Einsatz westlicher Waffen auf russischem Territorium

Da steckt schon ein Paradoxum drin.

Weder Russland, noch die Ukraine oder der Westen können Friedensverhandlungen zu einseitigen Bedingungen akzeptieren. Der anderen Seite entgegenkommen will oder kann man politisch auch nicht.

Der Westen mag aber auch keine konsequente militärische Lösung unterstützen.
Putin kann sich nur einen militärischen und politischen Erfolg leisten, ein Zurückweichen ist nicht akzeptabel, schätze ich mal die innenpolitische Lage in Russland ein.

Wir stecken da grad echt in einer Sackgasse.

Nur wirklich tragfähige Ansätze hab ich noch nicht gehört oder gelesen.

Dazu liefert ein Reuters-Artikel von letzter Woche eine Einschätzung: „However, the sources said that Putin, re-elected in March for a new six-year term, would rather use Russia’s current momentum to put the war behind him.“

https://www.reuters.com/world/europe/putin-wants-ukraine-ceasefire-current-frontlines-sources-say-2024-05-24/

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Sagt aber nun nichts neues. Putin besteht auf die besetzen Gebiete samt Anerkennung.

Ohne Garantien für die Ukraine

Die „Zuversicht“ habe ich nicht so richtig. Selbst wenn es so käme: Ich würde vermuten, dass dann im Grenzbereich und in den besetzten Gebieten Partisanen und Terrorangriffe zu einem permanenten Gewaltzustand verdichtet würden, die wieder nur ein Zwischenspiel zur nächsten Eskalation bleiben, weil Russland die nun eroberten Gebiete genausowenig nachhaltig besetzen und "verwerten kann, wie die Gebiete, die es 2014 gestohlen hatte. Was ja mutmaßlich ein entscheidender Grund für den weiteren Angriff war: Entweder hätte man eingestehen müssen, dass Russland schon 2014 eigentlich verhoben hatte, oder noch mehr auf diese Karte setzen, in der (irrigen) Hoffnung, die eigene Situation zu verbessern.

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Les es dir doch erstmal durch, bevor versuchst die Ansicht eines Wissenschaftlers auf diesem Gebiet mit Sarkasmus ins Lächerliche zu ziehen.

Wollen wir jetzt wirklich das Fass Ukrainisch-Russische Geschichte aufmachen? Zur Verflechtungsgeschichte der beiden Länder gibt es sehr sehr vieles zu berücksichtigen. Hierzu kann ich hinsichtlich deines Beitrags zustimmen, ja, diese Geschichte ist asymmetrisch.

Ich habe nicht meine Position als nüchtern und realistisch bezeichnet, sondern ein paar deiner Aussagen als zu pathetisch für einen nüchternen Diskurs eingestuft.

Mit willkürlicher roter Linie war auch nicht die tatsächliche Linie in Form einer Grenze gemeint, sondern die symbolischen roten Linien, die Russland deiner Meinung nach mit dem Beginn des Krieges in der Ukraine erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg übertreten habe. Dass das nicht so ist, habe ich ja geschrieben. Wir brauchen nicht so zu tun, als hätten wir nicht oft genug tatenlos zugesehen, als mittels Kriegen friedliches Zusammenleben langfristig zerstört wurde. Dass jetzt gerade die Ukraine DER moralische Auftrag Deutschlands sein soll ist heuchlerisch. Wenn diese Überzeugung wirklich vorherrschen würde, hätte man das doch längst in einer konsequenteren Unterstützungspolitik des Westens gesehen. Der aktuelle Status Quo ist ein schrecklicher Stellungskrieg, dessen Beendigung von Verhandlungen begleitet werden muss. Weiterhin gerade so viele Waffen zu liefern, dass die Ukraine nicht verliert, aber Russland ebenfalls nicht verliert, ist zynisch.

Wenn im Diskurs ständig wildeste Spekulationen über die mögliche Reichweite russischer Expansionen angestellt werden, geht es sehr wohl darum klarzustellen, dass Russland diese tatsächliche Fähigkeit nicht besitzt.

