Gewerkschaften, Mobilitätswende, Streik

In Deutschland gibt es ohnehin so gut wie keinen Arbeitskampf mehr. Und das bisschen was stattfindet, wird dann vom Michel immer noch als allzu störend empfunden, wenn er 1-2 im Jahr nicht Bahnfahren kann. Einfach nur erschütternd, der Mangel an Solidarität. Und das in einem Forum, das sich für Links hält.

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Ich kann die Kritik nachvollziehen, aber das Problem bleibt halt, dass hier aus linker Sicht ein Zielkonflikt vorliegt.

Zum einen haben wir das nachvollziehbare Interesse, dass die Arbeitnehmer gegenüber den Arbeitgebern gestärkt werden. Daher sind Streiks definitiv zu unterstützen.

Zum anderen kann man nicht bestreiten, dass Streiks im Bereich des ÖPNV, egal ob bei der Bahn oder den Verkehrsverbünden, dazu führen, dass das Auto gegenüber dem ÖPNV attraktiver ist, gerade eben weil die Arbeitnehmer, die wegen eines Bahn-Streiks nicht zur Arbeit kommen, dadurch nicht arbeitsrechtlich entschuldigt sind, sondern im Zweifel ein Taxi oder ein Mietauto nehmen müssen. Dem Interesse, den ÖPNV als Alternative zum Auto zu etablieren, läuft ein Streik entgegen.

Deshalb ist es nicht so einfach, einseitig die Streiks im Bahnsektor zu befürworten und den Gegnern einen „Mangel an Solidarität“ zu unterstellen oder gar die linke politische Gesinnung in Frage zu stellen. Es ist eine Frage, welcher Aspekt des progressiven politischen Spektrums stärker gewichtet wird: Arbeitskampf oder Umweltschutz.

Die wenigsten sind dabei völlig gegen den Arbeitskampf, also fast niemand hier will Streiks ersatzlos verbieten. Es wird eher diskutiert, wie man das Ziel von Streiks vielleicht erreichen könnte, ohne dass dadurch der ÖPNV an Attraktivität zu verliert, daher: Es wird versucht, diesen Zielkonflikt irgendwie in Einklang zu bringen.

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Ich kann @BrewSwillis nur beipflichten. Wie oft wird denn die Bahn bestrekt? Das sind alle paar Jahre mal wenige Tage - in der Regel rechtzeitig angekündigt. Nun zu sagen, das sei ein wesentlicher Grund, warum Menschen die Bahn als unzuverlässig ansehen und lieber aufs Auto umsteigen ist aus meiner Sicht eine arge Übertreibung - aus was für Gründen auch immer. Niemand kauft sich wegen ein paar Tagen im Jahr ein Auto - und wer schon eins hat, findet eh immer wieder Gründe, es zu benutzen. Am anderen Ende gibt es bei der Bahn mehrere Ursachen für die gestiegene Unzuverlässigkeit. Und eine davon ist die extrem dünne Personaldecke, die u. a. mit den Arbeitsbedingungen zusammenhängt - womit wir wieder bei den Streikforderungen wären.
Kurzum: Wer eine attraktive und zuverlässige Bahn will, sollte sich u. a. für gute Arbeitsbedingungen dort einsetzen und daher die Streikforderungen unterstützen!

BTW: Im internationalen Vergleich wird in Deutschland eher wenig gestreikt - es sei denn, man vergleicht das nur mit USA, UK oder der Schweiz:

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Ich würde hier noch hinzufügen, dass dieses Problem eher Menschen trifft, die wirtschaftlich eh nicht so gut da stehen und sich kein Auto leisten können haben und/oder keinen gut Bezahlten Büro Job in dem man einfach Homeoffice machen kann.

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Normale Arbeit passt nicht zu der klassischen Streikdefinition. Es gab aber auch schon Streiks bei denen die Arbeit nicht niedergelegt wurde. Ich glaube es waren Busfahrer in Mexiko, die bei einem Streik einfach die Fahrgäste umsonst mitgenommen haben. Das ist z. B. so ein Streik bei dem normal gearbeitet wird, aber trotzdem Druck auf den Arbeitgeber ausgeübt wird. Das gibt Unterstützung bei der Bevölkerung, statt genervte Menschen.

