Bildung, PISA und Deutschland - auf dem absteigenden Ast?

Was heißt fordert? Per Dekret der Teilzeit für viele Lehrer verbietet oder durch Reformen die die Arbeitsbedingungen so verändern, dass weniger Lehrer Teilzeit arbeiten würden?

Teilzeit ist ja oft eine Folge aus den Arbeitsbedingungen. Ist ja z.B. bei Pflegern und Erziehern auch so.

1 „Gefällt mir“

Es gab einen Vorschlag der FDP in Hamburg die Teilzeitquote per Verordnung auf maximal 30% pro Schule zu begrenzen. D.h. mehr als 30% der Lehrer*innen dürfen nicht in Teilzeit gehen.
Das wurde abgewiesen, da es gesetzliche Bedenken;
„In Deutschland ist das Recht auf Teilzeitarbeit bereits seit 2001 gesetzlich verankert. Im Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) ist geregelt, dass Arbeitgeber unter bestimmten Voraussetzungen ihren Mitarbeitenden die Reduzierung der Arbeitszeit ermöglichen müssen. Mit der Änderung des Teilzeit- und Befristungsgesetzes zum 1. Januar 2019 wurde zudem der Anspruch auf Brückenteilzeit geschaffen. Damit ist bei der Reduzierung der Arbeitszeit nun zwischen dem Anspruch auf unbefristete Teilzeit (gemäß § 8 TzBfg) und dem Anspruch auf befristete Teilzeit (gemäß § 9a TzBfG) zu unterscheiden.“

Fakt ist, dass diese Teilzeitflut in Schulen wirklich verherrende Auswirkungen auf die Schulqualität hat.
Außerdem gibt es einen immer weitersteigenden Unterrichtsausfall bzw. Vertretungsunterricht

Dabei muss mehr Lehrer nicht weniger Qualität bedeuten. Auch wenn Lehrer zwei Fächer unterrichten, tun sie das abseits der Grundschule normalerweise nicht in der gleichen Klasse.
Theoretisch würde ein Lehrer pro Fach und Klasse also reichen, wenn sie dieses mit Herzblut angehen.
Frage ist: können sie davon leben? Leiden Absprachen unter den Lehrern, wenn es mehr werden?

Das klingt alles etwas so, als könne man beliebig in Teilzeit gehen. Das kann man als Beamter nicht. Es muss Gründe geben wie z.B. Kinder oder zu Pflegende.
Und dieses Recht soll eingeschränkt werden?
Denn wie sonst soll die Quote an einer Schule eingehalten werden? Keine gute Idee.

Teilzeit bedeutet bei Lehrern aus meiner Sicht eher besseren Unterricht als schlechteren!

1 „Gefällt mir“

Könntest du das bitte erklären und am besten such belastbare Studien dazu anhängen. Weil sonst ist es eben nur anekdotisch.

Wie stellst du dir eine Studie dazu vor? Wie messen? Messbar könnte vielleicht die Zahl der Erkrankungen bei Lehrern sein.
https://www.mdr.de/wissen/burnout-bei-angehenden-lehrern-100.html
Ansonsten ist es ist einfach meine eigene Erfahrung und das, was ich bei anekdotisch- einzelnen Lehrern beobachte.
Gute Lehrer investieren oft viel Energie, Zeit und Kraft und bei der aktuell hohen Arbeitsbelastung wird das über kurz oder lang zu vielen Burn-outs führen. Man stößt an seine Grenzen bzw. bekommt durch die Belastung immer wieder Grenzen gesetzt, wenn man seine eigene Gesundheit nicht aufs Spiel setzen will.
Und dann stell dir vor, eine 100% Stelle z.B. an einer Ganztags-Gesamtschule mit Kindern. Wie soll das gehen? Vor allem wenn vielerorts die Ganztagsbetreuungen der Kinder fehlen?

2 „Gefällt mir“

Ich frage mich hier nur, wieso nahezu alle anderen Berufsgruppen dann Vollzeit arbeiten sollen? Diese Belastungen haben Lehrer doch nicht exklusiv und kann in der freien Wirtschaft sogar heftiger werden. Ich finde es fatal, wenn Lehramt immer mehr zum Teilzeitberuf wird.

