Erdgasantrieb pkw

Hallo liebes Lage Team,

Ich habe mir Ende 2020 ein neues Auto zugelegt und habe mich schlussendlich für ein Auto mit Erdgasantrieb entschieden. Zum einen natürlich aufgrund der im Vergleich zum Benziner/Diesel günstigen Preise für ein kg Gas (vollgetankt ca 18kg ca 450km Reichweite) zum anderen aber auch aufgrund der im Vergleich positiveren Ökobilanz. Aktuell gibt es auch einige Subventionen, die aber wohl in den nächsten Jahren auslaufen werden. Im Januar 2024 stellte ich dann völlig überraschend fest, das Shell komplett aus der Belieferung von Erdgas ausgestiegen ist und andere Konzerne voraussichtlich auch nachziehen werden. Dies sei vor allem darauf zurückzuführen, dass der gesamte VW Konzern die Produktion von Erdgasfahrzeugen einstellt. Auch die nah gelegene Tankstelle in der Nähe meines Büros wird wohl den Verkauf von Erdgas einstellen, wodurch im gesamten Umkreis Moers/Duisburg/Krefeld dann voraussichtlich keine Erdgastankstellen mehr vorhanden sein werden. Gleichzeitig wird in manchen Regionen Bio Erdgas angeboten und es wird mit CO2 Ersparnissen um die 90% geworben.
Daher meine Frage:
hätte Erdgas als Antrieb für pkw nicht eine gute Alternative für den Übergang zur Elektromobilität dargestellt, wenn auch nur als Zwischenlösung? Würde eine weitere Subventionierung nicht trotzdem Sinn machen?

Mir ist bewusst, dass ich einer von wenigen Erdgasfahren in Deutschland bin. Dennoch scheint es so, dass ich in Zukunft gezwungen sein werde wieder aufs wesentlich teurere und umweltschädlichere Benzin umzusteigen. Und das fühlt sich zumindest in meinen Augen alles andere als richtig an.
Eine kleine, wenn auch nur kurze Recherche zu dem Thema würde mich sehr interessieren.

Vielen Dank euch für die wunderbare Sendung!

Beste Grüße,

Milan

https://www.adac.de/verkehr/tanken-kraftstoff-antrieb/alternative-antriebe/cng-tankstellen/

Vor dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine war Erdgas noch eine Übergangstechnologie, zu der Zeit war es sicher kein Fehler, ein Erdgasfahrzeug zu kaufen (haben ja auch viele Stadtwerke und Nahverkehrsbetriebe getan). Durch besagten Angriffskrieg und den Verlust des Hauptlieferanten von Erdgas (Russland lieferte 2020 noch 55,2% des Erdgases!) ist die Gesamt-Importmenge von konstant 400.000 bis 600.000 Terajoule auf 100.000 bis 200.000 Terajoule gesunken, während der Preis pro Terajoule von um 4.000 Euro auf 10.000 bis 12.000 Euro gestiegen ist. (Zahlen siehe hier)

Kurzum:
Erdgas ist leider keine Alternative mehr und der russische Angriffskrieg hat deine vormals durchaus sinnvolle Investition (basierend auf Preisen und Angeboten im Jahr 2020) leider vollständig ruiniert. Wegen des massiv höheren Erdgaspreises macht es keinen Sinn mehr, Erdgas-Fahrzeuge zu produzieren - und das wiederum bedeutet, dass Tankstellen sich für die Betreiber wegen der stetig abnehmenden Erdgas-Bestandsflotten nicht mehr lohnen. Das ist vermutlich nicht, was du hören möchtest, aber ein Comeback des Erdgasantriebs ist aktuell wohl ausgeschlossen. Du hast leider auf eine Technologie gesetzt, die durch den russischen Angriffskrieg völlig in’s Abseits geraten ist.

