Es geht ja nicht darum, wie viele faktisch betroffen sind, sondern darum, wie viele sich betroffen fühlen und darüber empören. Effektiv haben die Populisten mit dem (bzw gegen das) Heizungsgesetz massiv Stimmung machen können.
Verunsicherung durch hoch komplexe Gesetze und noch undurchsichtigere Förderungen.
Hier mal ein besseres Beispiel aus den Niederlanden:
Gesetz 1: Kommunales Wärmeplanungsgesetz
Wenn Gesetz 1 abgeschlossen, nicht parallel!
Gesetz 2:
Gebäude (alle Gebäude) müssen mindestens 50% EE bis 2030 und bis 2035 65% EE Wärme erzeugen. Die Wärmeplanung gibt dazu die präferierte Energiequelle vor. Ob diese genommen wird ist frei gestellt. Die präferierte Energiequelle wird gefördert, die anderen nicht.
Gesetzt 3: Mieten bekommen einen negativen Beiwert, welcher sich auf die Energieklasse des Gebäudes bezieht. Dadurch haben Vermieter einen ausreichenden anreizt, dass Haus einen höheres Level zu bringen, was dann auch gefördert wird. (Der Beiwert ist öffentlich einsehbar).
Gesetz 4: PV Anlagen sind Steuerfrei und es besteht ein Ausgleichssystem zwischen Verbrauch und Einspeisung. Alles über Smartmeter geregelt und gefördert.
Gesetz 5: Der CO2 Preis wird über den Markt geregelt auf fossile Energieträger.
Da war es. Effekt, die Häuser werden massiv umgebaut und die Bevölkerung steht voll dahinter.
Beim Verkehr und in der Landwirtschaft haben die Gerichte die Entscheidungen herbei geführt. Seitdem Tempo 100 km/h auf Autobahnen und Nitratgehalte in Böden erholen sich und Methanausstoß gehen stark zurück.
Die Bauernpartei ist zwar erfolgreich bei der letzten Wahl gewesen, aber hat überhaupt keine Idee, wie man die Massentierhaltung überleben lassen will. Das sterben der Viehhöfe ist im vollen Gange.
Weißt du, warum kaum jemand öffentlich darüber spricht? Weil es die Menschen nicht bewegt. Außer einer kleinen, gut informierten Bubble, die in Kreisen wie diesen unterwegs ist, nimmt das niemand als Lösung seiner Probleme war.
Die hot topic items sind einfach völlig andere, Klimaschutz ist nur noch Platz 4 von 5 der wichtigsten Themen (Europawahl 2024: Wahlentscheidende Themen | tagesschau.de), nachdem es bei der letzten Wahl Platz 1 war.
Schlimm genug.
Beim Klimageld dient dem sozialen Ausgleich und der Akzeptanz von Maßnahmen.
Schöne Definitionen. Aber muss man Klarstellen, dass Populismus nicht negativ konotiert sein muss. Denn die Beklagten Zustände können ja zutreffen. Und dann braucht es jeweils Parteien, die entsprechende Vorwürfe erheben. Ob BSW jetzt links- oder rechtspopulistisch oder beides ist, ist also gar nicht so wichtig. Die Frage scheint mir nur zu sein, ob die Vorwürfe stimmen und ob die vorgeschlagene Lösungen einfach/extrem oder angemessen sind. Und da bewegt sich BSW schon in der „Mitte“. Ich hab sie nicht gewählt, aber hätte vor einer Regierungsbeteiligung keine Sorge. Weiter scheint mir der Ausgang der Wahl kein Weltuntergang zu sein, sondern eine moderate politische Richtungsverschiebung, die sich seit Jahren andeutet. Selbst Scholz will ja „endlich im großen Stil abschieben“.
Die Diskussion gab es hier im Forum ja auch schon öfters (siehe etwa Was ist eigentlich Populismus).
