Bitte um Überzeugung zur Impfung

Guten Tag,

ich bin ungeimpft und würde mich freuen, wenn man mich aus medizinischer Sicht und nur aus medizinischer Sicht überzeugen kann mich impfen zu lassen.
Dies ist bisher noch nicht erfolgt. Weder mein Nachbar, der Oberarzt am Stadtklinikum ist, noch mein guter Freund, der als Wissenschaftler und Dozent an der Charité arbeitet, noch mein Hausarzt konnten mir eine Impfung aus medizinischer Sicht empfehlen. Hierbei war die Kernaussagen jeweils in etwa: „Das muss jeder für sich selbst entscheiden und was langfristige Folgen angeht, kann keiner von uns eine qualifizierte Aussage treffen, daher trägt auch jeder das Risiko selbst. Wir haben uns auf das Risiko eingelassen, weil wir es beruflich mussten.“ Mein Hausarzt hat sogar aufgezeigt, dass geimpfte Patienten nun deutlich vermehrt mit auffällig intensiven Erkältungskrankheiten in seine Praxis kommen, die in den Vorjahren selten solche Beschwerden und insbesondere in dieser Intensität hatten.

Nun ist mein Risiko (28 Jahre, BMI: 23.7, sehr sportlich, starkes Immunsystem) eines schweren Verlaufs ähnlich verschwindend gering, wie bisher bekannte Komplikationen/Folgen der Impfung.

Grund meiner Skepsis sind folgende Punkte:

[… bitte keine Desinformation posten! … ]

Keine Argumente sind für mich:

  • Dass ich dann wieder in Bars/Restaurants/Cafés/Indoor-Sport und sonstige Einrichtungen gehen darf. Auch wenn ich sehr gerne wieder am gesellschaftlichen Leben teilnehmen würde und mir mein Sport fehlt, möchte ich mir meine Freiheiten nicht „erimpfen“.

  • Mit dem Argument der Solidarität habe ich so meine Schwierigkeiten: Ich trage schließlich das größere Risiko mich zu infizieren. Geimpfte sind ja weitestgehend vor mir geschützt.

Ich würde mich sehr freuen, wenn hier lediglich aus medizinischen Gesichtspunkten argumentiert wird, sodass ich die Überzeugung gewinne, die mir aktuell fehlt, um mich impfen zu lassen.

Vorab herzlichen Dank!

P.S.:
Abschließend noch eine paar Aussagen über mich, die hoffentlich eine ausschließlich rationale und sachliche Konversation ermöglichen:

  • Ich bin im Allgemeinen ein Befürworter von Impfungen, denn sie haben die Menschheit soweit gebracht, wie sie nun ist.
  • Nein, ich bin nicht rechtsradikal.
  • Nein, ich bin nicht linksradikal.
  • Nein, ich bin kein Verschwörungstheoretiker, Schwurbler oder waus auch immer der aktuelle Modebegriff ist, der versucht Menschen in eine Ecke zu drängen;
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Hallo @Lothar. Ich würde es gern mal versuchen und mich freuen, wenn es in irgendeiner Form hilfreich ist. Es wird wahrscheinlich ein langer Text, aber vielleicht findet sich noch jemand anders, dem diese Info’s helfen könnten.

Kurz und knapp vorweg: Auch für dich persönlich ist die Impfung mit weniger Risiken verbunden als eine Infektion als Ungeimpfter. Damit klar wird wieso, erkläre ich erstmal die Grundzüge des Immunsystems und komme dann zur Impfung (ich markiere das mal, damit du zu Impfungen und Nebenwirkungen springen kannst wenn das mit dem Immunsystem eh klar ist):

Unser Immunsystem besteht aus grob zwei Teilen: Angeboren und Erlernt. Der angeborene Teil reagiert auf relativ grobe Signale wie zum Beispiel Bestandteile von Bakterien und schlägt dann mit der Holzhammermethode zu um diese Bedrohungen auszuschalten. Zum Arsenal gehört z.B. das Produzieren von tonnenweise Schleim, ein allgemeines Krankheitsgefühl und die Erhöhung der Körpertemperatur sowie einige chemische Waffen unseres Immunsystems. Das alles passiert extrem schnell. Die Rötung und Schwellung bei einem kleinen Kratzer zum Beispiel: chemische Waffen des angeborenen Immunsystems. Manchmal reicht diese Holzhammermethode schon aus, bei vielen Infektionen braucht es allerdings Präzisionswaffen. Dafür gibt es die erlernte Immunantwort und dort setzt auch die Impfung an.

