Corona: Ende der Beschränkungen für Geimpfte etc?

Es ist aber schon ein Unterschied, ob immerhin nur ein kleiner Teil der Leute die Regeln unterlaufen weil sie nicht scharf kontrolliert werden (können), oder ob vor allem das Verbot privater Feiern und frei zugänglicher Veranstaltungen praktisch nicht mehr durchzuhalten ist, weil sehr viele Leute sich als immun ausgeben können und behördliche und soziale Kontrolle praktisch aussichtslos wird.

Genau so würde eine nächtliche Ausgangssperre nicht mehr wirken, weil sich viele Ungeimpfte ganz einfach unter die Geimpften mischen können und die Kontrolle wegen der Menge nicht mehr machbar wäre, ebenso Bewegungsradius usw.

Daher meine ich es wäre ein Dammbruch, der uns noch weiter zurückwirft als wir jemals zurück waren.

Ja, das ist es definitiv. Wenn aber alle Risikogruppen, die geimpft werden können, geimpft sind, kann man aus meiner Sicht dieses Argument nicht mehr bringen. Und genau dieses Argument hat damals auch die Menschen motiviert die Regelungen einzuhalten, bzw. sich aus Rücksicht anderer zurück zu nehmen. Und für die, die darunter leiden, aber es für den „Gemeinwohl“ akzeptieren, wäre es dann ein Schlag ins Gesicht. Deswegen bin ich dafür, die derzeitigen Regelungen beizubehalten bis es die allgemeine epidemiologische Lage zulässt. Man darf nicht vergessen, dass es immer die Gefahr gibt, dass das Virus mutiert, und die Impfung dagegen dann nicht mehr wirkt. Dann muss man wieder von vorne beginnen. Und mutieren kann es ja auch in Deutschland…

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Wenn wir über „Privilegien“ für geimpfte Sprechen wird eine Gruppe dabei immer vergessen: Kinder & Jugendliche. Es wurden noch keine Impfstoffstudien für Kinder durchgeführt (also der Impfstoff ist für Kinder & Jugendliche noch nicht zugelassen). In diesem Jahr sind solche, nach derzeitigen Stand, auch nicht mehr geplant.

Zugespitzt formuliert: Auf der einen Seite spricht man über die Rücknahme von Grundrechtseinschränkungen oder Beschränkungen für geimpfte also bspw. Kino oder Konzertbesuche, Kontaktbeschränkungen (ja wow Disney wird sich freuen wenn die Generation 60+ wieder ins Kino darf, aber Kinder nicht), Schulen (Recht auf Bildung?) sollen aber bitte solange zu bleiben bzw. im Distanzunterricht bleiben?

Damit werden nicht nur Kinder ausgeschlossen, sondern auch deren, (vielleicht schon) geimpfte Eltern.

Man geht mit 5 Freunden in ein Gaststätte, 1 davon hat einen Impftermin erst in 3 Monaten. Also muss er draussen bleiben, während die anderen rein können und sich einen schönen Abend machen.

Die gleichen Freunde wollen einen Blockbuster sehen. Der eine kann den Film nicht ansehen.

Der erste Satz bei Wiki zu Privileg lautet: „Ein Privileg (Plural Privilegien, von lateinisch privilegium „Ausnahmegesetz, Vorrecht“) ist ein Vorrecht, das einer einzelnen Person oder einer Personengruppe zugeteilt wird.“ Ist es also nicht das Vorrecht der Geimpften, in Gaststätten zu gehen? Ins Kino?

Nein, weil es normal ist das zu dürfen. Normalität ist kein Privileg, sondern eben das: Normalität.

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Das kann ich durchaus Unterschreiben, denn hätte man im von November bis Weihnachten gleich einen „Frühjahrslockdown“ gemacht hätte man vermutlich eine andere Situation. Die Zustimmung der Bevölkderung wäre laut Umfragen vorhanden gewesen.

Die Frage die sich hier aber anschließt (und imo die gesamte Diskussion zusammenfasst) ist, wie sich Normalität definiert.
Auf welchen Zeithorizont bezieht man sich wenn man von ‚normal‘ redet?

