Anglizismen in der Lage

Ich möchte hier mal eine Lanze für @pdaser brechen. Ich bin zwar in der Sache nicht seiner Meinung, ich finde aber, dass er sein Unbehagen sehr plausibel und nachvollziehbar schildert - und andererseits wird mit ihm hier fair umgegangen, obwohl er ja relativ alleine dasteht. Das ist für mich eine wertvolle Diskussion, weil ich etwas darüber lerne, wie man die Welt eben auch anders sehen und empfinden kann. Danke!

3 „Gefällt mir“

@pdaser Das Unwohlsein kann ich verstehen, nur glaube ich, dass es kein „althergebrachtes Deutsch“ gibt. Welches meinst du denn? Das des 18. Jahrhunderts oder das des 19Jh.? Das von Anfang des 20. Jh.?

Beispiel die Unmenge an Gallizismen, die im 17. und vor allem 18. Jahrhundert auf uns gekommen sind und im damaligen Sprachgebrauch eingeflochten wurden. Heute sind sie immer noch in Gebrauch und kommen uns völlig natürlich vor, manche heute absolut manieriert (um so einen Gallizismus zu bemühen):

Oder alleine die Grammatik und Sprachmuster, Goethe-deutsch kommt mir heute zum Beispiel sehr mühsam vor, auch wenn ich mich nun bei so einer Aussage „blamiere“ (Gallizismus).

Wir leben nun einmal in einer Zeit der Vorherrschaft englischer Begriffe, weil Wissenschaft und Technik nun mal im angelsächsischen Gebrauch führend ist. Jedes Jahrhundert hat seine führenden Sprachen. Es gibt ja auch einen Grund, dass wir das spanische Wort Pistole statt des guten alten deutschen Worts „Meuchelpuffer“ verwenden. :slight_smile:

1 „Gefällt mir“

@pdaser: „Webseite“ finde ich aus heutiger Sicht völlig akzeptabel und das Wort löst bei mir auch kaum eine Reaktion des Sprachgefühls aus. Warum? Nun, es ist eben nicht die „Website“, sondern der leicht übersetzbare Teil des Wortes wurde eingedeutscht.

„Website“ und „Webseite“ ist allerdings nicht dasselbe: „Website“ ist die komplette Internet-Präsenz (site = Standort, Anlage), „Webseite“ hingegen eine einzelne Seite davon. Oder anders gesagt: Du liest gerade die Webseite „Anglizismen in der Lage“ auf der Website „LdN Talk“.

(Apropos: Ein lästiger Anglizismus ist aus meiner Sicht vor allem die rasant verschwindende Kulturtechnik des Durchkoppelns, oder in Verwandtschaft damit auch die tatsächliche Zusammenschreibung von zusammengesetzten Begriffen. Ich war mir gerade nicht sicher, wie ich den Namen der Website hier schreiben soll, und habe auch kein Beispiel gefunden (außer dem Logo), deshalb habe ich es mal hilfsweise und zugleich etwas unbeholfen abgekürzt. In deutscher Sprache korrekt ausgeschrieben wäre es jedenfalls „Lage-der-Nation-Talk“.)

1 „Gefällt mir“

Witzige gschichte ich hatte mal so einen zuhörer mit im Publikum, als der israelische Botschafter zu englisch gewechselt hat. Der hat laut: „Ich fühle mich diskriminiert geplärt“ schon irgendwie absurd bei einer Veranstaltung zu antisemitismus als Deutscher nen Israeli anzuplärren dass man sich diskriminiert fühle ^^
Man kann auch ruhig nachfragen oder man fragt nen Freund der einem den inhalt wieder gibt. So schlimm ist das jetzt nicht.