Die erlernte Immunantwort wird passgenau auf jeden einzelnen Angreifer zugeschnitten. Das Prinzip ist: Stücke vom Erreger (z.B. Virus) zurechtschneiden, diese als Trainingsgeräte benutzen und damit immer und immer bessere Waffen (hauptsächlich Antikörper und T-Zellen) zu produzieren, die man dann gegen das Virus werfen kann. Und hier kommt der Knackpunkt: Am Anfang sind die Antikörper und T-Zellen richtig schlecht (Prototypen) und werden erst mit der Zeit und längerem Training immer und immer besser. Wir reden da zeitlich von mehreren Tagen bis wenigen Wochen, bis etwas Vernünftiges dabei raus kommt. Vielleicht kennst du die typische Formel „kommt drei Tage, bleibt drei Tage, geht drei Tage“ für Erkältungen? Das ist die Zeit die das Immunsystem braucht - sobald das Immunsystem was wirksames gefunden hat macht es normalerweise kurzen Prozess mit dem Erreger.

Dabei ist wichtig, ob der Rest des Immunsystems das Virus so lange in Schach halten kann, bis das passiert. Manchmal klappt das gut und manchmal nicht so richtig. Im letzteren Fall haut uns so richtig um und wir liegen Tage und wochenlang flach (wir kennen alle die milden und heftigen Erkältungen…). Und je nach Virus kann es so richtig gefährlich werden, denn unser Immunsystem kann es auch durchaus mal übertreiben (extremes Fieber, Autoimmunreaktionen etc.). Das sieht man zurzeit auch auf Covid-Intensivstationen - die meisten Medikamente die den Patienten helfen richten sich nämlich gegen diese zu starke Immunantwort und versuchen sie etwas zu dämpfen.

Das coole an der erlernten Immunantwort ist aber dass eine Weile lang ein Gedächtnis aufgebaut wird - frei nach dem Motto: Oha den Erreger gibts hier, macht Sinn sich den mal zu merken und passende Waffen parat zu haben. Kommt er wieder, wird er erkannt und gekillt - oftmals merken wir solche Infektionen dann nicht einmal. Das Gedächtnis verliert man nach einiger Zeit wenn man keinen Kontakt zum Erreger hatte. Interessanter Weise ist das einer der Gründe für diesen Effekt, den du angesprochen hast:

Wir haben durch die Masken und anderen Maßnahmen nämlich zwei Jahre fast keine Erkältungviren eingefangen und unsere Immunsysteme wissen damit gerade nicht mehr so viel anzufangen. Wo wir jetzt volle Kanne in die Erkältungssaison gelockert haben, haben wir viele Menschen, denen sogar „einfache“ Erkältungen wieder richtige Probleme bereiten. Bei Corona ist es quasi dasselbe Prinzip nur deutlich extremer weil der Großteil der Bevölkerung noch gar keinen Kontakt mit diesem Erreger hatte und vollkommen von Vorn anfangen muss sinnvolle Waffen zu produzieren und dieses Virus uns außerdem scheinbar auch generell mehr gesundheitliche Probleme bereitet.

Die Impfung funktioniert nun so, dass wir die ideal zurechtgeschnittenen Stückchen des Erregers als Vorlage für die Produktion von T-Zellen und Antikörpern in kontrollierter Menge in den Körper geben. Das hat unglaubliche Vorteile: 1. Wir können die Menge bestimmen und die ideale Balance zwischen Wirksamkeit und Überreaktionen unseres Immunsystems finden. 2. Was wir da spritzen vermehrt sich auch nicht - es gibt also eine kontrollierte Reaktion und dann wird alles vom Immunsystem weggeräumt. 3. Wenn wir dann der „echten“ Krankheit begegnen, haben wir von vornherein Waffen und können von Anfang an den Erreger effektiv bekämpfen.

Die seltenen Nebenwirkungen, die wir sehen haben alle mit einer zu starken Immunantwort zu tun. Menschen sind eben sehr verschieden, da kann die Dosis noch so gut bemessen worden sein… In ganz seltenen Fällen reagiert das Immunsystem nämlich sogar dann über, wenn nichtmal ein richtiger Virus da ist. Aber alle, wirklich alle Nebenwirkungen, die die Impfung in seltenen Fällen haben kann, sind auch mögliche Nebenwirkungen der Infektion, bei der Infektion sind sie nur deutlich häufiger und deutlich schwerer. Da fällt nämlich (notgedrungen) die Immunreaktion oft deutlich heftiger und unkontrollierter aus. Und aus diesem simplen Grund ist die Impfung definitiv besser als die Infektion.

