Der Vergleich war doch aber gut - wir haben einen sozialen Vertrag geschlossen: Die jüngeren schränken sich ein um ältere und gefährdetere Menschen zu schützen, überlassen den Impfstoff aus diesen Gründen auch diesen Gruppen und verzichten selbst.
Und ja, Fairness (um mal einen alternativen Begriff zu Neid vorzuschlagen) ist ein enorm wichtiger Grundstein in unserer sozialen Struktur. Selbst Kleinkinder können damit bereits etwas anfangen ohne dass man es ihnen beibringen muss. Ein weiteres solches Grundbedürfnis ist das Bedürfnis gehört und wahrgenommen zu werden.
Man könnte alle Emotionen beiseite tun, das Problem juristisch lösen und damit eine saubere Lösung durch Gesetze finden (die nicht explizit für eine solche Situation geschaffen wurden) aber das schafft eben auch Probleme. Warum nicht die ganze Komplexität mal diskutieren und tatsächlich eingestehen wie unfair die Situation gegenüber Kindern, Eltern und jüngeren Menschen ist? Vielleicht hilft ein solches Eingeständnis schon massiv und es kostet nichtmal etwas…
Ich bin auch einer von denen, die sich seit einem Jahr deutlich mehr einschränken, als vom Gesetz und den Verordnungen vorgeschrieben, und dass nicht unbedingt aus Angst, selber schwer zu erkranken oder zu sterben. Werktäglich riskiere ich auf der Arbeit, mich anzustecken, aber in der Freizeit lebe ich fast wie ein (online vernetzter) Einsiedler in meiner Wohnung, gehe allenfalls alleine spazieren. Ist natürlich für mich auch einfacher, als wenn ich bspw. Kinder hätte o.ä.
Währenddessen hat die Politik mich nach Strich und Faden […] und die Resultate meiner Einschränkungen, und der anderer Leute, dazu genutzt um irgendwelchen Egoisten wieder Mallorca-Reisen oder Fitnessstudiobesuche zu erlauben und Betriebe, Büros und Schulen weitgehend geöffnet zu lassen, statt die Pandemie ernsthaft zu bekämpfen.
Aufgrund beruflicher Priorisierung hatte ich jetzt aber schon meine erste Impfung und bekomme in ein paar Wochen die zweite. Und wenn das passiert ist, werde ich natürlich aus Solidarität weiterhin in ÖPNV und Supermarkt Mundnasenschutz tragen und nicht unnötig in den Sicherheitsabstand fremder Leute eindringen.
Aber ansonsten werde ich dann sicherheitshalber noch zwei Wochen warten, bis der Impfschutz vollständig wirkt, und dann definitiv wieder machen wo ich Lust zu habe. „Solidarität“ ist dann erstmal vorbei, insbesondere wenn es sowieso bloß bedeuten würde, dass ich freiwillig auf Freiheiten verzichte, die Ungeimpfte vorerst ebenfalls nicht haben können.
Natürlich tun mir die Leute leid, die sich wie ich seit einem Jahr an die Regeln halten und darüber hinaus, aber vor September/Oktober voraussichtlich keine zwei Impftermine bekommen. Daneben gibt es aber auch jede Menge Leute, die die vergangenen Monate die Regeln gebrochen oder maximal ausgereizt haben, wo immer es ging, die die Politiker vollgejammert haben, dass sie unbedingt wieder zum Friseur müssen, und die letztendlich dafür verantwortlich sind, dass es in diesem Land keine Niedriginzidenzstrategie gibt, die unser aller Risiko minimieren würde. Oder die sich sowieso wegen irgendwelchen bescheuerten esoterischen Gründen nicht impfen lassen wollen und dann darüber beschweren, wenn sie zu einigen Orten keinen Zutritt bekommen sollen.
Und für diese Leute gibt es von mir nach meiner Impfung keine „Solidarität“ mehr. Keine Chance. No way.
Meiner Meinung nach, kommt ein Aspekt / ein Argument in dieser Diskussion zu kurz. @rph hat dies auch erwähnt:
Wenn diejenigen, die geimpft sind, wieder „aktiver am Leben“ teilnehmen, haben mittelfristig und langfristig alle etwas davon.