Mal zum Thema Teilzeit, was ja irgendwie auch bei der Bahn grad ein Thema ist.

Es gibt ja durchaus belegbar einen Fachkräftemangel in vielen Branchen. Das hat sicher viele Gründe, und nicht in allen Tätigkeiten lässt es sich völlig durch Automatisierung substituieren.
Unter anderem in pädagogischen Berufen, die zu großen Teilen menschliche Interaktion bedingen.

Wenn aufgrund von Arbeitsbelastung oder dem Wunsch nach mehr Freizeit Lehrer in Teilzeit gehen, fehlen rein Technerisch Dtellenanteile in Schulen.
Diese müssten ersetzt werden, durch neue Lehrer oder ggf. Teils durch digitale Angebote.

Also müsste man eher an dieser Stelle Lösungen suchen, oder?

Tun die doch auch nicht. Teilzeitquote laut Statistik ist allgemein 30%.

Jetzt hat der Lehrerberuf quer durch alle Schulen wohl eher einen überdurchschnittlich hohen Anteil an Frauen die wohl auch in anderen Branchen im Schnitt eher in Teilzeit gehen als die Männer.

Dazu kommt beim Lehrer, dass je nach Stundenplan die Zeit die man tatsächlich nicht zur freien Verfügung hat schnell sehr groß werden kann ohne dass man die Zeit dann wirklich als Arbeitszeit nutzen kann.

Ohne Teilzeit ist der Beruf auch nichtmal so besonders familienfreundlich. Da ist ein klassischer Bürojob mit 35h Woche deutlich leichter zu organisieren. Da arbeitet man dann von 8 bis 15:30 und holt anschließend die Kinder von Kita/Hort und hat Feierabend. Ein Lehrer hat zum Zeitpunkt wo die Betreuunszeit festgelegt wird noch nichtmal seinen Stundenplan. Je nach Einrichtung muss man dann erstmal 2-3 Monate überbrücken oder präventiv jeden Tag lange buchen.

Edit:
Auch in anderen Branchen mit Tagen mit Unterbrechungen ist die Teilzeitquote übrigens überdurchschnittlich (Pfleger, Busfahrer, etc.)

Denn hat man einmal eine lange Pause hat man an dem Tag auch zweimal Arbeitsweg.

Eine hohe Krankheitsquote ist nicht weniger schädlich. Und da kommt noch was hinzu: auf dem Papier passt der Schlüssel ja, was dann zu zusätzlicher Belastung der verbliebenen Belegschaft führt. So erleben wir es jedenfalls gerade in der Pflege.

Aus 6 Jahren anekdotischen Erfahrungen. Die Qualität des Unterrichtes ist unterirdisch.
Drei Gründe:

  • Unterrichtsausfall bzw. Vertretungsunterricht in fast allen Fächern mit Teilzeitlehrer*innen bei 20%, weil oft Kind krank oder zu Pflegender krank oder selber krank
  • Schlechte Vorbereitung für den Unterricht, wahrscheinlich, weil jede Minute zu Hause nicht für die Schule gearbeitet wurde.
  • Ständiger Lehrerwechsel zum Schuljahr, weil die Zeiten nicht mit den Privaten Wünschen passen

Ich weiß nicht ob es nur im Bezirk Hamburg Altona so läuft, aber hier sind die Elternvertreter schon fast verzweifelt an dem Dilemma Lehrermangel und Teilzeitlehrer.

1 „Gefällt mir“

Hier liegt, glaube ich, auch ein Problem. Die Berufsgruppe Lehrer scheint nicht sehr belastbar zu sein.
Das es mental und körperlich anstrengend ist möchte ich nicht abstreiten. Jedoch ist das doch keine Ausnahme. Die Königslösung wäre mehr Lehrer*innen auf weniger Kinder. Würde ich sofort mit gehen, aber die Klassengröße hat im Laufe der Jahre schon abgenommen. ABER die Klassengrößen haben sich nicht dramatisch verschoben über die letzten Jahre

Sie ist sogar über den ganz langen Zeitraum betrachtet gesunken und zwar um 10 Kinder pro Klasse.
Ja, die Schule muss sozial pädagogisch heute mehr ausgleichen, als vor 30 Jahren.