Um ganz fair zu sein: Die Abschätzung war Anfang des Jahres noch etwas anders, weil man noch hoffte, das Virus vielleicht ausrotten zu können. Dann hätte das sehr geringe Risiko von Impfnebenwirkung bei (fast) 100% Bevölkerung dem hohen Risiko von wenigen Prozent Infizierter in der Bevölkerung gegenüber gestanden. Dann war zwar immer noch für die meisten Personen der Nutzen der Impfung deutlich höher als das Risiko, aber es war bei jüngeren Personen noch nicht soooo deutlich. Inzwischen wissen wir aber, dass jeder diese Infektion irgendwann bekommen wird, daher ist jetzt die Empfehlung absolut deutlich: Impfen ist besser.

Und um es halbwegs komplett zu machen: „Durchbruchsinfektionen“ entstehen immer dann wenn der Vorteil den wir durch ein trainiertes Immunsystem haben trotzdem nicht ausreicht um das Virus in Schach zu halten. Das passiert z.B. wenn Menschen kein sonderlich gutes Immunsystem haben oder der Kontakt mit einem Erreger schon sehr lange her ist oder wenn jemand eine sehr hohe Viruslast abbekommt. Aber das heißt nicht, dass die Impfung umsonst war. Von Anfang an stehen mehr und bessere Waffen zur Verfügung um die Krankheit effektiv zu bekämpfen. Die Krankheit ist kürzer und weniger schwer. Wenn jemand trotz diesen Vorteilen im Krankenhaus landet, wäre diese Person ohne den Impfschutz deutlich schlimmer dran gewesen und mit einiger Wahrscheinlichkeit sogar gestorben.

Iich hoffe es hilft vielleicht ein bisschen… Viele Grüße! :wink:
Kenny

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Dazu möchte ich kurz was sagen, auch wenn es nicht medizinisch ist:
Das Solidaritätsargument zielt nicht in erster Linie auf Menschen deines Schlages ab, mit denen man solidarisch sein soll (sie haben ja nur ein verschwindend geringes Risiko, eine schwere Erkrankung zu bekommen, wenn sie selbst geimpft sind). Es geht vor allem um Menschen, die ein schwaches Immunsystem haben (ob nun durch Krankheit, Alter oder etwa Krebstherapie) und bei denen deshalb das Risiko größer ist, dass sie einen schweren Verlauf haben, obwohl sie geimpft sind.
Diese werden je nach eigener Risikofreude wohl den ganzen Winter über (oder noch länger) persönliche Schutzmaßnahmen treffen. Wenn sie nun nur Geimpfte (am besten 3-fach, weil die Wirkung wie von @Kenny beschrieben nach nur zwei Impfungen wohl nach ca. 5 Monaten nachlässt) treffen, ist ihr Risiko, sich anzustecken, kleiner.
Es ist leider sehr wahrscheinlich, dass auch diese Menschen sich irgendwann anstecken. Je mehr Menschen um sie rum aber geimpft sind, desto mehr dieser Vulnerablen werden sich eher später anstecken und haben bis dahin hoffentlich noch ein schönes Leben.

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@vieuxrenard Ich finde es in diesem Fall schade, dass Lothars Argumente zensiert wurden.

Ja, wenn es sich um „falsche Fakten“ gehandelt hatte, dann muss sich ein Forenbetreiber die Frage stellen, ob er sich zum Mittel der Verbreitung „alternativer Fakten“ machen möchte. Das ist legitim.

Andererseits: Mit Lothar haben wir es höchstwahrscheinlich mit einem Menschen zu tun, der ehrlich darum bittet, ihn vom Impfen zu überzeugen. Offenbar sagt ihm seine Intuition, dass seine Argumente gegen Impfen nicht richtig sind.

Mit der Zensur haben wir jetzt keine Möglichkeit mehr, Lothar aufzuzeigen, wo der Fehler in seiner Argumentation ist.

Oder unterstellt ihr eine Finte, mit der „alternative Fakten“ zum Impfen auch in diesem Forum verbreitet werden sollen?

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Diese Annahme ist falsch. So haben wir in der Alterskohorte 20 bis 29 Jahre bisher über 100 COVID19-Tote - und das ist nur die Spitze des Eisbergs von schweren Krankheitsverläufen mit zum Teil lebenslang bleibenden Schäden.
Bei den noch in Verwendung befindlichen Impfstoffen haben wir bezogen auf die ganze Bevölkerung nicht diese Zahl an Todesfällen, bei denen ein Zusammenhang mit der Impfung als wahrscheinlich angenommen werden muss.

