Genderverbot an bayerischen Schulen und Behörden

Warum um alles in der Welt sollte man andere Menschen denn nicht ernst nehmen? Im Gegensatz zu den Unionspolitikern wollen sie ja nicht anderen Menschen etwas vorschreiben.

Schade, offenbar ist es einigen Menschen nicht möglich, dieses Thema ernsthaft und nicht nur in Form von oberflächlichen Polemiken zu behandeln.

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Ich auch zum Beispiel das hier:

Wüsste nicht, dass das bisher ein Problem war und regelmäßig Behördenschreiben mit „Tschö mit Ö lieber Steuerzahler“ endeten.
Gerade das Duzen ist auch vom Genderverbot nicht betroffen - sondern von der professionellen Abstandsregel.
Um es mit Ehring von extra3 zu sagen: das Genderverbot trägt zur besseren Verständlichkeit von Behördenschreiben genau, und ich runde jetzt großzügig auf, 0 bei.

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Das ist in der Tat eine Phantomdebatte, eine klassische Nebelkerze.

Behördenschreiben waren stets aus vielen Gründen unverständlich, aber das Gendern gehörte definitiv nie dazu. Gerade die komplexen, unverständlichen Schreiben im Juristendeutsch wurden nie gegendert, gleiches gilt für Gesetzestexte und Verordnungen.

Grundsätzlich tendiert das Behördentum und der ganze öffentliche Dienst zu einem eher distanzierten, professionellen Sprachgebrauch - in den wenigen Ausnahmefällen, in denen mal ein unangebrachter Sprachgebrauch Verwendung fand, konnte der Dienstherr auch zuvor schon disziplinierend eingreifen. Ein allgemeines Gender-Verbot war hier auch einfach zu keinem Zeitpunkt notwendig.

Abgesehen davon führt es zu absurden Situationen. Was, wenn eine Behörde eine Gruppe ansprechen möchte, die sich bewusst als divers betrachtet? Beispiel: Christopher Street Day oder jede andere Demonstration für die LGBTQI-Rechte. Hier wäre es gerade der angemessene, zielgruppenorientierte Sprachgebrauch, mit Sonderzeichen zu gendern. Ebenso wie auch Behörden, wenn sie gezielt Kinder adressieren, zum Duzen übergehen, was absolut unproblematisch ist. Solche Verbote nehmen gerade die Flexibilität, angemessen auf die Zielgruppen staatlichen Handelns reagieren zu können.

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Aber mal ganz grundsätzlich, was soll denn eigentlich konkret passieren, wenn man trotzdem gendert? Einen Beamten wird man daher wohl nicht des Dienstes entheben können. An Schulen kann es für Schüler Punktabzug geben, aber bei dem herrschenden Lehrermangel, wird man wohl auch wegen solchen Lappalien nicht auf Personen verzichten können und wollen :wink: Bei Strafzahlungen wäre ich auch mal gespannt, ob das vor Gericht dann tatsächlich hält.

In erster Linie wird hier mit dem Druck im Hinblick auf Beförderungen gearbeitet. Daher: Wer wegen Gendern angeschwärzt wird und deshalb Aktenvermerke und Ermahnungen sammelt, wird wohl eher nicht befördert werden. Und auch Lehrer wollen gerne Oberstudienrat werden, manche auch noch Studiendirektor, mit jeder dieser Beförderungen sind etwa 300 bis 500 Euro mehr im Monat verbunden…

Söders Aufruf zum Anschwärzen von Lehrern (natürlich in der BLÖD-Zeitung veröffentlicht) hat auch endgültig den Bayrischen Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV) in den Protest getrieben…

Also ja, Beamte werden deshalb i.d.R. kaum entlassen werden, wobei selbst das theoretisch bei fortgesetztem Verstoß denkbar wäre.

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Doch. Der Dienstanweisung sich zu widersetzen kann zur Kündigung führen. Was ja grundsätzlich auch sinnvoll ist.

In Zeiten von KI, was ist den das Problem ein Programm zu schreiben das aus „Beamt:innen“ ein „Beamte und Beamtinnen“ macht oder umgekehrt? Bei Beamtendeutsch erwarte ich ja sogar eher das Abkürzungen ausgeschrieben werden zur besseren Verständlichkeit und das ist der Doppelpunkt/* doch. Eine Abkürzung der Formulierung um alle mitzunehmen.

Bin ja immernoch für Beamtli als Geschlechtsneutrales neues Wort. Dann gibt es die ganze Diskussion nicht und neue Wörter lassen sich scheinbar recht leicht in den Duden bringen (Siehe Jugendwort des Jahres).

Zur Erklärung: * steht auch für alle anderen.

Also ich finde -li als neue Endung sollte sich durchsetzen. Lässt sich gut lesen und schreiben und keiner ist verwirrt.

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Bin im öD: Wir haben seit geraumer Zeit ein CDU-geführtes Haus, vorher Grün - seit dem sind Gendern und angedockte Nebenschauplätze eher nebensächlich bzw. komplett aus dem Fokus gerückt; das ist meiner subjektiven Meinung nach, sehr zuträglich für die Sacharbeit.

