Friedenslösungen Ukraine bis Russland: konkrete Ideen

Letztlich entscheidet die Ukraine, wie weit sie bereit ist zu gehen. Was auch davon abhängt, inwieweit sie sich dabei unterstützt fühlt.
Natürlich wird es bei Friedensverhandlungen zu Kompromissen kommen, die insbesondere für die Ukraine schmerzhaft sein werden. Alles andere wäre wohl unrealistisch.
Aber wie gesagt, das entscheidet die Ukraine.
Für uns im Westen wird die Frage interessant, was die Zukunft bringt, wenn Putin zu dem Schluss gelangt, militärische Gewalt lohnt sich für ihn und er den „Westen“ als schwach wahrnimmt.
Ob wir dann ernsthaft bereit sind, uns mit möglichen Konsequenzen zu befassen.

Das letztlich allen (außer offensichtlich Putin) an einem schnellen Ende des Krieges gelegen ist, würde ich mal unterstellen, vor allem den Ukrainern.
Denen stellt sich aber die Frage, was ist die Alternative zum „Nicht-Kämpfen“?

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Gibt ja eine aktuelle Umfrage (unter der Zivilbevölkerung) in der Ukraine. Gerade im Osten ist z.B. die Bereitschaft für Verhandlungen deutlich niedriger als im Rest der Ukraine. Obwohl doch genau im Osten die angeblichen ethnischen Russen leben, die Putin befreien will. Im Süden ist zwar auch angeblich russisch, aber nicht so stark vom Krieg betroffen, hier wären 60% für Verhandlungen bereit.
Zumal dann am Ende einer solchen Wahl wie schon gesagt fraglich ist, ob Russland das akzeptiert. Da muss es dann deutliche Sicherheitsgarantien geben und z.b. auch China dahinter stehen, was die Bevölkerung abstimmt

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Welche Alternative man da auch finden will, setzt erstmal voraus, die Abschreckung wiederherzustellen. Solange westliche Regierungen sich von nuklearer Erpressung aus Moskau diktieren lassen, wie und wann sie die Ukraine unterstützen, funktioniert da offensichtlich was nicht. Selbst wenn man annimmt, dass die NATO auf jeder Eskalationsstufe rein materiell schlagkräftiger ist, als Russland, ist man in Moskau offenbar überzeugt, dass die NATO erpressbar ist. Solange das so bleibt, bleiben nur schlechte Lösungen und an dieser Dynamik würde auch keinerlei diplomatische Vereinbarung etwas ändern: Solange Moskau willkürlich bestimmt, welche Verbrechen sie nuklear abdecken wollen, welche Gebiete gefälligst übergeben, welche politischen Entscheidungen zu treffen sind, und der Westen muss dann mehr oder weniger zurückweichen, wird nichts besser werden. Besser wäre eine Strategiewechsel: Wir liefern, was unsere industrielle Basis hergibt, ohne Limit auf Mengen und Zielauswahl. Bis das vorbereitet wäre, könnte man Russland (nicht öffentlich) ein Ultimatum setzen, sich zurück zu ziehen. Dafür bräuchte es natürlich die politische und gesellschaftliche Entschlossenheit, sich nicht weiter erpressen zu lassen und daran fehlt es. Deswegen sind die guten Alternativen aktuell nicht machbar.

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Wenn wir mal die Gedanken der selbsternannten „Friedensexperten“ Weidel (AfD) und Wagenknecht (BSW) und ähnliche weiterspinnen:

Schritt 1:
Wir lassen im Westen die Unterstützung für die Ukraine komplett sein (auch eine USA), heben sämtliche Sanktionen gegen Russland auf, kaufen dann wieder in großen Mengen Gas und Öl von Russland.
Das käme dann recht schnell einer Kapitulation der Ukraine gleich.
Würde man das, was nach 2,5 Jahren Krieg mit vielen Opfern auf beiden Seiten, danach in der besetzten Ukraine passieren würde, als „Frieden“ bezeichnen?

Schritt 2:

Wir fahren die Verteidigungsausgaben drastisch runter, verkleinern die Bundeswehr ebenso drastisch, treten aus der NATO aus. (Was wäre dann eigentlich mit unseren Rüstungsunternehmen? Müssen die dann schließen?)

Welche Botschaft kommt dann zum Beispiel bei Putin an? Nach den bisherigen Erfahrungen?

Auch mal konkret an @HaBaWu gefragt.

Ganz zu Beginn des Krieges, hätte man von westlicher Seite konsequent „All-in“ (hinsichtlich Waffenlieferungen) gemacht und den russischen Vormarsch energisch gestoppt, wären wir schon längst in fortgeschrittenen Friedensverhandlungen, denke ich.