Ich vertrete die Position, dass es keinen „positiven“ Populismus gibt, weil auch der Linkspopulismus bei seiner Gegenüberstellung von „Volk“ und „Eliten“ notwendigerweise mit Vereinfachungen, Zuspitzungen und Stereotypisierungen arbeitet, die erstens an sich häufig problematisch sind (etwa weil sie rassistische oder antisemitische Denkmuster begünstigen können), aber auch weil er anstelle einer Analyse und Lösung konkreter, aber eben auch komplexer und vielschichtiger Problemlagen auf eine Gegenüberstellung zweier Gruppen setzt und damit auf die Mobilisierung von Affekten und Emotionen. Es ist eben ein Unterschied, ob ich eine Konzept für eine Steuerreform vorlege, mit der z. B. Vermögende einen höheren Beitrag zu den Staatseinnahmen leisten oder ob ich nur möglichst publikumswirksam gegen „die Superreichen“ wettere. Für Ersteres interessiert sich in der Regel niemand, mit Zweiterem lassen sich durchaus Wahlen gewinnen - siehe BSW. [Edit: Tippfehler]
Ich glaube das ist das zentrale Problem. Eine Wärmepumpe ist aus Nutzersicht erst mal nicht inhärent besser als eine Gasheizung. Beide halten die Wohnung warm. Daher gucken die meisten auf den Preis und stellen fest, dass die Wärmepumpe in der Anschaffung viel teurer als eine Gasheizung ist. Natürlich kann man dann vorrechnen, dass sich die Wärmepumpe über die Nutzungsdauer amortisiert, aber das ist halt eine Wette auf die Zukunft. Wenn wir alle rational handeln würden, wäre niemand übergewichtig, wir hätten eine andere Aktienkultur… .
Wenn wir das Thema Klimatransformation noch weiter aufspannen, wird es noch schwieriger.
Da ist doch aktuell die Botschaft: Wir müssen heute alle ärmer werden/ unbequemer leben, damit es in Zukunft vielleicht nicht noch schlimmer wird. Denn zur Wahrheit gehört: die aktuellen klimatischen Veränderungen werden wir nicht mehr rückgängig machen können und den Klimawandel selbst werden wir nur stoppen, wenn parallel der Rest der Welt mitzieht. Die Leute sollen also jetzt für etwas in Vorleistung gehen, was sie selbst evtl. gar nicht mehr erleben bzw. was niemals Realität werden wird.
Aus diesem Grund glaube ich, dass die ganzen Verzichtsdebatten kontraproduktiv sind.
Schrieb ich schon mit Gründung der BSW, erneute Zersplitterung, die Linke wird irrelevant.
Wollte keiner glauben.
Überall in Deutschland? Bei den Europawahlen? Lass sehen!
Ja, in der Karte die weiter oben steht, kommt einem der Gedanke, die Wähler wünschen sich die SBZ zurück. Geben wir gerne an Putin ab für billiges Gas. Ich könnte gar nicht so viel essen, …
Obwohl mir manchmal schon der Gedanke kommt…die CDU stellt samt Kanzler Merz die kommende Bundesregierung federführend….was sehr wahrscheinlich ist… und muss dann konkret liefern und Lösungen aufbieten, wie sie es grade von der Ampel verlangt…
Bin gespannt ob ich in meiner Erwartung bestätigt oder positiv überrascht werde….
Jeder muss die Chance haben grandios zu glänzen oder spektakulär zu scheitern.
2. pädagogischer Leitsatz
Als Exilbayer in der Schweiz (und sehr zufrieden mit der Volksabstimmung in CH gestern), sehe ich dem ganzen mit grosser Sorge auf der einen und einem "das habt ihr nun davon, liebe (vor allem Ampel-) Parteien. Verblüfft hat mich hingegen die Wahlverteilung der 16-jährigen, die ja von gewissen Parteien vorangetrieben wurde, weil sie sich eine Stärkung erhofften, was nun gar nicht wie erwartet eintrat.
Zum „Warum“ des Wahlergebnisses kann ich anekdotisch genau verifizieren, was bereits hier im Thread erwähnt wurde und in den Medien schon seit Corona als das „Weihnachtsessen-Drama“ beschrieben wird, da ich vor zwei Wochen auf einem Familiengeburtstag die Diskussion um die anstehende Wahl miterleben durfte. 1:1 genau das, inkl. der Bullshit Seuche aus der Facebook/Twitter/Tiktok/Whatsapp Ecke.