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Dieses Beispiel mit japanischen (oder jetzt mal mexikanischen) Menschen, die „streiken“, indem sie keine Tickets kontrollieren stammt meines Wissens ursprünglich aus einem Artikel des Focus. (Im Thread Neue „Streikmoral“"neue Streikmoral?" gab es darüber schon mal eine ellenlange Diskussion). Anlass war m. E. auch damals, dass sich einige Leute hier im Forum darüber geärgert haben, Zugreisen verschieben zu müssen. Dahinter steht also letztlich der Wunsch nach einem Streik, der für Kund:innen der bestreikten Unternehmen keine spürbaren negativen Auswirkungen hat.
Ich verstehe den individuellen Ärger darüber, wenn man eine richtige Reise wegen des Streiks nicht antreten kann, sehr gut. Aber was ich nicht verstehe, ist, wie man motiviert aus einer solchen persönlichen Betroffenheit so allgemeingültige Forderungen ableitet, die letztlich die Legitimität von Streiks unterminieren, wie es m. E. hier im Forum passiert. Noch erschreckender finde ich dabei, dass nur einzelne Forist:innen darauf hinweisen, dass es gute Gründe für ein solches Streikrecht gibt und dass es - aus der Sicht von Arbeitnehmer:innen - auch durchaus noch umfassender sein könnte.
Im Falle des Focus oder FDP verstehe ich diese Argumentation. Die würden, wenn sie könnten, das Streikrecht lieber heute als morgen komplett abschaffen.

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Habe dazu dieses Beispiel aus Japan gefunden, vielleicht meintest du das.

Grundsätzlich ein interessanter Ansatz, wobei ich da tatsächlich noch mal einen Strafrechtler konsultieren würde, ob das in Deutschland möglich ist. Unterschlagung/Diebstahl und co sind nicht einschlägig, weil nicht über Dinge (fremde bewegliche Sachen) verfügt wird, Erschleichung von Dienstleistungen ist nicht einschlägig, weil nichts erschlichen wird (und der Straftatbestand auch nur auf denjenigen abzielt, der die Dienstleistung annimmt) und sonst fallen mir auch keine Straftaten ein, die hier verwirklicht würden.

Ich denke, das macht durchaus Sinn. Letztlich sind Streiks ein Kampf zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, der ursprünglich gerade nicht auf dem Rücken der Bevölkerung ausgetragen werden sollte. Daher: Ursprünglich betrafen Streiks in aller erster Linie Fabrikarbeiter, hier war dann tatsächlich der Fabrikbesitzer der Leidtragende, wenn seine teure Fabrik stillsteht. Die Bevölkerung hat davon nur sehr indirekte Schäden (reduzierte Steuereinnahmen, in seltenen Fällen reduzierte Verfügbarkeit der produzierten Waren) zu spüren bekommen.

Durch die Ausweitung des Streikrechts auf Bereiche, in denen vor allem die Bevölkerung direkt negativ betroffen ist (Verkehr, Gesundheitswesen, Sozialwesen) hat sich die Bewertungslage schon ein wenig verändert, sodass die Frage, wie ein modernes Streikwesen aussehen kann, um den Arbeitnehmern mindestens einen gleich-hohen Einfluss gegenüber den Arbeitgebern geben zu können, ohne, dass darunter vor allem die Allgemeinheit leidet, schon Sinn macht.

Die Logik des Streikrechts ist z.B. auf nicht-gewinnorientierte Bereiche nur schwer anzuwenden, da es in diesen Bereichen für die Arbeitgeber nicht zu finanziellen Einbußen kommt, die ja eigentlich das primäre Druckmittel des klassischen Streiks sind. Viel mehr sind Streiks in diesem Kontext Demonstrationen, um die öffentliche Hand zu höherer Bezahlung zu zwingen. Dabei ist das Problem, dass alle hier verursachten Kosten letztlich von der Gemeinschaft zu tragen sind (Serviceausfallkosten, Mindereinnahmen, höhere Löhne - alles geht zu Lasten der Allgemeinheit).

Mir geht es daher ganz gewiss nicht darum, die Position der Arbeitnehmerseite zu schwächen, ganz im Gegenteil sogar. Die Frage ist nur, ob das klassische Streikrecht hier das Nonplusultra ist, oder ob es für den nicht-gewinnorientierten Bereich nicht bessere Wege gibt.

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Die Maßnahme ist mir auch sympathisch, allerdings frage ich mich neben der rechtlichen Situation (Diebstahl etc.) ob dieser Streik beim Arbeitgeber den gewünschten Effekt erzielen würde. Wahrscheinlich nur dann, wenn der Arbeitgeber (anders als bei vollständiger Arbeitsniederlegung) den Lohn weiter zahlen muss. Denn sonst wäre es vielleicht eher eine große Werbemaßnahme für das betroffene Busunternehmen.

Vielleicht sollten sich die Streikenden auch festkleben? Zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen.