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Ich habe Verständnis dass die Ukraine während des Krieges keine Wahlen abhält. Somit entscheidet Selenski wie der Krieg geführt wird und nicht die Ukraine. Von außen kann ich die Motivation der Ukrainer kaum einschätzen aber die unentwegte Mobilisierung via Gewalt scheint eine Art Abstimmung mit den Füßen widerzuspiegeln

Ich wusste gar nicht, dass die Anzahl von Clips zu einem Thema auf Social Media repräsentativ für die Häufigkeit und Dringlichkeit dieses Themas ist. Wieder was gelernt.

Wer nochmal nachlesen möchte, was Russland 2022 als „Frieden“ vorgeschlagen hat, kann das hier tun: LDN 371 zu zwei Jahre Ukraine Krieg - #5 von Flixbus

Hast du auch Argumente, warum „wir“ akzeptieren „müssen“, dass nicht mehr das verhandelte internationale Recht, sondern das Recht des Stärkeren gelten soll?

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Polemik on
Au ja! Endlich mehr „Freistaaten“ in Schottland, Katalonien, Bayern etc. pp. Von Jugoslawien und der Sowjetunion lernen! Vorschlag: Wir halten einfach in allen Gebieten, in denen Menschen auf einem subnationalen Level irgendeine kollektive Identität teilen, regelmäßig Abstimmungen ab, aus denen dann automatisch eine völkerrechtlich bindende Staatswerdung folgt. Am besten alle 5 Jahre. Das bringt wenigstens etwas Dynamik in die in den letzten Jahren so langweilig und berechenbar gewordene internationalen Politik. Und auch Populisten bekommen bei all der Rationalität in der Politik endlich mal eine Chance, öffentlich Gehör zu finden. Und die UN führt eine eigene Behörde zur Registrierung von Staaten ein, die tägliche Updates veröffentlicht. /Polemik off

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Dazu auch ein interessanter (:wink:) Vorschlag von Frau Wagenknecht:

Konflikt mit den jetzigen Grenzen einfrieren, dann lange verhandeln, und in paar Jahren Wahlen in den Gebieten abhalten. Dann können die Menschen dort entscheiden, wo sie zugehörig sein wollen.
In den russisch besetzten (und mit Russen „aufgefüllten“) Gebieten nach russischen Wahlmassstäben…da wäre ich auf das Ergebnis gespannt…

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Ja, genau so. Vielleicht nicht alle 5 Jahre, einmal pro Generation reicht sicher auch. Dabei werden sich bestimmt ausreichend Beispiele bilden, anhand derer man die Vor- und Nachteile einer Selbstständigkeit fundiert diskutieren kann. So wie es das UK für einen EU-Austritt gerade vormacht.

Das Selbstbestimmungsrecht der Völker ist ein Grundrecht des Völkerrechts. Es besagt, dass jedes Volk das Recht hat, frei über seinen politischen Status, seine Staats- und Regierungsform und seine wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklung zu entscheiden. Dies schließt seine Freiheit von Fremdherrschaft ein.

Das ist genau der Geist von „Minsk IlI“.Man erkennt die Fakten, die die russische Armee mit Gewalt und in mutwilliger Missachtung diverser internationaler Verträge geschaffen hat an, erteilt ihnen eine pseudo-demokratische Legitimation und sichert Putin & Co eine verbesserte Ausgangslage für den nächsten Angriff auf die Ukraine in ein paar Jahren. Ich grusele mich davor wie realistisch es trotz aller Rhetorik geworden ist, dass wichtige NATO-Staaten so einen schmutzigen Deal unterstützen.

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Was auch deutlich wird: man sollte sich nicht allzu sehr auf westliche Unterstützung und Zusagen verlassen.

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An ihren Taten sollt ihr sie erkennen und die zeigen die Grenzen der Unterstützung der Ukraine überdeutlich. Das war schon relativ früh zu sehen, als man die Ukraine davon abhielt, 30.000 Russen auf der „falschen“ Seite des Dnepr abzuschneiden: Allzu schwere Niederlagen soll Russland nicht erleiden. Hinhaltender Widerstand ist „erlaubt“.

