Der Einfluss des Nahrungsmittelsystems auf unsere Umwelt & Gesundheit

Lieber Philip, lieber Ulf,
als langjährige treue Hörerin eures Podcasts und als Umwelt-bewusste Ärztin habe ich schon lange das Bedürfnis euch zu einigen sehr wichtigen Themen zu schreiben. In dem Podcast geht Ihr immer wieder auf die Gefahren des Klimawandels und der damit einhergehenden Dringlichkeit z.B. den Verkehrssektor umzustellen. Außerdem wird zuletzt in jeder Folge, die aktuelle Corona-Pandemie mit den entsprechenden nötigen Maßnahmen kritisch und informativ diskutiert.
Beide Themenschwerpunkte hängen jedoch maßgeblich mit einem Aspekt zusammen, der meines Erachtens in eurem Podcast zu kurz kommt: unser aktuelles Nahrungsmittelsystem.
Dieses ist nicht nur für immer häufiger werdende Zoonosen (wie der aktuellen Corona-Pandemie) verantwortlich sondern auch für eine Adipositas-Pandemie (67% der Männer & 53% der Frauen in Deutschland sind übergewichtig). Letzteres ist mitverantwortlich für weitere kardiovaskuläre Erkrankungen und die häufigsten Todesursachen weltweit (Herzinfarkte, Schlaganfälle) und somit auch für einen Großteil der Hospitalisationen. Gleichzeitig ist Übergewicht ein Risikofaktor für schwere Covid-19-Verläufe.
Die Fehlernährung in den Industrieländern mit Ihrem massiven Konsum von tierischen Produkten führt zu einer zunehmenden Abholzung der Regenwälder, um dort Viehfutter anzubauen oder Weideflächen zu schaffen. Dies führt wiederrum zu einem nie dagewesenen Artensterben (60% der auf der Erde lebenden Säugetiere sind mittlerweile Vieh, 4% sind wild-lebende Säugetiere) und beschleunigt nicht zuletzt den Klimawandel. Die Agrarindustrie beansprucht 50% der nutzbaren Landflächen dieser Welt, wovon 77% für die Fleisch- und Milchindustrie genutzt werden gleichzeitig liefert diese jedoch nur 18% der weltweit benötigten Kalorien.
Der Konsum von Bio-Produkten geht mit ähnlichen hohen Klimafolgekosten einher. Da das artgerechtere Halten mit längerem Mästen und somit Leben der Tiere einhergeht, in der die Tiere wiederrum Ihre Treibhausgase ausscheiden.
Zusammenfassend muss man festhalten, dass die Milch- und Fleischindustrie für mind. 14,5% der Treibhausgase verantwortlich ist (ohne Berücksichtigung der verloren gegangenen sog. „CO2-Senke“). Dies entspricht mindestens der Treibhausmenge aller Verkehrsmittel weltweit. Außerdem werden alleine in Europa jährlich 100 Millionen Tonnen Nahrung weggeschmissen; die Nahrungsmittelverschwendung ist somit der drittgrößte Treibhausgas-Emitter nach den USA und China.
Aus diesen vielen verschiedenen Gründen bin ich der Meinung, dass jeder Umwelt- und Gesundheitsbewusste Mensch sich mit diesen Themen beschäftigen sollte. Euer Podcast könnte als ein sehr wichtiges Sprachrohr hierfür dienen.
Bei Rückfragen, Literaturnachweisen, Anregungen etc. stehe ich gerne jederzeit zur Verfügung.
Liebe Grüße,
Kristin Hünninghaus

Hier schon mal ein paar Links:

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Hallo @Kristin ich finde, auch dass das ein Thema ist, dass in der allgemeinen Berichterstattung in Sachen Klimawandel/Gesundheit deutlich zu kurz kommt. Ich fände es sehr schön, wenn die Lage das aufreifen würde sobald sich dazu ein Anlass bietet. Tatsächlich sollte das aber auch breiter in den Medien und auch in der Schulbildung seinen Platz finden. Darf ich fragen in welchem Bundesland du zu Hause bist?