Wenn mein Nachbar geimpft ist und ich noch nicht, dann möchte ich zu ihm sagen:
Auf, fahre mit dem Bus, damit es den ÖPNV noch gibt, wenn ich auch geimpft bin.
Geh’ in’s Kino, damit es das Kino noch gibt, wenn ich geimpft bin.
Geh’ in’s Hotel, damit es das Hotel noch gibt, wenn ich geimpt bin.
Geh’ in’s Konzert und in’s Theater, damit es den Kulturbetrieb noch gibt, wenn ich auch geimpft bin.
Und so weiter.
Vielleicht erwächst aus der Impfung sogar die „Pflicht“, alles wieder zu tun, war vorher nicht möglich war.
Es geht mir nur im die diskursive gegenüberstellung. Emotionen werden hier als Irrationalität genutzt unter verweis auf das neutrale rationale, was das recht als anspruch an sich stellt und regelmäßig scheitert ^^( aber natürlich im großen und ganzen ganz gut hin bekommt). Das sind konservative diskursstrategien zur delegitimation die man nicht einfach übernehmen sollte. Nicht weil die argumente richtig oder falsch sind, sondern weil die Argumente instrumentell genutzt werden zur Legitimation gewisser Positionen. Daher auch die narrative gleichsetzung mit der Steuerneid Debatte. Sowas führt bei tendenziell links liberalen desöfteren mal zu riesigen Lücken im Weltbild bzw. seltsamen Kompromissen. Natürlich kann man trotzdem über die Probleme reden, den rechtlichen Zwang/Notwenigkeit betonen und Argumente aufgreifen, aber die Narrative sollte man nicht stützen.
Wir scheinen uns ja in der legititimität emotionaler Argumentation einig zu sein. Trotzdem sollte man dies auch nicht überbetonen und sich auch die Hintergründe dieser Emotion anschauen ( schließlich ist die jetzige Situtation durchaus ein Produkt umfassend schlechter Corona Politik) und diese eben nicht verkürzt, wie im podcast, auf eine Art von Misgunst reduzieren. Aber das wollte ich auch nicht dir vorwerfen
Vielleicht sollten wir noch einmal genauer hinschauen, über welche Maßnahmen & Lockerungen wir hier überhaupt genau diskutieren. Vielleicht machen wir das Problem gerade größer als es eigentlich ist, denn am Ende wird es sicher keine schwarz-weiß Entscheidung (Freiheiten für Geimpfte? Ja/nein) sein, sondern in Graustufen erfolgen müssen. Bei leichten Maßnahmen (Masken) und eindringtiefen Maßnahmen (Ausgangssperren, Quarantäne, etc) gibt es, wie von @rph schon beschrieben, einen breiten Konsens. Auch der Zugang zu Restaurants, Friseuren, Museen o.ä. wird mE kaum ein Problem sein, weil man hier Schnelltests zur Gleichstellung verwenden kann (auch trotz geringerer Sicherheit). Dass private Anbieter Dienstleistungen exklusiv für Geimpfte anbieten könnten, lässt sich nicht verhindern; halte ich derzeit aber für ein kleineres Problem.
Da wo es aber heikel wird, sind mittelschwere Beschränkungen wie die Kontaktbeschränkungen, insbesondere im öffentlichen Raum. Natürlich kann man auch hier argumentieren, dass es dem 18-jährigen, ungeimpften Abiturienten nicht schadet, wenn 1000 Geimpfte im Park eine Open-Air Party feiern. Aber falls es aus epidemiologischer Sicht immer noch erforderlich ist, dass Ungeimpfte daran nicht teilnehmen dürfen, und aus soziologischen Gründen die Compliance nur gegeben ist, wenn die Regeln für alle gelten, sollte man hier auch noch Regeln für Geimpfte beibehalten. Dazu kommt, dass es wohl keiner mehr kontrollieren könnte, ob sich draußen nun Geimpfte oder Ungeimpfte treffen.
Seht ihr noch weitere Lockerungsschritte, die durch eine Gleichstellung von Getesteten und Geimpften nicht abgedeckt sind und zu einem starken Ungleichgewicht führen?