Einerseits kann ich verstehen bzw. ertappe mich selbst dabei die momentane Situation inklusive Corona Beschränkungen als normal zu empfinden (z.B. Entsetzen wenn in einem Film eine volle Bar zu sehen ist)
Hier wäre also die Normalität aus einer kurzfristigen Perspektive abgeleitet und dem folgend eine Erleichterung für Teilgruppen ein Privileg.

Andererseits verstehe ich auch dein Argument, dass Normalität sich auf einen mittelfristigen Zeitraum bezieht. Dann ist jede Erleichterung von Einschränkung eine kleiner Schritt in die Rückkehr zur Normalität und kein Privileg.

Wieder Andere haben noch längere Referenzhorizonte und würden beispielsweise die Nutzung des Internets als Privileg bezeichnen (oder überzeichnetes Extrembeispiel: Normalität in der DDR vs ‚Privilegien‘ in der BRD)

Die Frage ob eine Erleichterungen als Privileg empfunden wird, hängt also entscheidend von dem ab, was derjenige als normal definiert/empfindet.

Wie gesagt, kann @Korbelix nur zustimmen und empfinde die Diskussion um den Begriff vor allem müßig und zunehmend mühsam:

  • Die einen empfinden die aktuelle Situation als ihre „neue Normalität“. Dann empfinden sie die Aufhebung von Einschränkungen für Einzelne als „Privilegien“.
  • Die anderen empfinden das „frühere Normal“ als normal. Dann empfinden sie die Aufhebung von Einschränkungen für Einzelne als völlig normal. Ich verstehe, dass Du als Jurist, der sich zudem sehr für Grund- und Menschenrechten engagiert, so empfindest und argumentierst. Das ist in Ordnung.

Wie bringt uns die eher akademische Diskussion über Begrifflichkeiten irgendwie weiter?

Es ging mir vielmehr um die Frage, ob man das zu diesem Zeitpunkt überhaupt diskutieren sollte (oder ob das der Disziplin zur Einhaltung der Regeln abträglich ist). Die Diskussion hier hat mir gezeigt: Ja, sollte man (immer mit der Betonen: Zur Zeit kommt das überhaupt nicht in Frage, weil [ihr wisst schon]).

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Ich denke nicht, dass die Diskussion rein akademisch ist - warum haben wir ja in der 225 besprochen: Der Rechtfertigung bedürfen die Einschränkungen, nicht deren Aufhebung. „Privilegien“ impliziert hingegen, dass eine vermeintliche Besserstellung der Rechtfertigung bedürfte. Daher haben wir so viel Zeit auf die Korrektur dieses Framings verwandt.

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Ein wenig Off-Topic, aber dass ihr euch wundert, dass „diesmal“ ihr für jemanden nicht „links genug“ seid… das zeigt eigentlich schön, in welcher Bubble ihr euch befindet. Für Linke wart ihr nie links, sondern schon immer bürgerlich neoliberal, das war schon immer einer der großen Kritikpunkte gegen euren Podcast

Ich wusste nicht, dass man so extrem links sein kann, dass man selbst die Lage für „neoliberal“ hält, obwohl wir seit fünf Jahren nun wirklich so ziemlich alles kritisieren, was man sonst so als neoliberal bezeichnet … aber klar, der Begriff ist halt nicht klar klar definiert.

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… vielleicht gibt es ja für Menschen mit Einstellungen wie Dich „bessere“ Podcasts …

Die Diskussion ist vielleicht nicht rein akademisch aber geht schon sehr stark in Richtung Wunschdenken. Wir alle wünschen uns etwas Normalität aber die Art wie das im Podcast diskutiert wurde erinnerte mich doch ein wenig an den Witz mit dem Physiker und dem Bauern dessen Huhn keine Eier mehr legt. „Ich habe eine Lösung aber es funktioniert aber nur mit einem kugeförmigen Huhn im Vakuum bei Schwerelosigkeit.“

Wenn:

  • der Impfplan eingehalten werden kann (keine unerwarteten Verzögerungen eintreten)
  • der Impfstoff vor Ansteckung schützt
  • wir innerhalb von wenigen Monaten eine Möglichkeit finden, datenschutzkonform personalisierte Patientendaten lückenlos nachzuweisen und der Nachweis trotzdem auf Freiwilligkeit basiert
  • sich bis dahin keine Variante ausbreitet die erforderlich macht die eine erneute Boosterimpfung notwendig macht
  • man eine Lösung findet die juristisch wasserdicht ist und nicht vom nächsten Gericht sofort wieder gekippt wird
  • wir eine Möglichkeit finden „vulnerable Gruppen“ zu schützen die sich nicht impfen lassen KÖNNEN, nicht wollen

DANN wird diese Debatte realistisch. Und dann schlagen wir uns sofort mit Fragen herum wie:

  • nur geimpfte oder auch Leute die die Infektion durchgemacht haben?
  • wer schreibt diese Nachweise, sicherlich nicht Angehörige de überlasteten Gesundheitssystems?
  • wie kommen die zuständigen Stellen an die entsprechenden Daten?
  • wie macht man diese Nachweise fälschungssicher?
  • wer kontrolliert das denn bitte, wenn jeder angeschlagene Betrieb beide Augen zudrücken wollen?
  • …und sicherlich habe ich vieles vergessen

Mit allen diesen Unsicherheiten ist es tatsächlich eine rein akademische Debatte, weil sie an der Realität vorbei geht. Hoffnung ist nett, aber diese Alternative erfüllt alle Voraussetzungen für eine Scheinlösung, die gut klingt aber völlig undurchführbar ist. Und ohne orakeln zu wollen - ich denke leider nach den Erfahrungen des letzten Jahres, dass es undurchführbare Pläne vage Pläne geben wird, bis es am Ende ein mehr oder weniger unkontrolliertes Nachgeben aus der Politik und eine massive dritte Welle geben wird. Infolgedessen wieder halbherzige Maßnahmen und das ganze Spiel von vorn bis wirklich durchgeimpft wurde.

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Ich glaube der erste Punkt ist eigentlich die zentrale Frage. Können wir Einschränkungen überhaupt nocht rechtfertigen, wenn allen Risikogruppen ein Impfangebot gemacht wurde?
Ad-hoc würde ich sagen nein. Rechtfertigungsgrund ist ja zum einen die Überlastung des Gesundheitssystems zu verhindern, zum anderen eine Übertragung in die Risikogruppen zu verhindern. Punkt 2 fällt meines Erachtens im Falle einer Impfung aus. Punkt 1 ist sicher möglich, müsste man aber durchrechnen. Zwar sind es statistisch weniger „wirklich“ Kranke, aber die bloße Masse darf man nicht vergessen. Da bin ich aber gerade mit den Zahlen nicht up to date.

Im Fall einer sterilisierenden Impfung, stimm ich den Argumenten aus dem letzten Podcast zu. Die Rechtfertigungsargumente sind für Beschränkungen von Geimpften sind etwas difus und nicht wirklich durchschlagend.

Ich würde aber sagen, dass bei der jetzigen Impfpriorisierung ein gewichtiger Punkt unterschlagen wird, nämlich ein ausgleichungsbedürftiges Sonderopfer der Jüngeren. Da diese Gruppe wohl am längsten unter Einschränkungen zu leiden hat, ist es meiner Ansicht nach verfassungsrechtlich geboten, diese Gruppe zu entschädigen, wenn in irgendeiner Form Lockerung für Geimpfte kommen. Diese Gruppe kann nichts für ihren aktuellen Status. Wenn man diese Gruppe aber zurücksetzt ( was man hätte nicht machen müssen; ein anderer Impflan wäre möglich gewesen, etwa erst alle „beweglichen Gruppen“ impfen), muss das gerechtfertigt werden. Das ist bei der Gesamtlage wohl aber nur noch mit einer Kompensation möglich. Ich glaube auch nicht, dass die Möglichkeit eines Schnellstests, ausreicht, da der ja schließlich keine Erkrankung verhindern kann.
Das hätte übrigens wohl auch den Nebeneffekt, dass ein Anreizsystem besteht sich weiterhin zu „isolieren“ und nicht großartig Leute zu treffen.