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Ich hab mir dazu noch ein paar weitere Gedanken gemacht. Es bleibt dabei, dass ich nichts strafrechtlich relevantes finden kann, aber zivilrechtlich könnte es für die Streikenden sehr unangenehm werden, da hier wohl ohne Zweifel ein Sachverhalt für Schadenersatz wegen Pflichtverletzung vorliegt. Daher: Unterlässt es der Arbeitnehmer trotz der vertraglichen Pflicht, Tickets zu verkaufen, sondern nimmt er Leute umsonst mit, wäre das ohne Zweifel eine Pflichtverletzung, die nach dem aktuell geltenden Streikrecht nicht gedeckt wäre (dh. nicht durch „Streik“ gerechtfertigt wäre). Der Arbeitgeber könnte also vom Arbeitnehmer die Verluste, die er durch pflichtwidriges Unterlassen herbeigeführt hat, in Form von Schadenersatz verlangen, was teuer werden könnte.

Kurzum:
Derartige Streikformen sind rechtlich in Deutschland sehr gefährlich. Ob eine Änderung des Streikrechts sinnvoll wäre, um den Arbeitgeber stärker treffende, aber weniger Kollateralschäden verursachende Streikformen zu ermöglichen, ist da natürlich eine ganz andere Diskussion (siehe auch die Diskussion zum Erbe Nipperdeys im deutschen Arbeitsrecht…). Ich persönlich würde mir schon ein Streikrecht wünschen, das auch solche Formen des Arbeitskampfes zulassen würde, eben weil dann Streiks tatsächlich stärker diejenigen treffen könnten, die sie treffen sollen: Die Arbeitgeber.

Ich wünsche mir eine solche Gesetzesänderung nicht nur, sondern ich halte sie sogar für sehr wichtig und dringend. Denn wenn wir als Gesellschaft öffentliche Verkehrsmitteln wesentlich stärker nutzen wollen (was wir wegen Klimawandel müssen), dann sind Ausfälle wegen Streiks nicht akzeptabel.

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Das Streikrecht ist enorm wichtig und wird insbesondere in den systemrelevanten, oft zu schlecht bezahlten und nicht privilegierten Berufen eigentlich zu wenig und nicht etwa zu viel genutzt. Lösung: bessere Arbeitsbedingungen und ggf. höhere Löhne. Wenn Bahnchefs trotz diverser Probleme bei der DB Bonuszahlungen in erheblicher Höhe bekommen, wüsste ich wirklich nicht, warum die Arbeitnehmer ihr Streikrecht nicht nutzen sollten, auch wenn es für mich als Bahnfahrerin ärgerlich ist.
https://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/deutsche-bahn-richard-lutz-bekommt-gehaltsverdopplung-a-8dfb00b1-297e-46a3-8e74-0d2ee751ab3b

Kleine Anekdote am Rande: Ich wohne in Frankreich in Grenznähe zur Schweiz, also zwar Schengen Raum, aber nicht EU. Als die Grenzposten gestreikt haben, sah der Streik so aus, dass sie jedes Auto besonders gut kontrolliert haben. Und dass bei schon sowieso täglichen Rush-Hour-Staus… :wink:

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Das ist der typische „Beamtenstreik“. Da Beamte nicht streiken dürfen (wegen ihrer Treuepflicht gegenüber dem Dienstherren) entwickeln sich diese „Bummelstreik“-Methoden, die auch als „Dienst nach Vorschrift“ bekannt sind. Daher: Die Vorschriften werden wörtlich in einer Weise befolgt, die mit einer effizienten Arbeitsbewältigung nicht vereinbar ist.

Wie gesagt, es stellt sich die Frage, ob das Streikrecht das Nonplusultra ist, für das es in der Diskussion gerne gehalten wird. Die Frage, ob andere Maßnahmen nach entsprechenden Gesetzesänderungen nicht vielleicht besser sein könnten, um die Rechte der Arbeitnehmer gegen die Arbeitgeber durchzusetzen, muss doch zumindest gestellt und ernsthaft diskutiert werden können.

Ich finde es immer etwas problematisch, wenn der Streik, der historisch durchaus das beste Mittel war, als alternativlos angesehen wird. Wie gesagt, historisch trafen Streiks direkt den Arbeitgeber (Fabrikbesitzer), heute treffen Streiks häufig den Arbeitgeber kaum, dafür die Öffentlichkeit umso stärker. Eine Gesetzesänderung, die es den Arbeitnehmern erlaubt, Arbeitskampfmittel einzusetzen, die den Arbeitgeber stärker und die Öffentlichkeit weniger stark treffen klingt da eigentlich nur konsequent.