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nein, er hat eine lange Liste von wegen Fake News gesperrten Postings.

Bingo, wobei wir das nicht unterstellen, sondern wissen (aufgrund seiner Geschichte hier).

Zensur

das weißt du besser :wink:

Abgesehen davon: Fake News finden bei uns nicht statt, es sei denn in so homöopathischer Dosis, dass wir davon ausgehen können, dass sie nicht schaden, sondern rechtzeitig und klar genug widerlegt werden.

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Selbst wenn du dich mit dem als „riskanteren“ Impfstoff Vaxzevria von AstraZeneca impfen lassen würdest, ist das Risiko einer (behandelbaren!) Nebenwirkung des Impfstoffs in deiner Altersgruppe statistisch geringer, als bei der bald vorherrschenden Infektionsrate/Inzidenz auf der Intensivstation zu landen:

Wenn das mit den Infektionen so weiter geht wie bisher, und die Inzidenz weiter steigt, steigt auch das Risiko an, während das der Impfung natürlich gleich bleibt:

Klar kannst du Glück haben, dass du nicht einer der 6 Fälle bist. Klar kannst du Pech haben und eine der seltenen Nebenwirkungen haben. Nur: infizieren wirst du dich früher oder später sowieso, sodass die Wahrscheinlichkeit, einer der 6 zu sein, steigt*. Und: das sind nur Einweisungen auf die Intensivstation und selbst für diesen Extremfall sieht die Bilanz gut für den Impfstoff aus.

Nun ist aber eine Covid-Infektion auch ohne Intensivstation nicht immer folgenlos, Stichwort LongCovid. Ob das dich trifft oder nicht, kannst du nicht wissen. Vielleicht hast du Glück und eine Infektion hat keine Auswirkungen, vielleicht nicht. Schauen wir also auf die Grafik für verhinderte Einweisungen ins Krankenhaus (nicht Intensivstation) vs. Nebenwirkungen an:

Hier ist der Vorteil der Impfung noch deutlicher. Auch hier wieder erst mit einer Inzidenz von 401. Bei einer höheren sieht es so aus:

Allein die Zahlen sprechen also schon dafür, sich impfen zu lassen.

Diese Statistiken stammen aus April 2021 und betreffen Vaxzevria. In deinem Alter bekämst du in Deutschland Comirnaty von Biontech, dafür gibt es diese schöne Darstellung nicht, nur nackte Zahlen. Die Nebenwirkungen dort sind aber noch geringer als bei Vaxzevria, sodass die Gegenüberstellung eher besser ausfällt.

*Das Risiko steigt auch deshalb, weil du dich ohne Impfung infizieren wirst, da führt kein Weg dran vorbei.

Quelle für alle Grafiken:

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Ich glaube die vorherige Antwort ist super und erklärt die Grundlagen ganz schön!
Beim lesen der Frage hab ich mich folgendes gefragt:
Was hat dich bei früheren Impfungen überzeugt, da du ja nicht generell impfkritisch bist, nehme ich an du hast Grundimmunisierung und Standard-Auffrischung (z.B. Tetanus)?
All diese Impfstoffe sind ja ebenfalls von den Zulassungsbehörden ausführlich geprüft und von der STIKO empfohlen, ein besseres Gütesiegel bekommt man wahrscheinlich nicht.
Statt einen Grund zu suchen weswegen du dich impfen lassen solltest, Frage ich mich, ob es nicht viel mehr einen geben müsste, weswegen du es nicht tust?

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Ich denke Sie unterschätzen ihr persönliches Risiko bzgl. einer schweren Erkrankung.

Eine Auswertung der ersten COVID Welle kommt zu dem Ergebnis, dass 5% der erfassten Infizierten in der Altersgruppe der 20-39 jährigen einen schweren Verlauf (Einweisung ins Krankenhaus) durchleben mussten (Seite 45).

Mit der Delta Variante wird diese Zahl vermutlich nochmal etwas höher liegen.

5 Prozent klingen erstmal wenig, aber erlauben Sie mir folgenden Vergleich: die Wahrscheinlichkeit, zweimal hintereinander dieselbe [EDIT: eine bestimmte] Augenzahl zu würfeln liegt bei ca. 2.5%, also ziemlich genau der Hälfte. Es ist also unwahrscheinlich, aber kommt schonmal vor.