Mein Eindruck ist, dass von juristischer Seite zu sehr versucht wird, hier auf eine Kategorisierung zu drängen, die ich aus wissenschaftlicher Sicht nicht ohne weiteres so eindeutig finde:
Es ist zwar richtig, dass die Gefahr der Infektion nach einer Impfung erheblich geringer ist, aber erheblich geringer heißt eben nicht nur nicht Null, sondern was an dieser Stelle auch klar sein muss: Dieser Wert ist nicht festgeschrieben und verändert sich. Insbesondere reduziert er sich nach mehreren Monaten wahrscheinlich deutlich und zwar in einem Ausmaß, über das uns momentan im Gegensatz zur kurzfristigen Wirkung noch aussagekräftige Zahlen fehlen.
Wesentlich aber: Es gibt ein relevantes(!) Risiko des Impfausfalls. Jemand kann also geimpft werden und nur sehr geringe bis praktisch keine Immunreaktion haben. Eine solche Person steht im hohen Risiko, weiterhin die Infektion weiterzugeben.
Und dabei kommen wir nun zu dem anderen Aspekt, der hier meines Erachtens fälschlich rein mit Solidarität bezeichnet wird:
Wenn ich allen Geimpften erlaube, sich kaum noch Einschränkungen unterwerfen zu müssen, dann habe ich gesellschaftlich gesehen immer noch ein relevantes Potential für zusätzliche Infektionen. Diese Infektionen wiederum sind eine vermeidbare Gefahr für alle Noch-nicht-Geimpften oder aber Nicht-Impfbaren.
Wir sollten nicht vergessen: Unser gemeinsames Ziel ist die Herdenimmunität in Verbindung mit einem völlig vernachlässigbaren Infektionsgeschehen. Dieses erreichen wir deutlich schneller, wenn wir auch das Infektionsrisiko von Geimpften noch ein paar Wochen länger minimieren.
Genau das ist der Nutzen für alle Nicht-Geimpften, der daraus erwächst – und übrigens auch für alle Geimpften, deren Impfschutz sich nach mehreren Monaten auch verringert, wenn wir die niedrigen Inzidenzen schneller erreichen.
Ich möchte noch einmal betonen: Für die Einschränkungen ist es irrelevant, welches persönliche Infektionsrisiko ich habe. Warum sollte nun ein Impfausfaller besser gestellt sein als ich, der als Single zu Hause quasi null Kontakte hat? Mein konkretes Infektionsrisiko ist für mich im direkten Vergleich nämlich sicher nicht größer.
Wenn ich aber pauschal jetzt als Infektionsrisiko gelte, ungeachtet meiner äußeren Umstände, warum gilt der Geimpfte als quasi ungefährlich?
Wenn das Solidaritäts-Argument also nicht zählt, dann sage ich: Aufhebung der Einschränkung von Grundrechten für ungefährliche? Ja gerne! Aber dann bitte auch nur gegen Nachweis ausreichender Antikörper im Blut! Das ist ein tatsächlich sachlich angemessener Grund für eine Ungleichbehandlung. Aber damit das klar ist: Nachweis darf nicht älter als vier Monate sein.
Alternativ warten wir einfach ab, bis wir Inzidenzzahlen von unter 5 auf 100.000EW haben und machen dann eben für alle auf. Wäre vielleicht nicht nur einfach der solidarischere Weg, er wäre auch praktikabler. Und nicht weniger ungerechtfertigt, als die „völlig willkürliche“ Ungleichbehandlung unterschiedlicher Menschen mit unterschiedlichem individuellen Infektionsrisiko.
Dass es hier in Teilen übrigens auch um eine Lobby-Diskussion geht, zeigt sich auch dadurch, dass wir als Gesellschaft die Rechte von Genesenen bei dieser Diskussion einfach auch mal um ein Jahr lang weitgehend ignoriert haben. Warum ist es bei Geimpften jetzt so viel wichtiger, dass wir nicht noch ein paar Wochen länger warten?
Vor diesem Hintergrund finde ich es einfach zunehmend unglaubwürdig, dass es hier „nur“ um die Frage der Grundrechte geht. Meine Sympathie für diejenigen, die hier jedenfalls Solidarität einfordern, wird zunehmend größer, je länger ich mich mit der Diskussion befasse.
