Europawahl Ergebnisse

Meine Perspektive ist eine etwas andere. Die Umfragewerte der AFD waren lange bei über 20%. Da ist die Partei deutlich drunter gelandet.

Man muss auch sehen, dass mangels 5-%-Hürde viele Kleinparteien gewählt wurden, allerdings keine Rechten.

Insgesamt scheinen mir also 85% der Stimmen durchaus in der „Mitte“ zu liegen. Auch das BSW ist meN eine Partei der Mitte (Es mag zwar vielen - mich eingeschlossen - nicht gefallen, aber Kritik an Waffenlieferungen und der geringen Begrenzung von Armutsmigration sind in der Bevölkerung absolut verbreitet).

Ich bin auch noch immer überzeugt, erst Recht nach dem katastrophale Wahlkampf der AFD, dass die AFD mehrheitlich aus Protest gewählt wird.

Daher scheint mir, dass sich das rechtsradikale Potential in Deutschland auf ca. 10% beschränkt. Im Vergleich zu vielen anderen Ländern ist das doch gar nicht so schlecht.

Würde die Bundestagswahl so ausgehen, gäbe es einige mögliche Mitte-Links oder Mitte-Rechts Konstellationen (Schwarz - Rot - BSW oder Schwarz -Rot - Gelb/Grün).

Bisschen optimistisch darf man sein.

Ich finde, das fasst das Thema ganz gut zusammen. Was viele nicht verstehen, ist, dass eine Partei und eine Demokratie ja eben genau daraus besteht, irgendwo einen Konsens zu finden.

In einer Diskussion mit einem Bekannten, hat er gesagt, dass er 90% bei der Linken gut findet, dann gibt’s aber ein paar Dinge, die er nicht teilt und daher ist die Linke für ihn „unwählbar“. Ich verstehe das zwar auf einer Seite, wundere mich dann doch über seine Entscheidung, stattdessen die FDP zu wählen. Und so geht’s doch aktuell vielen. Sich engagieren und dafür sorgen, dass die Parteien gestaltet werden ist den meisten dann aber doch zu anstrengend. Stattdessen wird gejammert, dass alle unwählbar sind und man macht aus Frust sein Kreuz irgendwo, wo man sich doch einen Vorteil erhofft.

Wir dividieren uns gesellschaftlich immer weiter auseinander („Individualisierung“) und finden das eine zentrale Narrativ nicht mehr. Da haben rechte Parteien einfach den Vorteil, dass sie „Ausländer raus“ rufen können und mit diesem zentralen Ruf sofort die Meute sammeln können.

Die Grünen dagegen machen sich in ihrer zentralen Erzählung durch die vielen schlechten Kompromisse unglaubwürdig und sind damit eben auch nicht mehr attraktiv.

Es muss aus meiner SIcht dringend ein Gegengewicht zur AfD geschaffen werden, welches sich an einer progressiven Gesellschaftspolitik orientiert. Die linken Menschen müssen endlich einen gemeinsamen Nenner finden, statt sich in unsinnigen Verästelungen selbst zu dekonstruieren.

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Beim Rest stimme ich Dir nicht so ganz zu, aber der Punkt ist auf jeden Fall erwähnenswert. Die Freien Wähler sind unter den Kleinparteien mit nennenswertem Stimmanteil wohl die Einzigen, die leicht rechts stehen.

Beim BSW bin ich sehr gespannt, viel Anlass zum Optimismus bezüglich eines kompromissfähigen Kurses geben mir Programm und Personenkult dort aber nicht. Läuft für mich persönlich gerade noch unter „wenigstens Leute an die Urne gebracht und nicht AfD“.

Das ist m. E. ein tautologisches Argument. Wenn eine Partei häufig gewählt wird, vertritt sie in der Regel auch Positionen, die in der Bevölkerung weit verbreitet sind. Demnach wäre ja jede Partei über 20 Prozent eine Partei der Mitte.
Wir sind uns sicherlich einig, dass das BSW keine linke Partei ist, aber die tatsächliche Einschätzung ist schwierig. Die Programmatik entspricht am ehesten der von sozial angehauchten Rechtspopulisten.

