Frauen? Menschen, die schwanger werden können? Wie sprechen wir in Zukunft?

ich bin mir ziemlich sicher, dass das biologische Geschlecht eindeutig durch unsere Chromosomen bestimmt wird (xy/xx) und habe auch noch nie einen Biologen etwas anderes sagen hören

Ganz gut zusammenfassen tut es dieser Artikel von 2015(Sex redefined | Nature) im Journal Nature. Ich fürchte daher, Sie sind fehlinformiert. Das biologisches Geschlecht nicht binär ist und XY und XX nicht zwei universale Varianten sind, ist schon seit Jahren bekannt.

3 „Gefällt mir“

Meinst Du etwa, deshalb sollte man lieber gar nichts ändern? Das kann doch nicht Dein Ernst sein!

Genau! Die Zahl sollte keine Rolle spielen, aber sie würde mich schon interessieren. Denn wie hier in der Diskussion immer kleinere Prozentzahlen angenommen werden, ist unsachlich und macht die Argumente unglaubwürdig.

Ich finde es grundsätzlich gut, dass in der Lage darauf hingewiesen wurde, dass nicht nur Frauen schwanger werden können. Ich denke aber gleichzeitig, dass unsere Sprache nie das Ideal erreichen wird, alles zu 100% perfekt zu beschreiben.

Was das gendern angeht frage ich mich oft, ob es nicht die bessere Lösung wäre, das Geschlecht aus der Sprache eher zu entfernen, anstatt es extra noch zu betonen. Denn in den allermeisten Fällen ist es für den Inhalt des Satzes einfach nicht wichtig, ob ich jetzt z.B. bei einem Arzt oder einer Ärztin war. Andere Merkmale, die Menschen unterscheiden, finden ja schließlich auch keinen Eingang in die Sprache. Das Englische ist von daher weitaus praktischer, da es in der überwiegenden Zahl der Bezeichnungen keine Unterscheidungen zwischen den Geschlechtern und auch keine verschiedenen Artikel gibt. Allerdings wüsste ich bisher nicht, dass es in englischsprachigen Ländern besser um die Gleichstellung zwischen Mann und Frau bestellt ist (falls es dazu Studien gibt, gerne hier verlinken!). Manchmal kommt mir die Dabatte um die Sprache eher vor wie eine Art Nebenkriegsschauplatz, auf dem man sich austoben kann, weil leider in den wirklich wichtigen Gebieten wie z.B. gender pay gap der Fortschritt leider viel zu langsam geht - was verständlicherweise als betroffene person schwer auszuhalten ist.

Ich habe nichts gegen Experimente, wie man die Sprache entwickeln kann, empfinde es aber als sehr unangenehm, wenn ich zurechtgewiesen werde, dass ich falsch spreche - v.a. weil mich viele Lösungsansätze bisher nicht überzeugen. Und ich finde außerdem, dass das ganze nicht in einer Selbstüberwachung enden sollte, nur weil man Angst hat, man könnte jetzt jemanden verletzen, weil man ihn oder sie nicht mitbedenkt. Vielleicht hat das Ulf nicht so empfunden, als er sich korrigiert hat („ach ja, dass darf man ja nicht mehr sagen“), aber so eine Art Selbstüberwachung muss da ja auch mitgelaufen sein, sonst hätte es es ja gar nicht bemerkt…

Ich finde es sehr interessant, dass sie kurz googlen einen Link teilen und dann glauben behaupten zu können jemand Anderes wäre fehlinformiert. Zumal Sie dann auch noch völlig unsinnige Aussagen machen: „[…] XY und XX nicht zwei universale Varianten sind[…]“ was soll das bitte bedeuten? Fakt ist: Es gibt in der Natur zwei fundamental Unterschiedliche Strategien der Fortpflanzung (zwei Geschlechter). Der bedeutende Unterschied ist nicht in den Chromosomen sondern einfach gesagt in Spermium vs Eizelle. Spermien sind klein, beweglich und in den Gonaden in tausendfacher Menge vorhanden. Eizellen sind vergleichsweise riesig, unbeweglich und meist in begrenzter Anzahl vorhanden. Dies korreliert natürlich fast zu 100% mit XX und XY. Entscheidender ist, dass dieser Unterschied fundamental ist und weitreichende Folgen für Individuen hat. Ein Mann kann innerhalb einer Woche hunderte Kinder zeugen, eine Frau ein einziges (im Normalfall) in 9 Monaten. Wo ist dieser Unterschied nicht binär? Denken Sie mal darüber nach. Er ist fundamental, mit weitreichenden Konsequenzen: Frauen sind im Schnitt 14cm kleiner als Männer. Gäbe es diese biologische Binärität nicht, wie erklären Sie diesen signifikanten Unterschied? Zufall? Frauen haben normalerweise einen Zyklus, Männer nicht. Wo ist das NICHT binär? Es ist jedenfalls nicht so, dass manche biologischen Männer ein bisschen Zyklus haben. Es ist fundamental binär, selbst wenn es ein zwei Ausnahmen gibt ändert das nichts an der fundamentalen Erkenntnis. Selbst im zitierten Nature Artikel steht „That the two sexes are physically different is obvious“ sic! Es spielt bei diesen Faktoren überhaupt keine Rolle ob ich mich als Mann fühle oder als Frau. Jeder kann sich als Mann definieren oder als Frau, aber das ist nicht das biologische Geschlecht. Sie können nicht einfach einen wahllosen Artikel zitieren und ohne nachzudenken behaupten es gäbe keine Binärität im biologischen Geschlecht. Es gibt natürlich Ausnahmen von der Regel, aber, wie sagt man, diese bestätigen die Regel.

