Hauptsächlich hängt Intelligenz also davon ab, ob sie gefördert wird. Ob es in dem Hauhalt, in dem man aufwächst, Bücher gibt oder nicht. Ob ein Kind ermutigt wird, Neues zu entdecken. Ob es Spaß am Lernen entwickelt. Aber richtig ist auch, dass Intelligenz vererbbar ist.
Spielt also beides zusammen. Für Chancengleichheit zu sorgen stelle ich mir sehr schwierig vor. Denn an die wichtigsten Stellschrauben ist es schwierig heranzukommen.
Hier zu verbessern ist aber ohne Frage elementar.
Das Argument beißt sich tatsächlich in den Schwanz, ich habe es aber auch so nicht gehört. Was Sinn macht ist, dass akademische Ausbildungen staatlich gefördert werden, weil die Akademiker dieses Wissen später in einen höheren volkswirtschaftlichen Nutzen (pro Arbeitsstunde) übersetzen können. Wäre dies im großen Stil nicht so, dann sollte man akademische Berufs(!)ausbildungen stark hinterfragen. Beim positiven Zusammenhang zwischen Bildung und volkswirtschaftlichem Nutzen scheint es mir aber einen breiten Konsens zu geben.
Kann ich pro Arbeitsstunde mehr erwirtschaften, wird man mir auf einem gut funktionierenden Arbeitsmarkt auch einen höheren Lohn anbieten. Von dem höheren Lohn kann ich dann als Staat auch mehr Steuern nehmen. In der Praxis werde ich aber nicht drum herum kommen, Mitarbeiter nicht nur nach ihrer Leistung, sondern auch nach ihrer Knappheit auf dem Arbeitsmarkt zu bezahlen.
Hört sich alles nicht unrealistisch an – betrifft aber so wie ich es verstehe wieder mal nur das ganz untere und ganz obere Ende der Schere, wo wir uns glaube ich alle einig sind, dass etwas nicht passt. Trotzdem würde mich natürlich interessieren, an welchem Kriterium man fest macht, was ein fairer Mindestlohn ist und wie viel eine Führungskraft maximal verdienen darf. Was den Mindestlohn angeht: ich kann mir sehr gut vorstellen, wie man analytisch ein Mindesteinkommen festlegt, nicht so trivial finde ich die Festlegung eines Mindestlohns.
Aber jetzt nochmal zurück zu den mittleren 80%. Der Mitarbeiter in der Produktion und der im Büro. Wie soll man hier für Gehälter sorgen, die in deinen Augen gerechter sind? Wer legt das fest und nach welchen Kriterien?
Da widerspreche ich Dir nicht, glaube aber schon, dass man CEO in unterschiedlichen Unternehmensgrößen nicht vergleichen kann. In den Unternehmen, in denen es um Milliarden geht, wird man eher keinen finden, der für 500 T€ die gesamte Verantwortung tragen würde.
Daher kann ich mir auch mehr vorstellen, wenn man dies z.B. stärker an den Unternehmenserfolg knüpft. Wie beim typischen Außendienst-MA, der „niedriges“ Fixum hat, aber hohe Prämie. Soll der CEO halt stark am Gewinn des Unternehmens beteiligt werden. Und wenn er dann das 100-fache verdient, so what…
Aber wenn das Unternehmen nicht performt… dann halt das „niedrige“ Fixum.
Also in Anbetracht der Tatsache, dass der CEO der Bundesrepublik Deutschland - nennen wir ihn mal Bundeskanzler - weit unter 500.000 Euro im Jahr verdient, wage ich das zu bezweifeln.
500.000 Euro im Jahr ist immer noch viel mehr, als vergleichbare Positionen im öffentlichen Dienst bekommen. Vergleichbare Positionen sind hier Leiter der obersten Bundesbehörden, bei denen es auch um Milliardenbudgets geht. Menschen, die diese Jobs erledigen, gibt es daher zweifelsohne - und die sind auch höchst-qualifiziert.
Wenn man nirgends mehr als 500,000 Euro verdienen kann, werden die höchst-qualifizierten Manager auch für 500,000 Euro arbeiten. Ist jetzt nicht so, dass es international einen großen Wettbewerb um deutsche Manager geben würde Also ich halte die Sorge, dass sich kein Personal findet, für kaum begründbar. 500.000 Euro sind immer noch mehr Geld, als man in jedem anderen Bereich als Angestellter verdienen kann. Wer mehr verdienen will, muss schon das finanzielle Risiko des Unternehmertums tragen.
