Der Westen und seine Werte

Auslöser war der Einmarsch des Iraks in Kuwait.

Der Zweite Golfkrieg | bpb.de

Als Irakkrieg wird heute meist der Dritte Golfkrieg, der Einmarsch der Coalition of the Willing im Jahr 2003, verstanden.

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Das ist natürlich richtig.

Ich denke hier hat jeder seine eigenen Spekulationen, deine sind genauso eine Erklärung wie auch geostrategische oder auch privat ökonomische (miltärisch industrieller Komplex als Stichwort). Alles denkbar, aber eben keine Bio-/Chemiewachen, keine im Aufbau befindliche Atomwaffen, erst Recht keine Zusammenarbeit mit Al-Qaida.

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Eine funktionsfähige Armee zu besitzen, die gemeinsam mit einem entsprechenden militärischen Bündnis vor einem Angriff abschreckt ist nochmal was anderes als einen neuen Rüstungswettlauf in Gang zu setzen, bei dem fraglich ist, ob er z.B. gegen China überhaupt gewonnen werden kann

Es ging mir hier nicht um die Souveränität Russlands sondern des Iraks.

Niemand würde die staatliche Souveränität Russlands oder Chinas angreifen - insofern bringt uns das Beispiel nicht weiter. Die Definition von Völkermord ist allerdings schon ein springender Punkt. Da gibt es sicher kein Kochrezept, aber ein entscheidendes Kriterium ist sicher eine breite internationale Anerkennung. Gefälschte Beweise gehören eher nicht dazu.

Gegen US-Soldaten allerdings eher nicht. Das könnte unter anderem mit entsprechenden Drohungen der USA gegen den internationalen Gerichtshof zusammenhängen (siehe Afghanistan).

Das war es dann allerdings auch. Maßnahmen gibt es von staatlicher Seite kaum.
Edit: Link ergänzt

Das ist ja das dramatische. Obwohl die Unterstützung für assange überwältigend ist, ändert es nichts daran dass er seit jahren physisch und psychisch im knast zerstört wird. Selbst die Auslieferung in die usa scheint näher zu rücken. Das ist ein Armutszeugnis für unsere westliche welt!

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Das ist wohl ein Missverständnis.

Ich ging von 3. Golfkrieg aus in dem die USA Saddam Hussein unter dem Vorwand absetzte, er wolle Massenvernichtungswaffen bauen und einsetzen. Der Vorwurf stellte sich als falsch und die angeblichen Hinweise und Belege als gefälscht oder nicht existent heraus.

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Im Augenblick sehe ich persönlich noch keinen neuen Rüstungswettlauf, wie es ihn damals zwischen den beiden großen Blöcken gab.

Kann ich nicht beurteilen, da ich kein Militärexperte bin. Ich kann mich nur daran erinnern, dass man am Anfang des Krieges der Ukraine höchstens eine Woche gegeben hat.

Wäre das nicht das Eingeständnis, dass das Recht des Stärkeren zählt. Das widerspricht meinem Ziel einer werteorientierten Politik.

Kein Widerspruch meinerseits. Es wurde damals übrigens nicht nur die Welt von der US-Regierung belogen, sondern auch die amerikanische Bevölkerung. Meine Vermutung ist, dass die Lügen deswegen veröffentlicht wurden, um die Amerikaner von diesem Krieg zu überzeugen.

Geht gar nicht und muss ganz dringend geändert werden. Kriegsverbrechen sind Kriegsverbrechen. Ich sehe da aber auch gerade in Europa eine positive Entwicklungen.
Internationaler Strafgerichtshof – Wikipedia

Da bin ich auch enttäuscht von der EU und UK.

Nein, mein Fehler. Mea culpa!:sob:

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Nach meinem Verständnis nicht. In der Tat würden wir einen Völkermord auf russischen Boden kaum gewaltsam unterbinden. Und das ist nicht zuletzt angesichts des atomaren Konfliktpotentials auch sinnvoll (siehe dazu auch die Diskussion bzgl. Nutzung von Atomwaffen zur Erpressung, die man nicht dulden darf vs. Nutzung zur Verteidigung bei einer existentiellen Bedrohung, welche apokalyptischen Charakter hat. Allerdings heißt das nicht, dass wir machtlos sind. Siehe z.B. die derzeit laufenden beispiellosen Wirtschaftssanktionen, die auf lange Sicht einige Wirkung entfalten können.