Es muss sich nun niemand mehr das Hirn verdrehen, wie man möglichst gendergerechte Texte noch halbwegs lesbar gestaltet.

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Dafür bräuchte es aber kein Verbot, und das ist ja die Debatte. Es gibt eben kein Gebot, dass Ämter gendern müssten. Aber warum will man es einem Beamten verbieten, sich Gedanken zu machen? Wie gesagt, wenn die Verwaltung mal öffentlich mit LGBTQI-Vertretern interagiert (z.B. sich an Aufrufen zum CSD beteiligt) fände ich es schon absurd, wenn die Behörde in diesem Kontext nicht gendern dürfte, obwohl es ganz klar Zielgruppenorientiert wäre. Wie oben schon gesagt: Wenn die Behörden Kinder ansprechen wollen (z.B. in Sicherheitskampagnen) werden die Kinder auch ganz selbstverständlich, zielgruppengemäß geduzt. Ein generelles Verbot verhindert zielgruppengemäße Ansprache.

Absolut, und wenn wir schon dabei sind, können wir bitte die Artikel direkt mal auf einen zusammenstreichen wie im Englischen - ja, „das Tomate“ hört sich erstmal komisch an, aber es bräuchte keine Generation, bis es komplette Normalität wäre. Die deutsche Sprache bräuchte mal eine richtige Reform mit dem Ziel der Vereinfachung - dann klappt’s auch besser mit der Fachkräftezuwanderung. Aber das wird man gegen die konservativen Sprachschützer nie durchsetzen können, leider. Meiner Meinung nach sind Sprachen mit mehreren Artikeln einfach ein Relikt der Vergangenheit…

Finde ich schwierig. Es gibt im Deutschen einige Wörter, die sich nur durch den Artikel unterscheiden. Wenn‘s nur noch „das“ als Artikel gibt, werden Texte schwerer verständlich (Heide als Landschaft oder Religionsanhänger, Leiter als Steighilfe oder Stromleiter, Steuer für den Staat oder im Fahrzeug, etc.).
Und um Deine Idee weiterzudenken: Wenn es nur noch einen Artikel gebt, kann man den auch gleich weglassen. Viele Sprachen, wie z.B. Ukrainisch, Japanisch oder Türkisch, kommen schließlich völlig ohne Artikel aus.

Ist das jetzt Polemik oder Ernst gemeint? Wir können die deutsche Sprache auch direkt aufgeben und die Englische übernehmen das sollte auch in einer Generation über die Bühne gehen. Türkisch würde sich alternativ auch anbieten, dort gibt es kein grammatikalisches Geschlecht oder Artikel. Wie heißt es nicht immer von den Gender Befürwortern: „Sprache schafft Wirklichkeit“ - wer würde nicht gerne in einer solch inklusiven Gesellschaft wie der Türkischen leben wollen?

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Das ist ernst gemeint, aber mir ist bewusst, dass die Gesellschaft noch nicht so weit ist… leider.

Läge es in meiner Entscheidungsgewalt, wäre das vermutlich der Weg, den ich gehen würde. Englisch wird als Primärsprache unterrichtet, Deutsch als Zweitsprache. Aber again: Ich bin mir bewusst, dass die Gesellschaft leider noch nicht so weit ist, bin aber zuversichtlich, dass es langfristig die Richtung sein wird.

Das wiederum ist Polemik. Die türkische Gesellschaft ist nicht wegen der türkischen Sprache, wie sie ist. Ja, Sprache schafft Wirklichkeit, aber niemand behauptet hier eine Monokausalität, also dass Wirklichkeit einzig von Sprache geschaffen wird.

Das ist ein legitimes, aber relativ schwaches Argument. Doppeldeutigkeiten gibt es auch aktuell schon ziemlich viele in der deutschen Sprache - in aller Regel wird aus dem Kontext sehr deutlich, welche der möglichen Bedeutungen gemeint ist. In den seltenen Fällen, in denen das nicht offensichtlich ist, muss man eben nachfragen - wobei dem Sprecher das i.d.R. schon selbst auffallen wird, er also klarifizieren wird, wie es auch heute bei Doppeldeutigkeiten schon geschieht.

Die Vorteile einer massiven Vereinfachung der Sprache und des Sprache-Lernens überwiegt meiner Meinung nach eine geringe Zahl von zusätzlichen Doppeldeutigkeiten, die in aller Regel aus dem Kontext deutlich werden… aber wie gesagt, es ist völlig klar, dass das eine sehr theoretische Diskussion ist.

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Nebenbei, da einige diese Diskussion vermutlich albern finden werden, weil sie eben so theoretisch ist, möchte ich Folgendes noch zum Nachdenken einwerfen:

Solche massiven Veränderungen wie der Wegfall der Artikel kamen in der Vergangenheit ganz natürlich vor. Englisch ist auch eine germanische Sprache, die Artikel sind (ebenso wie die meisten Morpheme) über die Zeit schlicht weggefallen. Der Grund war stets eine Vereinfachung der Sprache, daher: Menschen neigen dazu, Sprache im alltäglichen Gebrauch zu vereinfachen und diese Vereinfachungen setzen sich ganz natürlich irgendwann durch.