Diese Überlegung war jedenfalls für mich der Grund, mich damals so schnell wie möglich impfen zu lassen und mir auch jetzt den Booster zu holen: mit meinem Leben spiel ich nicht, und die risikoärmere Strategie ist die, sich impfen zu lassen. Leider lässt uns das Leben gerade keine dritte Option, es ist entweder Infektion oder Impfung.

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Ich bin Deiner Meinung. Eine Lösung wäre, das eben einzuordnen mit der Sandwich-Taktik, so wie das auch mit Fake News, über die seriöse Medien berichten wollen, geschehen sollte: über und unter dem entsprechenden Text einen Hinweis darauf, das hier Fehlinformationen wiedergegeben werden, und wie es wirklich ist, und den eigentlichen Text mit

Ausblenden-Tags

unsichtbar machen.

Das macht natürlich fürs Moderationsteam ein Stück mehr Arbeit als das einfach zu löschen und ich kann verstehen, wenn die Kosten-Nutzen-Rechnung bei denen anders ausfällt…

Edit: Mein Post wurde erst genehmigt, nachdem Ulf die Posting-Geschichte von Lothar aufgezeigt hatte. Dass das da natürlich etwas anders aussieht, ist klar.

Das ist ja gerade das Problem, und ich möchte gerne TRqs Post noch etwas ergänzen: Wenn sich zu viele von den theoretisch weniger Gefährdeten (dass es so einfach nicht ist, hat Guenter ja schon klargestellt; siehe dazu auch der Anfangspost in diesem Thread: Corona aus ärztlicher Sicht) sich so verhalten, ist es sehr unwahrscheinlich, dass das exponentielle Wachstum eingedämmt werden kann. Und auch wenn Du selbst vielleicht keinen aktiven Kontakt zu Menschen hast, die sich nicht impfen lassen können (Kinder, Immunsuprimierte), oder bei denen der Impfschutz schneller wieder nachlässt als bei anderen (ältere Menschen und solche mit Vorerkrankungen), so könnten andere, die aus Deiner jungen, sportlichen peer group kommen, sich ebenso verhalten und es eben doch tun. Und kannst Du vorhersehen, hinter wem Du in der Schlange im Supermarkt stehst?

Darüber hinaus ist eben selbst bei Geimpften ist der Impfschutz nicht 100%ig, wie ja ausführlich diskutiert wird, also sind wir eben auch vor Dir nicht 100%ig geschützt, wenn (nicht falls) Du Dich dann mal infizierst. Aber das ist eben die Lochkäse-Taktik: Je mehr Leute geimpft sind, desto geringer ist auch die Chance für Impfdurchbrüche, weil einfach weniger Chancen da sind, sich zu infizieren. Du bringst eben doch auch Geimpfte in potenzielle Gefahr, daher hoffe ich, dass Du einsiehst, dass das Solidaritätsargument auch hier zieht.

Vorab: ich bin kein Mediziner und habe mir vieles in den letzten Wochen zusammengelesen. Aber eine Sache, die ich in letzter Zeit gelernt habe, ist dass wie @Kenny in der wunderbaren Antwort beschreibt, und die ich hervorheben möchte: oft ist dein eigenes Immunsystem dein ärgster Feind. Wenn du also schreibst, dass du 28 bist und sportlich und jung, dann könnte genau das dein Problem werden (Mediziner, correct me if I’m wrong).

Das zweite ist, dass wir alle dem Irrglauben unterliegen, dass jede überstandene Virusinfektion uns stärker macht. Das gilt nicht für alle Viren. Masernviren bleiben im System und können (in seltenen Fällen) eine Enzephalitis auslösen, die 100% tötlich ist. Windpocken bleiben im System und können später die Gürtelrose auslösen.
Dieser Podcast ist sehr zu empfehlen: Klub Pandemia. Ein Satz, der mir immer im Gedächtnis geblieben ist, von Kai Kupferschmidt ist: Wenn die Leute Angst davor haben, dass die Impfung die DNA ändert, was denken die Leute denn eigentlich, dass das Virus macht.

Drittens ist für mich persönlich das Argument für die Solidarität schlicht die Vorstellung, dass wenn ich im Krankenhaus lande, ich mir nicht vorwerfen will, dass ich es vermeiden hätte können. Wenn ich trotz Impfung tatsächlich im Krankenhaus landen würde, dann möchte ich dem überarbeiteten Personal sagen können: Leute, ich hatte Pech, ich hab es versucht, danke dass ihr mir helft. Ich möchte nicht sagen müssen: ich dachte es besser als Experten zu wissen und jetzt müsst ihr super hart an mir arbeiten. Aber tough shit, das ist schließlich euer Job. Das wäre mir persönlich einfach zu peinlich.