1 „Gefällt mir“

ps. Habe gerade gesehen, dass das anscheinend schon häufiger Thema war hier im Forum. Umso besser, dass sich einige Leute für das generische Femininum ausgesprochen haben.

Liebe Alle,
Die deutsche Sprache hat tatsächlich ein Genderproblem, das sich so einfach nicht lösen lässt. Das binäre Unterscheiden zwischen weiblich und männlich bildet unsere Realität nicht sehr gut ab. Was tun?
Ungeachtet der Frauen vs „Menschen die schwanger werden können“ Debatte kommt hier mein Plädoyer für eine praktische (Teil-)Lösung des Genderproblems: die Erweiterung des generischen Maskulinums um das „generische Femininum“, also die Nennung der weiblichen Form in Bezug auf die gesamte Personengruppe. Diese wird seit einiger Zeit praktiziert, zum Beispiel im Podcast „Logbuch Netzpolitik“. Dabei geht es um eine zufällige Nennung des einen oder anderen Wortgeschlechtes in Fällen, in dem alle Personen gemeint sind. Zum Beispiel sagt Linus Neumann dort in einem Beitrag, in dem es um Ärzt*innen in Deutschland geht, einfach in circa 50% der Fälle „Ärzte“ und 50% der Fälle „Ärztinnen“. Das genaue Verhältnis ist natürlich komplett irrelevant, solange es sich grob auf 50:50 rausmittelt. Diese Art Sprache ist einfach, verständlich und nur minimal länger als das vielerorts noch übliche (und grammatikalisch präzise) generische Maskulinum. Man kann sich daran problemlos gewöhnen.

Dass sich Sprache ständig verändert und auch verändern muss, ist klar. Nur wie soll sie sich verändern? Die kurze Sprachpause bei Worten wie Student*innen, die in der Lage der Nation oft praktiziert wird, klingt für mich ein bisschen nach Schluckauf und zerstört den Redefluss (gerade wegen der Pause bekommt das Wort dann oft vielmehr Gewicht, als es in manchem Kontext verdient hätte). Die Umschreibung „Studierende“ ist problematisch (wurde oben in einem Kommentar schon angemerkt: was sagt man bei verstorbenen Studierenden"?). Das längliche „Studenten und Studentinnen“ ist umständlich und obendrein nicht wirklich inklusiv.

Man merkt, dass ihr euch, Ulf und Philip, über eure Sprache viele Gedanken macht. Vielen Dank dafür! Ihr prägt die Sprache in Deutschland (mit). Daher würde ich bei diesem ständigen Diskurs gerne eine Lanze für die Praktikabilität und Eleganz der Sprache brechen, die es sonst im Vergleich mit Inklusion oft schwer hat.

1 „Gefällt mir“

Die Studie, um die es in diesem Artikel geht, ist weder verlinkt, nicht mal namentlich erwähnt, noch wer deren Autoren sind, noch wo sie veröffentlicht wurde, noch erfährt man mehr als oberflächlichste Details über das konkrete Studiendesign. Kannst du da noch was nachreichen? Da das ja deine Argumentationsbasis zu sein scheint, gehe ich davon aus, du hast dich zuminest etwas eingehender damit auseinandergesetzt.