Ich weiß nicht ob du so viele Franzosen kennst aber die englische Ausprache ist oft nicht so gut gerade wegen des Bildungssystems und man muss heutzutage Tage englisch sprechen können. Zu mal französisch wenigstens noch eine UN sprache ist. Außerdem ist es teilweise wirklich unverständlich wenn selbst (eigen-) Namen so stark französisch ausgesprochen werden und viele Franzosen hadern sehr damit dass ihr Bildungssystem sie da im Stich lässt.

1 „Gefällt mir“

Vermutlich… Aber was ist so schlimm daran?

Wenn Du Dich wegen sowas selber berauben willst… Dein Ding.

Selbst, wenn Du Rechst hast: Warum sind denn nun lateinische Fremdwörter besser als englische?

Die Welt verändert sich, die Gesellschaft verändert sich, Sprache verändert sich…

Mir ist das ehrlich gesagt absolut wumpe, wie Dinge genannt werden, solange ich sie verstehe. Es gibt wichtigere Dinge, in die man seine Energie investieren kann.

Das ist kommt immer auf den Filterbubble an, in der Du Dich aufhältst…

Gerade das ist ein gutes Beispiel, dafür, dass englische Begriffe einfacher sind. Im Englischen gibt es einfach „Site“ und „Page“. Im Microsoft-Umfeld gibt es da etwas das nennt sich „Site Pages“ - auf deutsch übersetzt „Websiteseiten“ - DAS schmerzt und da möge man das doch bitte besser englisch lassen.

1 „Gefällt mir“

Lieber Ulf,
ich kann bestens nachvollziehen, dass man sich als Moderator freut, wenn es eine Reihe von Personen gibt, die einen vor anderen Meinungen „verteidigen“. Ich empfehle aber mal zu reflektieren, ob dadurch nicht andere Meinungen unterdrückt werden, die auch für die Lage ein nützliches Feedback sein könnten. Du sprichst von fair, ich empfinde manchmal das Gegenteil und bin überzeugt, dass sich viele nicht trauen sich mit ihren Meinungen einzubringen, weil sie kein Literatur- oder Soziologie-Studium haben. Manche im Forum fordern das nämlich aggressiv ein (wenn nicht, dann kannst du mit uns nicht wissenschaftlich mitreden)
Zum Thema Sprache habe ich gerade eine Umfrage gestartet, zu euren Lieblingswörtern (Bias und so). Das erste Feedback (von Germanisten, Lehrern, Physikern, also alles Akademiker) ist recht ernüchternd. einfach gesagt „kennt kein Mensch“.
Euer Podcast ist ja keine Nachrichten-Sendung. Ich finde so wie es ist erfrischend und interessant. Auch die Anglizismen haben mich bisher nicht gestört. Nüchtern betrachtet verwendet ihr aber teilweise einen Wortschatz, der von einer großen Mehrheit der Menschen in D nicht wirklich verstanden wird. Das soll keine Kritik sein. Bitte verstehe es als Anregung noch mehr Menschen „mitzunehmen“.

3 „Gefällt mir“

Guten Morgen, Dave!

Ich sage sicherlich nicht, daß jede Umgewöhnung schlimm ist. Ich sage noch nicht einmal, daß diese Umgewöhnung „schlimm“ ist, ich würde eher von „schade“ sprechen. Das liegt daran, daß ich die aktive und wahrscheinlich sogar bewußte Einstellung des Gebrauchs vorhandener deutscher Begriffe und deren Ersetzung durch englische eben nicht begrüße, sondern den Reichtum der deutschen Sprache sehr schätze. (Nochmals: Ich weiß, daß oftmals behauptet wird, neue fremdsprachliche Wörter, die in das üblicherweise verwendete Deutsch eingehen, seien eine Bereicherung. Ich sehe das aber nicht so, wenn sie für den (praktischen, nicht lexikalischen) Untergang des vorherigen Vokabulars sorgen.)

Ich beraube mich nichts, ich kaufe einfach anderswo. Somit beraubt sich Netto durch die Markenbezeichnungswahl gewisser (Ich weiß: Äußerst geringer!) Umsatzanteile. Möglicherweise gibt es einen Gegeneffekt, weil andere so begeistert von dieser innovativen Wahl sind, aber ich glaube es nicht so recht.