An diesem Punkt muss man einfach sehen, dass der Konflikt bereits seit 10 Jahren andauert und die Versteifung auf die vollständige Rückeroberung aller ukrainischen Gebiete als einziger Alternative zumindest mal hinterfragt werden sollte. Ich sehe im deutschen Diskurs, dass man sich über solche Aussagen eher empört, anstatt sie Teil des Diskurses werden zu lassen, was ich für keinen guten Umgang damit halte.

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Das klingt mor doch etwas nach dem, was früher Kreml-Astroligie genannt wurde. Was Putin wirklich will, weiß man auch nach diesem Artikel nicht. Aber ein Ende des Konfliktes ist es sicher nicht, sondern eben nur das altbekannte „Einfrieren“, das es auch schon in Moldau, Georgien und der Ukraine vor 2022 gab. Und wenn die ab 2022 eroberten Gebiete unter russischer Kontrolle bleiben, wäre das natürlich ein politischer Erfolg für Putin.
Und wenn Putin sagt, Verhandlungen sollten „fortgesetzt“ werden, sollte man sich mal anschauen, was 2022 das „Angebot“ der russischen Seite war. Ich habe schon mal früher einen ausführlichen Bericht darüber verlinkt LDN 371 zu zwei Jahre Ukraine Krieg - #5 von Flixbus.
Von Vertretern der „mehr verhandeln“-Seite kommen nämlich aus meiner Sicht auch nicht wirklich neue und vor allem keine besseren Argumente, so jedenfalls meine bescheidene Meinung.

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Ja. Ist ja logisch, dass er öffentlich erstmal nicht von seiner Maximalforderung zurückweichen wird. Ich denke, der Artikel, sowie die Tatsache dass kürzlich Gefangene ausgetauscht wurden, zeigen schon, dass Putin verhandlungsbereiter ist als hier oft suggeriert wird.

Ich halte dieses Argument für höchst suggestiv, unterstellt es doch, dass wesentlich weniger Menschen sterben würden, wenn es im Westen keine Unterstützung für die Ukraine geben würde. Das verkennt aus meiner Sicht erstens dass es diesen Krieg nicht gibt, weil Anton Hofreiter oder Agnes Strack-Zimmermann angeblich so gerne Krieg wollen, sondern weil die Ukraine sich gegen einen Krieg wehrt, den Putin begangen hat. Zweitens verkennt es, dass es nachwievor der Wunsch der weit überwiegenden Mehrheit der Ukrainer und Ukrainerinnen ist, dass die Ukraine sich militärisch gegen Russland zur Wehr setzt. Deshalb ignoriert es auch drittens, dass die Ukraine sich auch ohne westliche Unterstützung weiter gegen den Angriff Russlands zur Wehr setzen würde, was vermutlich zu sehr viel mehr Toten führen würde.

Mal abgesehen von dem antiamerikanischen Grundtenor (als gäbe es auf der Welt keine anderen Staaten, die Interessen haben und vertreten): Was ist das Argument dahiner: Weil es in den anderen Fällen falsch war, ist es jetzt weniger falsch?

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Die Frage ist dann doch, zu wie viel entgegenkommen ist Putin bereit?

Bezüglich der völjerrechtswidrigen Besetzung ukrainischer Gebiete?

Und wenn es da zu einer Kompromisslösung kommt, zuungunsten der Ukraine, wieviel ist unser Völjerrecht dann noch wert?

Ich sehe das sehr ähnlich und würde überhaupt nicht davon ausgehen, dass die russische Agression nach so einem Deal endet - genau deshalb habe ich ihn ja als schmutzig bezeichnet. Allerdings glaube ich auch nicht, dass die Ukraine sich überhaupt auf einen Deal einlässt, bei dem nicht mindestens die Krim entmilitarisiert wird und der durch glaubwürdige Garantien von verbündeten Staaten abgesichert ist.