Das Problem ist, dass wir diese „natürliche Evolution zur Vereinfachung“, die eigentlich jede Sprache durchläuft, durch die Kodifizierung der Sprache gestoppt haben. Dadurch, dass wir großen Wert darauf legen, den aktuellen Status Quo als „Hochsprache“ zu unterrichten und an alle neuen Lernenden weiter zu geben und Institutionen die Einhaltung dieser Hochsprache überwachen und jede Abweichung als Fehler normieren, wird die Sprache effektiv zu weiten Teilen eingefroren.

Das hat natürlich massive Vorteile - niemand wird bestreiten, dass die Sprache dadurch deutlich einfacher anwendbar und verständlich wird, weil man nicht mehr etliche Variationen hat (wer mal mit (spät-)mittelalterlichen Texten gearbeitet hat weiß, auf wie viele unterschiedliche Arten das gleiche Wort teilweise geschrieben wurde). Das Problem ist aber eben: Es gibt keine Evolution mehr, auch keine Evolution zur Einfachheit. Genau deshalb macht es Sinn, aus rein linguistischer Perspektive einen Blick auf andere Sprachen und deren Entwicklung zu werfen und zu überlegen, ob man nicht einen künstlichen Evolutionssprung einlegen will, welcher der Evolution anderer Sprachen nachempfunden ist. Denn auch wenn eine streng kodifizierte Sprache einfacher zu verstehen ist, als eine nicht-kodifizierte Sprache mit all ihren Variationen, gibt es je nachdem, wie die streng kodifizierte Sprache geregelt ist, eine gewisse Basis-Schwierigkeit, die man ohne eine evolutionäre Reform nie senken können wird. Die drei Artikel sind Teil dieser Basis-Schwierigkeit.

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Ich teile die Argumentation, dass die Vereinfachung der Sprache durch die Kodifizierung gestoppt wurde und ziehe daraus den Schluss, dass wir künstliche Evolutionssprünge herbeiführen sollten und zwar mit dem ausschließlichen Ziel, die Sprache zu vereinfachen.

Die Abschaffung oder Vereinfachung der Artikel wäre so eine Option. Die meisten Vorschläge bzgl. Gendersprache verstehe ich in diesem Sinne hingegen als linguistische Rückschritte. (Man stelle sich vor, wir würden nun „Schüler:in“ einführen. In einigen Generationen würde die – natürliche oder künstliche – Evolution dazu führen, dass wieder nur noch von „Schüler“ gesprochen wird.) Ein „evolutionär-fortschrittlicher“ Vorschlag bzgl. Gendersprache (d.h. zumindest ähnlich einfach wie das generische Maskulinum) besteht in der Entgeschlechtlichung nach Phettberg (Singular „das Schüly“; Plural „die Schülys“).

Tatsächlich gibt es eine Sprache, die weltweit gesprochen wird: die Gebärdensprache. Und das faszinierende: sie kommt ohne Genus aus.

Fully ageee, aber geht es wirklich darum, oder ist der Use-Case eher, dass Personen das Gendern nutzen um ihre persönliche politische Haltung in ihrem Amt zur Schau zu stellen. Das kann man als Konservativer nicht, als Linker/Progressiver aber schon.

Ich kann mir schwer vorstellen, dass es tatsächlich zielgruppenorientiert genutzt wird, sondern eher, um ein persönliches politisches Statement zu setzen.

Das Statement ist nur wahr, wenn man von er „Normalität“ des Nicht-Genderns ausgeht. Dann kann der Konservative natürlich nicht von der „Norm“ abweichen, indem er nicht gendert, weil das ja bereits die Norm ist, der Progressive hingegen schon, indem er gendert.

Wenn diese „Normalität“ aber schon nicht mehr besteht, kann der Konservative seine politische Haltung durch Nicht-Gendern und der Progressive durch Gendern zum Ausdruck bringen.

Ich kann mir hingegen - und ich hatte als gesetzlicher Betreuer beruflich schon sooo viel mit so ziemlich allen Behörden zu tun - kaum vorstellen, dass die Behördenmitarbeiter „persönliche Statements“ raushauen wollen - sowas dürften absolute Ausnahmen sein. Das Beamtenschaft ist im Kern immer noch etwas konservativer als die Normalbevölkerung und „Linke“ sind definitiv nicht überproportinal vertreten. Die meisten Beamten wollen es einfach nur „richtig machen“, sie wollen keine „Fehler machen“.

Aber auch diese ist nicht einheitlich weltweit und hat auch andere Probleme. Zum Beispiel Namensgebärden die teils verletzend sein können da sie häufig auf Äußerlichkeiten abzielt.
Doppelkinn für Kohl oder die Mundwinkel von Merkel sind da ein Beispiel.

Was spricht den gegen -li als Ergänzung zur Geschlechtsneutralen Aussage?