Auf die Untersuchung von dem Psychologen habe ich leider auch keinen freien Zugriff. Auch dort würden mich nämlich die genauen Fragestellungen interessieren, denn es leuchtet mir nicht wirklich ein, wieso hier in erster Linie die Auswirkungen auf das Leseverständnis adressiert werden. Das war doch nie der Hauptkritikpunkt gewesen?! Aus meiner Sicht sollte man eher, zumindest zusätzlich die Geschwindikeit der Informationsaufnahme untersuchen, denn die wird in erster Linie leiden, wenn man Fließtexte mit mathematisch auffälligen Symbolen und sonstigen sprachunüblichen Konstrukten zupflastert.
Davon abgesehen kann ich mir auch gerade nicht vorstellen, wo in einem Stromvertrag großartig Personenbezeichnungen auftauchen und einen entscheidenden Einfluss auf das Leseverständnis haben könnten. Das sind mMn jedenfalls alles wesentliche Parameter, die sich möglicherweise essentiell auf das Studienergebnis auswirken. Unterm Strich ist das also auch nicht mehr als ein einzelnes Experiment, das in Relation zur deutschsprachigen Gesamtbevölkerung eine winzige Stichprobe einer nicht-repräsentativen Subgruppe in offenbar einer einzelnen Textkategorie untersucht. Wenn man auf dieser Basis irgendwelche allgemeingültigen Aussagen spinnen oder sogar Kausalitäten begründen will, dann sollte nicht nur ich, sondern auch du höchst skeptisch sein, wenn es dein Anspruch ist, deine Position mit einem wissenschaftlich solidem Fundament zu begründen.

Ich meine eigentlich genau das, was ich geschrieben habe und ich sehe nicht mal, wie sich aus dem von dir zitierten Satz ohne seinen Kontext die Dichotomie herleiten lässt, die du mir andichten willst. Ich wünsche mir nur, dass gerade im Zusammenhang mit unserer Verkehrsprache, potentielle Anpassungen, vor allen Dingen wenn sie von Institutionen und Medienschaffenden eingeführt werden und nicht organisch aus der Bevölkerung kommen, möglichst frei von politischer Agenda wissenschaftlich nachhaltig und methodisch korrekt begründet sind und ihr gesamtgesellschaftlicher Nutzen in verhältnismäßiger Relation zu seinem Schaden steht.

3 „Gefällt mir“

Ich werde wohl doch langsam alt und damit auch konservativ. Sprache muss und darf sich weiterentwickeln. Aber doch bitte nicht mit „Gewalt“. Jetzt einfach auf die Verlaufsform bei der Mehrzahl auszuweichen (Studierende) ist ja schön, aber wie funktioniert das dann bitte in einem Text, wenn eine geschlechterunspezifieschen Einzahl benötigt wird. Eine studierende Person? Ein studierender Mensch? Ein Studierendes? Ups

Ich habe versucht dir zu erklären warum selbst dein „vernünftige Sprache“-Argument unvernünftig ist und – schlimmer noch – es diskriminiert („Schwangerwerdenkönnen“ trifft 100% aller gemeinten Personen – „Frau“ öffnet den Begriff um mindestens Faktor zwei, indem er Menschen inkludiert, die gar nicht schwanger werden können); darauf bist du nicht eingegangen.

Weiß nicht ob du es nicht verstanden hast oder ob wiederum dir es eigentlich um Ideologie geht; dann wärst du tatsächlich der falsche Gegner.

1 „Gefällt mir“

Du hast den Sinn von „Menschen, die schwanger werden können“ offensichtlich nicht verstanden. Es geht gerade um den umgekehrten Fall, um Menschen die schwanger werden können, aber keine „Frau“ sind.

1 „Gefällt mir“

Die Idee gefällt mir, einfach grob in der Hälfte der Fälle die eine oder andere Form zu benutzen. Das nenne ich mal Pragmatismus!

Übrigens gibt es auch im Englischen ein Gender-Thema gibt. Zum einen stolpere ich in meiner täglichen Arbeit darüber (ich rede meist Englisch), sobald ich z.B. von einem Kunden / einer Kundin rede, aber das Geschlecht nicht kenne: We have got a request from a customer. He/she (?) wants to… Das kann man so zwar noch gut schreiben. In der gesprochenen Sprache wirkt es jedoch holprig.
Zum anderen gibt es im englischen Sprachraum eher die Tendenz, die weiblichen Formen gerade nicht mehr zu gebrauchen: waiter statt waitress, actor statt actress.
Siehe auch:

Ich hab gelernt und oft schon diese elegante Lösung beobachtet:
„We have got a request from a customer. They want to…“
Ich war erst irritiert, aber inzwischen hab ich mich daran gewöhnt und finde es gut.
Geht leider im Deutschen nicht, weil dritte Person Plural (sie) leider genauso wie dritte Person Singular weiblich (sie) klingt.

Wenn du weißt, dass die Person sich als weiblich definiert: Studentin
Wenn du weißt, dass die Person sich als männlich definiert: Student
Wenn du das nicht weißt: studierende Person.

Aber ganz ehrlich, wie oft kommt das vor, dass du von einer Person sprichst, von der du nicht weißt, wie sie sich definiert? Bei mir kommt das fast nie vor. Entweder rede ich von mehreren Studierenden oder wenn ich eine konkrete Person meine, dann verwende ich einfach den Vornamen.

Studierende Person = Eine Person die studiert. Das kann ein Student sein oder Studentin aber auch jede andere Berufsgruppe. Ein Bäcker, der die Teigherstellung studiert, ist kein Student, aber eine studierende Person.

