Generationengerechtigkeit

Hallo zusammen,

ich würde mich freuen wenn die Lage sich mal mit dem Thema Generationengerechtigkeit beschäftigen könntet.
Ich habe letztens die Folge Apokalypse und Filterkaffee zu dem Thema gehört, bei der das neue Diskussionspapier des Bundeskuratoriums dazu besprochen wurde. Das hat mich dazu angeregt nochmals darüber nachzudenken. Ich bin jetzt 23 stehe kurz vor meinem Masterabschluss in Elektrotechnik und mache mir schon einige Gedanken zu dem Thema. Denn neben dem offensichtlichen Thema der Klimakrise gibt es auch noch andere Themen die mich und viele in meinem Umkreis beschäftigen. Zum Beispiel, dass doch keine richtige Rentenreform gekommen ist und aktuell viele Fachkräfte in den Frühruhestand geschickt werden (Spiegelartikel 31/78). Solche Maßnahmen führen dazu, dass der wirtschaftliche Erfolg des Landes auf noch weniger Schultern verteilt sein wird. Zudem fühlt man sich auch etwas handlungsunfähig, unter anderem aufgrund des Ungleichgewichts bei Wahlen. Auch hier hat der ältere Teil der Gesellschaft mehr Einfluss.
Es würde mich sehr freuen, wenn ihr als Lageteam das Thema etwas genauer aufschlüsseln würdet und es dadurch auch mehr Aufmerksamkeit bekommen könnte.

Diskussionspapier Generationengerechtigkeit
Spiegelartikel

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Ja, das ist ein spannender Bereich. Und da geht es nicht nur um Rente.

Im ersten Schritt wäre es mal nützlich den Begriff „Gerechtigkeit“ zu. definieren. Das kann man nämlich auch aus ganz verschiedenen Blickwinkeln betrachten.

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Ein wirklich wichtiges Thema hast du da aufgegriffen, herzlich willkommen!

Die Befunde aus dem von dir verlinkten Diskussionspapier sind, denke ich, weitestgehend unstrittig.

Strittig sind hingegen die Konsequenzen, die daraus zu ziehen sind.

Da auch junge Menschen keineswegs einheitliche Interessen haben, lässt sich meines Erachtens das Thema „Generationengerechtigkeit“ als eine Art der zeitlich vertikalen Gerechtigkeit nicht diskutieren, ohne sich nicht auch mit Verteilungsgerechtigkeit als einer zeitlich horizontalen Gerechtigkeit auseinanderzusetzen.

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ja, das denke ich auch. Und daher plädiere ich dafür der nächsten Generation nicht einen Haufen Schulden zu vererben. Und auch nicht ein Haufen von 4-spurigen Autobahnen.
Die nächste Generation hat ganz andere Prioritäten - gut so.

Wenn ich mir die Ergebnisse der Jungwähler bei der Europawahl anschaue bin ich mir da nicht so sicher :face_with_peeking_eye:

Auch bei der letzten Bundestagswahl haben 23% der Erstwähler FDP gewählt. Ich fürchte hier sind auch starke Unterschiede in den jeweiligen Blasen vorhanden was das Thema Generationengerechtigkeit angeht…vor allem auch in Hinsicht auf unsere Solidargemeinschaft.

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Ich denke bei dem Thema gibt es viele interessante Nuancen, aber einige glasklare Bruchlinien zwischen „Alten“ und „Jungen“, zum Beispiel:

  • Klimakrise: Die Erderwärmung droht Teile der Erde unbewohnbar zu machen und gefährdet das Leben und die Lebensgrundlagen vieler Menschen auch in Deutschland. Dagegen werden die meisten Menschen über 60 die schlimmsten Folgen dieser Entwicklung wegen vorzeitigem Versterben nicht mehr erleben.
  • Bildung: Natürlich müsste es nicht so sein, aber in der Praxis nehmen praktisch ausschließlich (sehr) junge Menschen das öffentliche Bildungssystem in Deutschland in Anspruch. Und das hat die alte Generation völlig hingerichtet: zu wenige Lehrer, völlig überholte und den gegenwärtigen Herausforderungen gegenüber absolut unzureichende pädagogische Konzepte, absolut mangelhafte Infrastruktur. Und anders als bei der Rente wird hier aktiv gespart. Das ruiniert die Lebensperspektiven vieler junger Menschen.
  • Inklusion und Integration: Ob ein behinderter Mensch oder ein Einwandererkind vollwertiger Teil unserer Gesellschaft werden und sein persönliches Potenzial (auch zum Vorteil der Gesellschaft) ausschöpfen kann, entscheidet sich praktisch immer im Kinder- und Jugendalter. Die „Alte“ Generation (Lehrer, Eltern, Politiker, Verwaltung) arbeitet hier oft aktiv gegen diese Ziele, teils aus finanziellen Erwägungen, teils aus ideologischen und psychologischen Gründen.

