Grundrechtsverwirkung - sinnvolle Maßnahme gegen Rechtsextreme in der AfD?

Das wird ja immer mehr diskutiert.
Aber eben das ist ja meine Frage: ein Parteiverbot im Bund halt ich für sehr unwahrscheinlich, da die Landesgruppen zu unterschiedlich sind, es würde sich ewig hinziehen und am Schluss käme nichts dabei raus.
Aber wenn wir schon das Parteiverbot diskutieren (und ich halte wie gesagt weder ALLE in der AfD für rechtsextrem noch fände ich es daher gut, so vielen Wählern ihre Partei „zu entziehen“) - warum diskutieren wir dann nicht viel mehr darüber, die extremsten daraus aus dem politischen Verkehr zu ziehen. Parteiverbot diskutieren ist ok, aber zu diskutieren, einzelne Extremisten aus der Politik zu entfernen ist nicht ok?
Diese Unterscheidung kann ich nicht nachvollziehen.

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So sehr ich mir wünsche, dass man einzelnen MAndatsträgern das mandat entziehen könnte.

Ich bin doch sehr froh, dass das nicht geht. Wenn sich die Mehrheiten im Bundestag oder in den Länderparlamenten ändern, könnten die schnell mal eine neue Definition von Extremisten zu Papier bringen und plötzlich könnte kaum ein vernünftiger Mensch ins Parlament einziehen.

Die ersten versuche gibt es ja schon die „letzte Generation“ als kriminelle Vereinigung oder als Extremisten zu klassifizieren.Man kann ja juristisch gegen sie vorgehen, aber sie gleich mit Mafia-Strukturen oder der RAF gleichzusetzen, ist schon starker Tobak.

In der aktuellen Lage-Folge wurde gesagt, was ich nicht wusste, dass man auch gegen Landesverbände Verbotsverfahren anstrengen kann. Das wäre dann im Fall von Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt wohl eine Option.
Ich finde den Weg immer noch besser. Denn wenn eine Partei Extremisten nicht ausschließt (was unter Meuthen ja noch passierte und ihn dann selbst um seine Mitgliedschaft brachte), dann spricht das nicht für die Partei und wird auch nicht besser, wenn man einzelne Vertreter sanktioniert (und damit noch zu Märtyrern macht).
Denn Parteien haben einige Privilegien, unter anderem was die Finanzierung angeht aber auch die Strafverfolgung. Diese zu entziehen sollte also das Ziel sein.

Statt einem gründlichen Verfahren möchtest du also Hunderte einzelne, die sich ebenfalls alle ewig hinziehen. Jeder, der dann letztinstanzlich tatsächlich ausgeschlossen wird, wird in Nullkommanix durch jemand anderes ersetzt, und dann geht alles von vorne los. Noch effektiver könnte man den Rechtsstaat kaum bloßstellen.

Ist es nicht anders herum:
Ein Verbotsverfahren würde sich über Jahre hinziehen und - wie im podcast erläutert - hat auch wenig Aussicht auf Erfolg.
UNd bis dahin könnten BH und Co schon irgendwo regieren - und ich halte es auch nicht mehr für ausgeschlossen, dass sie mit BSW und FW zusammen im Bund an die Regierung kommen, da muss nur irgendwas passieren dann kippt ganz schnell die Stimmung. Beispiele geibt es genug in Europa.

Und statt dass wir ein Instrument schaffen, das dann greift, wenn eine/r viel zu weit geht (wie bereits BH) und diese Leute dann gezielt rausnehmen, mühen wir uns jahrelang mit einem wenig erfolgversrpechenden Verbotsverfahren herum.

ich denke DAS ist ein Bloßstellen des Rechtstaats.

Aber darüber kann man man sicher verschiedener Meinung sein. Gelernt haben wir aus der „demokratischen“ Machtergreifung der Nazis anscheinend wenig.

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Das funktioniert ja nicht. Wenn einer wegfällt, steht halt der nächste auf der Matte. Und ein Höcke könnte als Mastermind a la Kubitschek seine Leute immer noch dirigieren, selbst wenn der Fraktionsvorsitzende oder (mit CDU-Hilfe) Ministerpräsident einen anderen Namen trägt.

