Fragen zum Verfahren und Durchsetzung der Impfpflicht

Bei dem in der Lage skizzierten Verfahren zur Impflicht frage ich mich, ob sich das nicht durch einen vorhergehenden Datenabgleich beschleunigen ließe. Die Impfbeschescheinigung wurde mir von meinem Bundesland zugeschickt, hier müsste es also doch eine Stelle geben, die meinem Impfstatus kennt.

Anstatt dass also erst die Kommune wie vorgeschlagen jede Einwohnerin anschreibt, könnte sie doch vorab die Meldedaten mit den bekannten Impfdaten abgleichen. Dann bekommen alle Einwohnerinnen mit unbekannten Impfstatus schon beim ersten Anschreiben einen Termin in 4-6 Wochen. Wer doch geimpft ist, ohne dass das erfasst wurde, reicht seine Bescheinigung ein, alle anderen müssen den Termin bestätigen, am besten per QR Code wie bei der Briefwahl-Beantragung.

Wer sich nicht meldet, kommt in die nächste Eskalationsstufe.

Ganz am Ende habe ich mich gefragt, ob eine Ärztin tatsächlich einen Menschen, der das offensichtlich nicht will, impfen darf oder ob die Impfung dann z.B. von einer entsprechend geschulten Polizistin verabreicht werden müsste, weil es eben nicht Aufgabe von Ärzten ist, staatlichen Zwang umzusetzen.

Nach der aktuellen Rechtslage: Nein, dürfen sie nicht.

Es gibt aber auch schon jetzt Situationen, in denen Ärztinnen auch unter Zwang tätig werden dürfen. Dies ist beispielsweise eine gerichtlich angeordnete Blutentnahme (z.B. bei hochgradigem Verdacht auf Alkohol am Steuer mit daraus folgendem Unfall o.Ä.) so, hier erfolgt die entsprechende Regelung in der Strafprozessordnung. Außerdem gibt es aktuell eine mit bekannte Krankheit mit einer Behandlungspflicht (also der Pflicht, sich behandeln zu lassen), die letztlich wohl dann auch Ärztinnen durchsetzen müssen: Tuberkulose. Geregelt ist das im Infektionsschutzgesetz.

Es gibt so ähnliche Möglichkeiten also bereits jetzt. Mit der entsprechenden gesetzlichen Grundlage (die erst noch geschaffen werden müsste) wäre das also zumindest rechtlich kein Problem (ethisch-moralische Argumente zunächst mal außen vor gelassen).

Gibt es denn überhaupt eine kommunale „Impfdatenbank“, mit der die Gemeinde die Einwohnerdaten abgleichen könnte?

Vorführen, Erzwingung

Hier sind Ulf und Phillip, finde ich, etwas über das Ziel hinausgeschossen. Da wäre dann auch für mich, als bekannter Impflicht-Befürworter, die rote Linie überschritten. Das Gleiche gälte für mich für die Erwingungshaft.

Gäbe es denn nicht die Möglichkeit, das Gesetzt zur Impflicht so auszugestalten, dass jemand für jeden Monat, den er nicht geimpft ist, ein Bußgeld bezahlen muss? Quasi ein „Dauerbußgeld“ oder ein „Bußgeld-Abo“?

Und gleichzeitig sollte man die Mitglieder unserer Gesellschaft for Kontakten mit „Impfverweigerer trotz Impflicht“ schützen, in dem diese weitgehend von allen gesellschaftlichen Interaktionen ausgeschlossen werden: 2G möglichst überall (schwierig bei z.B. Lebensmittel, Apotheken), Kontaktverbote, ggf. sogar Ausgangssperren.

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Einige Strafrechtler sind der Meinung, dass man nicht Geimpfte schadensersatzpflichtig belangen könnte, nur sei der Nachweis eben schwierig.
Manche stellen sogar Totschlag in den Raum.