Ich bin mal gespannt, ob die „Zeitenwende“ auch langfristig zu Änderung in der Wirtschafts- und Außenpolitik führt. Abhängigkeiten und zu enge Zusammenarbeiten mit Diktaturen zahlen sich nicht aus und sind auf lange Sicht nicht in unserem Interesse. Auch bin ich mal auf die Reaktion der deutschen Wirtschaft gespannt…Kriege kommen und gehen, das Geld bleibt. Besser kann man das Verhalten der wirtschaftlichen und politischen Eliten (natürlich mit Ausnahmen) in Deutschland nicht beschreiben.

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thomas fischer hat für spiegel online einen beitrag über das ambivalente verhältnis des westens zu seinen werten geschrieben. eine leseempfehlung und money quotes

Nun werden wieder manche sagen: Was soll’s? Völkermord in China macht Kriegsverbrechen in der Ukraine ja nicht besser, und der Ukrainer als solcher ist uns doch näher als die Uigurin, schon rein entfernungsmäßig, aber auch wegen der unangenehm wokenessfernen Lebensweise der Letzteren. An diesem Argument ist zweifellos etwas dran, und man soll auch, wie der Dichter sagt, zunächst vor der eigenen Tür, und wenn dort alles sauber ist, im eigenen Hinterhof kehren. Aber was ist hier Vordertür, was Hinterhof, und was Kehren?

Hier muss man nun an den »Tagesschau«-Bericht vom 28. Juli 2021 erinnern, den Sie, Leser, gewiss ebenso in Erinnerung haben wie den Bericht des ZDF vom 14. Juli 2021:

»In den vergangenen Wochen wurden die Überreste von fast 1000 Leichen von Kindern der kanadischen Ureinwohner gefunden, die meisten in der Provinz British-Columbia (…) In Kanada waren zwischen 1830 und 1998 etwa 150.000 Kinder der Ureinwohner von ihren Familien getrennt und in Heime gesteckt worden. So sollte die Anpassung an die europäische Einwanderer-Gesellschaft erzwungen werden. (…) Im ganzen Land gab es rund 140 solcher Einrichtungen (…) Viele der Kinder an diesen Schulen wurden Opfer von Misshandlungen und sexueller Gewalt (…) Etwa 4100 Todesfälle sind dokumentiert. Viele Funde wurden erst durch den Einsatz von Bodenradaren gemacht. Die Dunkelziffer dürfte aber weit höher liegen.«

(Quelle: ARD »Tagesschau«, 28. Juli 2021)

Das ist nun gerade einmal neun Monate her und unangenehm. Kanada ist Gründungsmitglied der Nato, einer von Deutschlands allerbesten transatlantischen Freunden, und mehr »der Westen« als Kanada geht ja gar nicht, bevor man auf der falschen Seite wieder herauskommt. Ich kann mich allerdings im Moment gar nicht mehr daran erinnern, ob und wie fassungslos und schockiert sich die deutsche Bundesregierung im Jahr 2021 gezeigt hat über die vermutlich unverjährten Menschenrechtsverbrechen gegen ethnische Minderheiten durch die kanadischen Freunde. Hat das zuständige Bundesministerium da mal nachgefragt in Ottawa, wie der Stand der Ermittlungen ist?

Am Ende kommen wir also auch heute wieder nur zu einer Frage. Sie lautet: Durch welche Rationalität können wir eine Moral ersetzen, die nicht trägt? Was sagt uns dazu das Völkerrecht? Wenn man behauptet, über Recht zu sprechen und ihm verpflichtet zu sein, muss man dies auch tun; sonst verliert man gerade die Legitimität, auf welche man die Macht des eigenen Handelns stützt. Wenn die Berufung von Staaten auf das Recht tatsächlich nicht trägt, ist das keine Frage persönlicher »Heuchelei« oder individueller Selbstüberschätzung. Es bedarf dann vielmehr einer anderen, tragfähigen Begründung.