Aber das ist doch genau das Problem. Das Gesetz ist so komplex, dass kein einfache Bürger die Folgen, vor allem finanziell, absehen kann. Dadurch erhärtet sich das Narrativ eines schlechten, an der Realität vorbei, geschriebenen Gesetzes. Das führt zu Verdruss.
Und weil das Gesetz sehr langfristig angelegt ist und immer wieder Eigentümer frustriert sich abwenden oder an die Stammtische tragen wird das Narrativ immer mehr verfestigt.
Die Union und die AfD haben dann eine riesige rhetorische Waffe und den Nährboden in der Bevölkerung dazu. Darum wird über dieses Gesetz nie Gras wachsen. Schröder hatte die gleiche Hoffnung bei Hartz 4. Es ist niemals eingetreten.
Absolut. Es ist einfach weder motivierend noch überzeugend, wenn die einzige Kompensation für Belastungen darin besteht, dass es dadurch vielleicht irgdendwann mal nicht ganz so bescheiden wird. Und da hat eine Partei, die im Kern sagt „Wir können einfach alles so lassen, wie es ist“ bzw. „Früher war alles besser, also lasst es uns wieder so machen“ einfach gute Karten.
Und der Blick in andere Länder zeigt, dass man das Ganze auch mit weitaus mehr Weitsicht und positiven Anreizen und vor allem einem Gefühl von „die Politik kümmert sich“ gestalten kann.
Oh dann musst du vielleicht Demokratiedämmerung lesen. Ich meine da wird gut beschrieben, dass Demokratie ohne diese Vereinfachungen gar nicht funktioniert. Die heutigen Sachenscheidungen sind so wahnsinnig komplex, dass alle Parteien eigentlich nur ich Leitideen zur Wahl stellen können. Es bei den Wahlen nur noch um die Grundnarrative. Über die meisten einzelnen Sachfragen kann man garnicht mehr demokratisch entscheiden. Alle Parteien müssen also zwangsläufig vereinfachen. Man schaue sich nur mal die ganzen Platitüden auf den Plakaten an. Die CDU hat quasi gar kein Programm mehr. Wieso dann ein populistisches schlechter sein soll, erschließt sich mir nicht.
Kannst du da konkrete Beispiele nennen, die auf Deutschland übertragbar sind?
Danke für den Denkanstoß. Ich argumentiere da jetzt nicht nochmal gegen, da es etwas Off-Topic ist, aber nehme mir vor, nochmal durchzusteigen. Als das GEG diskutiert und schließlich verabschiedet wurde, hatte ich recht schnell nachvollzogen, was von wem verlangt wird. Die Wirtschaftlichkeit prüfen und Angebote einholen müssen Eigentümer:innen schon selbst.
Mir schien eher das Problem, dass X unterschiedliche Entwürfe und Optionen diskutiert und tlw. von der Springer-Presse bis zur Unkenntlichkeit verzerrt worden sind. Da kommt dann raus, dass ein mir bekannter Hauseigentümer behauptet, es gebe ein „EEG 24“, weshalb er jetzt noch schnell eine Ölheizung einbauen müsse (Letzteres kann aus unterschiedlichen Gründen sogar sein, aber hat mir einem EEG 24 sicher nichts zu tun). Da seh ich die Verantwortung für eine solche Verzerrung ehrlicherweise nicht mehr beim Gesetzgeber oder den Grünen.
Die von Dir oben präsentierte ndl. Herangehensweise steht im Gesetzestext ja auch nicht so drin, gehe daher davon aus, dass sich auch das reformierte GEG ähnlich zusammenfassen lässt.
Da muss ich jetzt mal genau nachfragen, kannst du (und auch jeder andere gerne!) mir bitte helfen:
Ich bin aus eigener Sicht weder rechtsextrem noch (pauschal!?) fremdenfeindlich, ABER ich bin dafür das man als Volkswirtschaft mit einem Leistungsgedanken und vor dem Hintergrund von Geopolitik und -Strategie stets bemüht sein sollte, den Wohlstand und die Leistungsfähigkeit von Gesellschaft, Bevölkerung und Wirtschaft zu erhalten einschl. ihren internationalen Stellenwert. Dem zuwider läuft z.B. das man unlimitiert bzw. in großer Zahl in kurzer Zeit bereitwillig Migranten in einem Sozialstaat aufnimmt, die in großen Zahlen bildungstechnisch weit hinter unserem Niveau zurück sind, OHNE (und das ist der eigentlich wichtigte Punkt!) einen realistischen Plan oder die Mittel für eine erfolgreiche Integration dieser Migranten zu haben. Wobei ich mit „Integration“ explizit auch ein emotionales Ankommen hinsichtlich unserer Werte sowie einen gestandenen (Aus-)Bildungsgrad meine.