An diesen und anderen Stellen lässt sich meiner Ansicht nach schon ein „einheitliches“ Interesse junger Menschen feststellen, das im Sinne einer Gerechtigkeitsdebatte auch wahrgenommen werden sollte. Es ist meiner Ansicht nach zum Beispiel absurd, dass wir immer noch pauschal die Renten erhöhen (anstatt nur die niedrigsten Renten anzupassen um Altersarmut zu verhindern), bevor nicht das Schulsystem ausreichend finanziert ist.

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Da kann ich dir nur recht geben.

Gleichwohl trifft ebenfalls zu:

Und ich ergänze noch, dass bei der letzten Europawahl so viele junge Menschen die rechtsextreme AfD gewählt haben wie im Wählendendurchschnitt.

Dass denen an Klimaschutz oder besseren Chancen für benachteiligte Gruppen gelegen wäre, würde ich bezweifeln. Auch denke ich, dass diese jungen Leute ein sehr anderes Verständnis von Bildung haben.

Man kann ja berechtigterweise der Meinung sein, dass diese jungen Wählenden faktisch gegen ihre eigenen langfristigen Interessen gewählt haben, aber es ist nun einmal so.

Auch ein Teil der Jüngeren hat - um ein Beispiel zu geben - entweder nicht durchdrungen, was eine sich zusehends verschärfende Klimakrise bedeutet, oder der denkt sich: „Nach mir die Sintflut! Und vorher werde ich mich schon irgendwie glimpflich durchwursteln.“

Wieder andere oder auch dieselben denken vielleicht, dass die gemeinwohlorientierte solidarische Finanzierung von Zukunftsaufgaben ihren persönlichen Vorteil als privilegierte Personen schmälern würde.

Usw.

Deshalb ist die Frage, welche Gerechtigkeitsvorstellungen denn mit dem Begriff der Generationengerechtigkeit (FDP-Wählende denken dabei vielleicht an die Aktienrente) verbunden sind, nicht ganz unerheblich.

Bei den von mir angesprochenen Themen ist mir das Wahlverhalten und die Selbstwahrnehmung der Erstwähler ehrlich gesagt egal.

Erstens betrifft diese Problematik primär Kinder und Jugendliche. Und wer denkt als 18 bis 21 Jähriger schon reflektiert über die Lebensrealität eines Sechsjährigen nach? Ich habe das damals jedenfalls nicht großartig in meine Wahlentscheidung einbezogen und ich würde mich auch Rückblickend als einen durchgehend progressiven Menschen bezeichnen.

Zweitens würde es kaum einen Unterschied machen, wenn wir allen Kinder ab dem 1. Lebensjahr das Wahlrecht gegen und diese dann auch noch alle zukunftsorientierte Parteien wählen würden. Der Anteil aller Menschen unter 20 Jahren an der Bevölkerung in Deutschland war 2023 18,8%, Tendenz fallend. Die junge Generation hat nie und wird nie politische Macht in Deutschland durch Wahlprozesse entfalten können.

Bei Kinder- und Jugendrechten bzw. Zukunftsrechten bewegen wir uns daher meiner Ansicht nach nicht bei Fragen der demokratischen Willensbildung, sondern im Bereich des Minderheitenschutzes. Es sollte auch durch demokratische Prozesse schlicht unmöglich sein, die Rechte von Kindern und Jugendlichen auf eine lebenswerte Zukunft, gute Bildung und Teilhabe an der Gesellschaft einzuschränken. Kinder und Jugendliche sind ein so kleiner und so wehrloser Teil unserer Gesellschaft, dass sich die politischen, materiellen und ideologischen Interessen der Mehrheitsgesellschaft ihren Bedürfnissen einfach immer unterordnen sollten.

Wenn das zu einer Rentenkürzung führt, dann ist das eben so. Ich hoffe das Verfassungsgericht kommt zunehmend auf diesen Trichter, das letzte Klimaschutzurteil lässt da ja hoffen.

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Einen sehr wichtigen Punkt sprichst du da an.

Einen sehr guten Punkt machst du da. Aber aufgrund dieser Problematik könnte es notwendig sein, die Rechte von Kindern und künftigen Generationen in der Verfassung noch zu stärken. Zumindest was Kinderrechte anbelangt, blockiert aber die CDU/CSU.

