Aber diese Zuschüsse bekommt der Mindestlohnamfänger in Teilen dann doch auch (natürlich weniger, weil er eben mehr Einkommen hat).
Dennoch müssen auch „einfache“ Tätigkeiten gemacht werden. Und auch von denen muss man alleine leben können. Qualifikation ist nicht die Universallösung.
Ich kann beschreiben was ich darunter verstehe. Eine generelle Definition muss man aber sicher aushandeln.
Ich versuche mich mal an einer Auswahl ohne dass diese vollständig ist oder von allen geteilt werden wird. Die Liste kann und wird auch nachträglich erweitert werden, sofern ich merke etwas vergessen zu haben.
Für mich ist erstmal der Grundbedarf zu klären. Das ist alles was essentiell ist um die körperliche und psychische Gesundheit stabil zu halten. Also zum Beispiel:
Grundnahrungsmittel
Wohnung
Wärme
Strom
TV/Internet und mit Einschränkung, kulturelle Teilhabe wie Bibliothek, Museum, Theater, Vereine
Alter kleiner PKW für Menschen im ruralen Raum ohne ÖPNV-Alternative
ÖPNV-Zugang
Hygieneartikel
Kleidung (mglw. Second Hand)
(das Gefühl gebraucht zu werden)
Bescheidener Luxus wären dann Dinge, die darüber hinaus gehen, aber klar noch bescheiden sind
neue Möbel und Geräte statt solche von Ebay Kleinanzeigen
unregelmäßige Urlaube (also eher alle 2-3 Jahre)
Genussmittel
Gastronomie
Netflix oder ähnliche Streaming Dienste
Haustiere (wobei die bei einigen sicher zur psychischen Gesundheit notwendig sind)
unnötig große Wohnung
Deutschland-Ticket
einfache Hobbies, die nicht stark ins Geld gehen (let’s say <20€/Monat)
Kleidung neu
neue Möbel und Geräte (wobei ich das schon grenzwertig finde und selbst aus ökologischen Gründen auch gern lieber gebrauchtes hole)
Darüber beginnt dann Luxus, für mich
das Auto obwohl ÖPNV vorhanden ist
essen gehen oder Lieferdienste nutzen
regelmäßiger Urlaub (>= 1 Woche pro Jahr)
eine Wohnung, die größer ist als nötig (bspw. zu 2E+1K in mehr als 70m2)
Wohnung in teureren Regionen und Trendstadtteilen, auch wenn man da schon seit Jahren wohnt und verwurzelt ist, sofern sozialer Wohnraum fehlt - ja ich denke an, Berlin, München, Hamburg, Frankfurt…
Darüber gibt es natürlich massig größeren Luxus. Der fällt für mich aber in eine andere Kategorie.
Für manchen wird das alles essentiell sein. Ich habe aber noch andere Zeiten meines Lebens im Kopf. Und daher weiß ich wie privilegiert man selbst mit diesen einfachen Dingen teils ist.
Ganz klar möchte ich hier auch noch einmal hervorheben, dass Kinder für mich definitiv besser gestellt sein müssen. Kinder haben keine Verantwortung für die Familie und Armut in die sie geboren werden. Außerdem prägen wir Kinder durch Armut in einer Form, dass sie selbst oft später in Armut leben. Und daher müssen wir Familien einen höheren Standard eingestehen als dem Alleinstehende. Ein Entwurzeln von Kindern wegen teurer Wohnungen oder ein Leben ohne oder mit kaum alterstypischem Spielzeug und Unterhaltung lehne ich daher ab, während ich es bei Alleinstehenden für überlegen wert halte.
Nichtsdestotrotz, wie hoch und wie kinderspezifisch diese Abstufung schlussendlich ist, das ist wieder Aushandlungssache.
Es gibt hier aber ja auch wieder ein paar Punkte die sehr individuell sind.
Urlaub z.B. wenn wir von Urlaub alle 2-3 Jahre reden, ist dann damit eine Woche im Erzgebirge mit Zeit oder in Jugendherberge gemeint oder eine Woche Strandurlaub All-Inklusive?
