Der SPIEGEL gegen Till Lindemann und Luke Mockridge - "Schuldig" bei Verdacht

Du übersiehst hier offenbar die Tatsache, das Opfer sexueller Übergriffe ein großes (und sei es ein empfundenes) Risiko haben, in der Justiz schlecht bis retraumatisierend behandelt zu werden. Dass die lieber mit einem Journalisten sprechen erscheint mir mehr als verständlich

Und die Idee, dass Aussagen über kritikwürdige Zustände nur einen Wert haben, wenn sie zu einer Verurteilung führen, erscheint mir sehr schwarzweiß. Nur weil ein gewisses anstößiges Verhalten nicht verboten ist oder in unserem Rechtssystem schwer zu beweisen ist, hat die Öffentlichkeit doch ein berechtigtes Interesse davon zu erfahren und Konsequenzen zu ziehen.

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Du sagst hier mehrfach (paraphrasiert), was die (mutmaßlichen) Opfer sagen und der Spiegel in einer aufwändigen Recherche unter Gesprächen mit diversen Quellen usw. recherchiert hat, dem messe ich deutlich weniger Gewicht bei bei als dem, was sich ein paar Hardest-Core-Fans aus meinem Umfeld so an Verhalten ihrer Gottgestalt vorstellen können.

Mit dem Ansatz ist das wohl kaum der Versuch einer ergebnisoffenen Diskussion. Mein Eindruck vom Lesen Deiner Posts ist, dass es Dir im Wesentlichen Medienschelte geht, was ja strukturell wie auch im Einzelfall berechtigt sein kann, Du das aber --warum auch immer-- unbedingt am Beispiel von Lindemann aufhängen willst, ob das nun passt oder nicht.

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Und wie erklärst du dann die Tatsache, dass all diese Opfer sich offensichtlich weigern mit der Justiz zusammen zu arbeiten?

Ha natürlich (mehr dazu weiter unten)

Öhm ja, nach deiner Auffassung scheint die Fangemeinde von Rammstein nur aus Gottesanbetern und Opfern sexualisierter Gewalt zu bestehen…

Ganz allgemein:
Alles was man jetzt so groß als Skandal aufbaut ist in der Fangemeinde Rammsteins bekannt gewesen auch Row zero und die Party’s.

Alles was hier skandalisiert wird gibt es so oder so ähnlich auch bei allen anderen Bands vergleichbarer Größe, wo ist dann also die Berichterstattung dort, wo es doch bei Rammstein so verwerflich ist?

Es fehlt auch ein wenig die Reflektion im Nachhinein durch die Medien.

So z.B. warum die Aufrufe zum Boykott so verhallt sind?
Es sind kaum Tickets zu den Konzerten zurück gegeben worden.
Die Konzerte haben alle statt gefunden und selbst die Demonstrationen der Aufgebrachten sind mangels Masse untergegangen.

Was bleibt also von dem Skandal übrig?

Und eben auch die Frage ist es überhaupt ein wirklicher Skandal gewesen?

Und da gehen die Meinungen eben auseinander, sobald man auf die Fangemeinde schaut, von denen nicht alle davon träumen mit Lindemann in der Kiste zu landen so wie hier von manchem offensichtlich geglaubt wird.

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Wie soll man hierauf noch antworten? Friedolino gibt die Erklärung, und deine Reaktion ist nach einer Erklärung zu fragen?

Welche Bands? Gerne mit Nachweisen. Es ist natürlich bei allen Bands ein Skandal, aber dieses Argument ist purer Whataboutism.

Und was ist das Argument? Wenn es zu keiner gesamtgesellschaftlichen Verurteilung kommt, muss alles in Ordnung gewesen sein?

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Dann sind die großen Krokodilstränen über böse toxische Feministinnen, die dem alten weißen Mann die Karriere kaputt machen ja noch gegenstandsloser.

Dennoch bleibt menschenverachtendes Verhalten menschenverachtend egal ob es juristisch nicht verboten oder den Fans gleichgültig ist.

Klar ist es bequemer das zu ignorieren. Die Abwägung zwischen den eigenen Gefühlen für ein Idol und denen von fremden Personen läuft hier offenbar zugunsten des Ego.

Und es wäre dennoch wünschenswert, wenn sich diese Gleichgültigkeit in den verschiedenen Bereichen der Gesellschaft zugunsten eines Anspruches an einen würdevollen Umgang reduzieren würde. Dafür ist ein Aufbrechen des Schweigens ein erster wichtiger Schritt.