Das Problem damit ist, dass der Unternehmenserfolg nur schwer dergestalt messbar ist, dass man kurzfristige Effekte ausschließen kann. Bedeutet: Ein cleverer CEO könnte kurzfristig prima Zahlen erzeugen, die langfristig nachteilig sind. Er könnte hohe Risiken eingehen, weil er am Gewinn beteiligt ist, aber eben schon arbeitsrechtlich nicht am Verlust beteiligt werden kann. Eine Beteiligung am Unternehmenserfolg könnte daher zu mehr neuen Problemen führen, als es alte löst.
Bin ich bei Dir keine Frage, aber spiele es auch bis zum Ende durch und was es bedeutet, wenn sie älter, anfälliger und kränker werden. Jung und gesund ist / war jeder mal
Hier ist weiterhin das Problem, dass ein Wechsel in die gesetzliche Krankenkasse weit unproblematischer ist, als es gerne dargestellt wird. Bis in die frühen 50er die günstigen PKV-Tarife mitnehmen, um dann, wenn die Beiträge zu sehr steigen, in die GKV zu wechseln, ist durchaus möglich - und traurigerweise sogar im Interesse der PKV, die lieber nur junge, gesunde Menschen versichert.
Gerade wenn der junge, gesunde Mensch plötzlich doch schwer krank oder schwerbehindert wird ist ein Wechsel in die GKV fast schon Standard. Das gesamte Modell der PKV basiert leider darauf, dass junge, gesunde Menschen aus der Solidargemeinschaft der Versicherten eine eigene Solidargemeinschaft bilden, die aber nur so lange solidarisch ist, wie der Mensch jung und gesund bleibt. Das ist einfach von vorne bis hinter ein problematisches System.
Die Fragen könnten sicherlich ganze Diskussionen füllen. Nehmen wir als Basis doch einfach die gute alte Bedürfnispyramide. Sicherlich ist Essen / Trinken, funktionale Kleidung und Dach über Kopf etwas, was abgedeckt sein muss.
Aber wo ist die Grenze bei persönlichen Wünschen, bei individueller Verwirklichung. Ist die All-Net-Flat mit 30GB Daten das „normal“? Gehört Rauchen (habe selber mal) zu etwas, was die Solidargemeinschaft dann finanzieren soll? Oder was ist mit Körperschmuck?
Ich glaube aber, dass es einfacher ist, dieses Level zu bestimmen (gibt es dazu nicht sogar Musterurteile?) als die Frage, was man jemanden zumuten darf selber zur Verbesserung der Situation beizutragen.
Spannende Frage, an was denkst Du genau? Ich würde mich eher fragen, ob ich bestimmte Dinge nicht drauf verzichte oder selber mache, wenn der Preis mir dann zu hoch wäre. Wenn etwas zu einem Preis keine Nachfrage mehr hat, wer wird es anbieten? Wer hier im Forum würde sich mit dieser Arbeit / Dienstleistung selbständig machen?
Qualifikation kam man was dran tun, von daher völlig anders als Behinderung. Aber was machen wir mit Menschen, die können, aber nicht wollen? Darf das eine Konsequenz haben?
Relevant ist hier mMn vor allem der letzte Absatz, wo Deutschland eine Spreizung vom 147-fachen aufweist.
Und da die Daten schon älter sind, ist davon auszugehen, dass diese Zahl sich erhöht hat.
Das wurde in Deutschland gemacht, hat zu den Hartz4 Sätzen geführt. Das ist in Deutschland aktuell das Minumum an Geld, das jemand braucht, um seine Bedüfnisse zu decken. Klar, da kommt dann noch die Übernahme der Wohnkosten dazu (aber auch da wurde ja lange Zet bestimmt wie diese Wohnung auszusehen und zu kosten hat).
Das halte ich für zweifelhaft. Ich denke, die Hartz4 Sätze (Bürgergeld) reichen nicht, insbesondere weil vor allem die Lebensmittelpreise so gestiegen sind.
Warum sonst gibt es so viele Menschen, die zur Tafel gehen (müssen)?