Hoffentlich wird diese Perspektive auch beim nächsten Klimaschutzurteil aufrechterhalten.

Auch ich halte übrigens nichts davon, Wahlrechte von Kindern auf deren Eltern übertragen zu wollen.

Die Zukunfts- und Gegenwartsrechte von Kindern und Jugendlichen müssen anders gestärkt werden.

Mit dem Punkt des Minderheitenschutzen hast du auf jeden Fall Recht. Ich habe mich sehr lange ehrenamtlich mit Kinder und Jugendpolitik beschäftigt und dabei ging es immer um zwei große Punkte. Zum einen, dass die Minderheit Kinder und Jugendliche bei Politik bedacht werden (zum Beispiel durch Jugendchecks, bei denen Gesetzte überprüft werden). Zum anderen aber auch Partizipation. Das funktioniert natürlich nur begrenzt auf Bundesebene, aber es gibt durchaus Modell die auf Regionaler Ebene funktionieren, bei denen Gedanken und Ideen von Jugendlichen Raum gegeben wird.

Für mich geht es allerdings vor allem um die großen strukturellen Fragen. Da möchte ich nochmal auf den Podcast verweisen, in dem Aladin El-Mafaalani (Prof. an der TU Dortmund) einige wichtige Punkte aufgezählt hat. Diese fasse ich mal kurz zusammen:

In allen Bundesländern nimmt die Qualität der Bildung ab. Die Anzahl an jungen Menschen, die ohne Abschluss die Schule verlassen nimmt zu. Und die wirtschaftliche Stärke Deutschlands fußt vor allem auf gut ausgebildeten Kräften. Da ist es doch essenziell sich um dieses Thema zu kümmern.

Die Generation der aktuell 20-30jähringen steht also vor einer Zukunft einer überalterten Gesellschaft für die Rente erwirtschaften werden muss. Zudem wird es viele alte Menschen geben, die in einen unterbesetzten Sytem gepflegt werden sollen. Außerdem werden die Kindern in heruntergekommen Schulen unterrichtet werden.

Um noch einen positiven Punkt aus dem Interview aufzugreifen. Man könnte es auch als Potenzial sehen, dass wir viele ältere Menschen haben. Die ja auch tendenziell länger fit sind. Eigentlich haben wir die nächsten Jahre noch viele Menschen, die sich um die junge Generation kümmern können.

Hier nochmal der Link zur Podcastfolge:

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Mit el Mafaalani gibt es auch noch eine andere gute aktuelle Podcast-Folge, mit mehr Fokus auf Inklusion: Im Aufzug mit Aladin El-Mafaalani - Im Aufzug

„Kümmern“ ist glaube ich nicht das Problem. „Zahlen“ schon eher. Solange weder Schulden gemacht, noch Steuern erhöht werden sollen, wird es keine ausreichenden Investitionen in Bildung, Inklusion und Klimaschutz geben. Und so lange es keine finanziellen Investitionen z.B. in Schulen gibt, werden sich die dort aktiven Akteure (Lehrer) auch massiv dagegen wehren, Zukunftsaufgaben wie Inklusion und eine Anpassung der pädagogischen Konzepte an die neuen Realitäten auch umzusetzen.

Die Schulden vererben wir so oder so. Entweder in Form von Staatsschulden, für die es aber einige gute und erprobte Methoden gibt, um sie zu reduzieren (Steuererhöhungen, Inflation). Oder in Form struktureller Defizite bei Infrastruktur, Bildung und gesellschaftlichem Zusammenhalt, die dann aber kaum innerhalb angemessener Zeitspannen reversibel sind. Vor allem, weil auch in 20 Jahren ja nicht auf einmal mehr Geld da sein wird, nur weil wir jetzt so toll sparen. Der beste Zeitpunkt einen Baum zu Pflanzen war vor 20 Jahren, der zweitbeste ist heute. Das gleiche gilt auch für Zukunftsinvestitionen, auch mit Schulden, egal ob der Chef des Bunds der Steuerzahler davon Migräne kriegt.

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Nun sollte man bei der letzten Bundestagswahl vor allem Corona betrachten. Da haben viele junge Menschen FDP gewählt weil die nahezu komplett gegen Maßnahmen waren und Merkel und Ihre Regierung eben sehr Kinder- und jugendfeindlich regiert hat, besonders während Corona. Das hat sich ja wieder Dank der inkompetenten Performance von Lindner, Kubicki und Co bereinigt. Und bei der Europawahl haben die meisten jungen Menschen kleine Parteien gewählt und somit nachvollziehbar gezeigt, das sämtliche etablierten Parteien unwählbar sind. Also 5% Hürde müsste fallen.