Die Umschreibung erscheint auf den ersten Blick sinnvoll, ist jedoch aus meiner Sicht eine sprachliche Krücke. Das gilt leider auch für fast alle anderen Varianten wie StudentInnen, oder Student:innen. Das einzige was ich mir vorstellen kann, was so einfach ist, dass es eine Chance hat sich durchzusetzen ist:
Student: männlich, weiblich, divers
Studentin: weiblich
Studenter: männlich
Mit dieser Variante wäre alles sofort gegendert, auch die bereits bestehenden Texte! Und man müsste nur dann was ändern, wenn explizit nur männliche irgendwas angesprochen werden sollen. Für die Ansprache von Transgeschlechtlichen müsste man sich noch eine neue Endung ausdenken, „Studentex“?

Eben nicht. Das generische Maskulinum ist nur scheinneutral. Ich glaube, im Verlauf dieses Threads hat dazu bereits jemand einen Artikel gepostet, deswegen unterlasse ich nun weitere oder doppelte Verlinkungen, kann allerdings das Buch Nübling/Kotthoff (Hg): „Genderlinguistik“ wärmstens empfehlen.
Um eine Neutralität des generischen Maskulinums gewährleisten zu können, müsste man die sprachliche Wahrnehmung der Menschen verändern. Das ist, meiner Meinung nach, bei einer Umdeutung vorhandener Sprachformen deutlich schwieriger als bei Neuformen wie Student:innen. Durch diese Neuform „stolpere“ ich über diese Formulierung. Und das ist es ja irgendwie auch gerade, was bezweckt wird. So löst diese Formulierung einen Denkprozess aus, der im Idealfall dazu führt, das Gebot der Heteronormativität der Gesellschaft zu hinterfragen.

Ich habe in diesem Forum bereits mehrere Threads zu ähnlichen Themen gelesen. Der Vorschlag, das generische Maskulinum zu nutzen als geschlechtsneutrale Form kam an mehreren Stellen. Von wem? Ausschließlich von Menschen, deren Namen als männlich gelesen werden konnten. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. :wink:

Hallo @zwiebel,

meine Meinung zu dem Thema hat sich inzwischen verändert. Ich bin inzwischen der Auffassung, die beste Variante wäre, nur noch die männliche Version, in obigem Beispiel Student, zu verwenden und die weibliche zu streichen. Der Effekt wäre genau wie Du gesagt hast, dass sich die sprachliche Wahrnehmung der Menschen verändern würde. Da gab es in den anderen Themen sehr schöne Beispiele. Z. B. hatte sich in Ostdeutschland der Frauenanteil beim Ingenieursstudium dramatisch gesenkt durch die Einführung der weiblichen Form nach der Wiedervereinigung.

Ist ja auch eigentlich Widersprüchlich zu Gleichberechtigung, wenn man etwas, das gleich sein soll, unterschiedlich benennt. Und wann muss man schon gezielt nur die weibliche oder männliche Gruppe ansprechen? Die paar Mal kann man dann auch weiblich oder männlich davor setzten.

Korellation und Kausalität. Ob der Rückgang weiblicher Studenten auf die Einführung der weiblichen Formen zurückgeht, weißt du nicht. Im Gegenteil, ich würde mal behaupten, dass das eher an dem Systemwechsel und dem Wegfall der im Vergleich zur BRD damals höheren Unterstützung von Frauen liegt.

Abgesehen davon ist es meines Wissens nach wissenschaftlich belegt, dass die Verwendung des generischen Maskulinums eben nicht neutral ist, sondern eine Interpretation als männlich nahelegt und somit zum Beispiel auch Kinder darin beeinflusst, was sie als männlich bzw weiblich wahrnehmen.

1 „Gefällt mir“

Finde ich schwierig, da von einer Korrelation auf eine Kausalität zu schließen. Vor allem, wenn man bedenkt, dass mit der Aufnahme der DDR-Länder in die BDR auch viele Strukturen wegfielen, die es Frauen* überhaupt ermöglicht haben, arbeiten zu gehen.

Letztendlich wünsche ich mir ebenso, dass irgendwann Gender keine Rolle mehr spielt. Aber bis wir dort sind, ist es wichtig, alle mitzunehmen und zu nennen und auch sichtbar zu machen. Es gibt ja schließlich noch misogyne, sexistische Diskriminierung. Dann muss man ja auch Worte dafür haben bzw. finden können.
Im Sinne eines pragmatischen Essentialismus (s. Spivak)

1 „Gefällt mir“

Das hier ist der humorvolle Ausweg. Hat jemand woanders im Lageforum vor mir entdeckt, ich finde den Originalpost aber leider nicht wieder.

2 „Gefällt mir“