Edit: Eine m. E. überzeugende Einschätzung der BSW-Programmatik aus einer dezidiert linken Sicht findet sich hier Ein Zug nach Nirgendwo – Netzwerk Progressive Linke

Das denken viele der Nicht-AfD-Wähler. Wenn man die AfD-Wähler aber selbst fragt, sieht es schon ganz anders aus:

Ich halte dieses Protestwahl-Narrativ für verharmlosend und falsch. Die Menschen wissen schon, was sie wählen.

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Es ist die Aufgabe der Opposition die Regierung zu kontrollieren und hinterfragen. Wenn man das nicht mehr macht, ist das Demokratie technisch schwierig. Dann würden die Ränder noch mehr gestärkt (Siehe Österreich, Niederlande). Das haben wir doch wohl auch hier aus den GroKo gelernt.

Dass die Vertrauensfrage nun von der Opposition gefordert wird, war absehbar, ist aber in der jetzigen Lage nichts weiter als ein politischer Winkelzug. Linnemann möchte aber mit dieser Forderung den Eindruck erwecken, die Ampel sei faktisch gerade abgewählt worden und eigentlich nicht mehr demokratisch legitimiert – das ist Unsinn. Es handelt sich um eine Wahl zum Europäischen Parlament, die keine Auswirkung auf die Zusammensetzung und Kräfteverteilung des Bundestages hat.

Linnemann wirft damit zwei Dinge zusammen: Schlechte Wahlergebnisse auf der einen und das, was eigentlich für eine Vertrauensfrage erforderlich ist, nämlich eine „politisch instabile Lage“ auf der anderen Seite. Der Bundeskanzler oder die Bundeskanzlerin muss, damit eine Vertrauensfrage gestellt werden kann, glauben, mit den derzeitigen Mehrheitsverhältnissen im Bundestag keine funktionsfähige Zusammenarbeit zwischen Exekutive und Legislative gewährleisten zu können. Das ist allerdings gerade noch der Fall – hieran hat die Europawahl aber nichts geändert. Zwar stellt sich die FDP gerne quer und die Streitereien in der Koalition reißen nicht ab – aber erstens war das auch schon vor der Europawahl so, sodass die Vertrauensfrage nicht erst jetzt und aufgrund des Wahlergebnisses notwendig geworden ist, und zweitens liefert die Ampel trotz der Streitigkeiten ja Ergebnisse; die Funktionsfähigkeit ist also nicht gestört.

Was Linnemann mit der Forderung wirklich will, ist, das gute Ergebnis der CDU zu nutzen, um ohne Neuwahlen Merz ins Amt zu hieven. Dass die Forderung nach der Vertrauensfrage aber nach einer Wahl kommt, in welcher die Koalitionsparteien abgestraft worden ist, ist mittlerweile ja schon fast sicher.

Natürlich wissen sie das. Es gibt aber genau so auch Nachwahlbefragungen, die den hohen Stellenwert eines „Denkzettels“ für die etablierten Parteien betonen. Ich denke wir sollten aufhören, so zu argumentieren, als würden sich die Wahlmotive „Protest gegen die regierenden Parteien“ und „Übereinstimmung mit rechtsextremen Positionen“ gegenseitig ausschließen. Wenn jemand zum Beispiel überzeugt ist, dass die Eliten sich zu wenig ums Volk kümmern, weil sie sich zu viel um andere(s) kümmern, passt doch beides wunderbar zusammen.

Ist doch fast exakt meine Rechnung. Wenn ca. 70 % der AFD Wähler wirklich rechtsradikal sind, dann sind insgesamt ca. 10% der Wähler rechtsradikal. Ist nichts worüber ich mich freue, aber im internationalen Vergleich ist das okay

Das stimmt nicht. Dazu gibt es doch Studien z.B. die Mitte-Studie. Die Zahlen sind viel höher.
Du verharmlost oder verdrängst das Problem.
https://www.fes.de/referat-demokratie-gesellschaft-und-innovation/gegen-rechtsextremismus/mitte-studie-2023

Ich kann deine Einschätzung gut verstehen, aber die links-rechts Einteilung ist einfach grundsätzlich schwierig. „Gegen Waffenlieferunhen“ war mal links. Jetzt ist das rechts, aber nur, weil die a priori Linken das Gegenteil vertreten. Also auch wieder eine Tautologie.