Amüsant: wer irrtümlich annimmt, infektiös zu sein und begibt sich unter Leute, könnte sich der versuchten Körperverletzung strafbar machen

Das Urteil des EGMR zum Thema „diverse Impfpflichten in Tscheschien“ hat zwei Dinge verdeutlicht:

  1. Eine Impfpflicht ist generell zulässig, wenn sie verhältnismäßig ist. Da dies im Hinblick auf Diphterie, Heptatis B und Tetanus ging ist davon auszugehen, dass eine Corona-Impfpflicht auch angemessen wäre.
  2. Der Durchsetzung der Impfpflicht sind aber bestimmte Grenzen gesetzt - unmittelbarer Zwang, daher das Impfen gegen den Willen unter Anwendung von Gewalt, wäre hier wohl nicht zulässig. Ebenso wenig wären Bußgelder in einer Höhe unzulässig, die die finanzielle Existenz gefährden würde.

Klar, und darauf würde es auch hinauslaufen. Es gibt die Aufforderung den Impfstatus nachzuweisen bzw. sich impfen zu lassen und wer dieser Aufforderung nicht nachkommt, bekommt ein moderates Bußgeld. Ein paar Wochen später gibt es dann die nächste Aufforderung und das nächste Bußgeld. Das darf auch teuer werden, aber halt nicht existenzbedrohend. Sagen wir z.B. 50 Euro im Monat.

Im Hinblick auf ALG II Empfänger könnte man letztlich auch mit dem SGB II arbeiten. Wenn es eine allgemeine Impfpflicht gäbe, wäre damit automatisch auch 2G am Arbeitsplatz verbunden. Wer sich nicht impfen lässt, wäre also auf dem Arbeitsmarkt dadurch nicht vermittelbar, eine Sanktion bis zu 30% des Regelsatzes wäre also dauerhaft wegen Verletzung der Mitwirkungspflicht denkbar.

Ja, juristisch sind diese Dinge immer interessant.
Ich denke hier spontan an den untauglichen Versuch, aber der setzt natürlich eine aktive Straftat voraus, eine Fahrlässigkeit würde hier nicht genügen. Dogmatisch denkbar sind solche Konstruktionen in jedem Fall - ob sie in der Praxis angewandt werden steht auf einem anderen Blatt.

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Nicht im Lande des verwirrten Datenschutz-Fundamentalismus…

Könnte man das per Mutationsanalyse (Ministerium ermöglicht Echtzeit-Infektionskettenanalyse von SARS-CoV-2 in Düsseldorf | Arbeit.Gesundheit.Soziales) beweisen?
Und wenn es gelänge, auf diese Weise den Superspreader eines Ausbruchs dingfest zu machen- welche juristischen Konsequenzen hätte das?

Nein, sowas gibt es nicht. Wir hatten ja bisher noch keine allgemeine Impfpflicht. Die bisherigen Teilimpfpflichten werden von Kitas, Schulen und Arbeitgebern kontrolliert.

Ich denke, über diesen Punkt sind Ulf und Philip in der letzten Folge auch gar zu locker hinweggegangen. In den Gemeinden gibt es weder die organisatorischen, noch technischen, noch personellen Voraussetzungen für eine einigermaßen brauchbare Kontrolle. Und wenn wieder alle mit selbstgebastelten Exceltabellen anfangen, wird das doch ein Scheitern mit Ansage.

das glaube ich nicht: In diesem konkreten Anwendungsfall reicht eine einfache Excel-Tabelle aus, in der man für jede Person einträgt, wann sie womit geimpft wurde. Und diese Infos wiederum müssen die Menschen nach unserem Vorschlag der Gemeinde schriftlich einreichen.

Zu diesem Punkt, die Sanktionsmechanismen der Grundsicherung auszunutzen, hatte ich einen Kommentar geschrieben, der nicht veröffentlicht wurde. Wahrscheinlich hat er nicht in das Weltbild der Lage gepasst. Deswegen an dieser Stelle noch einmal sanfter ausgedrückt: der Staat könnte an Beziehenden von Grundsicherung sehr gut die Sanktionierbarkeit von Impfverweigerung testen. Wer sich nicht impfen lässt und die Termine zur Impfung nicht wahrnimmt, erhält eine Kürzung der staatlichen Transferzahlungen. Das wäre die Gruppe, bei der der Staat die Durchsetzungsmöglichkeit am leichtesten testen kann, da diese Leute keine Ausweichmöglichkeiten haben. Außer natürlich keine Transfers mehr zu beziehen, wenn sie arbeiten gehen.