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Vielleicht auch zum Thema aus westlicher Sicht (wenn auch sicher zynisch):

Plant man ggf das Scheitern der Ukraine bewusst ein? Das man auch im Westen weiß, das Verhandlungen im Sinne der Ukraine nur Sinn machen, wenn Russland militärisch unter Druck steht.
Aber man diesen Druck aus verschiedenen Gründen nicht in letzter Konsequenz ausüben will:

  1. um Putin nicht innenpolitisch an die Wand zu stellen, weil man nicht wer ihm folgen würde
  2. keinen zu hohen Druck zu erzeugen, damit Russland nicht doch zu Atomwaffen greift
  3. man der Ukraine die „alten Sachen“ aus den Depots überlassen hat, plus bissl was neues (Iris-T), aber man alles neue, was man grad produziert, selbst braucht, um die Versäumnisse der Friedensdividende aufzuholen

Also quasi die Ukraine minimal so unterstützt, um Russland möglichst lange hinzuhalten und dabei „abzunutzen“, um Zeit zu gewinnen, die eigenen Verteidigungsfähigkeiten (ggf ohne eine USA) wieder aufzubauen, was Jahre dauern wird

Also, ganz böse formuliert, ist die Ukraine politisch so ein bisschen Bauernopfer??

Zumindest Klitschko als Kiews Bürgermeister äußert schon Gedanken hinsichtlich Gebietsabtretungen:

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Ich habe vielleicht nicht ganz deutlich gemacht, worauf ich hinauswollte.

Mir ging es darum, den Ausgangsgedanken dieses Themas und @HaBaWu ernst zu nehmen und konsequent zu Ende zu denken: wie würde eine konkrete „Friedensdiplomatie“ im Sinne einer Wagenknecht derzeit aussehen? Welches Endergebnis würde sie anstreben? Was würde dieses Endergebnis eigentlich voraussetzen und für die Beteiligten bedeuten?

Referenden über den nationalen Status eines umstrittenen Territoriums sind ein historisch beliebtes Mittel, um diese Art von Konflikt beizulegen. Daher würde dieser Weg am nächsten liegen. Wie ich aber schon oben herausgestellt habe, glaube ich derzeit nicht, dass so ein Prozess erfolgreich gestaltet werden könnte – oder das Putin überhaupt bereit wäre, in so einen Prozess einzusteigen.

Insofern: ich bin ja mit dir auf einer Linie, was die Situation in der Ukraine angeht. Trotzdem ist es manchmal hilfreich, sich mit den Argumenten der Gegenseite so auseinanderzusetzen, als ob man sie selber vertreten würde.

Was Unabhängigkeits- /Nationalitätsreferenden insgesamt angeht: ich stehe ihnen ziemlich neutral gegenüber, ihr Nutzen und ihre Sinnhaftigkeit ist zu 100% vom konkreten Kontext abhängig. Hätte Schottland für die Unabhängigkeit gestimmt, dann hätte ich das begrüßt und rückblickend (Brexit) wäre es wohl eine kluge Entscheidung gewesen. Aber die Art und Weise wie zum Beispiel in Katalonien ein Unabhängigkeitsreferendum umgesetzt werden sollte, war Blödsinn und für alle Beteiligten ein Griff ins Klo. Ist aber hier ein wenig off Topic.

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Mir war schon klar, dass die Forderung nach einem „Referendum egal wie“ nicht dein Vorschlag war. Etwa bezogen auf den Wagenknecht-Vorschlag zeigt sich ja, dass in der Tat entscheidend, ist wie so ein Referendum abgehalten wird uns wer da überhaupt abstimmt - insbesondere bei Gebieten, aus denen ein nennenswerter Teil der Bevölkerung vertrieben wurde oder geflohen ist sowie Zigtausende neue Bewohner angesiedelt wurden. Dass die 2014 von Russland auf der Krim abgehaltene Pseudo-Abstimmung von manchen in Deutschland - vor 2022 auch in SPD, FDP und Union - als ernst gemeintes „Referendum“ aufgewertet wurde, sollte in diesem Zusammenhang ein großes Alarmzeichen sein, dass diese eigentliche Selbstverständlichkeit keineswegs allen relevanten politischen Akteuren bewusst ist.
Mir ging es aber darüber hinaus auch noch um die Frage, ob Separatismus wirklich immer per se etwas „Gutes“ ist - so wirkt es auf mich jedenfalls häufig, ganz nach dem Motto: Wenn eine kleine Gruppe sich lieber selber regieren möchte, ist ihr Widerstand gegen eine „Fremdherrschaft“ aka der von ihr bekämpften Nationalstaatsregierung legitim. Die Gründe, warum der eine oder die andere das dann bei Schottland gut, bei Katalonien nicht so gut und bei Reichsbürgern richtig blöd findet, kommen mir dann häufig doch recht beliebig und willkürlich vor. Ganz abgesehen davon, dass im Falle der Ukraine das Argument, dass „die Russen“ im Süden und Osten der Ukraine den ukrainischen Staat vor 2014 quasi einhellig oder auch nur mehrheitlich abgelehnt hätten, ziemlich leicht als Kremlpropaganda entlarvt werden kann.