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Wenn ihnen das Thema des Residential Schooling System so am Herzen liegt, haben sie sicher mitbekommen, dass sich 2008 der damalige Premier Stephen Joseph Harper sich bei den First Nations entschuldigt hat. Daraufhin wurde die Truth and Reconciliation Commission installiert und ein Bericht 2015 der Öffentlichkeit vorgelegt.

Aus der Stuttgarter Zeit 17.12.2015

Kanadas verlorene Kinder

Das Thema soll in den Schulen gelehrt werden
Insgesamt 94 Empfehlungen gab die Kommission. Sie betreffen die Schullehrpläne, die Juristenausbildung und das Wohlfahrtssystem, das noch immer dazu führt, dass überproportional viele indigene Kinder ihren Eltern weggenommen und Pflegefamilien übergeben werden. „Wir befinden uns heute auf einem neuen Pfad, um eine neue Beziehung von Nation zu Nation zu finden, die auf Anerkennung, Rechten, Respekt, Kooperation und Partnerschaft beruht“, versprach Trudeau…

…„Ich stehe vor Ihnen in der Hoffnung, dass wir an der Schwelle einer neuen Ära dieses Landes stehen“, sagte Richter Murray Sinclair, der zusammen mit Häuptling Wilton Littlechild und Marie Wilson die Kommission geleitet hat. Sechs Jahre lang waren sie durch das Land gereist, hatten mehr als 6000 Überlebende des Schulsystems oder ihre Angehörigen gehört. Sie erzählten Geschichten von Missbrauch. 4000 Seiten umfasst der Bericht…

Ein kultureller Völkermord

Bei Vorlage seines vorläufigen Berichts im Sommer hatte Sinclair bereits dargelegt, wie er die Vorgänge sieht: Es sei „nichts geringes als kultureller Völkermord, ein systematischer und konzertierter Versuch, die Seele der Urvölker auszulöschen“…

In dem Link unten finden sie weitere Themen, für die sich Kanada offiziell entschuldigt hat. Man weiß ja nie, wozu man es braucht.

Alles Weitere verkneife ich mir, sonst werde ich zu Recht gelöscht.

die stoßrichtung deines posts ist mir nicht ganz klar, aber ich antworte trotzdem mal darauf. herr fischer wird seine bewertung der, ich nenne es mal werteflexibilität des westens, nicht von einem incident abhängig machen. für die debatte finde ich es schon hilfreich, wenn es gelingt historische ereignisse anzuführen, die den vorwurf untermauern. ob der genozid in kanada dafür ein geeignetes beispiel ist, vermag ich aus dem stegreif nicht einzuschätzen.
dass assange immer noch im knast und snowden im exil sitzt, dass sich für den irak krieg niemand verantworten musste, dass wir in Mali die bundeswehr einsetzen aber deutlich blutigere konflikte in afrika gänzlich ignorieren, legt nahe, dass werte interessen untergeordnet werden.

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Dieser Schlussfolgerung kann ich nicht folgen. Denkt man es zu Ende, geht es auf eine Schwarz-Weiß-Malerei im Recht hinaus. Und das kann es nicht sein. Jetzt bin ich Informatiker und kein Jurist und kann es sicherlich nicht angemessen darlegen, was ich meine. Ich versuche es dennoch.

Auf einer sehr grundlegenden Ebene ist jeder Rechtsbruch natürlich genau das: ein Rechtsbruch. So viel ist klar. Darüber hinaus muss aber - und wird auch glücklicherweise - sehr fein differenziert werden. Das Motiv spielt im Recht eine zentrale Rolle. Das Motiv und die Sachlage entscheiden über die Einordnung und die Beurteilung des Rechtsbruchs. Auch fällt dem Motiv beim Strafmaß eine große Bedeutung zu.