Und 20 Euros für Hobby ist quasi nichts. Schon nur minimal ambitioniert Laufen wäre teurer. Schwimmen ebenso.
Vieles im Verein wäre mit Mitgliedsbeitrag und Spartenbeitrag für Aktive schon auf diesem Level, aber noch ganz ohne Equipment.
Das ist vollkommen richtig. Ich schrieb ja auch, dass das ein gesellschaftlicher Aushandlungsprozess ist.
Für mich wären viele Arten Urlaub okay. Übertrieben fände ich aber Reisen weiter als unsere Nachbarländer und den Urlaub im All-Inclusive Hotel. Am Ende wären harte Gaps aber unpraktikabel. Man müsste eher ein Budget x definieren, dass sich an einem typischen Referenzurlaub orientiert. Alles was darunter ist, ist angemessen.
Das kann ich aus eigener Erfahrung nicht bestätigen. Alle Vereine in denen ich war und bin hatten spezielle Mitgliedsbeiträge für Kinder, Rentner und Empfänger von Sozialleistungen. Für letztere Gruppe lagen diese Sätze selbst deutlich unter den Versicherungsbeiträgen des Vereins an den Landessportbund und wurden von den nicht ermäßigten Gruppen quersubventioniert. Der Mitgliedsbeitrag konnte so selbst im Kampfsport oder materialintensivem Badminton stets unter 10€ pro Monat für diese Gruppe gehalten werden.
Es gibt Menschen, die haben noch nicht einmal die 3,80 Euro für die Fahrt zum Strand. Das ist die letzte Geschichte, die ich von „Sanktionsfrei“ gehört habe.
Es ist nicht (immer) die „zu hohe“ Anspruchshaltung.
Ich sehe nicht ein, warum reiche Menschen in vielerlei Hinsicht verschont bleiben und mit Privatjet und Yacht ohne Sinn und Verstand durch die Gegend düsen und das Klima verpesten können und arme Menschen auf der anderen Seite im reichen Deutschland noch nicht mal ein Eis für ihre Kinder kaufen können, ohne es sich an anderer Stelle vom Mund absparen zu müssen.
Übrigens ist Strom (außer der zum Heizen) Teil des Bürgergeldregelsatzes, was bedeutet, dass es bei hohen Strompreisen schnell zu Schulden und Abstellen des Stroms kommt. Ich finde solche Situationen inakzeptabel. Beispiel
Auch in Deutschland werden neuerdings Yachten mit über 100m Länge gekauft. Realisiert eigentlich niemand, wie grotesk und himmelschreiend ungerecht das ist…?
Darauf wollte ich hinaus. Der eine macht mit dem Budget 3 Wochen Camping in Kroatien, der andere 1 Woche Urlaub auf dem Bauernhof im Odenwald, oder wie auch immer.
Hier kommen dann natürlich lokale Sachen dazu. Ich weiß, dass es bei den meisten Vereinen Ermäßigungen gibt, aber wie groß die sind ist dann unterschiedlich und je nach Wohnort ist ja keine Auswahl des Vereins möglich.
Ich würde sagen das wäre dann schon etwas über dem Existenzminimum und wahrscheinlich weder der Anspruch von Bürgergeldempfängern noch von Aufstockern.
Gemeint ist:
Auf der einen Seite des Spektrums wird diskutiert, ob Bürgergeldempfänger:innen zu viel bekommen. Auf der anderen Seite gibt es absurden Reichtum. Und nein, das ist meistens nicht selfmade, sondern gründend auf guten Voraussetzungen. Wird fast gar nicht besteuert und eingeschränkt. Geld ist Macht und Einfluss. Die Bürgergeld-Existenzminimum-Diskussion soll nur ablenken.
Der Bezug zum Thema ist mir nicht so richtig klar. Hier geht es ums Existenzminimum, nicht darum welchen Irrsinn sich Jeff Bezos, Bill Gates oder andere reiche Menschen leisten können. Das ist ein völlig anderes Thema.
Nein. Ist es nicht.
Wenn man diskutiert, wie weit man das Existenzminimum armer Menschen einschränken kann, sollte man sich auch die andere Seite des Spektrums ansehen. Das gehört zum Gesamtbild dazu.