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CDU+AFD+FDP kamen zusammen bei den Jungwählern bei der Europawahl auf 40%. Das heißt hier ist zumindest eine Spaltung ebenso bei den Jugendlichen wie auch bei den restlichen. Ich sehe auch viele Jugendliche in meinem Umfeld die sich denken, ja bitte die Umwelt retten aber kannst du mich mit dem Auto ins Schwimmbad fahren? Ich fürchte das Bild ist doch erheblich differenzierter als es manche gerne hätten.

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Es geht hier im Thread aber doch um „Gerechtigkeit“ und nicht um Wahlverhalten. Gerechtigkeit ist ein normativer Begriff. Etwas ist gerecht oder ungerecht, unabhängig davon, ob damit politische Mehrheiten verbunden sind. Das Extrembeispiel aus der deutschen Geschichte: Die Entrechtung und mittelbar der Mord an den Juden im 3. Reich wurde von einer Mehrheit der deutschen Bevölkerung befürwortet, darum war das ganze aber doch nicht „gerecht“.

Insofern ist für die Diskussion, was eigentlich „Gerechtigkeit“ zwischen verschiedenen Generationen darstellt, erstmal egal wofür es auch politische Mehrheiten gäbe. Diese Mehrheiten muss und kann man ohnehin erst dann organisieren, wenn man ein normatives Ziel formuliert hat.

Völlig egal ist, wie wie spezifisch die jungen Wähler abstimmen. Erstmal repräsentieren diese nur einen Bruchteil der „jungen Generation“. Und dann sind sie bei der Bildung politischer Mehrheiten in unserer altersdominierten Gesellschaft auch mengenmäßig komplett irrelevant. Bei der Bundestagswahl 2021 waren ganze 3,4% der Wahlberechtigten zwischen 18 und 20 Jahre alt, und der Anteil dieser Gruppe wird weiter sinken.

Dagegen waren 2021 57,8% der Wahlberechtigten über 50 Jahre alt. Mal davon abgesehen, dass auch die Wahlbeteiligung in diesen älteren Bevölkerungsschichten größer ist, sind junge Menschen politisch de facto entmachtet.

Und dann kommt natürlich noch hinzu, dass die meisten Menschen, die in 50 Jahren noch leben werden, noch gar nicht geboren wurden und entsprechend noch nicht mal mittelbar eine politische Stimme haben.

Für die Diskussion über Generationengerechtigkeit kann es also gar nicht ausschlaggebend sein, wofür es bei jungen Menschen politische Mehrheiten gibt. Es muss eine gesamtgesellschaftliche normative Debatte geben, wie die Welt in 30, 50, 100 Jahren aussehen soll und dann müssen daraus politische Konsequenzen gezogen werden. Und wenn die Mehrheitsgesellschaft nicht bereit ist, im Rahmen eines demokratischen Gestaltungsprozesses diese Visionen zu entwickeln und umzusetzen, dann müssen Gerichte ein Mindestniveau an „Recht auf Zukunft“ erzwingen, genauso wie wir auch erwarten würden, dass sie das Recht auf Leben und Freiheit durchsetzen.

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Völlig richtig. Allerdings indizieren Wahlentscheidungen auch unterschiedliche Gerechtigkeitsvorstellungen, die dann in einen solchen Diskurs mit einfließen.

Dessen muss man sich einfach bewusst sein, wenn man die Diskussion führt.

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Schon der Wikipedia-Artikel „Generationengerechtigkeit“ macht deutlich, wie komplex und mithin auch kontrovers bis widersprüchlich mögliche Konzeptualisierungen sein können.

Lesenswert ist in dem Zusammenhang:

Und das Statistische Bundesamt versucht sich an möglichen Indikatoren:

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Ich finde die Verknüpfung dieser beiden Aspekte nicht hilfreich. Eine Wahlentscheidung kann ich aus sehr vielen Gründen treffen. Praktisch niemand wählt eine bestimmte Partei aus einem einzigen Grund. Viele Wahlgründe sind zudem nicht gerechtigkeitsorientiert, sondern werden Aufgrund von bestimmter Kandidatinnen, einer emotionalen oder familiären Bindung an eine Partei oder explizit egoistischen Gründen getroffen.

Das ist auch OK. Aber wenn ich einfach eine zufällige Person auf der Straße frage, was „gerecht“ ist und die Antwort dann mit dem Programm der von dieser Person gewählten Partei abgleiche, dann wird es da sehr oft nicht zu besonders großen Übereinstimmungen kommen.