Er leitet die Pflicht gerade bei denen ein, wo es wirklich am leichtesten geht und sich viele seit Monaten wundern, warum er das nicht tut.
Ich war ehrlich gesagt überrascht, denn ich dachte, die sind schon längst zwangsdurchgeimpft: die Bundeswehrler

Arbeitslose als Versuchskaninchen zu missbrauchen halte ich für ausgesprochen fragwürdig, mitunter gar menschenfeindlich. So möchte ich meinen Beitrag nicht verstanden sehen.

Ich sprach die sozialrechtlichen Sanktionsmaßnahmen nur deshalb an, weil es hier auch, wie so oft, um die Wahl des geringeren Übels geht. Daher:

Das Problem lautet:
Grundsicherungsbezieher sind regelmäßig nicht in der Lage, angemessene Bußgelder, die hinreichend hoch sind, um auch arbeitende Impfverweigerer zur Impfung zu drängen, zu zahlen. Das würde dann dazu führen, dass wir ausgerechnet gegenüber dieser Gruppe (in der die Impfverweigerer vermutlich leider besonders häufig anzutreffen sind, siehe Studien zu den Themen Bildung und Armut als Risikofaktoren für Wissenschaftsfeindlichkeit) auf eine Impfpflicht verzichten müssen oder es akzeptieren würden, dass Angehörige dieser Gruppe regelmäßig Ersatzfreiheitsstrafen absitzen müssten. Und das wollen wir eigentlich beides vermeiden.

Eine Sanktionierung über die Mechaniken des SGB würde hingegen zumindest verhindern, dass die Impfverweigerer in Haft genommen werden. Man könnte hier ja durchaus im ersten Monat mit 5% anfangen und es sukzessiv bis auf 30% steigern - und man könnte sogar eine nachträgliche Rücknahme (teilweise oder vollständig) der Sanktion erwägen, wenn die Leute sich dann doch endlich impfen lassen Das hätte dann den Effekt, dass der Grundsicherungsempfänger jeden Monat etwas weniger Geld bekommt, aber der Anreiz, sich doch endlich impfen zu lassen, in Erwartung der Rückzahlung immer weiter steigt.

Wie gesagt, was hingegen gar nicht geht ist, nur und ausschließlich ALG II-Empfänger zu sanktionieren und sie als Versuchskaninchen für die Durchsetzbarkeit einer Impfpflicht zu verwenden. Und zwar gerade weil diese Menschen keine Ausweichmöglichkeiten haben, gerade weil sie die Schwächsten der Gesellschaft sind, auf deren Rücken so etwas nicht ausgetragen werden darf.

Daher: SGB-Sanktionen als Werkzeug, um die Impfpflicht auch bei Grundsicherungsempfängern durchzusetzen, ist in Ermangelung besserer Alternativen in Ordnung. Mehr nicht.

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Vorangestellt möchte ich sagen, dass ich grundsätzlich nicht für eine Impfpflicht bin, mir auch nicht vorstellen kann, wie man sie umsetzen will und kann und auch nicht glaube, dass eine Impfpflicht in diesem Winter überhaupt noch etwas bringen würde.