Warum kein Elektro? Und LPG ist glaube ich immer noch besser als Benzin, zumindest war mein erstes Auto von 2009 bis 2014 LPG und ich habe gute Erfahrungen damit gemacht. Die LPG-Infrastruktur dürfte jedenfalls so schnell nicht sterben, da die Verfügbarkeit von LPG durch den Wegfall von Erdgas (und Substitiution des Erdgases durch LPG) eher gestiegen ist (siehe die zahlreichen neuen LPG-Terminals, die im Zuge der Erdgas-Krise gebaut wurden). Also wenn es aus irgendwelchen Gründen kein Elektro sein kann, bliebe immer noch LPG als erdgas-ähnliche Alternative.

Ich nehme mal an, dass ein neues Auto kaufen, kurzfristig für ihn keine Lösung darstellt und er darum lieber in den sauren Apfel beißt und Benzin tankt - oder auf ein Eingreifen des Staates hofft.
Es zeigt mal wieder das Problem das wir haben werden, wenn die Regierung technologieoffen Verbrenner nicht unangenehm macht und dann eines Tages die Abhängigkeit vom Benzin uns auf die Füße fällt.

2 „Gefällt mir“

Das verstehe ich wirklich nicht. Es war Ende 2020 bereits klar, dass Erdgas einen Nischentechnologie ist und bleibt, während die Aufholjagd von Elektroautos damals schon im Gange war

So hätte man vielleicht 1990 argumentieren können, aber nicht 2020. Volkswagen hatte 2016 sehr laut angekündigt, den kompletten Konzern Richtung Elektromobilität umzulenken, andere Konzerne äußerten sich vor 2020 vorsichtiger, aber inhaltlich ähnlich. Tesla war 2020 bereits ein bedeutender Player in den USA und dabei, seine Fahrzeuge in großer Stückzahl nach Europa zu bringen. Der Drops war da schon gelutscht.

Ich finde, Deine Frage demonstriert sehr anschaulich das Problem mit dem Argument der Technologieoffenheit. Denn die Betroffenen, denen der Staat nicht rechtzeitig vorher sagt, wo die Reise hingeht, wollen später vom Staat rausgehauen werden, wenn sie sich in einer technologischen Sackgasse verirrt haben.

Wenn man technologieoffen den Leuten verspricht, dass sie sich frei entscheiden sollen, tut es sehr weh, wenn der Staat oder die Industrie irgendwann nicht mehr bereit sind, die notwendige Infrastruktur zu betreiben oder Fördergelder zu verteilen.

Es wird noch sehr sehr unangenehm werden, wenn die Leute, die sich heute eine angeblich H2-ready Gasheizung einbauen, in 20j die unsubventionierten Kosten eines für immer weniger Kunden betriebenenen Gasnetzes zahlen sollen.

3 „Gefällt mir“

Alle Argumente leuchten ein, gerade das Thema Ukraine Krieg hat natürlich einen massiven Einfluss auf die Situation mit dem Erdgas auch für den kleinen Erdgas pkw Sektor. Mit Sicherheit war der Kauf aus heutiger Sicht ein Fehler und vielleicht hätte ich mich im Vorfeld einfach besser informieren sollen. Da ich keine Ahnung von Autos habe, habe ich mich einfach auf die Meinung eines befreundeten Autoschraubers verlassen. Ich habe sogar noch Glück gehabt: mein Auto hat einen 50L Benzin Tank. Einen anderen Wagen anschaffen macht aus meiner Sicht keinen Sinn, der Wagen ist noch top in Schuss (Baujahr 2018) und mit der aktuellen (und noch drohenden) situation mit Erdgasfahrzeugen wird der Verkaufswert auch nicht so dolle sein. Es fühlt sich nur irgendwie falsch an stattdessen dann wieder Benzin tanken zu müssen in Zukunft. Da mache ich die Politik nicht für verantwortlich, war wie gesagt einfach eine nicht gut recherchierte Fehlentscheidung…für mich als Laien wirkte Erdgas (gerade auch mit dem teilweise vorhandenen Bio Erdgas) immer zumindest wie eine gute Alternative zum Benzin. Ich verlange nicht vom Staat rausgehauen zu werden, ich ärgere mich nur dass ich am Ende nichts anderes hab als einen ganz normalen Benziner

Ein wesentlicher Nachteil von Verbrennern ist die Abhängigkeit von Brennstoffen. Mit dem Benziner kann es dir leider genau so ergehen wenn an der Tankstelle plötzlich sehr große Zahlen stehen.