Hinzu kommt, dass – wie oben schon erwähnt – die meisten Parteien den Aspekt der Generationengerechtigkeit überhaupt nicht explizit und detailliert in ihre Programmatik und Kommunikation aufgenommen haben. Die tagespolitische Debatte beginnt und endet meist mit der Frage der Staatsschulden und ob wir die Erde 1,5 oder 2,5 Grad wärmer werden lassen wollen. Auf der Grundlage kann ich also gar keine wirkliche Wahlentscheidung fällen.

Generationengerechtigkeit ist keine Linse, durch die Politik aktuell betrachtet wird. Das zu ändern, darum ging es dem OP in diesem Thread ja gerade.

Absolut. Darum sollten an meiner Meinung nach nicht über aktuelle politische Mehrheiten, sondern über die Bildung eines möglichst großen Konsens zum Inhalt dieses Konzepts reden.

Um diese Diskussion mal voran zu bringen:

Ich persönlich empfinde vor allem die Erhaltung eines maximalen Entfaltungspotenzials junger und ungeborener Menschen als wichtig. Konkret:

  • Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlage und ökologischen Ressourcen/Leistungen (einschließlich Biodiversität)
  • Bereitstellung eines allgemeinen, inklusiven und qualitativ hochwertigen Bildungssystems
  • Sicherung gesellschaftlicher Freiheiten und der Möglichkeit zur demokratischen Willensbildung (einschließlich der Verhinderung demokratiefeindlicher Vermögensakkumulation)
  • Bedarfsgerechte Erhaltung und Ausbau grundlegender öffentlicher Infrastruktur spezifisch mit Blick auf die Bedürfnisse zukünftiger Generationen.

Für meine Begriffe müssen hinter diesen gesamtgesellschaftlichen Aufträgen die Bedürfnisse der aktuell „alten“ Generationen immer in den Hintergrund treten. Die Debatte über fiskalische Generationengerechtigkeit empfinde ich als Nebelkerze, da das hier formulierte Ziel („der nächsten Generation keinen Schuldenberg hinterlassen“) praktisch ausschließlich auf Kosten jener erreicht werden soll, die man angeblich schützen will. Wer es mit fiskalischer Generationengerechtigkeit ernst meint, der hat meine Aufmerksamkeit wenn er eine deutliche Reduzierung der Renten oder Alterspflege zur Finanzierung der oben genannten Zukunftsausgaben fordert.

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Interessant. Welche Schlüsse ziehen kommende Generationen, wenn den aktuellen Rentnern die Rente gekürzt wird. Ich für meinen Teil würde in das Rentensystem keinen Cent werfen. Das soziale Rentensystem fusst auf dem Vertrauen, dass die heutige Generation die vorangegangene trägt. Wenn die morgige sagt: nö - kann ich heute schon mit Einzahlen aufhören.

Aber dann erklär uns doch bitte Mal was gerecht ist. Und bitte universell und objektiv, nicht auf Basis deiner moralischen Position.

Das Problem ist wie @Schnackerio schon schreibt, dass Gerechtigkeit vielstimmig ist und für jeden anders aussieht. Wie willst du in einem solchen Rahmen eine universelle Gerechtigkeit definieren?

Ich scheitere damit bei meiner Schwiegermutter regelmäßig. Für die ist das Recht meines Sohnes auf ein intaktes Klima zwar wichtig, aber sie findet es auch unheimlich ungerecht wenn sie aus diesem Grund nicht mehr in den Urlaub fliegen kann. Daher fliegt sie weiter und plädiert dafür, dass die Industrie erstmal Emissionen einsparen muss. Das sei viel gerechter als wenn sie nicht mehr fremde Kulturen erfahren kann.

Kann es überhaupt eine Generationengetechtigkeit geben?

Für die Älteren ist es gerecht, nach einem langen Arbeitsleben mit einem gewissen Wohlstand innen Ruhestand zu gehen. Die wollen ihren Lebensabend ohne Beschränkungen verleben und erwarten nach dem Generationenvertrag, das die jeweils arbeitenden Generationen für ihre auskömmliche Rente sorgen.

Die jüngeren möchten noch eine Welt in der sie gut leben können, eine Zukunftsperspektive samt Rente, das in einer guten und modernen Infrastruktur.

Das ist jeweils für den einen gerecht. Aber für beide?

Passt das zusammen?

Gerechtigkeit hat ja immer was mit Geben und Nehmen zu tun.
Im Moment sind wir ja in einer gesellschaftlichen Phase, wo das Nehmen eher im Vordergrund steht.