Das Thema bezog sich ja aber auf die Durchsetzbarkeit einer Impfpflicht. Das heißt ganz neutral gesprochen: Impfverweignde in die Knie zu zwingen, sodass sie sich impfen lassen. Das geht natürlich am einfachsten bei den „Schwächsten“, auf die der Staat direkt oder indirekt Zugriff hat. So ja bspw. bei der Masernimpfung bei Kindern, das nur diese auch in die Schule dürfen (mehr oder weniger alternativlos). Deshalb ist die Idee sich auf diejenigen zuerst zu konzentrieren, die vom Staat abhängig sind, natürlich besonders effektiv. Immerhin gibt es ja Auswege den Sanktionen zu entgehen für diese Menschen:

  1. Sich impfen lassen, was ja das politische Ziel wäre
  2. Sich einen Job suchen, sodass man nicht von staatlichen Transfers abhängig ist
  3. Sich möglichst selbst versorgen, bspw. in einer Art Solidar-Kommune

Wenn der Staat eine direkte Durchgriffsmöglichkeit auf Impfverweigerer hat, dann müsste er sie ja auch ausnutzen. Wie soll man es sonst bei anderen durchsetzen, die nicht vom Staat abhängig sind? Würde man zunächst eine Impfpflicht für Ü60-jährige Einführen, dann könnte man sogar mit der Kürzung der Rente oder der Pension anfangen (Achtung: gesellschaftlicher Sprengstoff!). Bei Rente oder Pension hätte der Staat aber ebenfalls direkte Durchgriffsmöglichkeiten, was viel effektiver als Bußgelder etc. ist. Aber ich persönlich fände diese harten Sanktionen nicht begrüßenswert.

Mal ein alternativer Vorschlag: genau wie bei der Bundeswehr könnte der Staat auch eine Impfpflicht bei allen Beamten einführen. Wer sich bis zu einem bestimmten Stichtag nicht geimpft hat, könnte dann auch Kürzungen der Bezüge erhalten oder geringere Leistungen der Beihilfe im Krankheitsfall. Das wäre m.M.n. auch relativ leicht durchsetzbar, weil ja auch hier ein direktes Abhängigkeitsverhältnis besteht. Das wäre sicherlich auch eher vermittelbar als das Thema bei den Grundsicherungsbeziehenden umzusetzen.

Das wäre juristisch absolut nicht denkbar.
Der Unterschied ist:
Transferleistungen nach SGB II sind an Voraussetzungen gebunden („Fördern und Fordern“), daher kann man die Transferleistungen kürzen, wenn die Voraussetzungen (z.B. dem Arbeitsmarkt zur Verfügung zu stehen, was bei Ungeimpften bei einer mit der Impfpflicht einhergehenden 1G/2G-Pflicht am Arbeitsplatz nicht möglich wäre) nicht erfüllt sind.

Renten- und Pensionsleistungen sind hingegen - wie auch das ALG I - Leistungen, auf die ein Rechtsanspruch besteht, weil für diese Leistungen eine Gegenleistung erbracht wurde. Daher: Einzahlungen in die Renten- bzw. Arbeitslosenversicherung oder halt die vergangene Beamten-Arbeitszeit bei Pensionären. Daher wäre es in einem Rechtsstaat absolut undenkbar, wenn der Staat nun nachträglich an die Erfüllung seiner Leistungspflicht aus Renten-, Sozial- oder Beamtenrechtlichen Verträgen neue Voraussetzungen knüpfen würde. Das geht einfach juristisch so absolut gar nicht.

Und das ist halt auch das Problem deiner Argumentation, wenn du daran anknüpfst, dass der Staat seine Machtposition gegenüber denen ausnutzen sollte, die auf ihn angewiesen sind. Das entspricht schlicht nicht dem moralischen oder rechtlichen Grundverständnis eines demokratischen Rechtsstaates. Deshalb sind diese Argumentationslinien auch im Steuerrecht immer so problematisch, wenn argumentiert wird, dass man die Reichen halt nicht zu stark besteuern dürfe, weil sie ausweichen können, während die Lohnsteuer und die Umsatzsteuer für die meisten Menschen nahezu unausweichbar ist. Das ist faktisch richtig, darf aber nicht dazu führen, dass der Staat nur diese „low hanging fruits“ erntet und damit ein ungerechtes Steuersystem manifestiert.

