Niemand lehnt dieses Ziel ab, es werden die Mittel hinterfragt, da sie vermutlich im Hinblick auf das Völkerrecht nicht zulässig sind (aber darüber kann man streiten), zumindest aber sehr grenzwertig sind. Das ist der klassische Unterschied zwischen Form und Funktion.
Jeder, der auch nur einen Funken Ahnung von Militäroperationen hat, wird dir sagen, dass die Sabotage der Funkgeräte und Pager eine Vorbereitungshandlung für eine militärische Intervention sind. Diese Sabotage dient dazu, die Verteidigungsfähigkeit der Hizbollah zu reduzieren, gerade weil die Totenzahl relativ gering war. Es ging darum, dass das Führungspersonal der Hizbollah größtenteils verletzt ist und gleichzeitig die Kommunikationssysteme maßgeblich gestört sind.
Der Plan Israels war vermutlich, die Pager zu zünden, bevor man im Libanon einmarschiert. Die Mutmaßung der meisten Experten ist, dass der verfrühte Zeitpunkt der Zündung darauf zurück geht, dass Israel die Befürchtung hatte, dass die Sabotage auffällt, und es daher zu einem „Jetzt oder Nie“-Zeitpunkt kam. Deshalb ist die Offensive Israels erst später gekommen.
Ganz klar ist jedenfalls: Es ist kein „Entweder diese Sabotage oder eine große Bombardierung mit Bodenoffensive“, sondern die Sabotage dient geradezu letzterem. Alleine wegen der langen Vorbereitungszeit, die diese Sabotage gebraucht hat, ist völlig klar, dass dies keinen „richtigen Krieg“ ersetzen kann.
Das glaube Ich Israel sogar. Ich unterstelle Israel nicht, Krieg führen zu wollen. Die Hizbollah hingegen kann jetzt kaum einen Rückzieher machen, ohne die Macht im Libanon völlig zu verlieren, insbesondere, nachdem sie angekündigt hat, dass sie die Angriffe einstellt, wenn Israel sich aus Gaza zurückzieht. Letztlich haben so sowohl Israel als auch die Hizbollah jederzeit die Möglichkeit, diese Eskalation wieder runter zu kühlen: Israel, indem es den Einsatz in Gaza beendet (und bereit ist, Zugeständnisse gegenüber der Hamas zu machen, um die restlichen Geiseln frei zu bekommen, was es nicht tun wird), und die Hizbollah, indem es die Unterstützung der Hamas durch den Angriff aus dem Norden einstellt (was sie wohl ebenfalls nicht tun wird).
Die Eskalation als Gesamtes geht nicht nur von den Islamisten aus, sondern auch vom israelischen Siedlungsbau und der Behandlung der Menschen in Gaza. Auch das sind stete Eskalationen, die langfristig den Hass zwischen Arabern und Israelis maßgeblich erhöhen. Israel hätte ein so viel besseres moralisches Standing in diesem Konflikt, wenn es nicht ständig selbst das Völkerrecht brechen würde. Die Landnahme durch den Siedlungsbau ist ohne Zweifel ein maßgeblicher Treiber des Nahost-Konfliktes und liefert den Islamisten das perfekte Narrativ, warum „Israel vernichtet werden müsse“. Das ist es letztlich auch, wenn argumentiert wird, dass der 07.10. nicht in einem luftleeren Raum stattgefunden hat. Die Bewertung des Konfliktes seit dem 07.10. ist wegen des historischen Massakers der Hamas einfach (ja, die Hamas trägt die volle Schuld!), die Bewertung des Konflikes als Ganzes hingegen muss differenzierter betrachtet werden, aber das führt wieder zur Standard-Diskussion, wer im Nahost-Konflikt wie viel Schuld trägt. Ich kann eine einseitige Schuldzuweisung jedoch nicht unkommentiert stehen lassen - dennoch sollten wir dieses Thema hier nicht weiter ausdiskutieren, weil wir das bereits in Dutzenden Threads gemacht haben.