Interessantes Argument! Du sagst also, dass es einen Unterschied macht, ob von 100 geimpften Personen jeweils noch eine Wahrscheinlichkeit von 1% ausgeht, noch als Überträger zu fungieren, oder ob von 99 Geimpften gar keine, aber von einer dafür noch 100%. (Zahlen nur als Rechenbeispiel).
Da ist was dran, und das würde auch rechtfertigen, anders hinzuschauen, vorausgesetzt es ist mit einfachen Mitteln möglich, diese eine Person herauszufinden. Lässt sich das machen, also den von Dir vorgeschlagenen Nachweis ausreichender Antikörper mit vertretbarem Aufwand führen?
Das hat mich nachdenklich gemacht. Ich bin ja selbst kein Geimpfter, und ich meine auch, kein Lobbyist für Geimpfte zu sein. Und wenn ich so überlege, fällt mir auch keine Stimme ein, die ich als die eines Geimpften identifizieren könnte, das sich für Erleichterungen ausgesprochen hätte. Vielleicht verteidige ich ja hier einen Wunsch, den es in der Gesellschaft in dem von mir vorgestelltem Maß gar nicht gibt!
Trotz allem: Für mich, der ich einen deutlich härteren Lockdown befürworten würde, als das, was wir die ganze Zeit haben, wären Erleichterungen für Geimpfte jedenfalls eine Möglichkeit, manche Branchen oder Geschäfte über die Zeit zu retten.
Die Frage der Immunität war möglicherweise nicht klar genug. Wenn sie geklärt war, war es ab diesem Zeitpunkt ein großes Versäumnis - und rechtfertigt nicht, die Rechte Geimpfter mit Füßen zu treten.
Das hängt natürlich vor allem davon ab, was man als vertretbaren Aufwand versteht. Für den Einzelnen mit entsprechendem Interesse ist das wahrscheinlich sehr leicht zu machen: Zwei Blutproben im Abstand einiger Tage abgeben. Für die Masse dürfte das natürlich unrealistisch sein! Aber ich gebe zu, dass ich das natürlich auch mit einem gewissen Kalkül so formuliert habe um auch so ein bisschen auf vorstellbare Gestaltungsspielräume anzuspielen, die sich der Gesetzgeber ja auch im Rahmen anderer Maßnahmen erlaubt hat (z.B. Freitesten aus Quarantäne, als PCR-Tests gar nicht sooo leicht zu bekommen waren).
Ich wollte dir auch nicht persönlich unterstellen, hier Lobbyismus zu betreiben. Aber ich teile absolut die Einschätzung, dass diese Debatte wahrscheinlich von einer deutlich kleineren Gruppe vorangebracht wird, als tatsächlich davon profitieren würde. Ich will sie damit aber auch nicht grundsätzlich invalidieren. Das Grundrechte-Argument ist natürlich gewichtig, und wenn sich Gerichte das dann so entscheiden, dann bleibt einem nicht viel anderes übrig, das hinzunehmen. Ich vermute nur, dass es wahrscheinlich nicht die weniger Privilegierten wären, die hier ihre Interessen durchsetzen könnten.
Das ist vielleicht tatsächlich so und diesen Nutzen will ich nicht abstreiten. Es wird nur schwierig sein, das gegen einen hypothetischen Nutzen abzuwägen, falls wir es schaffen könnten, bei schärferem Lockdown einfach alles zwei Wochen früher auf zu machen.
Aber nachdem wir da seit über einem halben Jahr konsequent daran scheitern und die Politik sich unfähig für eine solche Abwägung gezeigt hat, darf ich mir nicht viel davon versprechen, dass man das ernsthaft berücksichtigen könnte.
Ich finde 3 wesentliche Puntke werden in dieser Debatte komplett ignoriert bisher:
Die Impfprioritätenliste wurde unter rein medizinischen Faktoren erstellt, ohne große demokratische Diskussion.
Nun stellt man sich doch einfach mal vor, letzten Oktober beim festlegen der Priogruppen, wäre die Diskussion gewesen „Wer geimpft ist, für den gelten Lockdown, Ausgangssperre, Freunde treffen etc“ nicht mehr (wie aktuell geplant.