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Was aber juristisch problemlos geht, ist, einen Impfverweigerer einem Straf- oder Ordnungswidrigkeiten-Verfahren zuzuführen, ihm ein Bußgeld oder eine Geldstrafe aufzudrücken und diese Strafe dann - bei ausbleibender Zahlung - von Renten, Pensionen, Arbeitslosengeld oder auch einem stinknormalen Gehalt zu pfänden. Gerne verbunden mit einer Auflage an die kontoführende Bank, keine Abhebungen mehr zuzulassen, die über die geschützten Beträge hinaus gehen, bis die Schuld beglichen ist.
Der Prozess ist dann zwar formal anders, aber de facto der gleiche. Der Zahlungsempfänger kommt nicht an sein Geld.

Das dauert natürlich ein bisschen länger, kann aber im Wiederholungsfall auch schnell teuer werden und ggf. das eine oder andere Monatseinkommen kosten.

Wer das für besonders hart oder rechtsstaatlich nicht möglich hält, kann sich ja mal überlegen, was so passiert, wenn das Finanzamt eine Forderung gegen einen hat, und man sich weigert, diese zu begleichen oder zumindest die entsprechenden Rechtsmittel einzulegen.
Oder was passiert, wenn männliche Jugendliche volljährig werden und der „Einladung“ zur Musterung unentschuldigt keine Folge leisten. (Ich bin alt, ich merk’s. :smiley: )
Da gibt’s erstmal viel weitere Post, Geldbußen, und irgendwann steht die Polizei (Feldjäger) vor der Tür und nimmt einen mit. Im Fall der Bundeswehr dann übrigens zu einer ärztlichen Untersuchung, der der Wehrdienst-Leistende in spe überhaupt nicht zustimmt.

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Das ist häufig so in einem funktionierenden Rechtsstaat. Das Ziel mag identisch sein, aber der Weg, wie man dort hinkommt, ist eben ein anderer. Und ja, in diesem Fall auch deutlich bürokratischer. Das ist eben die Kehrseite der Bürokratie - desto weniger Bürokratie es gibt, desto mehr Willkür gibt es in den Entscheidungen des Staates, was Korruption Tür und Tor öffnet. Aber das führt auch wieder zu einem anderen Thema :wink:

Wie hoch die Kosten hier genau sein dürfen ist tatsächlich genau einer der Knackpunkte im Hinblick auf das Urteil des EGMR zum Thema diverser Impfpflichten in Tschechien. Bußgelder in Höhe von mehreren Monatseinkommen würden vermutlich unter der aktuellen Rechtsprechung des EGMR als Verstoß gegen die EMRK gewertet werden.

Da reicht auch schon eine Gebühren-Forderung der örtlichen Bibliothek :wink:
In der Tat ist unser Staat knallhart, wenn es um öffentliche (und damit sofort vollstreckbare) Forderungen geht - da kommt die Kontopfändung in der Tat sehr schnell…

Egal, zurück zum Thema:
Bei der konkreten Ausgestaltung der Durchsetzung der Impfpflicht müssen diverse Aspekte berücksichtigt werden:

  1. Das Gleichbehandlungsgebot
    Eine Durchsetzung nur gegenüber denjenigen, die der Staat wegen eines Abhängigkeitsverhältnisses leichter erwischen kann, ist hier sehr problematisch.
  2. Das Übermaßverbot
    Wie gesagt, das Urteil des EGMR setzt hier nicht ganz klare Grenzen, aber gibt doch eine grobe Orientierung, was zulässig ist und was nicht. Ein Impfzwang (dh. Impfung gegen den Willen unter Zuhilfenahme unmittelbaren Zwanges) scheidet ebenso aus wie potentiell existenzbedrohende Bußgelder.