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Genau. Der Streik an sich ist kein Ziel, und sollte auch nicht so betrachtet sein. Er ist ein Mittel zum Zweck. Dieser Zweck – dass es den Arbeitnehmenden besser geht, wie auch immer man das nennt – ist extrem wichtig. Bessere Arbeitsbedingungen, bessere Löhne, besser you name it, das ist gut für alle Arbeitnehmer:innen und von daher auch für die breite Gesellschaft. Aber die Frage, die wir uns dringend stellen müssen, ist ob es kein besseres Mittel geben könnte um dieses Ziel zu erreichen als der Streik, wie wir ihn schon kennen.

Die Streiks machen es nicht nur unattraktiver für diejenige, die sich überlegen, umzusteigen. Die Streiks machen auch denjenigen, die schon umgestiegen sind, das Leben extrem schwer. Wer schon auf Auto verzichtet hat redet nicht mehr von den Unannehmlichkeiten des Streiks, sondern vom Zwang mitmachen zu müssen, ohne jegliche Art Entscheidungsrecht. Und dadurch wird, glaube ich, der politische und/oder rechtliche Druck auf ein Bahnstreikverbot immer und immer höher. Deswegen glaube ich ja, dass wir dringend eine Alternative brauchen, bevor es überhaupt dazu kommt.

Eben. Ich kann mir wirklich nix im Rahmen des aktuellen Streiksystems vorstellen, was wenigstens genauso mächtig wäre als der Streik, was aber keine große Kollateralschaden für die Bevölkerung verursacht. Deswegen bin ich der Meinung, dass wir was neues brauchen. Du hast vollkommen Recht, dass wir dafür auch ein neues Wort bräuchten, aber meine Wortschmiede ist gerade leider etwas kalt!

Ich würde das noch weiter gezielter formulieren: wer genau sitzt am Verhandlungstisch den Gewerkschaften gegenüber? Was für Anreize haben diese Personen? Es ist so leicht zu sagen, „der Arbeitgeber“ oder „das Unternehmen“ entscheidet sich für irgendwas, aber letzten Endes sind das ja Menschen all the way down. Wenn die DB dir solch ein fettes Bonus zahlt während die Gewerkschaften Streiks ankündigen, dann trifft dir die Streiks nicht nur kaum, sondern gar nicht – oder vielleicht sogar positiv, weil sie darauf hinweisen, dass du einen „guten“ Job machst, indem du wirklich jeden Cent Gehalt sparst, was du dem Unternehmen sparen kannst. Und deswegen finde ich es so eine interessante Idee direkt daran zu gehen, um die Gewerkschaften irgendein Werkzeug zu geben, was die Personen auf der anderen Seite des Tisches sehr gut trifft.

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Das lenkt zwar ein bisschen vom Thema ab, aber so einfach würde ich das nicht sagen. Kalifornien hat knapp 40 Millionen Einwohner:innen, also fast die Hälfte der Bevölkerung in Deutschland, in einem einzigen Bundesland. Und große Teile dieses Bundeslandes sind sehr konservativ. Das gilt auch für San Francisco, die in diesem Sinne Berlin sehr ähnlich ist: sie hat einen sehr, sehr konservativen Rand, und gerade deswegen gibt es Lokalen um San Francisco zu denen überhaupt keine Bahn fährt – weil die reichen konservativen die da wohnen es so schwierig wie möglich machen wollen, dahin zu kommen.

Ob man in SF auf ein Auto verzichten kann ist eine sehr komplizierte Frage, aber 30% der Haushälte da haben sich dafür entschieden. Selbst in Oakland, wo ich persönlich gelebt habe (aber in SF gearbeitet) war es kein Problem. Mit Bahn und Fahrrad ging’s prima, man muss nur, zum Beispiel, ganz gezielt eine Wohnung suchen, die nahe einer Bahnstation ist.

Nur zur Betonung: ich wollte und will nicht damit sagen, dass ich die Öffis in der SF Bay Area insgesamt besser finde als zB hier in Berlin – das tue ich nicht! Aber sie sind, meiner Erfahrung nach, deutlich zuverlässiger, was heißt, dass man sich viel besser darauf verlassen kann. Das System an sich ist viel kleiner, fährt nicht die ganze Nacht durch, ist kompliziert (BART vs Muni vs AC vs… was auch immer die South Bay hat), plus noch mehr, hat sicherheits- und hygienische Probleme die die Probleme in Berlin im Vergleich ziemlich lächerlich machen, aber trotzdem hat man eine sehr gute Planbarkeit. Es sei den, irgendwas passiert im Trans-bay Tunnel, dann ist die ganze Region am Arsch, aber daher wird schon drüber gesprochen, wann nen zweiten gebaut werden sollte.