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Hallo alle zusammen,

ich muss ganz offen zugeben, dass ich es nicht aus Zeitgründen geschafft habe, alles hier im Forum zu lesen und falls sich da jetzt was doppelt durch meinen Beitrag, dann entschuldigt. Ich melde mich, weil ich zunehmend irritiert bin von zwei Grundannahmen, die im Podcast in der Diskussion dieses Themas getroffen scheinen, und dann noch von einem ganz konkreten Widerspruch aus der aktuellen Folge:

Annahme 1 scheint mir zu sein: „Ein vorsichtiger Kanzler ist schlecht.“ Das verstehe ich bei einem so kommplexen Thema mit so hohen Risiken einfach nicht. Niemand von uns kann doch wissen, wie eine Eskalation eines solchen Krieges aussieht, egal was für Planspiele wir im Kopf so anstellen und wer die anstellt, es sind am Ende nur Vermutungen und dann auch noch Vermutungen, die wir alle auf deutlich schlechterer Datenbasis treffen als der Bundeskanzler (hoffe ich), der ja wissen müsste, was hinter den Kulissen international so besprochen wird (und bei diesem Thema kann es ja auch aus taktischen Gründen sehr sinnvoll sein, nicht alles davon auch öffentlich zu machen, so sehr ich sonst für Transparenz in einer Demokratie bin). Hier mit „Angst“ zu argumentieren scheint mir zu kurz gedacht, denn die Lage ist doch mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit viel undurchsichtiger und komplexer als wir das beurteilen könnten.

Annahme 2: „Putin wird keine Atomwaffen einsetzen.“ Das soll der Kanzler uns ja erklären. Aber am Ende haben wir es mit Russland mit einem Staat zu tun, der diese Waffen hat und es ist eine Möglichkeit (wie unwahrscheinlich sie uns auch individuell erscheinen mag), dass sie eingesetzt werden. Und wir wissen um das Zerstörungspotenzial dieser Waffen. Ich möchte damit nicht sagen, dass man Russland machen lassen soll was es will, aber ich denke es ist durchaus sinnvoll diese Bedrohung ernst zu nehmen, auch wenn das taktisch die Lage komplizierter macht.

Ich würde zu beiden Punkten die Ausführungen des Stabschefs der Joint Chiefs Mark Millie zur Natur des Kriegs empfehlen, die er im Bezug auf den Krieg in der Ukraine machte, da steckten einige recht differenzierte Gedanken drin.

Und dann gab es noch diesen Widerspruch, dass gegen Ende der Diskussion quasi die Haltung des Bundeskanzlers mit der Haltung der EU gleichgesetzt wurde, obwohl vorher berichtet wurde, dass Macron da deutlich offensiver eingestellt ist. Also Scholz’ Haltung ist ja nicht gleich der Haltung der EU, das sollte man schon trennen.
Ich habe mich dabei auch gefragt, ob wir die Rolle Deutschlands an der Stelle vielleicht auch überschätzen in der Debatte, da mir Mächte wie die USA, China oder auch andere EU-Staaten, die selbst Atomwaffen haben (wie Frankreich), deutlich ausschlaggebender für den Verlauf erscheinen. Aber das ist eher ein persönliches Gefühl, für das ich mich bei weitem zu wenig auskenne, was die Entscheidungsfindungsprozesse im internationalen Geflecht angeht.

Wie dem auch sei, ich würde mich über ein paar Gedanken dazu freuen und bei allem, was ich sonst an der Lage schätze, hier auch über noch differenzierteres Berichten anstatt Argumentieren (auch wenn ich den konstruktiven Ansatz eigentlich sehr mag). Cheers!

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Ich gehe davon aus, dass die Ukraine ihre Gebiete nicht vollständig zurückerlangen wird.

Gute Frage. Es ist allerdings nicht das erste mal, dass das Völkerrecht ausgehöhlt wird.

„Das Völkerrecht entfaltet seine Wirkung vor Allem darüber, dass man es selbst vorbildlich und konsequent einhält, denn im gegenteiligen Fall liefert man Rechtfertigungsgründe für die Missachtung der Regeln durch alle anderen, und im Zweifelsfall auch für kriegerische Gewalt“

Die Aussage eines ehemaligen Professors der Friedens- und Konfliktforschung von mir in diesem Artikel: Krieg in der Ukraine: Friedens- und Konfliktforscher schätzt die Situation ein

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Man müsste dann, wenn man ehrlich ist, zugeben, das ein Völkerrecht, dan das sich dann nicht jeder hält bzw es so offen und mit Erfolg brechen kann, relativ wertlos ist. Letztlich gilt dann wieder das Recht des Stärkeren.