Wie gesagt, ich denke, der Staat würde am besten damit fahren, wenn er zweigleisig vorgeht:
Bußgelder in Höhe von maximal 100 Euro im Monat (das tut den meisten Impfverweigerern schon richtig weh!) für die arbeitende Bevölkerung, geringfügige sozialrechtliche Sanktionen (erst 5%, dann 10%, maximal 15%…) mit teilweiser Rückzahlung nach Impfung (als Anreiz) für Transferleistungsempfänger. Dazu strikte 2G-Pflicht in allen Bereichen, die nicht absolut lebensnotwendig sind. Mit solchen Regelungen würde einzig ein Kern von vielleicht 1-5% der Bevölkerung verbleiben, der sich weiterhin der Impfung verweigert und lieber regelmäßig Strafen zahlt. Wenn die anderen 95-99% geimpft sind, sind diese 1-5% aber auch irrelevant. Kurzum: Wir brauchen keine Lösung, die auch den härtesten Reichsbürger zur Impfung bringt… das würde ohne unmittelbaren Zwang ohnehin nicht funktionieren, von denen würden einige definitiv eher in den Knast gehen, als sich impfen zu lassen…

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Wäre eine milde und bürokratisch sehr sparsame Form der Impfpflicht denkbar? Es würde ein Termin genannt, ab dem jede Person eine Impfung nachweisen müsste bei stichprobenartigen Kontrollen mit Bussgeldandrohung. Der Einwand könnte sein, dass die wenigen tatsächlichen Kontrollen zu wenig wirken. Aber, der psychische Druck einer massiv kommunizierten Pflicht könnte ausreichen, um dennoch den allergrössten Teil der jetzt noch Ungeimpften umzustimmen (die radikalen Impfgegner freilich nicht, aber die sind zahlenmässig vielleicht schon zu vernachlässigen). Im Übrigen möchte ich da noch auf den Nebensatz von Phillip verweisen, dass eine Impfpflicht der gesichtswahrende Ausweg für alle nicht radikalisierten Verweigerer sein könnte.

Automatisch ergäbe das eine überall geltende, sehr harte 2G-Regel, die den Druck zusätzlich erhöhen würde. Man dürfte ja nicht einmal mehr legal in ein Lebensmittelgeschäft gehen.

Ich dachte ja, die Impfpflicht in Österreich wäre so angelegt, weil ja der 1. Februar so spät ist, dass ich vermutet hatte, es würde bis dahin eben die Frist eingeräumt, sich noch impfen zu lassen. Nach meiner Recherche scheint es aber so ähnlich geplant, wie von Ulf und Phillip vorgeschlagen.

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Ich habe große Probleme wenn ich mir hier die Zwangsmaßnahmen so durchlese, da diese vorwiegend auf die sozial Schwächsten ausgelegt sind.

Wenn schon Bußgeld, dann bitte keine feste Summen die den einen maßlos überfordern für den anderen aber ein Trinkgeld ist. Ausserdem werden betuchte immer (wie im Straßenverkehr auch) versuchen sich der Maßnahme zu entziehen.

In diesem Winter wird die Impfpflicht keine Rolle für das pandemische Geschehen mehr spielen. Man sollte sich aber allgemeine Gedanken machen wie man in Zukunft damit umgehen will.

Hier noch einen Link, da wir dort auch schon über diesen Themenbereich diskutiert haben.

PS
Zwang ist die letzte aller Maßnahmen die ich akzeptieren werde.

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Ich habe die letzten Tage nochmal gründlich über das Thema nachgedacht und einen Gegenvorschlag überlegt.

Ausgangspunkt ist der Gedanke, dass eine Impfplicht in dem von Philip und Ulf vorgeschlagenen Verfahren in diesem Winter keinen Wirkung mehr hätte, denn von der Erstimpfung bis zur Immunität vergehen knapp zwei Monate und für die Zeit von Gesetzgebungsverfahren, bürokratische Umsetzung und Durchlaufen der Eskalationsstufen würden eher drei Monate vergehen. Darüber hinaus ist es wahrscheinlich mit einer Immunisierung gegenüber dem Wuhan Typ nicht getan.

Daher geht es bei der Impflicht meiner Meinung nach eher um die nächsten 2-3 Jahre, bis Corona wirklich endemisch ist.

Hier der Vorschlag:

Die Kommunen erheben umfassend den Immunitätsstatus der gesamten Bevölkerung (Wann und wie oft geimpft/genesen, mit welchen Impfstoffen), damit wir erstmal überhaupt eine verlässliche Datengrundlage haben. Mir fehlt z.B. völlig die Information, wie viele der Ungeimpften genesen sind.