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Also ich habe da ein relativ striktes Framework, dass sich in etwa mit „hat ein Referendum die Chance, das Problem um das es geht zu lösen und tut es das auf eine konstruktive Art und Weise“ zusammenfassen lässt. Damit bin ich bei der Beurteilung solcher Prozesse bisher ganz gut gefahren :wink:

Tatsächlich halte ich das Agitieren für mehr Autonomie praktisch immer für „legitim“ in der strikten Definition des Wortes*, solange dies gewaltfrei und im Rahmen eines konstruktiven demokratischen Prozesses stattfindet. Und wenn es das tut, dann sehe ich auch die Zentralmacht gegen die agitiert wird in der Pflicht, diesen Bestrebungen konstruktiv zu begegnen.

Dass das so in der Ukraine nicht gelaufen ist, darüber müssen wir nicht streiten :wink:

*„allgemein anerkannt, vertretbar, vernünftig; berechtigt, begründet; [moralisch] einwandfrei

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Autonomie finde ich hier eindeutig zu weit gefasst. Das kann ja vieles bedeuten, von einem formalen Status wie ihn etwa Regionen in Nationalstaaten haben (Katalonien in Spanien, Schottland im UK, Baschkortostan in Russland, die Krim in der Ukraine, Südtirol in Italien) über eigene Zuständigkeiten und Kompetenzen innerhalb eines Nationalstaates (wie bei den deutschen Bundesländern oder den US-Bundeststaaten) bis hin zu De-facto-Kompetenzen bestimmter Gebiete (etwa Sonderwirtschaftszonen). Das alles hat aber m. E. nur sehr wenig mit den diskutierten Fällen zu tun, bei denen es ja um eine vollständige Loslösung vom bisherigen Nationalstaat geht. Dazu kommt in einigen Fällen noch der Anschluss an einen anderen Nationalstaat (etwa bei „Neurussland“). Und dahinter steht m. E. häufig die Vorstellung, eine „Selbstverwaltung“ in Gebiet X sei per se demokratischer als die vermeintliche „Fremdherrschaft“ von Gebiet X durch den Nationalstaat, dessen Teil es ist.

Meinem Gefühl nach (ohne dass ich jetzt die perfekte Lösung hätte) gäbe es durchaus auch noch Spielräume, wie Deutschland auf eine Lösung des Konflikts Einfluss nehmen könnte, die nicht nur „mehr Waffenlieferungen“ ruft. Und zwar durch ernsthafte Versuche, Russland international zu isolieren. Dafür müssten natürlich die Sanktionen hochgefahren werden und auch diplomatischer Druck auf Länder ausgeübt werden, die Russlands Öl kaufen oder Waffen liefern.

Deutschland hat innerhalb der EU wiederholt schärfere Sanktionen verhindert und liefert gleichzeitig Waffen in die Ukraine. Ich finde, hier hätte ehrlicher Pazifismus haufenweise Angriffsfläche für Kritik. Leider ist so eine Position in der sogenannten Friedensbewegung leider aktuell nicht mehrheitsfähig, weil dafür zu viele Menschen ihre rosaroten Russlandbrillen abnehmen müssten.

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Wie genau stellst du dir das vor? Es ist ja nicht so, dass unsere Wirtschaft schon an der Nadel von China und in Teilen Indien hängt. Völlig unrealistisch und bedanken kann man sich unter anderem bei der unbelehrbaren Automobilbranche. Das wir härter Sanktionen brauchen und mehr Druck auf unsere Wirtschaft sich aus Ländern wie China mehr rauszuhalten geh ich aber voll mit. Wird aber nicht passieren, weder durch Habeck, Scholz oder die FDP und erst recht nicht durch die Lobbypartei CDU.

Die Bevölkerungsgröße und Wirtschaftskraft der Ukraine reichen schlichtweg nicht aus. Russland hat deutlich gemacht, dass der Krieg gegen die Ukraine kein Projekt, sondern ein All-in-Move ist. Die Ukraine hängt seit Jahren am Tropf und ist auf das Wohlwollen ihrer Verbündeten angewiesen. Während Deutschland neue Sanktionen untergräbt, deutet sich am Horizont eine mögliche Rückkehr Trumps an. Meiner Meinung nach bleibt der Ukraine nur die „Hoffnung“, den Krieg über Jahre hinauszuziehen, bis Russland das Geld ausgeht. Selbst dafür dürfte der Preis immens sein.

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