Wer „auf der Höhe der Zeit“ ist, tut sich wahrscheinlich relativ leicht damit, auch das Neudeutsch zu verstehen. Meine Schwiegermutter, die keinen höheren Bildungsabschluß hat und in einer Zeit aufgewachsen ist, in der das Englische in der hierzulande üblichen Sprache noch kaum eine Bedeutung hatte, sagt dagegen immer häufiger: „Peter, ich komme da einfach nicht mehr mit!“.

Eule wollte ich ähnlich antworten. Zumindest im Laiendeutsch dürfte die „Webseite“ sowohl die einzelne Seite als auch der gesamt Auftritt sein.
Aber ist das ein „Beispielt dafür, daß englische Begriffe [generell] einfacher sind“? Es ist ein Beispiel dafür, daß englische Begriffe für Fachleute eindeutiger sein können. Otto Normalverbraucher und Gerlinde Musterfrau werden „Webpage“ und „Website“ in aller Regel eben nicht unterscheiden können (und müssen, um die jeweilige Aussage zu verstehen).

Schönen Sonntag!

Peter

Guten Morgen, eratosthenes25!

Eine interessante Namenswahl! Der bekannteste aller alten Griechen ist das ja nicht gerade …

Ich habe jetzt schon mehrfach erklärt, daß ich kein Deutsch zu irgendeinem Zeitpunkt zum einzig wahren, für immer verbindlichen Deutsch erklären möchte. Ich möchte die aktuelle, meiner Beobachtung nach sich ständig beschleunigende Entwicklung hin zur direkten Übernahme fremdsprachlicher Wörter gerne gebremst (und teilweise, wenn noch möglich, gerne auch zurückgedreht) sehen.
Hätte ich im 17. und 18. Jahrhundert gelebt, hätte ich mich vielleicht gegen die Gallizismen in Stellung gebracht, heute noch gegen diese nunmehr jahrhundetealten Wörter anzukämpfen ist offensichtlich etwas für Menschen mit noch stärker Don-Quijotescher Neigung.
Ein meiner Ansicht nach relevanter Unterschied im heutigen Gebrauch ist, daß die Gallizismen nunmehr in aller Regel keine Fremdwörter im engeren Sinne, sondern nur noch Lehnwörter sind . (Vielleicht waren sie auch nie Fremdwörter im engeren Sinne, ich habe das Einflechten nicht miterlebt.) Viele moderne Anglizismen werden dagegen völlig unverändert ins Deutsche eingebaut. Selbst vergleichsweise altbekannte Anglizismen sind immer noch nicht sauber integriert. Wenn eine meiner Töchter mir beispielsweise berichtet, daß der Toni aus ihrer Klasse ziemlich sexy ist, der Lukas aber noch sexier und der Hans am allersexyesten, dann bekommt sie fast einen Knoten in der Zunge.

Ein weiteres Mal: Ich verstehe vollkommen, daß Sprache sich verändert und im Laufe der Zeit verändert hat. Mir geht es darum, daß diese Entwicklung nicht gottgegeben ist, sondern von den Nutzern der Sprache getrieben wird und sie damit die Richtung bestimmen können und müssen. Wenn nun die Freunde des Englischen diese Sprachentwicklung momentan entscheidend lenken, dann ist das im Grundsatz genausowenig unaufhaltsam wie damals die Dominanz der Frankophonen.
Ich konnte mit Goethe, Schiller, Lessing grundsätzlich nie viel anfangen, der „Zauberlehrling“ (vom Johann Wolfgang) begeistert mich aber schon.