Außerdem habe ich gestern einen Artikel gelesen, den ich gerade leider nicht finden kann. Zusammengefasst: es gibt in absoluten Zahlen mehr Geimpfte. Daher gibt es auch mehr Geimpfte mit starken Erkältungen. Dass da eventuell eine Korrelation besteht, bedeutet absolut nicht, dass dort eine Kausalität besteht.

Wie du dich letztendlich entscheidest, ist natürlich dir überlassen. Ich würde mich persönlich wahnsinnig freuen, wenn @Kenny tolle Antwort Wirkung zeigt.

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All das zeigt mir so nebenbei, dass viele Menschen keine Grundlagenkenntnis über Wahrscheinlichkeiten hat. Das scheint in der Schule wohl nicht mehr gelehrt zu werden.

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Sorry Ulf, auch wenn ich die Historie von @Lothar nicht kenne:

Ich bin unfreiwillig Empfänger von Direktnachrichten geworden, in denen er eine Argumente nochmal wiederholt hat. Wenn das die Selben waren wie in einem ursprünglichen Post, dann war davon nichts „Fake News“ und auch keine Desinformation (auch wenn ich mit den allermeisten Punkten nicht übereinstimme und etliche Punkte schlicht unsachlich oder nicht sachgerecht waren).

  • Viele Argumente waren Äußerungen der Enttäuschung über die Pandemie-Politik - kennen wir diese Enttäuschung nicht alle?
  • „Jens Spahn“ als Argument gegen Impfung aufzuzählen ist natürlich Quatsch, aber weder Desinformation noch Fake News.
  • Dass die Fallzahlen trotz Impfungen höher sind als im Vorjahr ist auf ersten Blick ein Argument - aber dagegen kann man ja leichten argumentierten (und ich bin sicher: vieles Forenteilnehmer hätten das schnell getan): Letztes Jahr gab es ja die so viel ansteckendere Delta Variante noch nicht und die Menschen sind auch weitaus weniger vorsichtig.
  • Das es bei anderen Impfungen keine Booster-Impfungen gibt (stimmt das tatsächlich?) ist ebenfalls kein Argument gegen Impfen.
  • Weitere Argumente beziehen sich auf den Druck, den Politik und (soziale) Medien gegen Ungeimpfte aufbauen. Ich finde diesen richtig und wichtig, aber kann verstehen, dass Ungeimpfte das anders sehen - vor allem, wenn dann gefordert wird, die Behandlung von Ungeimpften zu verweigern oder diesen in Rechnung zu stellen (diese sind native, undurchdachte Vorschläge aus der aufkeimenden Wut - aber „faschistoid“ sicher nicht). Ein Argument gegen Impfen ist das aber dennoch nicht.
  • Schließlich führt er das öffentliche Hickhack um die Impfstoffe an. In der Tat hat sich Politik und Verwaltung / Bürokratie in Bezug auf die PR rund um die Impfstoffe ganz sicher nicht mit Ruhm bekleckert. Das dies Misstrauen weckt, kann ich nachvollziehen und ärgert mich sehr! Frag mal die Hausärzte, was die sich geärgert haben, weil sie ohne Not einen irren Aufwand mit der medizinischen Aufklärung hatten.
  • Die behauptete „Instransparenz“ in Bezug auf Intenstivbetten-Kapazitäten kann ich nicht nachvollziehen. Sofern er damit meint, dass die Datenerhebung und -lage verbesserungsbedürftig istt, kann ich das nachvollziehen. Ist aber ebenfalls kein Argument gegen die Impfung.

Desinformation oder Fake News, deren Verbreitung man stoppen müsste? Tut mir leid: Kann ich nicht erkennen. Gemessen an Vielen, was hier im Forum sonst so geschrieben wird, kann ich die Entscheidung, den Beitrag zu zensieren, nicht nachvollziehen.

Mir scheinen das alles eher Argumente zu sein, mit denen ein ohnehin Entschiedener seine Entscheidung rationalisieren möchte.

Bringt das die LdN-Community weiter? Vielleicht nicht. Aber wenn das das Kriterium ist, dann kannst Du gleich mal die ganz große Schere auspacken …

Edit: Mir sind auch hier im Forum schon dramatische Fehler unterlaufen, bei denen ich die Fakten durcheinander gebracht habe (nicht selten sogar unwidersprochen).