Trotzdem muss die Frage erlaubt sein, warum Lehrer scheinbar mehr Burn-out usw erledigen, als andere Berufsgruppen und das trotz extrem hoher Teilzeitquote.

2 „Gefällt mir“

Glaubst du, das wäre besser, wenn diese Lehrer:innen Vollzeit arbeiten würden. :sweat_smile:
Die Kinder/zu Pflegenden werden trotzdem krank.
Und woher nimmst du dir überhaupt das Recht zu beurteilen, wer guten/schlechten Unterricht macht?

1 „Gefällt mir“

Ich geh mal davon aus, dass du kein Lehrer bist. :wink:
Sonst wüsstest du, warum es belastend sein kann, Lehrer zu sein.

1 „Gefällt mir“

Hier muss ich mich allerdings @mr.mucki anschließen, denn er fragt wieso Lehrer explizit belasteter als andere Berufsgruppen sein sollen? Insbesondere gibt es nicht viele Berufe in denen man ohne berufliche Nachteile in Teilzeit gehen kann. Beim Lehramt ist das nun mal so. Ich finde es immer schwierig, wenn einzelne Berufsgruppen dich überproportional als belastet darstellen ohne auch die Vorteile zu benennen.

Das liegt nicht am Lehramt, sondern am Beamtentum. Also bitte diese Kritik nicht speziell an Lehrer richten.
Tja, ich will nicht sagen, dass andere Berufe nicht belastend sind. Da gibt es viele wie Pflegeberufe, Ärzte/Ärztinnen etc.
Aber wer sich fragt, warum Lehrer oft einen Burnout erleiden, sollte nicht „Die sind halt nicht belastbar“ antworten, sondern selbst mal ein Jahr Lehrer sein. Danach hat man die Antwort.

1 „Gefällt mir“

Vorweg: ich bin keine Lehrerin, habe aber über 10 Jahre in verschiedenen Projekten an Grund und Mittelschulen gearbeitet und ich bin sehr froh, dass nicht mehr zu machen. Ich glaube, den meisten Erwachsenen ist nicht bewusst, wie aggressiv es heutzutage an den Schulen zugeht und dass die Lehrer oder auch pädagogisches Personal kaum dagegen halten können. Ein älterer Junge hat zum Beispiel Tische und Stühle Richtung Lehrer geworfen, wenn er wütend wurde. Eine Lehrerin wurde mit einem Taschenmesser angegriffen und verletzt. Ich selbst wurde als Schlampe beschimpft und das war anscheinend noch nett dem gegen über was anderen an den Kopf geworfen wurde. Manche Jugendlichen waren extrem laut, haben geschrien und waren nicht zu beruhigen. Es gab eine Schlägerei nach der ein Jugendlicher über Nacht ins Krankenhaus musste. Ein Mädchen, dass in einem meiner Projekte war, wurde so heftig gemobbt, dass sie versucht hat, sich umzubringen, ein anderes Grundschulkind hat, um sich selbst zu bestrafen, den eigenen Kopf gegen die Wand geknallt. Ich könnte hier noch weiterschreiben, aber ich glaube das reicht um meinen Punkt klar zu machen. Ich finde diese Art der Belastung extrem. Das hat auch nichts mehr mit reiner Wissensvermittlung zu tun. Eigentlich bräuchte man hier ausreichend Schulpsychologen und Sozialarbeiter, die hat man in der Regel aus Kostengründen aber nicht. Diese Art von Belastung hat man in einem Büro definitiv nicht. Ich habe Respekt vor jedem Lehrer der das dauerthaft mitmacht, ich würde das nicht bis zur Rente in Vollzeit durchhalten. Und ja, das was ich beschrieben habe, habe ich an verschiedenen Mittelschulen erlebt und gesehen. Das mag in der Realschule oder dem Gymnasium anders sein. Ich habe auch erlebt, dass Lehrer diese Probleme nicht gerne thematisieren, aus Angst sie stehen dann als schlechte und unfähige Pädagogen da.