  1. könnte die Unzuverlässigkeit der Bahn und zusätzlich die gefühlt immer häufiger auftretenden Streiks die Menschen dazu bewegen, doch nicht umzusteigen, weil das Auto im Verhältnis zur Bahn noch besser wird.

  2. bekommt die Bahn und auch deren Angestellten/Gewerkschaften zu viel Macht, wenn noch mehr Menschen umgestiegen sind.

  3. Wer Schuld daran hat spielt überhaupt keine Rolle. Das Ergebnis ist, dass es keine Verkehrswende geben wird.

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Diese Beschreibung ist m. E. vielleicht formal korrekt, ignoriert aber an die gesellschaftliche Bedeutung von Streiks. Formal betreffen Arbeitskämpfe immer nur Gewerkschaftsmitglieder und einzelne Unternehmen. De facto haben sie aber (je nach Fall unterschiedlich große) Auswirkungen darüber hinaus: Auf nicht organisierte Beschäftigte, auf andere Unternehmen, auf andere Branchen und teilweise sogar auf die Gesetzgebung. Und auf einer ganz anderen Ebene - aber die scheint in Deutschland wirklich kaum noch eine Rolle zu spielen - sind Streiks auch Teil des Kampfes um soziale Rechte, also wenn man so will, Bestandteil der politischen Auseinandersetzung.
Schon allein von daher ist „die Bevölkerung“ immer von den Auswirkungen von Streiks betroffen. Das nun auf negative Auswirkungen zu reduzieren, ist aus meiner Sicht sehr ahistorisch. Viele Regelungen, die uns heute selbstverständlich vorkommen (Tarifverträge, zeitliche Begrezung von Arbeitszeit, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall) sind ja nicht vom Himmel gefallen, sondern wurden zu einem nicht unwesentlichen Teil durch Streiks erkämpft. Und im Unterschied zu vielen anderen in Deutschland teile ich auch nicht die Ansicht, dass solche Kämpfe inzwischen obsolet geworden sind.

Das ist ein m. E. klare Folge von Privatisierungen. Wichtige Bereiche der Daseinsvorsorge - etwa Krankenhäuser und die Bahn, um nur zwei Beispiele zu nennen - waren nicht ohne Grund lange Zeit in staatlicher bzw. öffentlicher Hand. So waren etwa viele Menschen, die bei der Bahn gearbeitet haben, lange Zeit Beamte, das heißt sie durften gar nichts streiken. Dafür konnten sie aber auch die Vorteile eines Beamtenstatus genießen (vergleichsweise gute Bezahlung, vergleichsweise gute Arbeitsbedingungen, gute soziale Absicherung etc.). Ich finde es schon perfide, wenn man solche Betriebe erst privatisiert, in großem Stil Leute entlässt, für den Rest die Arbeitsbedingungen enorm verschlechtert und den Beschäftigten dann noch erzählt, wie gesellschaftlich unverantwortlich sie sich verhalten, wenn sie streiken wollen (damit meine ich jetzt nicht Dich, @Daniel_K!).

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Stichwort gefühlt. Die Streiks sind schlicht nicht öfter, es wird nur medial so aufgebaut, da es genügend politische Kräfte gibt, die gerne Arbeitnehmerrechte einschränken würde. Menschen die wegen der wenigen Streiks nicht umsteigen, steigen auch so nicht um und nutzen das nur als billige Ausrede.

Es ist sehr einfach Streiks zu verhindern, bezahl deine Mitarbeiter richtig und gleich die Inflation aus. Und wenn du das nicht willst schütte dir keine unerhört hohen Boni aus und gönn dir Gehaltserhöhungen.

Natürlich wird es die geben, es kommt nur drauf an in welcher Form und in welchem Umfang.

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Ist das mit der „größeren Unzuverlässigkeit der Bahn durch Streiks“ eigentlich sowas wie die berüchtigte „gefühlte Sicherheit“? Ich finde es erschreckend, wie eine behauptete Wahrnehmung ohne jeglichen Bezug zu Empirie hier im Forum so einfach zu einer Tatsache gemacht wird, über die Leute dann ernsthaft diskutieren. Nochmal zum Mitschreiben: Wenige Tage Streik alle paar Jahre sind nicht der Grund, warum die Bahn für viele Menschen als unzuverlässig gilt. Da hat die Bahn ganz andere Probleme - und zwar aufgrund ihres großartigen Managements und der politisch Verantwortlichen.

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Um so schlimmer, dass es in der Presse sehr viele Aufrufe zu weiteren Einschränkungen des Streikrechts gab, im Angesicht eines möglichen neuerlichen Bahnstreiks.

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