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Fans sind ja per Definition bekannt dafür, das wovon sie Fan sind, besonders objektiv einzuschätzen, besonders wenn es um kritische Aspekte geht. Und „gebastelst“? Ernsthaft? Es gibt also überhaupt kein Problem - Ende der Debatte. Hört sich für mich an wie Weinstein reloaded.
Nochmal meine Frage: Warum hälst Du es für so viel wahrscheinlicher, dass gar nichts passiertist, was es zu kritisieren gäbe, als dass es ständig passiert aber die Leute, die ihr Geld mit der Band verdienen und/oder Fans sind, darüber lieber nicht reden wollen?

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Ja, denn es klingt doch sehr unwahrscheinlich, dass so viele unterschiedliche Frauen mit der Presse reden, aber nicht eine von ihnen bereit ist auf Nachfrage mit der Staatsanwaltschaft zusammenzuarbeiten, zumal bei mehreren Betroffenen die Sache mit der Furcht vor schlechter Behandlung auch nicht nehr so überzeugend ist.

Ich gebs echt langsam auf …

Die Berichterstattung erzeugte einen Skandal mit strafbewehrten Vorwürfen.
Die Staatsanwaltschaft in Lettland? kam nach Untersuchung zu dem Schluß, dass sie nichts finden konnten.
Die Staatsanwaltschaft in Deutschland muss einstellen, weil niemand zur Aussage bereit ist.

Petitionen und Demonstrationen laufen in’s Leere, aber alle hier scheinen sich absolut einig zu sein, dass Lindemann schuldig ist und Rammstein als solches am besten verboten gehört.

Irgendwelche rationale Betrachtung des Ganzen findet nicht statt, auf die Stimmen aus der Fangemeinde gibt man auch lieber nix sondern tut sie als Gottesanbetung ab …

Ja ihr habt die Moral gepachtet und konntet Rammstein (Rockmusik) eh noch nie leiden…

Und nur mal so am Rande: ich bin auch kein Fan von Rammstein, das hindert mich jedoch nicht daran mir eine andere Meinung zu bilden, als mir der Spiegel gerne aufdrängen will.
Was ja offensichtlich bei den Meisten hier geklappt hat.

Ich bin raus.

Moralisiert und verurteilt selber weiter.

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Vielleicht weil Shelby Lynn nicht gut von der Polizei behandelt wurde?

Ich finde es schon übel wie du hier anekdotisch grundsätzlich ein Fehlverhalten ausschließt.

Dito.

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Okej, darauf noch eine Antwort, weil du offensichtlich darauf bestehst, dass ich das Ganze abwürgen wöllte.

Man kann die Vorgänge kritisieren, gerne auch mit medialem Orchester.

Aber die Art und Weise war keine Kritik, sondern eine skandalisierung sondergleichen incl. strafbewehrten Vorwürfen und Vorverurteilung von und gerade durch Außenstehende die sich mitnichten auch mal in die Niederungen der Fangemeinde begeben haben sondern einfach nur auf die Anklagen und Geschichten anonymer Frauen stützen.

Bisher war es hier im Forum durchaus üblich auch der anderen Seite zuzuhören, aber sobald es um Vorwürfe sexualisierter Gewalt geht scheint das nicht mehr üblich zu sein und jegliche Objektivität die hier sonst gilt wird weggelassen.

Versucht man es doch kommen solche Anschuldigungen wie Täter Opfer Umkehr, oder man wolle Opfer verhöhnen, verharmlosen und was mir sonst noch so hier an den Koåf geworfen wurde.

Auf die Frage was nun von dem so groß aufgehängten Skandal übrig ist: lautes Schweigen

Auf die Frage warum der Skandal um eine International erfolgreiche und tätige Band sich nur auf Deutschland beschränkt: lautes Schweigen

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Ich verstehe das Argument nicht. Welche Expertise haben denn Fans einer Band zu deren Verhalten? Waren die denn bei jeder Backstage-Party und dann im Hotelzimmer?

Wenn die Medien schreiben, dass es den Vorwurf des Machtmissbrauchs bis hin zu Vergewaltigung gibt, stimmt das doch? Und es war ja nicht nur ein mutmaßliches Opfer, sondern viele. Ab wann ist es denn legitim für die Medien zu berichten? Sollen Medien nicht auch Missstände aufdecken?
Es werden aus vielen Berichten keine Skandale, die lange bleiben, die es aber vielleicht verdient hätten, z.B. Panama Papers und Nachfolger, Aserbaidschan-Connections usw. usf. Da gab es sicher auch Petitionen, die keine Beachtung bekommen haben. Sind die jetzt alle delegitimiert?
Natürlich ist das ein schmaler Grat für Medien, aber ich sehe in dem Fall keinen Fall, in dem die Medienlandschaft vollkommen überzogen reagiert hätte.