Wenn man jetzt noch in Utopien weiter denken möchte, könnte man natürlich auch zur Finanzierung des Ganzen eine Sondervermögensabgabe in Erwägung ziehen, nämlich von Leuten die früher geimpft wurden. Das ist jetzt aber etwas off-topic.

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Drosten hat das heute im Corona Update ganz schön formuliert: Wenn die Fallzahlen hoch genug steigen dass Leute in der Altersgruppe 40-60 sehen was es wirklich heißt wenn tausende aus ihrer Altersgruppe schwere Verläufe haben ist das nicht nur ein extremes Problem für das Gesundheitssystem sondern ruft auch Angst hervor.

Und Angst ist sehr schädlich - sowohl für die Wirtschaft als auch für das Privatleben. Scheinbar hat das einen deutlich größeren Effekt auf die Wirtschaft als die Maßnahmen die gegen das Virus getroffen werden. Ich würde das Skript auch verlinken aber noch ist es nicht verfügbar… :wink:

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Ein Aspekt der bei unterschiedlicher Behandlung von Geimpften und Nichtgeimpften bedenkenswert wäre, ist wie man die Impfreihenfolge durch „Reichtum“ aushebeln kann.

Impfurlaub in Dubai

Wenn einem das Krankenhaus gehört

Hallo zusammen,

wahrscheinlich stehe ich bei dem Thema komplett auf der Leitung, aber mir stellt sich bei dem Thema eine generelle Verständnisfrage:

Sobald jeder von uns die Gelegenheit hatte, sich impfen zu lassen, wieso können wir dann nicht gleich ganz aufmachen? Auf wen warten wir denn dann noch? Schliesslich hatte dann ja jeder die Möglichkeit, sich mittels Impfung zu schützen, und wenn er/sie dann krank wird, hat er/sie das selbst zu verantworten. Schliesslich lassen wir ja auch nicht nur diejenigen Leute in unsere Wälder, die Zeckenschutz-geimpft sind…Ein bisschen Eigenverantwortung muss schon erlaubt sein. Das Ganze erinnert mich etwas an Helikoptereltern.

Nur um eines klarzustellen: Natürlich muss jeder Erkrankte dann behandelt werden (so wie wir es ja auch mit Rauchern, Alkoholfahrern etc. tun), aber der Rest kann ganz normal weiterleben. Wir werden das Virus (ähnlich wie die Grippe) nie ganz ausrotten können, wer das glaubt ist m.E. ein Utopist.

Somit erübrigt sich für mich auch die ganze Diskussion „Impfprivilegien“.

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Es geht nicht darum ob man lockert wenn alle die Möglichkeit hatten sich impfen zu lassen, denn das wird, zumindest derzeit vermutet falls sich das Tempo bei den Impfungen nicht sehr beschleunigt, noch Monate dauern. Es geht darum denen, die bereits geimpft sind, wieder Möglichkeiten des normalen Lebens vor Covid-19 Lockdown zu ermöglichen. Oder eben nicht.

Die beste Schutzquote eines Impfstoffs liegt derzeit bei um die 90%. D.h. 10% können sich auch wieder anstecken, also zu verallgemeinern man wäre dann „selbst schuld“ ist wohl ein wenig polemisch.

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Ergänzend zum Post von @WilliWuff

Könnten wir schon. Andererseits können sich (bisher) nicht alle impfen lassen. Die Impfunfähigen einem erhöhten Risiko durch Impfverweigerer auszusetzen, wäre extrem unfair. Und je nachdem wie groß die Gruppe der Ungeimpften (also im schlechtesten Fall alle unter 18, Schwangere, Stillende, Impfverweigerer usw.) am „Ende der Durchimpfung“ sein wird, könnte das immer noch ein Problem für das Gesundheitssystem darstellen oder dem Virus mehr Raum für Mutationen bieten. Wie groß die Gruppe der Impfunfähigen ist, hängt mitunter von dem Tempo der Weiterentwicklung und Zulassungserweiterung der Impfstoffe ab. Da liegt aber noch kein großer Fokus drauf, glaube ich.