Wobei das ein schwaches Argument ist.
Die Benzininfrastruktur wird uns wohl noch lange erhalten bleiben und ein weiter steigender Preis ist natürlich auch beim Strom möglich. Eine wirkliche Autarkie können sich wieder nur die privilegierten 20% der Gesellschaft leisten, also diejenigen, die sich dicke Photovoltaikanlagen mit Batteriespeichern leisten können…

2 „Gefällt mir“

Die Aussage finde ich nicht richtig. Ja eine PV-Anlage ist nicht günstig und auch ein E-Auto hat seinen Preis, aber das es sich nur 20% leisten können bezweifle ich.
Viele sehen nur die hohen Investitionen aber vergessen ihre aktuellen monatlichen Kosten für Strom, Treibstoff und Fahrzeug ( Verbrenner).
Kleines Beispiel von meiner Situation, wir hatten ein Verbrenner Leasingrate 250€/Monat, Benzin 300€/Monat und Stromkosten für’s Haus 100€/Monat.
Nun mit PV-Anlage, E-Auto 300€/Monat, Finanzierung PV-Anlage 200€/Monat und Stromkosten inkl.Laden des Autos 50€/Monat. Und ich glaube nicht das meine Familie zu den 20% gehört als Servicetechniker und Laborantin mit zwei Kindern.

2 „Gefällt mir“

Aber warum, die CO2 Emissionen sollten doch annähernd gleich sein? Wie viel Liter Benzin und wieviel kg Erdgas verbraucht denn das Auto auf 100km?

Und aus Neugier, da es bei einem 6 Jahre alten Auto sicher nicht sinnvoll ist, wäre eine Umrüstung auf LPG möglich? Was würde es kosten?

Da gehört ja noch mehr dazu, als die PV-Anlage. Nur 28% wohnen im eigenen Haus und haben damit ein eigenes Dach.
Weitere 15% wohnen in Eigentumswohnungen, haben also nur über die Eigentümergemeinschaft und viel Bürokratie die Möglichkeit an eine eigene PV zu kommen.

Leider kann mir mein Auto nur den durchschnittlichen cng Verbrauch anzeigen. Ich verbrauche ca 5 kg/100 km. In der Regel tanke ich für 20€ ca voll und komme 300-400 km. Ich fahre beruflich bedingt allerdings sehr viel kürzere Strecken. Eine Umrüstung auf lpg kommt für mich nicht in Frage. Ich kenne mich mit den Preisen nicht aus, aber ich tue mich schwer auf die nächste Antriebsart zu setzen. Außerdem kann ich aktuell ja noch ganz gut Erdgas tanken. Die Preise liegen aktuell bei ca 1,20€/kg. Mal sehen wie es ohne die Subventionen aussieht. Eine pv Anlage und ein damit verbundener Umstieg auf e Auto kommt für mich nicht in Frage. Ich bin alleinlebender Sozialarbeiter und lebe in einer Mietwohnung. Generell ist der Kauf eines neuen Pkw derzeit finanziell nicht drin. Ich werde wohl einfach so lange Erdgas tanken wie es geht und am Ende in den Sauren Apfel beißen und Benzin fahren bis ein Umstieg finanziell wieder möglich ist.
Zur co2 Emission kann ich nicht viel sagen, habe mir damals nur erklären lassen, dass ca 15-20% weniger co2 ausgestoßen wird aber gleichzeitig auch weniger Feinstaub etc ausgeblasen wird. Hatte zu dem Zeitpunkt außerdem darauf gehofft dass vielleicht weiteres Bio Erdgas ausgebaut wird. Leider scheint das nicht der Fall zu sein…