Meines Wissens gab es auch einmal eine Zeit, in der die deutschsprachige Wissenschaft und Technik weltweit führend waren. Weder der Hintergrund, der dafür gesorgt hat, daß sich das massiv verschoben hat, ist positiv, noch sollte es uns freuen, daß wir uns jetzt im Wesentlichen amerikanischer (und bald chinesischer?) Vorherrschaft unterwerfen müssen. (Das ist jetzt nicht gerade zurückhaltend formuliert, ich weiß.)
Interessanter Randaspekt: „Man“ regt sich furchtbar darüber auf, daß immer noch nahezu die Hälfte der US-Bevölkerung hinter Donald Trump steht, begrüßt aber andererseits die sprachlich-kulturelle Dominanz dieses Volkes geradzu euphorisch.

Einen sonnigen Tag!

Peter

Hallo, Hufschmied!

Ich habe zwar eine Bürogenossin, die Türkisch spricht, bei der Mahnwache war sie aber nicht dabei. Ob sie simultan hätte übersetzen können, weiß ich nicht, mir selbst würde ich so etwas jedenfalls nicht zutrauen. Ich habe vor diesen Menschen, die in einer Sprache zuhören und gleichzeitig in einer anderen sprechen können, jedenfalls höchsten Respekt. Alles außer einer Simultanübersetzung finde ich in dieser Situation aber problematisch, weil man ja durch Anwesenheit recht explizit Solidarität mit dem Gesagten zeigt. Bekommt man aber erst später erläutert, womit man sich solidarisch erklärt hat, kann man ja nicht mehr z.B. mit einem demonstrativen Verlassen der Versammlung darauf hinweisen, daß man mit etwas nicht mehr einverstanden ist.

Ich verstehe wieder einmal den Zusammenhang nicht. Was haben Ausspracheprobleme von Franzosen, wenn sie Englisch sprechen, mit Anglizismen im Deutschen zu tun? Vermutest Du, daß sie besseres Englisch sprechen würden, wenn das Französische mehr Anglizismen enthielte? Das halte ich für unwahrscheinlich, denn ihe Schwierigkeiten liegen doch vermutlich daran, daß ihre Muttersprache klanglich so weit vom Englischen entfernt ist, daß Stimmbänder und Zunge einfach von Geburt an „falsch“ trainiert werden.
In meinem beruflichen Umfeld finden viele Telefonkonferenzen mit internationalem Teilnehmerkreis statt. In diesen Besprechungen wird Englisch gesprochen. Sprecher aus Südeuropa sind für mich häufig schwer zu verstehen, weil sie neben einem Akzent noch eine formidable Sprechgeschwindigkeit an den Tag legen. Sprecher aus Osteuropa sind sehr gut verständlich, man hört ihnen die Herkunft aber meist deutlich an. Bei Asiaten gibt es ein weites Spektrum, wahrscheinlich weil einige in den USA studiert haben, während andere keine (englischsprachige) Auslandserfahrung haben. Und dann gibt es noch die Muttersprachler. Je nach regionaler Herkunft (und vermutlich weiteren Aspekten wie Erziehung und Bildungsgeschichte) geht es da von nahezu unverständlich bis zu (für jemanden mit deutschem Schulenglisch) perfekter Artikulation.

Hast Du schon einmal einen US-Amerikaner Deinen Namen aussprechen gehört? Typischerweise sprechen die doch jeden Namen so aus, als wäre es ein englischsprachiger, oder bin ich da jetzt völlig auf dem falschen Dampfer? Mindestens amerikanische Sportreporter nehmen schon auf Franko-Kanadier keine Rücksicht, geschweige denn auf Aussprachegewohnheiten weiter entfernter Völker. Warum sollten die Franzosen da weitaus mehr Rücksicht nehmen?

Grüße

Peter

Guten Morgen, Eule!