D.h. du müsstest da schon eine ganze Reihe Leute aus dem Spiel nehmen. Und entweder überlastest du damit das Verfassungsgericht, oder du müsstest eine Regelung schaffen, wie das von ordentlichen Gerichten geregelt werden soll, aber dann hast du wiederum für jeden einen ganzen Instanzenzug bis zum rechtskräftigen Urteil. Schau dir doch nur mal die Fälle an, wo irgendwelche offensichtlichen Hitlerfans im Polizeiapparat teilweise fünf Jahre bei vollen Bezügen suspendiert sind, bis auch das letzte Gericht mal zugestimmt hat, dass so jemand im Staatsdienst nichts verloren hat.

Und alleine das zweifellos folgende BVerfG-Verfahren über die Rechtsgrundlage deines Gesetzes wird mindestens genauso langwierig mit unsicherem Ausgang wie ein AfD-Verbotsverfahren.

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@Jiriki:

es ist aber doch ein Unterschied, ob Politiker die LG mit der RAF gleichsetzen (auch wenn ich sowas total panne finde) oder ob der Verfassungsschutz einen Politiker aufgrund seiner tatsächlichen Aussagen, Ankündigungen, Taten als gesichert rechtsextrem einstuft und Richter (bei Bolsonaro in Brasilien waren es FÜNF Richter) dann einen Entzug des passiven Wahlrechts anordnen.
Ich sehe darin keine Willkürlichkeit, für was haben wir denn Verfassungsschutz und Gerichte?

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Hi @Gasti ,
wenn man die Extreme anguckt, ist es einfach. Aber es sind ja nicht nur Politiker, die in einer Rede übertreiben, das Münchner Landgericht hat die letzte Generation als „kriminelle Vereinigung“ eingestuft.

Und jetzt rate mal, was passiert, wenn wir ein entsprechendes Gesetz haben und alle Richter nach und nach durch parteitreue Richter einer neuen, etwas mehr als national gesinnten Regierung ersetzt werden…
Das Problem ist, die Grenze zu finden. Es soll sicher möglich sein, wenn wie im Falle Bolsonaro schwere Amtsverletzungen nachgewiesen werden.
Aber es muss schon schwerer sein, als nur jemandem das Mandat zu entziehen, weil er/sie in Wahlreden zu weit geht.
Wenn Du eine Formulierung hast, die sicherstellt, dass sie nicht einfach missbraucht wird, wenn die „falschen“ Leute das sagen haben, nur her damit. Wieviele Richter es sind, kann helfen, ist aber nicht unbedingt ausschlaggebend…

@Gasti Natürlich ist es wünschenswert, möglichst effizient gegen den AfD-Rechtsextremismus vorzugehen, aber bedenke:
Die Anforderungen an ein Parteiverbot sind aus guten Gründen sehr hoch – ein langes Verfahren ist in dem Falle nicht per se kein Fehler des Rechtsstaates, sondern zur Gewährung einer rechtsstaatlichen Qualität notwendig. Im Gegenteil sehe ich eher an deinem Ansatz die Gefahr, 100te Verfahren bzgl. einzelner Abgeordneter dem BVerfG anzuheimsen, die gleichsam große Hürden aufweisen dürften, aus Zeit- und Erledigungsdruck aber schnell abgehandelt werden müssten. Ist das noch ein rechtsstaatliches Verfahren?
Außerdem: Bedenken wir, wie die AfD und ihre Wählerschaft ticken. Gegen einzelne, besonders radikale Abgeordnete vorzugehen unterliegt der Fehlvorstellung, dass es zu einem Umdenken in der Wählerschaft kommen würde. Es bestärkt nur den Mythos des „Parteien-Establishments gegen die AfD“, das Opferdenken der Wähler, schafft Märtyrerfiguren und dürfte einen Pyrrhussieg darstellen, wenn die AfD dadurch Zuwanderung bekommt oder ihr Narrativ verstärken könnte.
Der AfD ihren Boden zu entziehen bedeutet, den Wählern das Zulaufbecken der Partei zu versagen und nicht, einzelne Figuren zu „beseitigen“ – verfassungsrechtliche Fragen von letzterem im Übrigen außen vor gelassen.