Ganz einfaches Beispiel: A haut B einen Nagel in den Kopf. Was auf den ersten Blick eindeutig und einfach scheint, ist im Speziellen mitnichten einfach und eindeutig. Von Unfall über Körperverletzung mit Todesfolge bis hin zu Mord ist je nach Sachlage und je nach Motivlage alles drin. (An alle Juristen: Bitte seht es mir nach, wenn ich das nun zu laienhaft dargelegt habe.)

Von daher erachte ich es viele eher als dünnes Eis, die Motivlage nicht mit in die Beurteilung hinzuzuziehen.

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Im Strafrecht geht es darum, eine Straftat nachzuweisen und dann ein der Tat angemessenes Strafmaß zu finden. Letzteres gibt es zwischen Staaten nicht. Und sobald wir von einem Angriffskrieg sprechen, setzten wir erstes (also das Vorhandensein der Tat) schon voraus.

Sprich: ein Angriffskrieg ist ein Angriffskrieg

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Um auf die Überschrift zurückzukommen: es wäre der Debatte dienlich, wenn zu allererst Einigkeit darüber besteht, was denn die „westliche Werte“ sind. Passend dazu:

Im Sinne einer konstruktiven Kritik werfe ich folgende Konzepte ein, die in meinen Augen in allen Staaten der EU bzw. NATO umgesetzt sind: (1) Marktwirtschaft, (2) Individualismus, (3) innerstaatliches Rechtsstaatsprinzip.
Anmerkung: Für die Türkei, Polen und Ungarn gilt das innerstaatliche Rechtsstaatsprinzip aktuell nur eingeschränkt, aufgrund der aktuell eingeschränkten Gewaltenteilung.

Edit: Außerdem (4) Demokratie. Im Sinne von freien Wahlen etc., aber nicht unbedingt im Sinne davon, dass man allen Bürger gleiche Partizipationsmöglichkeiten einräumen möchte (siehe systemische Beschränkungen wie das Mehrheitswahlrecht, Sperrklauseln, Gerrymandering, Wahlmindestalter, unbeschränkte Wahlkampfspenden etc. und zumindest tolerierte Praktiken wie die Methode der asymmetrischen Demobilisierung etc.).

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Ich finde dass in der UN Carta die Werte die es zu verteidigen gilt dargelegt sind.
Das Messen mit zweierlei Maßstäben bei der Sanktionierung von Verstößen und die Akzeptanz von fadenscheinigen Argumenten für den Verstoß ist doch das eigentliche Problem.

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Ich kann dem Autor Rolf Schneider nicht zustimmen. Es gibt sicherlich einen Unterschied zwischen Werten (Menschenrechte) und westlichen Lebensstil. Aber Grundlage für Werte in der EU sind die Menschenrechte.

Auch sind nach heutigem Verständnis die Menschenrechte nicht willkürlich und unterliegen nicht dem „Zeitgeist“. Deswegen ist der Begriff „westliche Werte“ irreführend.

Aus Wikipedia
Als Menschenrechte werden moralisch begründete, individuelle Freiheits- und Autonomierechte bezeichnet, die jedem Menschen allein aufgrund seines Menschseins gleichermaßen zustehen.[1] Sie sind universell (gelten überall für alle Menschen), unveräußerlich (können nicht abgetreten werden) und unteilbar (können nur in ihrer Gesamtheit verwirklicht werden).[2] Sie umfassen dabei bürgerliche, politische, wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechtsansprüche. Die Menschenrechte werden häufig von Naturrechten und der unantastbaren Menschenwürde abgeleitet.

Menschenrechte – Wikipedia.

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Idealerweise ja, und deren Verteidigung haben sich ja auch fast alle Staaten der Erde mit der Ratifizierung des UN-Zivilpakts und des UN-Sozialpakts zur Aufgabe gemacht.

Allerdings verstoßen diverse EU oder NATO Staaten ja systematisch gegen Menschenrechte. Als Beispiele seien hier nur Guantanamo Bay, der Umgang mit Assange oder der Irakkrieg genannt. Die Menschenrechte können also schon mal nicht mit den „westlichen Werten“ gemeint sein. Daher meine Frage oben, welche Werte eigentlich wirklich flächendeckend von den EU und NATO Staaten gelebt bzw. propagiert werden.

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