ACHTUNG: Das hat jetzt alles höchstens sehr indirekt mit „Anglizismen in der Lage“ zu tun!
Ein Lieblingsbeispiel von mir sind „tausend Tonnen schwere Loks“ aus einer Publikation der Deutschen Bahn. Geht es jetzt um tausend Loks oder sind einzelne Loks tausend Tonnen schwer? Nach alter Rechtschreibung wäre das erkennbar gewesen, nach zum Zeitpunkt der Publikation gültiger nicht mehr.
Warum schreibe ich „zum Zeitpunkt der Publikation“? Weil es seither mindestens eine weitere Reform der Reform gegeben hat und ich alles andere als sicher bin, theoretisch auf dem neuesten Stand zu sein. Praktisch sowieso nicht, wie man schon an meinem Gebrauch des „ß“ deutlich merkt. Das hat mir Jan42 ja schon zum Vorwurf gemacht bzw. mir quasi erläutert, daß ich nicht einmal das Rechtschreibwissen eines Grundschülers besitze. Die „heute gängigen und erlernten Regeln“ (Jan42) sind eben nicht die Regeln, die ich in der Schule erlernt bzw. beigebracht bekommen habe. Das sind aber die, die ich immer noch tendentiell am besten beherrsche und ich kann in der reformierten Rechtschreibung nur wenige Vorteile erkennen, insbesondere werden „dass“ und „das“ nicht seltener durcheinandergebracht als früher „daß“ und „das“. Daß das „ß“ nach Diphtongen weiterhin für einen scharfen s-Laut steht, zeigt auch, daß die neue Regelung hinsichtlich Aussprache nicht unbedingt konsequenter ist als die alte. Vielleicht gewöhne ich mich irgendwann trotzdem um, vorerst finde ich es aber witzig, daß ich mich hier - außerhalb von Ämtern und Bildungsbetrieb - an die amtliche Rechtschreibung halten soll, während mir andererseits vorgeworfen wird, ich wolle Amtsdeutsch verpflichtend einführen.

Ein schönes Restwochenende!

Peter

Guten Morgen pdaser!

Die Haltung respektiere ich sehr. Ich finde es überhaupt gut, dass du zu dem Thema eine Haltung hast und diese auch im Forum mit guten Argumenten vertrittst. Wie Ulf geschrieben hat, bekommst du ja hauptsächlich Gegenargumente, deine geduldige Antworten darauf finde ich super. :slight_smile:

Vielleicht haben wir uns auch nur daran gewöhnt nach mittlerweile ein paar Jahrhunderten? Gibt es zum Beispiel für „Blamage“ überhaupt ein deutsches Wort, dass semantisch genau die Bedeutung widerspiegelt?

Ich glaube, es finden viele Worte unbegrenzt Eingang, weil es für sie eben keine Entsprechungen gibt. Im Computerbusiness hat Deutschland sich kulturell lange gesträubt. In den 80ern kann ich mich erinnern, dass Computer mit Misstrauen beäugt wurden. Als C64-er Kind hatte ich also Begriffe wie Floppy Disk, RAM. Die Spiele waren englisch, und es war für mich die größte Motivation, Englisch zu lernen. Ich habe bei diesen Spielen mehr gelernt als im Englischunterricht in der Schule.
Was ich sagen will? Deutschland hat es versäumt, sich in den modernen Technologien führend zu machen, und so bleibt nichts anderes als diese Begriffe eben einzuführen. Vielleicht wäre es ohne 1933 anders gelaufen, aber so ist es nun mal.

Ich glaube deswegen, dass du da einen Kampf auf verlorenem Posten führst. Vielmehr befürchte ich, dass wir bald noch zusätzlich zum englischen chinesische Begriffe hinzunehmen werden, weil die kulturelle Hegemonie sich gerade wandelt. Ob mir das gefällt, weiß ich allerdings nicht.