Es geht schließlich um Einsparungen im Haushalt. Da sollte man auch die Einnahmenseite dagegenhalten.
Wenn man es realistisch sieht ist es aber quasi unmöglich für den Haushalt kurzfristig hohe Summen aus einer Vermögenssteuer zu generieren.
Selbst wenn es dafür eine Mehrheit im Bundestag gäbe. Aber die gibt es ja auch nicht, also warum diese Themen direkt verknüpfen?
Das eine tun, das andere nicht lassen. Sagst du das nicht ständig?
Du wirst hier sicher keinen Widerspruch ernten wenn es darum geht Reiche (also solche, die sich eine Jacht leisten) intensiver an der Finanzierung der Gesellschaft zu beteiligen.
Leider verläuft die Diskussionslinie meist ganz anders. Da wird auch der gehobene Mittelstand oder das niedrige Management mit hohem 5stelligen Jahresgehalt oft schon als Feindbild ausgemacht, scheint mir zumindest.
Anyway, lass uns bitte beim Existenzminimum bleiben. Das ist eine absolute Zahl und hängt nicht relativ an der Vermögensspitze.
Einverstanden, aber ich glaube, das stimmt nicht ganz, oder? Es bestimmt sich auch nach der Möglichkeit der Teilhabe. Für diese ist in einem reichen Land mehr Geld erforderlich als in einem armen.
Mit der Aussage stimme ich überein.
Und trotzdem hängt sie nicht von der Spitze ab. Ich kenne etliche Leute mit sehr gutem Einkommen in gehobenen Positionen und keiner von denen hat eine Yacht oder einen Privatjet.
Für die Frage der Teilhabe sind die anderen 99% relevant und nicht die obersten 0,1%.
Das sehe ich anders. We agree to disagree.
Abgesehen davon: Wo hast du die Quelle für die 0,1 % gefunden? Und wie hoch ist der Anteil des Gesamtvermögens?
Mir wäre lieber wenn wir Mehreinnahmen aus der Besteuerung vermögender Menschen in unsere Transformationsausgaben stecken. Der Sozialstaat sollte gerade so stark sein wie nötig, aber nicht mehr. Sonst besteht die Gefahr nicht mehr das Geld für all die anderen drängenden Baustellen zu haben.
Ja, genau. Das ist doch ein Problem. Jemand arbeitet und muss trotzdem Zuschüsse erhalten. Warum dann arbeiten gehen? Natürlich gibt es weiche Faktoren warum Arbeit nötig ist, wie Integration, strukturierter Tagesablauf etc. Die sind für den Menschen ebenfalls wichtig. Aber die setzen dann auch eine Instrinsische Motivation voraus. Diese ist aber nicht immer gegeben, besonders bei Langzeitarbeitslosen.
Darum, so finde ich, müsste eigentlich der Lohnabstand weit größer sein, damit zumindest ein Teil Exstrinisch Motiviert wird. Da wir beim Bürgergeld über das Existenzminimum sprechen, müsste der Mindeslohn stark steigen. Den Rest habe ich im ersten Beitrag erläutert.
Das ist sehr guter Punkt. Die einfachen Tätigkeiten müssen gemacht werden. Leider haben diese in der BWL aber nur einen geringen Gegenwert, weil es halt einfache Tätigkeiten sind. Man benötigt jedoch einen wirtschaftlichen Gegenwert zu diesen Tätigkeiten, sonst werden die Tätigkeiten verlagert oder ein gestellt.
Das Verlagern haben wir schon im großen Stil am laufen, heißt Leiharbeit und Werkverträge. Der Sinn beider Formen ist zwar komplett anderes gemeint, aber so hat die Politik und die Wirtschaft eine riesen Niedriglohnsektor geschaffen. Wie man aus diesem Niedriglohnsektor wieder rauskommen will, ist mir persönlich ein Rätsel. Es würden extreme Tansformationen erfolgen, besonders in der Landwirtschaft, der Nahrungsmittelindustrie (Grüße nach Rheda Wiedenbrück), bei den Zustellern (DHL, Amazon) uvm.