Per Gesetz muss es hier eine regelmäßige Auskunftspflicht und Sanktionen bei falschen Angaben geben, d.h. auch Änderungen des Immunitätsstatus sollten mitgeteilt werden.

Parallel dazu erarbeitet eine Expert:innenkomission Zielvorgaben für die Immunität der Bevölkerung. Das klingt jetzt erstmal simpel (95% impfen und der Drops ist gelutscht), aber der Teufel steckt im Detail. Z.b. sollten wahrscheinlich nur mit J&J geimpfte, Ü60 usw. als ungeschützt gelten, wenn sie keine Boosterung bekommen haben. Bei jüngeren können wir uns größere Impflücken leisten als bei älteren usw.

Außerdem ändert sich ja die Situation dynamisch. Es gibt neue Erkenntnisse, wie lange die Immunität anhält, neue Impfstoffe, neue Varianten. Evtl. ist im Sommer gibt es im Juli einen Impfstoff gegen den Nachfolger von Omikron, der dann möglichst breit verimpft werden muss.

Ziel der Kommission, ist:

  • Eine evidenzbasierte Debatte mit öffentlich verfügbaren Daten und Informationen zu führen. D.h. Daten, Berichte, Sitzungsprotokolle frei verfügbar
  • Die Notwendigkeit einer Immunisierung an die Öffentlichkeit zu kommunizieren, niemand kann dann mehr behaupten, nichts gewusst zu haben
  • Klare Zielvorgaben zu definieren, z.B. Ampelsystem

Liegt die Bevölkerungsimmunität unter der Zielvorgaben, muss die Politik reagieren und kann in letzter Konsequent auch eine Impflicht einführen. Diese wäre meiner Meinung nach am Ende ein milderes Mittel als neue Lockdowns und verhältnismäßig um eine erneute Überlastung des Gesundheitssystems zu vermeiden.

Ich stimme @Daniel_K natürlich vollumfänglich zu bei der juristischen Ausführung. Ich hatte es jetzt alles sehr verkürzt dargestellt, um es erst einmal auf den Nenner zu bringen. Da wir in diesem Ausmaß eine solche Maßnahme noch nie hatten (und hoffentlich auch nicht bekommen), ist es ja auch reichlich spekulativ.

Der Gleichbehandlungsgrundsatz ist hier jedoch nicht maßgeblich m.M.n. Denn offenbar konnte bei der Bundeswehr bereits eine Impfpflicht angeordnet werden. Somit sollte es auch bei allen anderen Staatsdienern möglich sein (alle Beamten + Parlamentarier). Möglicherweise ist die Bundeswehr jetzt ein Testballon, um zu schauen, wie gut man es durchsetzen kann. Welche disziplinarischen Maßnahmen dann folgen, wird man sehen.

Das Argument warum man es bei Verbeamteten und Verrenteten (wie auch bei Transferempfangenden) relativ leicht umsetzen kann ist ja lediglich, dass die Zahlungen direkt vom Staat fließen. Dieser somit einen direkten Zugriff hat. Der Staat könnte sicherlich auch argumentieren, dass er eine Kostenbeteiligung für Ungeimpfte an den Pandemie-Maßnahmen erhebt. Somit dann bspw. von jedem der genannten Personengruppen 15-20% der monatlichen Zahlung einbehält. Indem nicht der Umweg über Bußgelder gegangen wird, kann man das sicherlich alles viel schneller umsetzen. Schließlich behält der Staat das Geld sofort ein und zahlt es im Zweifel später zurück. Dann können Verbeamtete oder Verrentete mal schauen, wie schnell bei Gerichten diese Sachen entschieden sind und sie währenddessen 15-20% ihrer monatlichen Zahlungen nicht erhalten. Das würde sicherlich unmittelbar zu einer zügigen Reaktion (Impfung) führen. Man muss es ja so hart sagen wie es ist: der Staat müsste und könnte die Impfpflicht nur mit maximalem Druck und voller Konsequenz umsetzen.