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Liebe Vanessa, da hast du vollkommen Recht! Leider fühlt sich auch kein Ministerium so richtig für die Ernährungspolitik verantwortlich. Dabei könnte man auf so vielen Ebenen die Welt zu einem besseren Ort machen, wenn man in der Lebensmittelindustrie grundlegende Veränderungen durchsetzen würde. Ich lebe in Düsseldorf und arbeit auch hier in einem Krankenhaus. Liebe Grüße!

Liebe Kristin,
lieber Philip, lieber Ulf,

dieses Thema wollte ich auch zur Besprechung in der Lage vorschlagen - umso mehr freut es mich, dass es schon von dir vorgeschlagen wurde, Kristin!

Neben den von Kristin genannten Zahlen sorgen die vom Worldwatch Institute 2009 veröffentlichen Zahlen („Livestock and Climate Change“) für ein noch viel größeres Erschrecken: es wird kalkuliert, dass die Tierhaltung zum Zwecke der Nahrungsmittelerzeugung mindestens 51% der jährlichen Treibhausgasemmissionen ausmacht. Im Vergleich zu den von Kristin genannten Zahlen werden hierbei die verloren gegangenen „CO2-Senker“ mit einberechnet.

Der Klimawandel wird ohne eine Änderung unseres Nahrungsmittelkonsums nicht aufzuhalten sein. In einem 2015 von der Johns Hopkins University veröffentlichten Report heißt es, „[i]f global trends in meat and dairy intake continue, global mean temperature rise will more than likely exceed 2° C, even with dramatic emissions reductions across non‐agricultural sectors.“ (https://clf.jhsph.edu/sites/default/files/2019-01/importance-of-reducing-animal-product-consumption-and-wasted-food-in-mitigating-catastrophic-climate-change.pdf)

Jonathan Safran Foer ruft daher in seinem 2019 erschienenen Buch „Wir sind das Klima!“ dazu auf, jede(r) solle versuchen, zumindest vor dem Abendessen keine tierischen Produkte mehr zu konsumieren. Er plädiert dafür, eine Nahrungsmittelrevolution müsse „von unten“ erfolgen, da die Lebensmittelindustrie einfach zu mächtig ist, als dass eine politische Änderung „von oben“ realistisch sei. Wenn wir aber alle unseren täglichen Konsum an tierischen Produkten derart reduzieren würden, wäre ein Aufhalten oder zumindest eine deutliche Verlangsamung der Erderwärmung tatsächlich möglich.

Es geht also nicht darum, allen Menschen vorzuschreiben, von jetzt an vegan zu leben. Dazu kann man niemanden zwingen. Es geht vielmehr darum, ein Bewusstsein dafür zu schaffen, wie viel Schaden wir auf der Erde mit jedem Bissen Fleisch, mit jedem Schluck Milch, mit jedem Frühstücksei anrichten, damit jede(r) mit dem Wissen um diese Fakten eine eigene Entscheidung treffen kann. Und dafür, dass mehr Menschen ein Bewusstsein für den Effekt ihres täglichen Konsums von tierischen Produkten entwickeln, könntet ihr, Philip und Ulf, mit Sicherheit einen Beitrag leisten, indem ihr das Thema einmal in der Lage besprecht. Vielleicht ist der Vorschlag von Jonathan Safran Foer, keine tierischen Produkte vor dem Abendessen zu konsumieren, für den oder die ein oder andere ja auch ganz attraktiv. :slight_smile:

Mich hat letztlich vor allem auch die Reportage „Cowspiracy“ von Kip Andersen und Keegan Kuhn (zu sehen u.a. auf Netflix) davon überzeugt, künftig so vegan wie möglich zu leben. Vielleicht überzeugt sie euch ja auch!

Liebe Grüße!
Fiona

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