Zum ersten: wenn wir feststellen, das wir als Gesellschaft nicht bereit sind, einem Friseur/in ein auskömmliches Gehalt zu zahlen, weil uns die Tätigkeit nicht ausreichend qualifiziert ist, dann wäre die Frage, ob noch ein Bedarf an dieser speziellen Tätigkeit besteht oder wir nicht stattdessen in die Produktion von Haarschneidemaschinen investieren.
Mal als überspitztes Beispiel.
Zum Thema Qualifizierung: aus Erfahrung in der Erwachsenenbildung kann ich sagen, das man durchaus aus einem Maurer mit Einschränkungen einen Industriekaufmann machen kann, wenn die Anlagen passen.
Aber es lässt sich nicht jeder auf ein höheres Niveau qualifizieren, weil teils die Anlagen (Lernvermögen, Lernmotivation, kognitive Fähigkeiten) nicht da sind.
Auch mit Menschen mit Behinderung muss ich ja was in petto haben, manche können aufgrund der gesundheitlichen Einschränkungen nur noch niederschwellig tätig werden.
Konsequenzen, wenn jemand partout nicht will? Sicher, als extrinische Motivation denkbar. Das müsste man schon sehr genau differenzieren. Diese Entscheidungsmacht traue ich aber nicht allen Sachbearbeitern in Ämtern zu, weil dort nicht immer die nötige Qualifikation vorhanden ist. Bei jemanden mit einer psychischen Erkrankung zu sagen, der will nur nicht, den sanktionier ich jetzt, ist nicht zielführende.
Ich habe nicht gesagt, dass ich die Berechnung korrekt finde bzw. dass es zum Leben reicht. Es war als Antwort darauf gedacht, dass man erst einmal das minimale Bedürfnis ermitteln müsste. Ist geschehen, sogar von „unabhängigen Kommissionen“. Das Ergebnis sieht man, und jeder mag es so bewerten wie man mag.
Ich bin voll auf deiner Seite, Margarete, dass diese Berechnungen realitätsfremd sind.
Es zieht sich eine Diagnose querbeet durch den Thread die so vage ist, dass sich hinter dem Banner irgendwie alle vereinen können: Irgendwie passt da was nicht, wenn die Einkommen sooo weit auseinander liegen, das ist nicht „fair“.
Völlig übersehen wird dabei dann halt, dass Lohn (weder Mindest-, noch „normaler“) überhaupt nicht den Anspruch hat, fair zu sein.
Und dass Fragen wie „Von wieviel kann man denn noch gut leben?“ zwar wichtig wären, bei der Lohnbestimmung aber einfach keine Rolle spielen.
Dazu noch so Stilblüten wie „wenn die sich nur weiterqualifizieren können ist alles gut“. Genau, werden wir doch alle Fondsmanager, das wird ne tolle Gesellschaft.
Oder Fratzschers (et al.) unsägliche „Chancengleichheit, dann wird’s schon“. Chancen wobei denn? Sich in der Konkurrenzveranstaltung Markt durchsetzen zu können, und einen der „guten“ Posten zu ergattern. Dass es im Wettbewerb notwendigerweise auch Verlierer gibt, und daher das Problem der „unfairen“ Löhne so noch nicht einmal adressiert wird, geht komplett unter. Oder mal andersherum gefragt: Angenommen es herrsche perfekte Chancengleichheit, geht es dann in Ordnung wenn die Leute mit den unteren Posten als Resultat dennoch am Existenzminimum rumkrebsen?
Zumindest nicht, wenn man diese Fragen „dem Markt“ und damit vollständig der kapitalistischen Logik überlässt.
In der sozialen Marktwirtschaft hingegen wird ja seitens des Staates (und der Gewerkschaften) schon versucht, die Löhne fairer zu gestalten. Aber das ist halt historisch betrachtet ein riesiger „Uphill Battle“, da die historische Ausgangssituation - je nachdem, wie weit man zurückgehen möchte - entweder in der Leibeigenschaft des Feudalismus oder in den Anfängen der Industrialisierung liegen, also in Gesellschaftssystemen, in denen einigen wenigen alles gehörte.