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Also, entweder, Du filterst das, was Dir gesagt wird, mit Deiner bereits vorab beschlossenen Verweigerung oder alle drei Herren scheinen von den bekannten Fakten und Tatsachen über das Impfen nicht wirklich informiert zu sein.

Es ist unzweifelhaft so, dass

  1. Wahrscheinlichkeit und Gravität von Nachteilen einer Impfung weitaus niedriger sind als Wahrscheinlichkeit und Gravität einer Covid19-Infektion. Das gilt m.W. auch für Jüngere, Gesunde (wobei ich das im Fall von Kindern nicht genau weiss).
  2. Menschen mit Impfung die Pandemie deutlich weniger verbreiten als Menschen ohne Impfung.

Hör ich zum ersten Mal. Richtig ist, dass es mehr als im Vorjahr ist, als die Maskendisziplin deutlich höher war. Deshalb ist auch die Immunabwehr gegen Erkältungsviren auch gesunken.

Dazu wurde schon alles gesagt.

Auch das ist falsch.

  • Die Impfung ist kein Drachenblut, die jeden vollständig gegen Covid19 schützt. Vielmehr liegt das Risiko, sich 2 Wochen nach der 2. Biontech-Impfung zu infizieren, immer noch bei ca. 10% - das Risiko eines schweren Verlaufs und des Versterben ist dann auch nicht bei null! Und je älter ein Mensch oder je gravierend eine etwaige Vorerkrankung, umso höher ist das Risiko zu erklären, eines schweren Verlaufs oder zu versterben.
  • Ungeimpfte infizieren sich vergleichsweise häufiger und geben das Virus auch in größerem Ausmaß weiter. Aus Sicht der Geimpften sind also Ungeimpfte Kontakte mit höherem Risiko. Je weniger Ungeimpfte es gibt, umso sicherer wird es für die Geimpften. Wenn alle Geimpft sind, wird es zwar immer noch Infektionen geben. Aber nach den aktuellen Modellierungen des RKIs (und die liegen mit ihren Modellierungen seit spätestens Sommer verdammt nahe an der Realität) nehmen die Infektionszahlen einer Quote von 85% der über (ich glaube) 12-Jährigen dramatisch ab. Jeder, der sich nicht impft, trägt dazu bei, dass wir diese Quote nicht erreichen. Und trägt damit dazu bei, dass mehr Menschen einen schweren Verlauf haben oder sterben, als notwendig.

Wahrscheinlich nicht. Aber Du nimmst die Fakten, die für jeden leicht erkennbar „auf dem Tisch“ liegen, nicht vollständig auf und schätzt vermutlich Wahrscheinlichkeiten und exponentielle Entwicklungen falsch ein.

Es geht hier nicht darum, jemanden in die Ecke zu drängen oder zu spalten. In meinen Augen spalten nicht die Geimpften, die sich über die Ungeimpften aufregen. Genau, wie Sie sich aufregen würden, wenn jemand heute in einem Restaurant eine Zigarette anzünden würde. Es sind die Ungeimpften, die ihren Beitrag zur Eindämmung der Pandemie verweigern, die spalten. Um im Bild zu bleiben: Die im Restaurant ihre Zigarette ankündigen, obwohl die Gemeinschaft entscheiden hat, dass Restaurants „0R“ sind.

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Ich muss mal kurz etwas off topic aber es passt hierhin:

Ich finde es insgesamt erschütternd, dass sogar in diesem tollen Forum die Pest des Schwurbelns zu Klima, Corona und anderen Themen durchdringt. Hier wird zumindest noch dagegen vorgegangen, viele andere Bereiche des Internets gehören schon dieser Minderheit, siehe die Foren bei Spiegel und Zeit.

Mir macht das mittlerweile Angst, dass eine Minderheit so leicht Fake News verbreiten kann und somit Menschen gefährdet. Ich denke da auch an die Eltern die ihr Kind nicht gegen Masern impfen wollen und das Kindeswohl gefährden.

Nochmal großen Dank @vieuxrenard und das Team dass ihr euch so gegen diese Fake News stellt, ich kann mir nicht vorstellen wie hart das in eurem Umfang sein muss.

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Das wäre mir neu. Und ich wäre sehr dankbar, wenn so etwas nicht einfach unbelegt behauptet würde. Nach meiner Kenntnis ist die Anzahl von Herzmuskelentzündungen im Zusammenhang mit der Impfung verschwinden gering. Ich habe im Bekanntenkreis einen Fall: Wer glaubt, unmittelbar nach der Impfung unbedingt gegen den ausdrücklichen Rat des Impfarztes ins Fußballtraining zu müssen …

Dazu wurde hier schon alles gesagt: Es stimmt einfach nicht!

