnerschaftsbonus, der die parallele Teilzeit beider Eltern unterstützt, kann nun mit 24 bis 32 Wochenstunden (statt mit bisher 25 bis 30 Wochenstunden) bezogen werden.

Vor allem die Änderungen beim Partnerschaftsbonus halte ich für sehr sinnvoll, da hier beide Elternteile Teilzeit arbeiten und sich dafür auch die Betruung teilen. Es wäre sowohl im Sinne der Gleichberechtigung, als auch der Kinderförderung meiner Ansicht nach zu Begrüßen den Partnerschaftsbonus auszuweiten.

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Mal eine ganz einfache Frage: Unser Arbeitszeitgesetz ist von 1956. Der Passus mit den 5 Tagen pro Woche und 40h in der Woche kommt also aus ganz anderen Zeiten.
Nur weil es ein Gesetz ist, ist diese 40h Messlatte unverhandelbar? Gesetze kann man auch ändern…
Grundsätzlich wird es zumindest sehr schwer, alle Berufsgruppen gleich zu behandeln. Was im Büro funktioniert, ggf auch mit ergebnisorientierter Arbeitsleistung statt rein zeitbasierter Anwesenheit, wird im Verkauf oder Produktion ggf nicht so 1:1 funktionieren.
Aber an der 40h Grenze rütteln? Was spricht dagegen?

Ich sehe durchaus Kollegen, die in 40h Wochenarbeitszeit effektiv 20h arbeiten, der Rest verteilt sich auf Smalltalk, Raucherpausen, private Telefonate, Handy gucken, usw.
Andere liefern in 2-3 Tagen mit je 4-5h Homeoffice pro Tag mindestens identische Arbeitsergebnisse, meist sogar besser.
Mag eine Besonderheit des sozialen Bereiches sein, soll es aber sogar in Behörden geben…
Würde, auch arbeitspsychologisch in Bezug auf die Chronomorphie (Wie ist Arbeit verteilt) darauf hinweisen wollen, das sehr flexible Arbeitszeitmodelle auch Risiken haben.
Also Gießkanne wird hier wieder nicht funktionieren

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Mein Vater ist ein alter weißer Mann und ich finde diese Art von Sprache ist doch genau das Problem, was wir gesellschaftlich überwinden möchten.

Kann mir jemand erklären, warum diese Art von Sprache immer mehr Mainstream wird?

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Vielleicht diese beiden Springer-Journalistinnen hier? :wink:

Das hat nichts mit Sprache zu tun. Es geht darum, wer nun mal leider historisch gewachsen grosse Teile der Entscheidungen trifft. Und das sind nun mal allzu oft alte weiße Männer. Das ist also ehr ein Sinnbild und kein Angriff auf jeden Mann.

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ich persönlich (mit dem Namen eines alten weißen Mannes gesegnet) glaube, dass genau diese Sprache ein Mittel ist viele gesellschaftliche Probleme zu überwinden. Denn die Menschen, die in vielen Bereichen den Fortschritt aufhalten sind überproportional alt, weiß, männlich.

Vielleicht ist dein Vater ja gar nicht so – ich würde meinem Vater empfehlen sich davon nicht angegriffen zu fühlen sondern lieber dabei zu helfen da herauszukommen

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Ja.

Leider, aber wenn die Messlatte fällt wird das Erste was passiert sein, dass die Wochenarbeitszeit ohne Lohnausgleich verlängert wird.

Deshalb sollte man an der Grenze möglichst nicht rütteln, alle prekär Beschäftigten werden es danken.

Da sind wir überein, aber eine Höchstgrenze sollte schon im Gesetz bleiben.

Sowohl ergebnisorientiert, als auch darunter geht ja immer.

Meine Intention war eher weniger als 40h bei vollem Lohnausgleich

Glaube das ist ein bisschen arg vereinfacht dargestellt. Wer Lust hat kann dazu so einiges in Wikipedia nachlesen. Dort werden alle möglichen Seiten vorgestellt.

Die allgemeine anlasslose Verwendung geht demnach gar in Richtung Straftatbestand.
Andere schreiben dort: Diese Menschen seien „die einzige Gruppe, über die folgenlos und ausgiebig Verächtliches, Herabwürdigendes, Verunglimpfendes gesagt werden kann“.

Kann man ja mal drüber nachdenken.

Laut dem Gesetz gelten Montag bis Samstag als Werktage. Die Regelarbeitszeit ist glaube ich 8, die max zulässige Arbeitszeit ist 10 h, wohlgemerkt nach Abzug der Pausenzeiten. Die Überzeit (über48?) muss aber zeitnah ausgeglichen werden.

Um mal direkt auf die Überschrift zu antworten:
Ich habe drei Kinder und arbeite - seit der Älteste fünf Monate alt ist - Teilzeit 24-28h verteilt auf 4 Tage ohne familiären Betreuungs-Backup.mein Mann arbeitet durchgehend Vollzeit (von 2x2 Monaten gemeinsamer Elternzeit abgesehen). Das geht. Es kostet aber viel Kraft und der Mental Load ist gewaltig. Er arbeitete 50km Fahrt entfernt, ich hier am Ort. Die Pandemie hat uns Homeoffice ermöglicht, das ist ein totaler Game Changer für uns gewesen, da wir uns jetzt die Betreuung wirklich teilen können. Nachteil ist natürlich die Entgrenzung von Arbeit und Freizeit.

Die Arbeitszeit anders auf die Wochentage zu verteilen (bei Vollzeit) würde uns in Bezug auf die Kinder nicht helfen.

Ich nutze meinen freien Tag hauptsächlich für Haushalt und eigene Termine oder auch mal, um gar nichts zu machen (oder schöne Sachen). Dann habe ich in der Tat unter der Woche nachmittags mehr Zeit für die Kinder.

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Die Gefühlen von den alten weißen Männern sind „genau das Problem“ und nicht die ungleiche Behandlung von Frauen auf der Arbeit?

Geht es noch irgendwie?