So schlimm wie zu diesen Zeiten ist es zweifelsohne nicht mehr, gegen den Leibeigenen des 18ten Jahrhunderts oder den Fabrikarbeiter des 19ten Jahrhundert ist selbst der Mindestlohnempfänger (und selbst der Sozialhilfeempfänger) heutzutage relativ gut gestellt. Das heißt nicht, dass man damit zufrieden sein sollte - aber man sollte sich bewusst sein, dass es schon in die richtige Richtung geht - eben dadurch, dass Fragen wie die der Lohngerechtigkeit zweifelsohne Bestandteil der politischen Debatten geworden sind.
Das kommt immer ein wenig darauf an. Grundsätzlich ist das Bemühen für Chancengleichheit durchaus nicht verkehrt, wenn es darum geht, die gesellschaftlichen Strukturen etwas aufzubrechen und damit bisher unterprivilegierten Menschen mehr Zugänge zum Aufstieg zu ermöglichen.
Aber du sprichst da natürlich einen wichtigen Punkt an, den ich oben ja auch schon mal genannt habe: Es kann nicht jeder aufsteigen - das ist einfach nicht möglich. Es kann nicht jeder „Facharbeiter“ oder „Akademiker“ werden, es werden stets auch unqualifizierte Arbeiter gebraucht. Daher gebe ich dir absolut Recht, dass Parteien wie die SPD nicht zu sehr auf den FDP-Zug der Chancengleichheit aufspringen sollten, sondern fordern müssen, die Lebensumstände derer zu verbessern, die keinen Aufstieg schaffen können oder wollen, da diese Menschen wie gesagt auch gebraucht werden. Die FDP-Logik, diesen Menschen zu sagen, sie seien selbst Schuld an ihrer Misere, weil sie ja schließlich hätten aufsteigen können, darf tatsächlich nicht salonfähig werden.
In diesem Sinne stimme ich dir zu, dass wir das System generell hinterfragen müssen, statt uns mit Dingen wie „Chancengleichheit“ abspeisen zu lassen.
Sicherlich überspitzt, aber realitätsfern? Vor Corona war ich bei kleinen Friseur bei uns im Ort. Sein Laden waren er, seine Mutter und eine Angestellte. Herrenschnitt 15€ später 18€. Hat dann wg. Coronaauflagen zugemacht. Jetzt kostet mich Friseur 35€ und 50% wird eh mit Maschine gemacht. Im Orr bei uns gibt es jetzt einen Barbershop. Der hat keinen Meisterbrief, darf also nur Maschine. Liegt bei 15€. Überlege ernsthaft zu wechseln. Kenne auch mehrere, die inzwischen selber in Familie mit Haarschneidemaschine am Werk sind. Das ist doch auch nicht schlimm. Nichts anderes als als Heimwerken statt Handwerker für (einfache) Arbeiten, die man mit bisschen Übung schnell selber auf gutem Level erlernen kann.
Jou, kenne auch jemanden der Maurer war und dann Umschulung auf IT-Systemkaufmann. Könnte mir bei manch einem den umgekehrten Weg eher schwierig vorstellen
Das ist sicherlich ein großes Hindernis. In Summe tun wir uns damit aber an sich schon schwer. Ich finde durchaus, dass es da auch Konsequenzen geben darf und muss, sonst ist jede Regel wirkungslos und man erzeigt nur Beispiele für rechten Populismus.
Niederschwellige Tätigkeiten wird es immer geben und das Menschen mit Behinderung hier mehr Unterstützung erfahren ist glaube ich keine Diskussion.
Das Problem die Regelsätze zeitnah an Inflation und Preisniveau anzupassen ist sicherlich real, wäre aber ja schon lösbar durch andere Mechanismen. Die Grundfrage hier war die inhaltliche Bestimmung, was hineingerechnet werden muss für ein akzeptables Leben am Minimun.
Kann ich so nicht unterschreiben. Bei der Festlegung von Löhnen gibt es schlicht einen Zielkonflikt (der leider auch keinen so richtigen Konsens innerhalb des Threads findet). Zum einen muss der Lohn zu einem gewissen Grad am Arbeitsmarkt bestimmt werden, damit eine Volkswirtschaft in ihrer Komplexität funktioniert. Zum anderen müssen die Lohnniveaus auch das Gerechtigkeitsgefühl einer Gesellschaft widerspiegeln, damit diese Gesellschaft „funktioniert“. Chancengleichheit kann daher zumindest dazu beitragen, dass Lohnniveaus als gerechter empfunden werden können und auch tatsächlich sind.