Ernährungswende - jetzt!

Lieber Ulf, lieber Philip,
bereits im Januar 2021 habe ich euch in diesem Forum geschrieben, damals unter dem Titel „Der Einfluss des Nahrungsmittelsystems auf unsere Umwelt & Gesundheit“ (Der Einfluss des Nahrungsmittelsystems auf unsere Umwelt & Gesundheit). Ich möchte meinem damaligen Beitrag hiermit noch einmal Nachdruck verleihen, da ich leider dieses enorm wichtige Thema weiterhin in eurem Podcast vermisse.
Neben der Energie- und Mobilitätswende ist eine Ernährungswende zu einer pflanzenbasierten Ernährung von größter Wichtigkeit für den Schutz des Klimas und das Einhalten anderer planetarer Grenzen. Unser Nahrungsmittelsystem ist nicht nur für mind. 26 % der globalen Treibhausgasemissionen verantwortlich, sondern ist auch mithauptverantwortlich für:

  • die Eutrophikation unserer Meere
  • massive Landnutzungsänderungen (z. B. Rodungen im Amazonas, Zerstörung von Mangroven)
  • das größte Artensterben seit der Dinosaurier-Zeit
  • enormen Wasserverbrauch
    (Ecology and Society: Agriculture production as a major driver of the Earth system exceeding planetary boundaries).
    Hauptgrund dieser genannten ökologischen Desaster ist der massive Konsum tierischer Lebensmittel (v. a. von rotem Fleisch). Letzteres ist zudem ein wesentlicher Grund für die Zunahme antibiotika-resistenter Erreger und der Entstehung neuer Zoonosen. Außerdem sind natürlich auch der tierethische Aspekt, das Thema der Nahrungsmittelsicherheit, ernährungsbedingter Erkrankungen und der sozialen Gerechtigkeit nicht zu vergessen.
    Das Thema ist also von enormer Multidimensionalität.
    Erfreulicherweise gibt es immermehr wissenschaftliche Arbeiten rund um diese Thematik. Allen voran ist das Konzept der Planetary Health Diet der EAT-Lancet-Kommission (DEFINE_ME) zu nennen. Vielleicht könntet ihr z. B. einen der Wissenschaftler der EAT-Lancet-Kommission zum Interview einladen: Dr. Marco Springmann würde sich hier als deutschsprachiger Experte extrem gut anbieten (Dr Marco Springmann | Oxford Martin School).

Ich finde es ganz toll, dass ihr die Klimakrise in fast jeder eurer Folgen als die größte Bedrohung unserer Zeit, thematisiert. Wenn nun noch neben u. a. Windkraftausbau und Elektromobilität, das Thema der dringend benötigten Ernährungswende ihren Platz in eurem tollen Podcast findet, ist das Thema ganzheitlicher betrachtet.

Vielen Dank für eure Arbeit und liebe Grüße

Kristin Hünninghaus

Weitere spannende Literatur:

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s.dazu auch

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Gutes Thema, nur was außer vegane Ernährungstipps sollte man in einem Politikpodcast ansprechen?

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An deiner Antwort sieht man sehr deutlich, dass das Thema Ernährungssicherheit nur individuell gesehen wird. Es geht gar nicht darum, dass jemand vegan lebt. Es geht darum, dass die Landwirtschaft, neben dem Verkehr, der Stromerzeugung und vielen anderen ebenfalls CO2 und andere Treibhausgase imitiert. Und wenn man sich jetzt einmal vor Augen führt, in was für eine aufgeladenen Situation über die 3% des Luftverkehrs gesprochen wird und so gut wie gar nichts über die 26 bis 50% der Nahrungsmittelerzeugung, dann kann man sich vorstellen, welch blinden Fleck wir auf diesem Themengebiet haben.

Ebenso wird eher positiv über die landwirtschaftlichen Proteste in den Niederlanden berichtet und seitens der Politik auch eher wohlwollend registriert, dagegen Proteste von Umweltschützern, eher ablehnend. Auch wird den Bauern relativ leicht Solidarität entgegen gebracht. Diese sind es aber, die auch aufgrund der Vorgaben der Politik, unser Land, unseren Boden und unser Wasser überstrapazieren.