Dann hätte es doch eine völlig andere Diskussion über die Priolisten gegeben (Stichwort Isolierung Altenheime, Prioimpfung aktive junge Menschen).
Diese Diskussion gab es aber nie, und jetzt legen die geimpften älternen Menschen in Politik/Juristerei fest, dass genau das passieren soll (und zufällig eine Woche nachdem der Bundestag/Länderparlamente von der Bundeswehr geimpft wurden).
Und das ist mMn. das unfaire, erst wurde eine Reihenfolge festgelegt, und jetzt werden davon plötzlich nie besprochene Sachen abgeleitet.
Und mir nnoch wichtigere: Ich darf in Berlin momentan eine andere Person im Park treffen und nach 22 Uhr ist das illegal. Wissenschaftlich ist seit letztem Jahr relativ sicher dass meine Ansteckungsgefahr sehr vernachläßgibar ist(und vorallem nicht spontan um 22 ansteigt). Trotzdem dürfte jetzt daneben nächste Woche 25 geimpfte ne Party feiern.
Wir haben also komplett wissenschaftsfremde Einschränkungen für eine Gruppe, die überhaupt nicht logisch erklärbar sind (und damit ja eigentlich auch rechtlich nicht anwendbar sein sollten) und an die ich mich halten muss aber gleichzeitig soll ich akzeptieren, dass meine finale Impfung frühstens am Ende des Sommers statt findet (+2 Wochen), wenn das Leben also langsam wieder vorbei ist aufgrund vom Wetter nach 16 Monaten in der Wohnung versauern.
Wie genau soll denn in größeren Parks die Situation von 2 unterschieden werden für Polizei und Ordnungskräfte?! Schon aus einer Durchsetzungsperskeptive heraus, sollten die Einschränkungen also auch rechtlich weiter möglich sein (Analog zur Maskenpflicht).
Am Ende sehe ich als <40 jähriger hier Politik von alten Leuten, für alte Leute. Einschränkungen, Impfreihenfolge, jetzt „Rechte“. Und für mich ist 40+ hier alt, weil die auch überall die Entscheiderrollen besetzen. Gibt nicht sehr viele Verfassungsrechtler o.ä. unter 25 mit der Perspektive ich habe die Hälfte meines Studentenlebens verpasst.
Und mal überspitzt formuliert: In der nächsten Pandemie werde ich bei diesem Verhalten der planetenzerstörenden, rentenerhöhenden, digitalverhindereden Gruppe 40+ mir sehr stark überlegen, ob ich mich an irgendwelche Regeln halte, oder einfach in ner Gruppe das Impfzentrum überfalle und mir das Problem selber löse. Der an sich gute solidarische Zusammenhalt in der Pandemie in der deutschen Gesellschaft wird jetzt auf den letzten Metern mit Haubitzen zusammengeschossen.
ich finde die Debatte über Freiheiten für Geimpfte gut und richtig. Tatsächlich ist es eine nette Abwechslung, dass man sich in der Politik ausnahmsweise mal früh genug um den nächsten Schritt Gedanken macht.
Leider komme ich mir aber, mehr denn je ein bisschen zurückgelassen bzw. vergessen vor.
Ich bin 25 Jahre alt und studiere im fünften Semester Informatik, wann ich also eine Impfung erhalten werde, steht in den Sternen geschrieben.
Meine Hochschule habe ich seit circa einem Jahr nicht mehr besucht (abgesehen von zwei Prüfungsphasen) und ich habe keinen blassen Schimmer, wann ich das nächste Mal wieder regulär eine Vorlesung besuchen werde.
In den Medien liest man seit Monaten von öffnenden (/schließenden) Schulen, steigenden Inzidenzen, startet nun eine Debatte ob sich unsere Omas und Opas wieder zum Kaffee trinken treffen dürfen, aber an Hochschulen und Universitäten steht die Welt seit einem Jahr einfach still.
Die Aussage zu den Großeltern ist vielleicht ein wenig überspitzt, aber genau diese Gesellschaftsgruppe macht doch gerade einen Großteil der bisher (nur!) acht Prozent geimpften Menschen aus.