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Gegenargument gegen deine beiden Argumente: Hauptsache, wir HABEN ein Instrument, solche Politiker zu stoppen. Und ja, ich finde, wenn wir eine klare Regel aufstellen: wer droht, GG, Demokratie, Menschenrechte etc demontieren zu wollen, der fliegt aus dem Amt, dann zieht sich da nichts lange hin. Und ich denke, dass die AfD Wähler damit weit weniger ein Problem haben, als wenn man die ganze Partei verbietet. Unter ihnen selbst gibt es ja genug, die finden, dass der Flügel egtl aus der Partei gehört.

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Hier noch mal die Causa Kalbitz.
Es hat weder dazu geführt, dass gemäßigte Wähler der AFD den Rücken gekehrt haben, noch hat es dazu geführt, dass die AFD weniger nach rechts gerückt wäre, das Gegenteil war t Fall.
Auch möchte ich noch mal Aiwanger ins Gedächtnis rufen. Dominierend war nicht der Schock, was da ein stellvertretender Ministerpräsident (oder sein Bruder mit seinem Mitwissen) in seiner Vergangenheit zu Papier gebracht und verbreitet hat, sondern es fielen Worte wie Hetzjagd oder dem auffälligem Zeitpunkt der Veröffentlichung. Mehrere Bürger hatten sogar Beschwerde beim Presserat eingereicht.

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Aber das haben wir mit der Verwirkung der Grundrechte nach Art. 18 doch. Warum wir nun noch ein Verfahren brauchen, ist mir schleierhaft.

Der Flügel ist formal aufgelöst, bspw. Kalbitz kein Mitglied mehr und die AfD ist auf einem Höhenflug.

Kalbitz hätte schon längst aus jedem politischen Amt entfernt gehört.

Aber wir drehen uns im Kreis. Ich finde, der Verfassungsschutz sollte seinem Namen nach sammeln, was Politiker an Verfassungsfeindlichem von sich geben und ab einem bestimmten Level ein Richter Gremium solche Leute aus der Politik entfernen.

Andere sehen es bzw argumentieren anders, das habe ich schon verstanden.

Untersteht der Verfassungsschutz nicht dem Innenministerium? Dann wäre er ein politisches Organ und das Ansetzen auf Politiker grundsätzlich politisch.
Damit ist auch klar, dass es sehr gefährlich ist, ihn auf Einzelpersonen anzusetzen, vor allem, wenn diese Einzelpersonen politische Konkurrenten sind.
Mit diesem Argument könnte man Abhörmaßnahmen zum Beispiel gegen Sahra Wagenknecht rechtfertigen, je nach Definition auch gegen Kevin Kühnert, der sich einmal für die Verstaatlichung von Unternehmen ausgesprochen hat.
Auf jeden Fall gegen Hans Georg Maaßen und alle Mitglieder der Werteunion, was mit Sicherheit Gespräche mit hochrangigen CDUlern als Beifang brächte. Auch die EU-Spitzenkandidatin der Linken wäre als ehemalige Seenotretterin sicher jemand, gegen die ein Vorgehen rechtzufertigen wäre.
Je mehr ich darüber nachdenke: ich glaube, die hätten die Zeit gar nicht, sich AFD-Abgeordneten zu widmen.

So ganz verkehrt scheinen meine unzähligen Mails die letzten 2 Jahre in diversen Foren und an diverse Fachleute doch nicht gewesen zu sein:

schon knapp 320.000 Unterschriften für einen Antrag auf Grundrechtsverwirkung nach Artikel 18 GG gegen Bernd Höcke.

Jetzt kannst auch DU unterschreiben und den link teilen:

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Schon über 320.000 Unterschriften für einen Antrag auf Grundrechtsverwirkung nach Artikel 18 GG gegen Bernd Höcke.