Stimmt. Als Kind der 80er bekenne ich mich insofern schuldig, als dass die amerikanische Kultur ein Sehnsuchtsort war im Gegensatz zum Mief der Lindenstraße, des Tatort und der Kohljahre. Das hat sich durch mehr Informationen natürlich gewandelt im Laufe der Zeit, aber der Unternehmergeist, die Idee von Selbstverantwortung und die Offenheit für Neues, das Positive in neuen Entwicklungen sehen anstatt der Risiken, Optimismus, Pragmatismus statt Prinzipienreiterei, diese Dinge haben mich damals begeistert und haben mich beeinflusst. Insofern stehe ich der Kultur sicher näher, auch wenn sie nicht mehr das ist, was sie einmal war.

Vielleicht stehen wir da auf verschiedenen Seiten der Pole. In jedem Fall hat es mich zum Nachdenken und Selbstreflexion gebracht, und dafür vielen Dank!

Auch einen schönen Sonntag!

Michel

1 „Gefällt mir“

Nur um das Wort „Bias“ hier mal in einen meiner Meinung nach treffenderen Kontext zu setzen: Ich kenne diesen Begriff (neben der Bezeichnung für Methodenfehler bei Erhebungen) als Bezeichnung „kognitive Verzerrung“ ä der eigenen Wahrnehmung, würde deshalb „Schlagseite“ mal infrage stellen.

Dazu gibt es eine super lange Liste und tatsächlich sind sie teilweise in deutsche Begriffe übersetzt, wodurch sie jedoch meiner Meinung nach teilweise an Präzision verlieren und ich lieber den englischen Begriff verwende.
„Bias“ sind echt ein interessantes Forschungsfeld, die das eigene „objektive“ handeln stark hinterfragen.
Tversky/ Kahneman und Gigerenzer sind bekannte forschende auf dem Gebiet, vielleicht hat jemand „schnelles denken, langsames denken“ gelesen. Empfehlenswert und verständlich!

Nebenbei schließe ich mich Ulfs Kommentar hier noch unbedingt an, mir sind die selben Gedanken gekommen! Auch wenn ich die Meinung von Peter ganz und gar nicht teile finde ich’s super, wie respektvoll hier diskutiert wird, ohne dass direkt Ad-Hominem Argumente fallen. So fällts mit ein bisschen Empathie leichter hinter die Sichtweisen von anderen Menschen zu kommen.

1 „Gefällt mir“

Sorry, Anhang vergessen:

Wikipedia - kognitive Verzerrungen

Sprachästhetische Frage, würde ich nicht inklusiver Sprache in verbindung setzen. Die Sprache hier dient dem Abbau von Diskrimnierungen und Sichtbarmachung von Gruppen die durch System und Gesellschaft benachteiligt werden. Hier ist zu betonen dass die Definition der Diskriminierung nicht zu trennen ist von einer benachteiligenden Machtstruktur der Mehrheitsgesellschaft und nicht unmittelbar über die subjektive Diskriminierungswahrnehmung hergeleitet wird. entprechend ist eine ästhetische Vorstellung im allgemeinen Sinne weder kritisierbar noch verallgemeinbar, da diese nicht mit einem Benachteiligenden Machtgefüge korreliert. Im Sinne des Pluralismus aber grundsätzlich zu akzeptieren.

Allerdings und daher kommt die Kritik hier, stellt sich die Frage der Motivation (ob bewusst oder unbewusst spielt hier weniger eine Rolle) hinter der ästhetischen Festsetzung. gerade im Bezug auf kulturelle Aspekte die mehr oder minder abgeschlossen betrachtet fängt man sich schnell die Kritik ein man würde (zumindest zum Teil) ethnopluralistische Vorstellungen fördern/teilen. Meiner Meinung nach nicht ganz zu unrecht. Bitte nicht als direkte Bezug auf dich verstehen, sondern nur als wichtigen Reflexionspunkt, wenn es um kulturelle fragen geht. Übrigens gibt es diese Kritik auch an der Theorie der kulturellen Aneignung. Ich bin mir ziemlich sicher, dass so ziemlich allen Gümmihälsen (schweizerisch für deutsche ^^) eine Sache einfällt die bei ihnen unterschwellig ethnopluralistische Reflexe auslöst.