Die Nachmittagsunterhaltung der Mitmenschen in Rentenalter wird in meinen Augen gerade meiner beruflichen Ausbildung vorgezogen, und das ist wahrscheinlich der Punkt, der mich gerade am meisten stört. Versteht mich nicht falsch, ich bin gottfroh, dass meine beiden Großmütter geimpft sind/werden und freue mich, dass sich bei der Impfung der Risikogruppe so viel tut. Aber leider herrscht zu viel Stillstand in vielen anderen Bereichen.
Ich bin einfach der Meinung, dass wir jetzt, wo die Risikogruppe wohl sicher ist, die nächsten Prioritäten anders setzten sollten. Vor allem bei der MPK Geschwindigkeit von circa einer wichtigen Entscheidung alle 4 Wochen.
Ich will den den Geimpften ihre Freiheiten nicht verwehren, ich möchte einfach nicht benachteiligt werden.
Mir platzt bei diesem Thema mehr und mehr der Kragen…
Meine Situation: 47 Jahre, freischaffender Theater-Schauspieler und Regisseur, daher seit über einem Jahr praktisch arbeitslos, corona-bedingt im letzten Jahr in der Gastronomie beschäftigt gewesen (nein, ich gehöre nicht zu den immer kellnernden Schauspielern, das war das erste mal seit 21 Jahren, dass ich außerhalb meines Berufes habe arbeiten müssen). Trotz eines praktischen Arbeitsverbots (wir waren trotz eines wirklich vorbildlichen Hygienekonzepts natürlich die ersten die geschlossen waren) habe ich KEINERLEI Hilfen bekommen, mittlerweile wäre ich bei Harz IV, würde meine Frau nicht gerade so viel verdienen, dass wir doch so ganz knapp (aber wirklich nur ein paar Euro) über dem Existenzminimum sind.
Wenn jetzt über Freiheit für Geimpfte gesprochen wird kann ich nur sagen: Klar, kann man machen. Aber dann sollte man die Impfpriorisierung umdrehen. Sofort. Wenn die Menschen für deren Schutz ich vorübergehend meine Existenz verloren habe (worüber ich mich nicht mal beklagen möchte, abgesehen von den nicht existenten Hilfen) jetzt rumweinen sie wollen aber wieder ins Cafe -während die Belegschaft leider noch ungeimpft ist und das Risiko trägt- oder von den (für alle völlig unangemessenen, solange sonst alle Büros und Fabriken offen sind) Ausgangssperren ausgenommen werden wollen dann platzt mir der Kragen.
Das sind im Moment in der Mehrheit genau die Menschen, die -abgesehen vom natürlich viel höheren gesundheitlichen Risiko- KEINERLEI finanzielle Einbußen hatten. Menschen denen es offensichtlich auch nicht zuzumuten ist für die finanziellen Opfer der Pandemie ebenfalls irgendwelche Opfer zu bringen. Oder wenigstens mit dem Wunsch auf Lockerungen solange zu warten bis allen ein Impfangebot gemacht werden kann. Es stimmt im Moment leider noch nicht, dass jeder der geimpft werden will auch geimpft werden kann. Wenn das der Fall ist sieht die Sache wirklich komplett anders aus.
Gleichzeitig regt die CDU an, es könnten doch jetzt die Impfzentren wieder geschlossen werden. Klar! Für die eigene Interessensgruppe ist die Pandemie ja auch schon so gut wie vorbei. Sollen sich doch die anderen mal nicht mehr so anstellen.
Das ist eine massive Gerechtigkeitsfrage. Und da lief bisher schon so viel schief bei dieser Pandemie, vielleicht sollte man für den Rest des sozialen Friedens da ein wenig Fingerspitzengefühl beweisen.
Es tut mir sehr leid, dass mein erster Kommentar hier gleich so emotional ist, aber da ist viel aufgestaut -und das nicht nur bei mir…- und das sollte vielleicht den Menschen klar sein die besser durch die Pandemie gekommen sind. Ich war immer dafür, dass die gefährdetsten geschützt werden müssen und auch zuerst geimpft werden sollten. Langsam habe ich das Gefühl, da haben einige meine Solidarität -die sehr weit ging- nicht verdient.