BSW einzuordnen ist sehr schwer. Fabio de Masi kann man z.b. wohl kaum als rechts bezeichnen. Es wird auf die Schwerpunktsetzung ankommen. Wenn man primär auf die Wirtschaftspolitik schaut, ist das BSW eben links. In anderen Themengebiete konservativ. Was an der Partei „populistisch“ sein soll, vermag ich nicht zu erkennen. Meistens ist das nur ein Kampfbegriff.

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Man muss bei der AfD auch noch sehen, dass die zwei Ebenen haben. Die eine ist das Programm. Daraus abgeleitet ergeben sich dann eben für viele, die Migration ab einem gewissen Umfang ablehnen viele Schnittmengen mit der AfD, welche auch durch Wahl-o-mat so angezeigt werden. Dadurch entsteht für viele dann erstmal der Eindruck diese Partei würde ihre Interessen am besten vertreten.

Und dann gibt es die AfD wie man sie eher aus Reden kenn, aus Interviews, aus Leaks von Chats oder Sitzungen, etc.
Vieles was die AfD von sich gibt werden nicht mehr alle die die AfD wählen so als ihre Position teilen. Aber es gelingt der AfD ja noch immer diese Positionen als Einzelmeinungen zu framen. Dabei dürften diese Forderungen eher dem Kern der Partei entsprechen.

Was diese Wahl wieder gezeigt hat ist, dass wir wohl kaum rechnen können wieder zu einer Politik ohne die AfD zurückkehren zu können. Die AfD ist da und wird bleiben. Je größer die Sorgen weiter Teile der Bevölkerung sind, desto mehr wird sie auch bei Wahlen profitieren.

Und zeitnah wird es wohl dazu kommen, dass sie auch in Landesregierungen liefern muss. Ich kann mir in Teilen der neuen Bundesländer nicht vorstellen, dass es dauerhaft möglich ist einen Kurs alle gegen die AfD zu fahren ohne durch diesen die AfD weiter zu stärken. Vielleicht ist es sogar besser wenn die AfD in der Praxis zeigen muss was sie kann und vor allem was sie nicht kann.

Wagenknechts Positionen bestimmen ihre Partei, die sogar so heißt wie sie.
Sie hetzt gegen Migranten. Selbstverständlich ist sie rechts. Sehr rechts. Ausnahme ist die Haltung zur Ungleichheit.

Welche Einstellungen die Leute haben ist die eine Frage. Wie sie wählen die Andere. Aktuell scheinen ca. 10% der Wähler überzeugt rechtsextrem zu wählen. Das ist die Aussage. Damit wird nichts verdrängt. Bitte nicht verschiedenen (schon gar nicht wissenschaftliche) Fragestellungen vermischen.

Ich merke, dass meine Family auch alle AFD wählt. Aus dem „betrunkenen Onkel auf der Familienfeier“ wurde über die Zeit das „AFD ist die Lösung für den Messer Angriff in Mannheim“.
Social Media (Facebook etc.) ist beherrscht von Anti-Grünen Hass.

Ok.
Die Rechnung dürfte in Ostdeutschland dennoch eine andere sein.

Was heißt das konkret? Widerspricht das dem, was ich gesagt habe? Wird die Union dem gerecht, wenn ihre Spitzenpolitiker auf Marktplätzen Schenkelklopfer gegen Klimaschutz, Vegetarier oder Gendern zum Besten geben?

Es schwächt die Rechten nachweislich nicht, wenn die CDU versucht, eine billigige Kopie von ihnen zu sein. Merz wollte die AfD halbieren, seitdem hat sie deutlich zugelegt.