6 „Gefällt mir“

Und das wäre besser wenn Teilzeitkräfte stattdessen Vollzeit arbeiten würden?

Schlechte Vorbereitung habe ich in meiner Schulzeit eher von einerseits den ganz jungen Lehrern die auch hier und da mal feiern gingen erlebt oder von den älteren Herren, die sich kein Bein mehr ausgerissen haben. Die Lehrerinnen in Teilzeit mit Kindern waren eher überdurchschnittlich vorbereitet.

Und auch jetzt in meinem Umfeld (Partnerin, Freunde) sehe ich eher Lehrer in Teilzeit die aufgrund der weniger Stunden überdurchschnittlich Aufwand betreiben.

In Vollzeit durch die sehr wechselhafte Arbeitsbelastung je nach Zeitpunkt im Schuljahr, war ein solcher Umfang pro Stunde quasi kaum möglich.

Meine Partnerin hat ihre Stundenzahl so gewählt, dass sie das Pensum auch in Phasen mit krankem Kind stemmen kann. Wir haben Großeltern die einspringen können, ansonsten wechseln wir uns bei Kindkrank ab. Würde sie Vollzeit arbeiten wäre bei mir wohl nichtmal 50% der Zeit möglich.

Zu der Belastbarkeit. Wer in der Jugendarbeit Erfahrungen hat weiß wie intensiv die Zeit im direkten Kontakt sein kann. Als Lehrer kann man auch nicht einfach mal 5 Minuten zum durchschnaufen zur Kaffeemaschine laufen. Lautstärke ist zudem oft auf einem Niveau bei dem in der Industrie bereits Schutzmaßnahmen ergriffen werden müssen.

Selbst Freunden mit Vergangenheit im Leistungssport merke ich die Belastung kurz vor den Ferien an.
Das darauf zu reduzieren, dass Lehrer grundsätzlich nicht belastbar wären halte ich für reichlich unfair.

2 „Gefällt mir“

Erst einmal würde dieser stände Lehrerinnen wechsel jedes Schuljahr aufhören und die Kinder hätten nicht pro Fach eine Lehrkraft. Die Kinder können sich an keine Lehrkraft gewöhnen und so anders herum.
Die Elternvertretung unserer Schule hat dieses dem Bildungssenator anhand von Zahlen und Studien (die ich nicht habe) übergeben und daraufhin wurde bestätigt, dass dieses kein Einzelfall ist, sondern eher die Regel.
Als Grund wurde in 2021 die hohe Teilzeitquote bei Lehrer
innen und der Lehrmangel angegeben.
Es gab von Senator Rabe damals auch ein Interview im Hamburg Journal, was ich aber nicht gefunden habe.

Genau das ist die Situation. Oft die Lehrerin hat einen Partner der Vollzeitarbeiten geht und dann wird alles was zu Hause geschieht zu ihren Lasten eingerichtet, weil keine Großeltern zur Verfügung stehen. Darunter leidet dann der Beruf der Frau und damit leidet damit die Qualität des Unterrichts und das wirkt sich auf die Leistungen der Schüler*innen aus.

Warum sehen wir dieses Phänomen nicht in der freien Wirtschaft? Weil man genau sofort rausgeschmissen wird, weil die Leistung nicht erbracht wird, entweder weil oft abwesend oder zu kompliziert bei Kind krank einzuplanen.
Das kann einem verbeamteten Lehrerin nicht passieren.
Und darum sollte sich jeder Lehrer
in ehrlich machen und maximal als zusätzlicher Lehrerin eingeplant werden, damit die Vollzeitlehrinnen dann Unterstützung haben.

1 „Gefällt mir“

Woraus folgerst du das? Das stimmt doch höchstens für die Grundschule.
Zum Verständnis: Sprichst du hier von Grundschulen?