Ob das „früh genug“ passiert, ist ja ansichtssache, wie der Post von @ugbgjh zeigt. Tatsächlich hätte man ja spätestens ab Dezember ahnen können, dass es irgendwann eine nennenswerte Anzahl Geimpfter geben wird (neben den inzwischen über drei Millionen Genesenen, die aber ja scheinbar undwichtig zu sein scheinen). Außerdem herrschte ja vor einer Woche noch die Meinung vor, es reiche auch, das Ganze Ende Mai zu regeln. Der einzige Grund, warum das jetzt so schnell passiert ist m. E., dass Bundes- und Länderregierungen peinliche Gerichtsurteile vermeiden sollen, die da lauten würden: Darum hättet Ihr Euch schon längst kümmern müssen.
@otzenpunk hat mich dazu bewogen, mein Statement zu ändern:
Dass kaum-Infektiöse sich ohne staatliche Zwangsandrohung einschränken, hängt mMn v. a. von der Schwere der Einschränkung ab und dem Stigma der Impfung (schon krasse Wortwahl, aber das ist das erste, was mir eingefallen ist). Einige wenige tun es vielleicht auch aus Solidarität, weil sie ein so wichtiger Wert für sie ist. (Und vielleicht bekommen sie dafür irgendwo Anerkennung?).
Ich könnte mir vorstellen, dass es ohne staatlichen Zwang so sein würde:
Was Maske oder Abstand in Orten wie Supermärkten angeht, ist die Einschränkung gering und es wird einen eher starken sozialen Druck geben, sich nicht als Geimpfte*r zu outen.
Aber z. B. von Kino, (Innen-)Gastro, Beauty-Salon, Konzerten, Parties oder Reisen absehen? Starke Einschränkung. Da ist man eher von der Öffentlichkeit abgeschirmt, also wenig sozialer Druck.
Auch wird z. B. ein Supermarkt die Regel „Ungeimpft? Maske. Geimpft? Keine Maske“ viel schlechter durchsetzen können als „Masken für alle“.
@Lukas3, du hast ja auch nach Einschränkungen differenziert (wenngleich aus normativer Perspektive).
Vielen Dank für das Video! Ob man Infektionsschutzregeln bei kaum-Infektiösen rechtlich erzwingen sollte… ich bezweifle es.
Mir ist seit Langem unverständlich, warum nicht durch die Bank weg an der freien Luft mildere Regeln gelten als in Räumen (nach meinem Eindruck ist das nicht so).
Auch der Entwurf geht ja davon aus, das man Treffen im öffentlichen Raum weniger kontrollieren könne.
Finde ich nicht. Weil, wie schon andere gesagt haben:
Es war bereits zum Zeitpunkt, wo die Prioritäten festgelegt wurden, eine parlamentarische Diskussion sinnvoll. Dabei hätte auch die Frage der späteren „Freiheiten für Geimpfte“ berücksichtigt werden sollen. Denn die Freiheiten für Geimpfte sind determiniert durch die Impfpriorität, weil sie eben wegen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes wohl unumgänglich sind. Man hätte die ganzen Überlegungen damals schon anstellen sollen. Nunja, möglich (aber nicht realistisch) ist es vielleicht noch, die Impfpriorität ab sofort nach geänderten Prinzipien zu setzen…
Die Genesenen mussten sich die ganze Zeit über an die Regeln halten. Wenn Genesene kaum infektiös sind, macht das keinen Sinn.
Die Politik hätte wirklich durch ein effektiveres und ausgewogeneres Infektionsschutzkonzept (’ gab ja Vorschläge!) die Inzidenz so weit runterfahren sollen, dass die Ausübung vieler Berufe (ggf. mit Hygienekonzept) besser möglich ist als jetzt. Der Infektionsschutz, den die Politik tatsächlich erbracht hat, scheint mir weit unter dem Optimum zu liegen.
Mir ist bei dieser gesamten Situation ein Punkt noch nicht klar - der hier am Rande auch schon ab und an kam.
Es ist immer die Rede von „Man kann Geimpften ihre Freiheiten nicht verwehren“ und „Vertragsfreiheit“.
Nun habe ich in jungen Jahren mal in einer Mensa gearbeitet - dort ist es verpflichtend, einen wirksamen Impfschutz gegen TBC nachzuweisen - sonst darfst Du dort garnicht arbeiten.