Darüber sollten wir mal sprechen! Wir müssen dringend in Europa unsere eigene Ernährungssicherheit herstellen. Und zwar nicht nur für die nächsten ein zwei Jahre, sondern für den nächsten ein bis zwei Jahrhunderte. Und dazu ist das heutige landwirtschaftliche System nicht in der Lage. Es muss eine Umstellung auf einen ökologischen Landbau erfolgen, der den Boden, das Wasser, die Biodiversität und das Tierwohl berücksichtigt.

Und abschließend noch eine kleine persönliche Anmerkung. Ich esse seit mehreren Jahren vegan Punkt. Dies ist aber eine persönliche Entscheidung die ich aus moralischen und umweltpolitischen Gründen getroffen habe. Diese Einstellung sollte aber aus meiner Sicht aus der Diskussion herausgehalten werden, da häufig zu Grabenkämpfen führt. Trotzdem sollte das verlinkte Video die bestehenden Probleme der Landwirtschaft und der Landwirtschaftspolitik doch sehr verdeutlichen.

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Bis auf diese deine Aussage bin ich völlig einverstanden mit deinem Kommentar. (Es sind zwar „nur“ 3 oder 4 % des CO2, aber die Klimawirkung ist nochmal bis zu 4 mal höher als das des CO2 durch die Direkteinspritzung der Schadstoffe und des Wasserdampfes in die sensiblen Luftschichten, und ausserdem ist der Luftverkehr zu 90% problemlos verzichtbar weil nur zu Freizeitzwecken, was man ja vom Essen nicht sagen kann.)

Die landwirtschaftliche Produktion ist mE. so ziemlich der verkorksteste Wirtschaftszweig. Es läuft fast alles verkehrt was verkehrt laufen kann. Ergänzend zu der Aufzählung von @Kristin kommen dazu die Vermarmung der Böden, der Verlust von Humus, der immense Aufwand von Energie für Kunstdünger, die Anreicherung von Giftstoffen aus sog. Pflanzenschutzmitteln, Grundwasserverschmutzung durch Gülle und Nitrat usw usw. Die Agrarlobby ist mächtig und infiltriert die Bauernverbände indem sie deren Funktionäre hörig macht, die dann entsprechend ihre Mitglieder ideologisieren. Das aufzuzeigen wäre wahrhaft ein grosses Theama, anders als @Olaf.K hier meint.

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Danke euch zwei, jetzt wird mir auch klarer worauf das Themenfeld abzielt.
Das ist für mich aus dem Eingangspost nicht so ganz deutlich geworden, daher meine leicht provokante Rückfrage.

Das die Landwirtschaft ein großes Problemfeld ist, ist durchaus einleuchtend, wobei ich nicht glaube, dass man jetzt schon Lebensmittelsicherheit für die nächsten 200 Jahren planen kann.

Aber ein Einwirken auf langfristigere Lösungen sollte schon drin sein und ist auch dringend nötig, da sind wir uns einig.

Vielleicht sollte man den Themenvorschlag dahingehend umbauen, dass das Themenfeld Landwirtschaftspolitik einen wiederkehrenden Platz in der Lage bekommt.

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200 Jahre sind natürlich provokant. Aber ein Boden muss langfristig betrachtet werden. Schauen wir uns die Landschaften in Brandenburg oder Mecklenburg-Vorpommern an, wird es dauern bis dort eine Art der Landwirtschaft gefunden wurde, bei der der Boden nicht vom kleinsten Wind durch die Gegend transportiert wird.
Bäume, Sträucher und die Pflege von Wäldern sind auch Entscheidungen für die nächsten 40 bis 50 Jahre.
Ich wollte darauf hinweisen, dass eine Wahlperiode zu kurz dafür ist.

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Hat sie ja, wir hatten schon zahlreiche Berichte über Landwirtschaftspolitik, auf Bundesebene wie auf EU-Ebene.