Jetzt kannst auch DU unterschreiben und den link teilen:

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Ich behaupte: das wird der (Bundes-)Partei nicht schaden. Sie hat umgehend dementiert und auf ihr Parteiprogramm verwiesen. Daraus lässt sich nichts herausziehen, um das Verbotsverfahren voranzubringen. Das sind „Privatpersonen“, die sich dort „konspirativ“ getroffen haben. Und gegen einzelne Personen muss sich unsere Kraft richten.
Sollte die Bundes-AfD irgendwann eine charismatische Führungsfigur hervorbringen, könnte sie bundesweit noch deutlich mehr Stimmen erreichen als die 20%. Das sollten wir mit den rechtsstaatlichen Mitteln unterbinden, die uns das GG mit Artikel 18 an die Hand gibt.
Machen wir mit: Antrag auf Grundrechtsverwirkung nach Artikel 18 GG

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Ein Teil der „Privatpersonen“ sitzt im Bundestag und genießt damit erst mal Immunität.

Mich beschäftigt diese Thematik sehr und ich habe mittlerweile eine eindeutige Meinung gebildet.

Den Punkt „Märtyrer“ in der Art. 18 GG Debatte kann ich grundsätzlich nachvollziehen. Personen sind 1:1 ersetzbar und eine Partei wie die AFD wird immer eine Ersatzperson positionieren können - dafür gibt es eindeutig zu viele rechte Menschen, die leider auch gebildet und rhetorisch stark sind. Ich verstehe auch, dass die Energien eines BVerfG berücksichtigt werden sollten, vor dem Hintergrund des Umfangs solcher Verfahren gegen Einzelpersonen.

Die Verteidigung demokratischer Strukturen muss es uns jedoch wert sein diesen immensen Aufwand zu investieren, vor dem Hintergrund der Geschichte Deutschlands und vor dem Hintergrund unruhiger Zeiten in näherer Zukunft (alternde Gesellschaft mit gesellschaftsinternen Verteilungskämpfen, Hitze und Wassermangel als zusätzliche Fluchtursachen, Pflegekatastrophe). Unsere Demokratie muss sich dafür nachhaltig resilient aufstellen und der Gesellschaft muss klar sein, dass rechtsradikale Parteien hier keine Option sein werden.

Ich finde den Vorschlag der Lage-Autoren gut und zwingend, dass ein Parteiverbotsverfahren geprüft, bzw. eine Klageschrift verfasst werden sollte. Und wenn die rechtliche Bewertung der Beweislast ergibt, dass es für eine Klage vor dem BVerfG ausreicht, MUSS geklagt werden. Dann darf es keine politische Abwägung mehr sein, sondern dann müssen die Alarmglocken aller demokratischen verbeamteten Kräfte läuten um die Gefahr juristisch zu bekämpfen.

Es wird beschrieben, dass ein Verfahren zur Verwirkung von Grundrechten nach Art. 18 GG ähnlich umfangreich und von der Beweisführung her nahezu identisch zu einem Parteiverbotsverfahren ist.

Kurz:

  1. Parteienverbote und Grundrechtsverwirkungen prüfen (für beides sind die Kriterien ähnlich)
  2. Wenn Kriterien nach juristischer Beurteilung als erfüllt angesehen werden MUSS geklagt werden. Alles andere würde gegen Amtseide von verantwortlichen PolitikerInnen und BeamtInnen gehen.
  3. Wenn eine Klage erfolgreich war, müssen weitere folgen, sofern gleiche/ähnliche Kriterien gelten.

Eigentlich logisch…

Nein, wir reden nicht von „Personen“, sondern den führenden „Agitatoren“ (Agitation – Wikipedia) und auch nicht von dutzenden oder hunderten Verfahren, sondern von wenigen, gezielt ausgewählten Personen, den „Führungspersönlichkeiten“. Diese gibt es nicht in großer Zahl. Und damit reduziert sich der „juristische“ Aufwand doch erheblich. Die notwendigen Informationen stehen öffentlich im Netz zur Verfügung. Keine aufwändige Auswertung von „geheimen“ Dossiers. Oder warum hat das BMI noch keine Sichtung vorgenommen?
Es mag sein, dass wir damit Märtyrer schaffen, aber beim (Landes-)Parteiverbot liegt es nicht anders. Im Gegenteil: da kommt noch das Argument hinzu, dass man damit einer (leider) sehr großen Wählerschaft die Partei und damit die (demokratische) Wahlmöglichkeit nimmt.

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