Ich kenne es auch von meinen Eltern (beide ehem. Krankenpfleger*in). Dort sind regelmäßige Impfungen zu bestimmten Infektionen verpflichtend.
Was bedeutet das dann?
Heißt das, ein Gastronom kann seine Bediensteten nach Impfstatus einstellen?
Was ist dann mit Angestellten in Fertigungsstätten, die ja Abstände nicht unbedingt immer garantieren können?
Was ist dann mit Berufsanfängern? Werden Berufsanfänger die noch kein Impfangebot erhalten hatten nicht gegenüber den Berufsanfängern, die bereits eines hatten benachteiligt?
Das sind die Punkte, die mir bei dieser Diskussion mehr Kopfschmerzen machen als ob Oma Erna ein Kaffeekränzchen veranstalten darf…
Na die Uni hat sich mit ihrer ohnehin schon sehr gewöhnungbedürftigen Verschulung der Lehre in der Coronapandemie entgültig zu einem weiterbildungseminar heruntergestufft dass mit einer hochschulischen Ausbildung nicht mehr so viel zu tun hat^^
Mit den priolisten wurde lokal so viel unsinn getrieben dass ich mich zumindest schwer tue das medizinisch wissenschaftliche argument einfach so durch zu lassen. Im ursprünglichen war das mal so aber die haben auch ziemlich viele Gruppen hoch und runter gestuft und einige Sachen auch an den Priogruppen vorbei gemacht. Aber, wenn man sich über die spontane Impfung von pozilei und lokalpolitikern wundert, dann ist das ja wieder impfneid ^^
Vor allem auch witzig dass jetzt auch wahlhelfer und lokal poltiker (unabhängig vom alter) in teilen auch in priogruppen rutschen… So als letzter Teil der Bevölkerung der geimpft wird kommt man sich gerade, wenn man sich zurückhält und eben nicht die eigenen Kontakte ausnutzt doch etwas verarscht vor.
Das Jahrzehnte lange Desinteresse der Politik an gewissen Bevölkerungsgruppen versinnbildlicht sich halt in der Diskussion um die Freiheiten und wird mit der moralisierung im Neidvorwurf und dem damit verbundenen Vorwurf irrationaler Emotionen zur endgültigen Desillusionierung jener Gruppen die man eh schon immer als unproduktiv gesehen hat.
Entsprechend wird in den Diskussionen "DIE " kultur auch meist als Konsumobjekt einer Notwendigen Lebensweise und damit als Wert an sich gesehen. Die kulturschaffenden werden nur als Hilfempfänger betrachtet. Dann ists halt auch wieder ok wenn die mal ungeimpft für die geimpften arbeiten…
Es steht allen Wahlberechtigten frei, sich in der Heimatgemeinde als Wahlhelfer:innen registrieren zu lassen. Allerdings ist diese Registrierung verbindlich, dh es ist für den einen oder die andere schon wichtig zu wissen, ob spätestens in der letzten Juliwoche der erste Impftermin wahrgenommen werden kann, damit bis zum 26. September voller Impfschutz besteht. (Diese Frist ist natürlich nur für die Bundestagswahl wichtig, bei der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt im Juni ist der Zeithorizont noch um einiges knapper).
Ich bin seit einigen Jahren regelmäßig als Wahlhelferin aktiv und nach der Erfahrung bei der Kommunalwahl im letzten Jahr hätte ich es mir ohne Priorisierung auf jeden Fall zweimal überlegt, ob ich für dieses Jahr wieder zusage.
Ich möchte nur noch einmal drauf aufmerksam machen, dass Impfungen von Bundesland zu Bundesland unterscheidlich sind. Hier in NRW sind die jetzt bei den Jahrgängen 1951/50. Und als nächstes sollen ja die Kinder drann kommen. Sprich. Berufstätige, die oft sogar gezwungen sind, in die Firma zu fahren um zu arbeiten, sind als letzte drann.
Ich kann nur drei Kreuze machen dass mein Arbeitgeber seit über einem Jahr sein OK zu komplettem Homeoffice gegeben hat. Glück gehabt.