Naja mit dem normativen Fixpunkt meinte ich lediglich, dass du eine Prämisse hast die an einen von dir definierten Wert gebunden ist. Sprich eine positive Bewertung der relativen Homogenität deutscher Sprachverwendung. Diese Prämisse hat einen fixen ausgangspunkt bpsw. die grundsätzliche Vermeidung von anglizismen. Das es ausnahmen davon gibt glaube ich gern.
Was den Allgemeingültigkeitsanspruch angeht ist es ja gerade die Sache der Diskussion hier dies zu verhandeln. Zumindest habe ich hier den Diskussionsverlauf so verstanden. Grundsätzlich scheint es dir sehr wichtig zu sein. Aber ich würde dir mal nicht unterstellen, dass du deine Tochter bestrafst, wenn sie „safe brudi“ sagt. Oder einen Brockhaus nach Leuten wirfst die anglizismen benutzen

Sowohl bewusst/unbewssute ideologiische Einflüsse, wie auch der allgemeingültigkeitsanspruch sind auf einen Kontinuum zu verorten und ich sehe dich jetzt nicht bei den weltnetzern vonn der NPD.

Achso der verweis auch Hochdeutsch wird häufig verwendet, um Leute herablassend zu behandeln oder nicht ernstzunehmen etc. Das ist übrigens der historische Ausgangspunkt der definierten Gramatik.

Na bei jurtischen Fachthemen macht ulf, dass schon, was eigentlich auch der Hauptgrund ist warum ich den Podcast höre.

Bei Bias wäre ich mir nicht so sicher. Die empirische Psychologie ist noch nicht soo alt.

Genossin Hihi.
ich sag nicht dass es ideal ist, aber das Problem ist doch recht relativ.

Franzosen müssen schnell reden, da manche Formulierungen doch sehr umständlich lang sind ^^. Was das Training angeht mag eventuell sein, würde allerdings nur dafür sprechen noch früher englisch zu lernen. Zu mal Freunde von mir erst spanisch und französisch parallel gelernt haben und dann erst englisch und alle drei Sprachen ziemlich perfekt sprechen. Also es gibt schon Möglichkeiten.
Die Verbindung liegt in der kulturellen Überbetonung der Sprache, natürlich ist das keine Zwangsläufigkeit, allerdings gerät das erlernen elementarer Fremdsprechen in den Hintergrund, wenn man vor allem damit beschäftigt ist die eigene Sprache zu bewahren.
Vor allem sollte man hier auch betonen, das die kulturelle Betonung der eigenen Sprache vor allem (nicht ausschließlich) eine Diskussion für wohlhabende Staaten sind. In anderen Staaten steht das gar nicht zur Debatte, da besucht man teilweise direkt bspw. englische oder französische Schulen, weil die Mehrsprachlichkeit zentral. Klar in Deutschland ist das auch wichtig, aber man kommt auch mit rudimentärem englisch durch.

Ich mag die französische Sprache trotzdem ist die ein kuriosum. Diese menge an redundanzen, füllwörten und Bustaben die fast irrelevant sind ist wirklich witzig aber das beste ist wohl das wechseln von dezimal zu vigesimal mitten im zählen. Die Wallonen machen das nicht.
Achso die Deutschen sind beim zählen übrigens ähnlich seltsam mit ihren verdrehten zahlen. Wie stehst du eigentlich dazu das mal abzuändern? Es gibt studien dazu die nahe legen, dass dies Kindern in mathe etc helfen würde.