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Lieber Ulf,
Landwirtschaftspolitik ist das eine, aber Ernährungspolitik ist das andere gigantische Feld. Natürlich sind beide Bereiche eng miteinander verbunden. Aber ohne eine Ernährungswende können die vielen o. g. Probleme, die vor allem durch die Viehzucht bedingt sind, nicht angegangen werden. In eurer 300. Folge habt ihr Frau Prof. Hedwig Richters Gastbeitrag in der SZ zitiert, wo sie z. B. postuliert, dass es kein Recht auf Fleisch, Billig-Flüge oder einen Zweitwagen gibt. Leider seid ihr danach wieder das Thema Ernährung komplett umgangen. Hier würde ich mir wünschen, dass ihr auch zu der Thematik mehr „reinen Wein einschüttet“ um es in deinen Wort, Ulf, zu sagen.
Frau Prof. Hedwig und auch ihr appeliert immer wieder, dass jeder mitmachen muss und gerade bei der Ernährung ist dies sehr einfach und schnell umsetzbar. Durch eine pflanzenbasierte Ernährung erzielt man zudem eine win-win-Situation für die individuelle und planetare Gesundheit. Liebe Grüße aus Düsseldorf!

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Das ist wohl das schwierigste Thema überhaupt weil Essen neben Wasser wohl das größte Grundbedürfnis ist.

Es gibt vier Lager:
Veganer/Vegetarier aus Überzeugung,
Billigfleischesser, Tiere aus Massenproduktion mit fragwürdigen Transporten,
Fleischkäufer von Biobetrieben oder von Kleinbauern mit guter Zucht und ohne Tierquälerei,
Reiche Menschen die Fleisch essen und sich jede Qualität oder jeden Preis leisten können.

Oh, ich habe noch die Jäger vergessen, da bekommt man auch Fleisch von in Freiheit aufgewachsenen Tieren, die zur Wildhege eh getötet werden müssen.

Mit einer Ernährungswende wirst du die Billigfleischesser treffen.
Noch mehr Wählerschaft für rechts. Außerdem nur für die ganze EU umsetzbar.

Die Abschaffung von Billigfleisch und damit der Massentierproduktion würde ich zwar begrüßen, halte es aber auch nicht für durchsetzbar.

Ich möchte der Annahme entgegentreten, dass die Absicht besteht, Billigfleisch abzuschaffen.

Grundsätzlich gibt es kein Billigfleisch. Supermärkte dürfen nicht unter dem Einkaufspreis verkaufen, also verkaufen sie Fleisch was zu diesem Preis produziert wurde. Und in einer Marktwirtschaft wird nichts produziert, was dauerhaft Verluste bringt.

Warum ist Fleisch so billig?
Die Tierhaltung ist unmoralisch, die Umweltauswirkungen einer solchen Massentierhaltung gravierend (Nitrat, Treibhausgase), der Medikamentengebrauch menschengefährdend, die Bedingungen in der Fleischindustrie und Schlachterei menschenunwürdig, die Förderpolitik für Kleinbetriebe existenzgefährdend.

An diesen Punkte möchte die Politik etwas ändern, hoffentlich. Allein durch die Umsetzung von Maßnahmen zur Verbesserung in diesen Themengebieten bekäme Fleisch den Preis, den es aufgrund der Produktion auch benötigen würde.

Die ganze Diskussion über den armen Billigfleischesser ist ein Framing, was ein weiter so ermöglichen soll.

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Ähhhh …?

Genau darauf will ich hinaus. Ich kaufe direkt bei den Bauern oder sogar Privatzüchtern, wo ich die Haltung der Tiere sehe und weiß, wie sie transportiert und geschlachtet werden. Das muss nicht Bio heißen, weil die Auflagen dafür teilweise irrational sind.

Du kannst einen Käufer von billigem Fleisch (was da der Unterschied zu Billigfleisch sein soll, weiß ich nicht) nicht mit den ganzen denglischen Wörtern wie Framing oder Whataboutism erklären, warum sein Fleisch so viel teurer geworden ist.

Die Politik muss auch dafür sorgen, dass kein billiges Fleisch aus anderen EU-Ländern die „gute“ Fleischindustrie sabotiert.