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Beides eine Katastrophe. Frau Grimm hat sich grade geäußert bei der Funke Medien Gruppe, dass das GEG das Vertrauen in die Politik (Grüne) zerstört hat und weiterhin zur starken Verunsicherung der in der Bevölkerung beiträgt.
So Leid es mir tut, aber wenn ich Habeck beraten dürfte, würde ich empfehlen, dass Gesetz zurück zu ziehen und dafür es über den CO2 Preis zu regeln. Die Wärmeplanung der Kommunen würde ich trotzdem ausführen lassen, weil diese ein Schlüssel ist.
Das GEG ist dermaßen negativ behaftet, dass es nicht mehr zu retten ist.
Die Regelung über den CO2 Preis ist ab jetzt sinnvoller, weil es nicht mit Verboten oder Regelungen einhergeht. Es löst auch auf kurze Sicht die E- Mobilität vs Verbrenner.
Wichtig ist jedoch den Preis schnell politisch hochzusetzen und zeitnah dem Markt zu überlassen.
Natürlich muss das Klimageld schnell kommen, denn sonst wird auch das scheitern.

Die Industrie schreibt einen offenen Brief nach dem Anderen ans Wirtschaftsministerium. Immer wieder mit dem Tenor Energiepreise, Bürokratie und Fachkräftemangel.
Die Bevölkerung kann diese 3 Punkte zu 100% nachvollziehen und fürchtet den Wohlstandsverlust.

Ja, dass ist ein großes Thema, aber nicht primär für die Grünen. Die Grünen müssen sich um die Kernthemen kümmern, Bildung, Umwelt- und Klimaschutz und Landwirtschaft/Ernährung.

Man kann bei den Themen Migration oder Innere Sicherheit einfach nicht gewinnen, als Grüne.

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Absolut. Viele verwenden das Argument des Protestes aber als Ausrede oder Entschuldigung gegen den Vorwurf der inhaltlichen Übereinstimmung. Das halte ich für falsch. Beide Gründe können wahr sein, aber der eine macht den anderen nicht besser.

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Zum einen habe ich ja nicht Personen eingeordnet, sondern die Programmatik der Partei. Zum anderen habe ja bewusst nicht von „links“ und „rechts“ geschrieben, sondern von Rechtspopulismus.

Und ich verstehe nicht, wie man das bei Blick auf Programmatik und Rhetorik der Partei nicht erkennen kann. Wie qualifiziert ein Begriff ist, hängt ja immer davon ab, wie man ihn definiert. In dem verlinkten Text gibt es dazu eine Unterscheidung, die ich recht überzeugend finde:

Die beste und einfachste Erklärung des Unterschieds zwischen Links- und Rechtspopulismus ist die von John Judis („The Populist Explosion“). Linkspopulismus geht aus vom Gegensatz zwischen Elite/Establishment und breiter Bevölkerung (‚the people‘). Rechtspopulismus tut das ebenfalls, aber er braucht immer ein drittes Element, von dem die eigentliche Bedrohung ausgeht. Linkspopulismus klagt die Elite an, sich nicht um ‚das Volk‘ zu kümmern. Rechtspopulismus wirft der Elite vor, sich nicht um ‚das Volk‘ zu kümmern, weil sie sich zu viel um andere kümmert.

Was die Wirtschaftspolitik angeht, ist das BSW überhaupt nicht links, sondern orientiert sich an Ludwig Erhards Konzept der „sozialen Marktwirtschaft“ - also am Konservatismus der 1950er Jahre.
Annähernd links ist die Partei höchstens auf dem Gebiet der Sozialpolitik. Allerdings steht Rechtspopulismus nicht im Widerspruch zu einer Sozialpolitik, die bei gleichzeitiger Abschottung nach außen mehr sozialen Ausgleich für die Mitglieder der Mehrheitsgesellschaft anstrebt. Neben dezidiert neoliberalen Rechtsparteien gibt es auch viele, die solch eine Strategie der „exklusiven Solidarität“ verfolgen.

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