Ich meine das ernst, jetzt hilf mir bitte mal einer: bin ich jetzt rechtsextrem ?
Dass die AfD ihre Kommunikation anscheinend komplett in andere Medien verlagert hat ist mir jetzt auch nochmal durch die Kommunalwahlen deutlicher geworden. In meiner Kommune ist die AfD stärkste Kraft (wenn auch nur knapp vor der CDU), ohne irgendwie ein ausführliches Wahlprogramm erstellt zu haben. Das einzige, was ich finden konnte, war dieses Flyerchen bei Facebook. Alle anderen angetretenen Parteien hatten noch klassische, ausführliche Wahlprogramme. Die Webseite des AfD-Kreisverbands hatte auch nur noch eine Unterseite zur Kommunalwahl 2019…
Für Häme ist die Lage meines Erachtens zu ernst. Die nächste CDU-Regierung muss aus Sicht der Bevölkerung liefern (was auch immer das heißen mag), sonst sage ich schon jetzt voraus, dass als nächstes die CDU unter die Räder kommt und wir dann wirklich erste AfD-Regierungen bekommen werden. Das heißt der Junior-Partner der CDU muss zumindest in der Regierung nach rechts rücken. Wenn die CDU zu stark nach links rückt, ist das Wasser auf die Mühlen der AfD. Ein Dilemma für alle beteiligten Parteien.
Anstelle der Ampel, wäre rückblickend wohl am besten eine Schwarz/ Grüne Regierung mit starkem Realo-Flügel gewesen. Ich denke, der Realo-Flügel wird nun aber geschwächt aus der Ampel gehen. Darum sehe ich eine Kombination aus Schwarz/Grün für die nächste Legislatur eher kritisch. Also Schwarz/Rot und auf ein Wunder hoffen?
Das mit der Übertragbarkeit ist ja immer auch eine Frage der Auslegung, weil weder die vorwiegende Heizart noch das politsche System immer 1:1 übertragbar sind. Aber @mr.mucki hat ja schon das Beispiel Niederlande angeführt. In Österreich hat eine schwarz-grüne Koalition eine Regelung eingeführt, die m. E. sehr viel strenger ist als das deutsche GEG, allerdings von Anfang an auch Pelletheizungen mit einbezogen und die massive Förderung mitkommuniziert [1]. In Dänemark wurde soweit ich weiß erst mal die Stromproduktion mit erneuerbaren massiv hochgefahren und gefördert, dann die Fernwärme massiv ausgebaut und dann erst Regelungen für Privathaushalte erlassen - allerdings wurde hier auch vorher schon oft mit Strom geheizt, wodurch die Umstellung nicht so groß war.
Das mag ja alles sein, aber erstens würde ich infragestellen, dass es gar nicht anders geht und zweitens besteht genau bei diesen Vereinfachungen ja gerade die Gefahr, in Populismus abzurutzschen, eben weil er vermeintlich so gut „funktioniert“ (ich sage vermeintlich, weil man damit zwar Wahlen gewinnen, aber eben keine komplexen Probleme lösen kann).
Wen dem so wäre, würde das ja eher für ein Ende der Demokratie sprechen (etwa im Sinne des Buches Wie Demokratien sterben), aber nicht für Populismus. Dasselbe gilt für die Feststellung, dass Populismus auch bei etablierten Parteien immer häufiger zu einer beliebten Methode wird.
Das finde ich ein ungeeignetes Beispiel: Wann waren denn Wahlplakate jemals ein Medium für differenzierte politische Botschaften?
Wegen der vorhin genannten Folgen, die der Populismus mit sich bringt.