Auch das ist zu kurz gedacht: Der junge, gesunde Ungeimpfte ist symptomlos infiziert, bewegt sich nur unter Jungen, Gesunden und steckt dort einen Jungen und Gesunden an, der dann seinen Großvater ansteckt.

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Diese Quelle: Herzmuskelentzündung: Welches Risiko Covid-19 und Impfung bergen | Herzstiftung

schreibt unter anderem das hier:

Ist jetzt nur der Verweis auf Datenauswertungen, aber da findet man sicher auch die Erhebung, wenn man hinterhergooglet.

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@TahrirAzadi, da kann ich @erg nur noch zustimmen… Ich habe aber eine Idee warum du dich vielleicht an eine andere Info erinnerst:

Im Frühjahr als der Impfstoff gerade erst bei Jüngeren verimpft wurde, hat man oft das individuelle Risiko durch eine Infektion mit dem Anteil der bisher infizierten Bevölkerung (wenige %) multipliziert. Man dachte dass wir dank Herdenimmunität eventuell Corona loswerden könnten (zumindest hat man öffentlich oft konservativ so gerechnet um nicht den Vorwurf zu erhalten, das Risiko der Infektionen zu dramatisieren und die Impfungen schön zu rechnen).

Da wir jetzt wissen, dass das Virus hier bleiben wird und wir es alle früher oder später kriegen, kann man jetzt das individuelle Risiko der Impfung und das der Infektion vergleichen… So könnte sich der Unterschied erklären… :slight_smile:

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Hey,

Du hast ja jetzt schon viel inhaltlichen Input bekommen. Vielleicht mal eine Perspektive auf deine medizinischen Bekannten. Zu einen es tut mir Leid, dass die so unbedachte Aussagen treffen. Das ist allerdings nicht so verwunderlich. Zum einen, Leute die fach nah sind aber nicht direkt vom Fach, sprich entsprechenden Spezialfachrichtungen, ordnen Sachen gerne mal ohne entsprechenden Überblick über die vorhandene Forschung, aus ihrer Erfahrung und Wissensfundus ein. Hinzu kommt eine gewisse Verzerrung in der Wahrnehmung, wenn man tendenziell mit speziellen Sachen konfrontiert ist. Beispiel, ein Bekannter, seines Zeichens Anwalt, hatte sich ne Zeitlang aus beruflichen Gründen mit Impfschäden beschäftigt (also vor Covid). Entsprechend war sein Risikogefühl deutlich höher, trotz weitestgehender statistischer „Irrelevanz“. Ähnlicher Fall mit nen Arzt dem fast junge Leute durch Sinusvenenthrombose verstorben wären.

Die Aussage zur Impflicht wegen des Arbeitsplatzes liest sich bissle so als hätten sie sich sonst nicht Impfen lassen. Allerdings ist es von der Denkstruktur her wahrscheinlicher, dass ihnen bewusst war, dass sie die Entscheidung gar nicht treffen konnten und daher eine Abwägung auch nicht notwendig war und diese damit nie richtig stattgefunden hat. In der regel indentifiziert man sich auch bis zu einem gewissen Grad mit seinen Entscheidungen oder natürlich nicht, wenn man das Gefühl hatte sie selbst nie getroffen zu haben.

Das grundsätzliche Problem ist ja die mangelnde Einordnung der Begrifflichkeiten, bspw. was Risiko bedeutet kann sich extrem unterscheiden, wenn man es einfach nur als statistisches Vorhandensein ableitet oder es wie im Alltagsverständnis eher als eine Individuell relevante Größe sieht. Das Teilnehmen am Straßenverkehr ist ein Risiko, wird aber im Alltagsverständnis nicht als eines gesehen. Das ist halt dann das Problem, wenn man nach einer fachlichen Einschätzung fragt, aber nur so eine vages „na muss man halt abwägen zurück bekommt“ obwohl man selbst gar weder die Infos noch die Expertise hat, um Risiken abzuwägen bringt es einem gar nichts. Gerade auch im Vergleich zu anderen Risiken, die man so tagtäglich eingeht, Stichwort Alkoholkonsum oder Fleischverzehr und Krebs.

Ich weiß die Natur- und technischen Wissenschaften wirken immer bissle einschüchternder als Geistes- und Sozialwissenschaften aber auch hier kann man ganz gut ausfragen und kritisieren. Dann verlieren so manche dahin geschleuderte Bemerkungen ihren Zauber.

Grüße

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