Darin geht es doch nicht - dein Verhalten in allen Ehren. Aber das wird keine Sau (in wahrsten Sinne des Wortes) merken (vielleicht dein Bauer um die Ecke). Ich ernähre mich vegan - und?
Hab nicht geschaut, aber Hack ist nicht teuer geworden und die Haltung der Tiere hat sich auch nicht verbessert.

Und ich schlage ja auch nicht vor, den Käufer von billigem Fleisch nicht irgendetwas zu erzählen. Ich schlage vor, die Bedingungen zur Produktion von Fleisch anzupassen in Richtung bessere Tierhaltung und geringere Umweltauswirkungen, also Kosten, die bisher die Tiere oder die Allgemeinheit gezahlt haben (auch wenn sie wie du und ich nichts davon haben), in den Preis zu integrieren. Dann ergibt sich ein realistischer Preis für Fleisch.

Ich hoffe, das ist satirisch gemeint😳

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Den Zusammenhang wird nicht jeder herstellen können, aber die Preissteigerung für Hack um 300% irgendjemandem in die Schuhe schieben wollen.

Nein, aber vielleicht missverständlich ausgedrückt.
Ich meine: wenn aus aus anderen Ländern Hack für €1/kg nach Deutschland in die Regale kommt, nützt die nachhaltigste Fleischproduktion in Deutschland nichts.

Deutsche Selbstwahrnehmung at its best. Die Ausländer sabotieren unsern „guten“ Tönnies.

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Nein, falscher Schluß: Wenn in Deutschland Fleischproduktion nachhaltig wäre, würde es Tönnies gar nicht geben oder er müsste sich dementsprechend verhalten.

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Die Veränderung der Ernährungsweise ist ein wichtiger Aspekt, dies allein wird jedoch nichts maßgeblich am Pestizideinsatz und an der Düngung ändern. Vegane Ernährung ist weitestgehend aber nicht zwangsläufig biologisch. Und eine biologische Produktion bedeutet nicht zwangsläufig den Verzicht auf sämtliche Pflanzenschutzmittel, es werden oft nur andere Mittel genutzt (z.b. Kupferpräparate gegen Pilzkrankheiten).
Ich habe oft das Gefühl das sich viele Leute vorstellen: da legt man ein paar Samenkörner in die Erde und dann wächst das alles fröhlich vor sich hin. Das ist jedoch nicht so, es gibt Pilzkrankheiten, Begleitwuchs und Schädlinge welche die Ernte beeinflussen. Diese lassen sich oft (insbesondere der Begleitwuchs und die Schädlinge) auch manuell entfernen. Doch das ist bei deutschen Arbeitskosten nicht Mal annähernd dazustellen.
Das es keine gravierenden Änderungen in der Agrarpolitik gibt hat m.E. nur einen Grund: es würde die Produkte, auch die pflanzlichen Massiv verteuern. Und hier müsste man ehrlich darüber diskutieren: Wie viel wollen/ bzw. müssen wir dafür bezahlen das die Landwirtschaft so produziert wie wir uns das vorstellen.

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Das ist eine starke Behauptung, aber wo ist der Beleg für Aussage? Und welche Zielvorstellung für die Landwirtschaft legen sie ihrer Aussage zugrunde.

So oder ähnlich wird das immer wieder postuliert. Aber Denkansatz muss doch eigentlich ein anderer sein.
Niemand bestellt mit dem Kauf eine Wurst die Beibehaltung der Massentierhaltung. Genauso wenig bestelle ich beim Bäcker den Glyphosat Einsatz auf dem Weizenfeld.
Jeder Industriebetrieb hat Grenzwerte die einzuhalten sind zum Beispiel beim Abwasser. Nur bei der Landwirtschaft glaubt man, man müsse Oma Erna fragen, ob sie auch bereit ist ein Euro mehr für die Wurst zu bezahlen

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Jedoch ist die Lebensmittelversorgung kein Wirtschaftszweig wie jeder andere. Wenn z.B. ein Schraubenhersteller seine Preise erhöht interessiert das niemanden. Wenn der Preis für die Butter erhöht wird ist das diverse Presseartikel Wert:

Du hast schon Recht niemanden bestellt das, aber wissentlich nimmt man es in Kauf das die Lebensmittel billig produziert werden müssen wenn man sie billig kauft.

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