Bevor die Diskussion in die „falsche“ Richtung läuft, versuche ich den Stand dessen, was mich an der Unterhaltung interessiert, einmal zusammenzufassen. Ich hoffe, es ist auch das, was die meisten anderen hier interessant finden. Eine sogenannte Neid-Debatte brauchen wir jedenfalls nicht.
Ich denke, die juristische Seite ist abgehakt. Es geht also vor allem darum, was es mit unserer Gesellschaft macht, wenn die Geimpften wieder in den vollen Genuss ihrer Rechte kommen, die Ungeimpften aber weiter mit Einschränkungen leben müssen.
Ich glaube, die meisten stimmen auch darin überein, dass ich als Ungeimpfter keinen unmittelbaren Nutzen davon habe, wenn die Geimpften sich weiter einschränken. Jedenfalls lese ich das aus den bisherigen Kommentaren heraus.
Was aber ins Feld geführt wird, ist die Unzufriedenheit, die daraus erwächst, dass andere etwas dürfen, was man selber nicht darf. (Ja, @Hufschmied, das ist eine Emotion, aber ich finde es durchaus richtig, mit Emotionen zu argumentieren. Am Ende geht es immer um Emotionen, das ist meine wichtigste philosophische Prämisse. Zufriedenheit ist die Emotion, die es zu maximieren gilt. Leider kann man die nicht messen, und wenn man sie messen könnte, wäre noch die Frage ungeklärt, welchen Zeithorizont wir betrachten. Aber ich schweife ab.) Insbesondere könnte man unzufrieden damit sein, dass gerade die jetzt wieder mehr dürfen, für die man sich im letzten Jahr solidarisch eingeschränkt hat. Man erwartet nun, dass man eine entsprechende „Solidarität“ zurück bekommt.
Diese Erwartung hat Konfliktpotential, zumal, gerade weil die Einschränkung der Geimpften den Ungeimpften nichts greifbares bringt, kein juristischer Grund mehr dafür gefunden werden kann.
@Hufschmied hat nun auch noch die Angst vor weiterer Isolierung mit eingebracht (auch eine Emotion, btw).
Das heißt: Es führt kein Weg an der Ungleichbehandlung vorbei. Wie kann dann der Konflikt entschärft werden?
Meine Antwort heißt: Es muss allen klar gemacht werden, dass die Aufhebung von Einschränkungen für einen Teil der Bevölkerung dem Rest nicht schadet, sondern im Gegenteil sogar eher nützt. Denn das schafft für einige Branchen endlich wieder Geschäft. Und alle werden froh sein, wenn, nachdem die Einschränkungen für alle aufgehoben sind, wenigstens ein Teil der Gaststätten, Kinos, Fitnessstudios etc. überlebt haben werden.
Noch eine Anmerkung zu dem Nebensatz oben, dass „kein juristischer Grund mehr dafür gefunden werden kann“: Aus meiner laienhaften Sicht könnte schon das Konfliktpotential selbst einen juristischen Grund darstellen, je nach Schwere des Konfliktes und in entsprechender Abwägung der Verhältnismäßigkeit, der einzelnen Einschränkung. Ich glaube, deswegen wird auch das Tragen von Masken weiter für alle Vorschrift bleiben, genauso wie das Abstandsgebot. Und das ist auch gut so.