Eine wirkliche Weiterentwicklung der Menschheit wäre das sicher nicht

Realistisch betrachtet geht vermutlich angesichts der momentanen Lage auch in der Ukraine niemand davon aus, dass die territoriale Integrität der Ukraine in den nächsten Jahren wiederhergestellt wird. Aber da es sich eben nicht nur um einen frommen Wunsch einer Partei in einem Konflikt handelt, sondern um den Standpunkt des internationalen Rechts, halte ich es unabhängig von etwaigen zukünftigen Verhandlungsergebnissen für angemessen, daran zu erinnern, dass dies der Zustand ist, der angestrebt werden sollte.

Es ist jetzt kein riesengroßes Fass, als Reaktion auf die Forderung nach Verhandlungen und einem Enfrieren des Konflikts darauf zu verweisen, zu welchen Ergebnissen genau das in den letzten zehn Jahren geführt hat. Ganz abgesehen davon glaube ich nicht, dass es möglich ist, den Angriff Russlands oder die vorherrschende Haltung in der ukrainischen Bevölkerung dazu zu verstehen ohne die Geschichte des Verhältnisses beider Länder zu berücksichtigen.

Da würde ich Dir absolut zustimmen und kritisiere deshalb auch das Auseinanderklaffen von Rhetorik und Handeln was die Unterstützung der Ukraine betrifft. Das heißt allerdings nicht, dass diese Unterstützung deswegen falsch oder unwichtig wäre.

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Ich fürchte hier würde Putinrussland widersprechen. Fakt ist, dass der Minsker Frieden nie eingehalten wurde und somit durchaus eine Bedrohung als russisch angesehener Volksgruppen bestand.

Heißt im Grunde dann, Bedrohung wird immer subjektiv empfunden und lässt sich so quasi immer als Kriegsgrund konstruieren?
Jetzt nicht zynisch gemeint.
Aber aus der eigenen isolierten Sicht betrachtet lässt sich vieles so begründen.

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Dem stimme ich zu. Der Westen hat aber halt maßgeblich zu der Aushöhlung des Völkerrechts beigetragen, weswegen ich hier die ganze Zeit sage, dass es heuchlerisch ist, dass westliche Mächte nun so tun, als würde jetzt erst durch Russland die Friedensordnung ins Wanken geraten. Die moralische Überhöhung und die damit in Verbindung stehende Ableitung, man verkörpere einzig und allein die Deutungshoheit über das rechtmäßige Ende dieses Konflikts ist, angesichts der eigenen Leichen im Keller, einfach völlig unglaubwürdig.

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Da würde ich nichtmal widersprechen.

Würde in Konsequenz heißen, wir können uns, sehr zynisch gesprochen, den ganzen moralischen Quatsch mit Völkerrecht, Menschenrechten und den zivilisatorischen Kram sparen. Wer stärker ist bestimmt, der Schwächere fügt sich, so wäre faktisch „Frieden“.

Spricht jetzt tatsächlich nicht dafür, das wir in den letzten 3000 Jahren signifikant dazugelernt hätten.

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Schön gesagt, ganz deiner Meinung. Aus Neugier die Probefrage: Gilt das auch auf der anderen Seite für die ukrainischen Soldaten und deren Regierung?

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Das ist jetzt die düsterste aller Deutungen :smiley:
Was ich damit sagen wollte ist eher, dass der Westen kein Recht darauf hat, auf seine Deutung zu pochen und deswegen nicht in der Position ist von Putin zu erwarten, sich ans Völkerrecht zu halten, während man es selber nicht tut. Man hat genügend Präzedenzfälle geschaffen um jetzt nicht darauf beharren zu können, dass das einzig mögliche Ende des Krieges die völkerrechtlich anerkannten Grenzen sein dürfen. Dass Putin das Feld nicht überlassen wurde ist ja ebenfalls klar.
Klar ist auch, dass das traurige Opfer davon gerade die Ukraine ist. Angesichts der Tatsache, dass der Westen weder genug Waffen liefert, damit die Ukraine ihre Ziele erreicht, noch für Verhandlungen wirbt, zeigt ja, dass auch dem Westen geopolitische Interessen bis zu einem gewissen Grad wichtiger sind als die Menschenleben.

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