Ich finde den Vorwurf, dass es nicht mal zu einer richtigen Ermittlung gekommen oder es nicht gesetzlich verboten sei, auch etwas schräg. Als Vergleich (mit dem ich nicht sagen will, dass Lindemann ein Vergewaltiger ist!):
Vor 1997(!) gab es in der Ehe keine Vergewaltigung, Männer durften ihre Frauen also gegen ihren Willen zum Sex zwingen. Ich halte es für unwahrscheinlich, dass hier heute irgendjemand etwas dagegen hätte, wenn die Medien damals auf einen massiven Missstand hingewiesen hätten, indem sie den Opfern eine Stimme geben, natürlich auch anonym. Ich würde sagen, dass es eine Schande ist, dass das nicht ständig im öffentlichen Diskurs thematisiert wurde und ein solche Gesetz viel früher kam.
Ich hoffe, wir sind uns alle einig, dass es ein Segen ist, dass das seit '97 verboten ist, aber damals wurde das von einem Gutteil des Parlaments (und ziemlich sicher der Gesellschaft) anders gesehen und das Gesetz war sehr umstritten: Vor 25 Jahren - Als der Bundestag die Strafbarkeit von Vergewaltigung in der Ehe beschloss
Ich will damit sagen, dass man schon mal drüber nachdenken kann, ob in der Musikbranche ein Problem im Umgang mit Frauen herrscht. Gerade bei umstrittenen Themen helfen die Perspektive der Betroffenen dabei, sich das von der anderen Seite anzusehen; auch, wenn Rammstein sich nichts strafrechtlich zu Schulden hat kommen lassen.

„Der litauische Polizeisprecher Ramunas Matonis gab indes an, Shelby Lynn selbst habe zunächst abgelehnt, einen entsprechenden Bericht zu verfassen. „Es muss klargestellt werden, dass es heutzutage kein Problem mehr ist. Die meisten unserer Beamten sprechen Englisch“, sagte Matonis außerdem, nachdem zwischenzeitlich auch die Frage im Raum stand, ob ein umfassendes Verhör wegen sprachlicher Barrieren nicht stattgefunden hatte.“

Fettung durch mich, aus deiner Quelle.

Aber ja, ab sofort bei jedem Festival/Konzert bei jeder Verletzung erstmal von unfreiwilliger Drogengabe und Sexualverbrechen ausgehen und von Amtswegen Ermittlungen einleiten und die Band vorsichshalber samt Crew in U-Haft stecken.

Kann man wollen. Bleibt dann abzuwarten wie lange solche Festivals und Konzerte noch stattfinden.

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Ich würde sogar noch weiter gehen und nicht nur drüber nachdenken, sondern halt auch richtig nachforschen.
Entweder als Studienobjekt in der Forschung oder aber als Berichterstattung in den Medien.

Wäre völlig in Ordnung, aber halt nicht so wie jetzt, wo sich die Opfer erst weigern überhaupt mit Behörden zu reden, dann ihre eigenen Medienkanäle nutzen und wenn sich dann noch mehr finden die darüber berichten immernoch jeglicher wirklichen Aufarbeitung seitens der Behörden verweigern.

Es fehlt jetzt eigentlich nur noch der Aufschrei der Empörten wie es sich die deutsche Staatsanwaltschaft nur wagen kann, das Verfahren mangels Fakten einzustellen.

Das Problem ist aber, dass wenn eine öffentliche Debatte stattfindet, ein oder mehrere Männer faktisch ruiniert werden, obwohl gerichtlich freigesprochen bzw. nicht mal angeklagt worden sind.
Das ist Rufmord nichts anderes.

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und genau darum sollte es dem Titel nach ja in diesem Thread gehen: wer trägt die zivilrechtliche und strafrechtliche Verantwortung und wie kann der Rechtsstaat diese bemessen und durchsetzen?

Die rechtsstaatlichen Fakten sind:

  1. Ein Täter (hier ein Publizist) tätigt eine Aussage, die einem Opfer (hier z.B. Herrn Lindemann) einen Schaden zufügt.
  2. Sofern das Opfer sich nicht damit abfinden möchte, kann es Anzeige wegen Rufmord o.Ä. stellen und zivilrechtlich dagegen vorgehen.
  3. Der Täter ist „geständig“, es gibt also in der Sache keinen Verhandlungsspielraum und auch die Unschuldsvermutung ist obsolet.
  4. Mindestens deswegen müssen Strafjustiz wie auch Zivilgerichtsbarkeit dem nachgehen.
  5. Das Einzige, was den Täter vor einer vollumfänglichen Schuldzumessung bewahren könnte, wäre der Nachweis, dass die getätigte Aussage der Wahrheit entspricht. (Aber selbst in diesem Fall könnten der Täter ggf. straf- und zivilrechtlich belangt werden, falls sein Vorgehen unverhältnismäßig war).

Fazit: Für diesen Thread ist die einzige offene Frage, ob die Herrn Lindemann und Co. angelasteten Taten gerichtsfest bestätigt wurden/werden (sei es durch Beweise oder zumindest durch einen Indizienprozess).

Diese Frage ist zum aktuellen Zeitpunkt mit Nein zu beantworten.

Dieses Plädoyer für den Rechtsstaat tätigt übrigens keinerlei Spekulation, ob die Aussagen von Spiegel und Co. der Wahrheit entsprechen.

Edit: Das wäre zumindest die rechtsstaatliche Bewertung, wenn es sich um zwei „normale“ Rechtssubjekte handelt (beispielsweise, wenn Frau Lynn sich als Privatperson des Rufmords schuldig macht). Da der SPIEGEL ein Teil der etablierten Presse ist, gelten für ihn ggf. laxere Regeln (ich stimme zu, dass die Presse bereits vor einem Prozess oder gar rechtskräftigen Urteil von den Anschuldigungen berichten können muss). Nichtdestotrotz sollte diese laxeren Regelauslegung nur dann gelten, wenn neutral berichtet wurde, d.h. die Ausgangsbasis der Berichterstattung war die Unschuldsvermutung.

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Zunächst mal: Danke, für die Zusammenfassung.
Ich würde aber noch etwas weiter gehen. Ich habe im Titel nicht umsonst auch den Fall Luke Mockridge erwähnt. Natürlich kann ich nichts beweisen, aber mir scheint so, als ob sich da eine gut geschmierte Empörungs- bzw. Clickbait-Branche, auf Kosten von berümten Männern und der allgemeinen Unschuldsvermutung, eine goldene Nase verdient.
So ist wohl auch, die allgemeine Empörung zu verstehen, die nach der schnellen Beendigung des Ermittlungsverfahren durch die Berliner Staatsanwaltschaft zu erklären. Man hätte die Kuh gerne noch länger gemolken.
Jedenfalls kommt der lawblog wohl zu dem Schluss.

www.lawblog.de

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Du kannst das anzweifeln.
Wenn aber der Focus und die Zeit schreiben, dass es sogar Videos aus dem Raum unter der Bühne gibt, könnte auch etwas dran sein.

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Daniel Drepper vom Rechercheverbund aus SZ, NDR und WDR erklärt hier in bemerkenswerter Geduld noch einmal (nicht nur) den rechten Kulturkämpfern den Unterschied zwischen Strafrecht und Journalismus:

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Und?

Es gibt Leute die lieben Sex außerhalb des Schlafzimmers.

Ganz unmoralisch und verwerflich alle zusammen. Muss man sicher alle vor Gericht stellen und den Ruf zerstören.

Interessanter Satz aus deinem Artikel:

"Keine der Frauen, mit denen die „Zeit“ sprach, habe selbst Sex mit Till Lindemann gehabt, heißt es weiter. "

Kannst Du das näher erläutern? Ich vermute, er hat als erfolgreicher Musiker eine gewisse Verhandlungsmacht seiner Plattenfirma gegenüber. Aber welche Macht hat er über erwachsene Konzertbesucher (abgesehen vom Hausrecht)?

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Das finde ich ein sehr spannend. Denn der Begriff Machtmissbrauch wird zwar ständig zitiert, aber eigentlich nie definiert. Und ich werde den Verdacht nicht los, dass es neben wirklich übergriffigen Situationen - wo also einer der Menschen wirklich Macht über den anderen ausüben kann, beispielsweise im Arbeitsverhältnis - auch nicht wenige gibt, in denen letztlich einfach sexuelle Anziehung eine Rolle spielte. Wenn ein Mensch auf den anderen „steht“ und deswegen Dinge tut, die wir von außen für Quatsch halten, dann kann man das schlecht dem Menschen vorwerfen, der beispielsweise aufgrund seiner Rolle als Rockstar als besonders attraktiv empfunden wird.

Andersrum gewendet: Menschen, die aufgrund sexueller Anziehung freiwillig (!) Dinge tun, deretwegen sie sich später über sich selbst ärgern oder sich schämen, sollten das doch mit sich ausmachen und nicht dem anderen vorwerfen. Oder übersehe ich was?

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