Die Frage regionaler Sprachen, dialekte etc ist auch nur eine Frage der Verwendung und Bildung. Ich kenne sehr viele Leute die wechseln können zwischen ihren regionalen Dialekten und der jeweiligen Formalsprache. Regionaldialekte sind auch innerhalb des deutschen wirklich schwer zu verstehen dafür muss in keine Fremdsprache wechseln ^^
Der Grundsätzlich Punkt ist so dass man Sprachgebrauch flexibilisieren muss, dazu gehört auch dass man mehrere Sprachen möglichst früh erlernt. Dabei lässt es sich halt schwerlich verhindern, dass beim wechsel zwischen Sprachen Dialekten etc. Sachen übernommen werden

Na fair point. Vielleicht sickern da meine persönlichen Erfahrungen zu sehr in das Bild. Ist natürlich schwierig Namen richtig auszusprechen.

Was die Kritik an den USA angeht freut man sich in Deutschland immer wenn die Amerikaner sich mal wieder seltsam verhalten, man sollte sich jedoch stets daran erinnern, dass die Amerikaner einen funktionierenden multikulturellen demokratischen Staat mit einer demokratischen Kultur haben. Die Deutschen hingegen haben nen homogenen Staat der nur durch Besetzung demokratisch wurde und beim ersten Anzeichen von sogenannten nicht Deutschen brennen Häuser und finden Hetzjagden statt. Das kann man in der Forschung nachlesen die politische Kultur in Deutschland wird erst seit kurzer zeit als zumindest in teilen partizipativ gesehen. Das steht im völligen Gegensatz zur USA.

Nach der neusten Rechtschreibreform schriebt übrigens statt ss sz :wink:

und immer dran Denken: A Hawara is a Hawara, a Kiwarer is ka Hawara ^^

1 „Gefällt mir“

@eule, ich antworte hier auch @pdaser. Ich selber kann kann zu diesem Thema eigentlich eher aus einem Bauchgefühl schreiben und nicht durch sprachliches Wissen begründet.

Ich stimmt @pdaser bei, in dem was ich gelesen habe - allerdings nicht bei der Webseite.

Ich finde, dieses Wort ist ein perfektes Beispiel für das, was schief läuft. Site wird ausgesprochen wie die Seite und auf den ersten Blick scheint es das gleiche zu sein, also wird website durch Webseite ersetzt und angenommen, dass es das gleiche ist. Dem ist, wie von @eule erklärt, nicht so. Warum wurde nicht anfangs versucht, für website ein anderes Wort zu finden? Z.B. Webanlage oder Webort? Ist aber auch wiederum problematisch, weil das ja durchaus eine Weberei oder der Ort, an dem gewebt wird, sein kann. In diesem Fall wird das deutsche „Weben“ auch noch ganz anders ausgesprochen als das englisch „web“. Das lustige ist ja auch noch, dass das (engl.) Web ein Spinnen-Netz ist, das ja durchaus von Spinnen gewebt wird. D.h. würde das Wort „Webanlage“ wie das deutsche Weben mit langem ‚e‘ ausgesprochen, könnte es durchaus als Übersetzung für Website durchgehen.

Ich mag Anglizismen nicht, weil sie zu Ungenauigkeiten und Schludrigkeiten in der Sprache führen. Es ist nicht mehr möglich, sich genau auszudrücken, weil sie in sich ungenau sind, weil nicht definiert ist, was unter dem Wort wirklich zu verstehen ist.

Es muss permanent zwischen englischer und deutsche Hör- und Sprachweise gewechselt werden - ich empfinde das als anstrengend.

Als ich das erste Mal das Wort „Backshop“ gelesen habe, habe ich es im Geiste als Bäckshop ausgesprochen und mich gewundert, was ein Zurückladen sein soll.

Ein Kind fragt seine Mutter im Zug (vor ein paar Jahren gehört), was online ist (deutsch ausgesprochen) und die Mutter erklärt es und sagt, es würde onlein ausgesprochen. Kind fragt, warum es dann anders geschrieben wird.

Als ich vor Jahren einen BH kaufen wollte, fragte mich die Verkäuferin, ob er „padded“ sein soll, und sie war nicht in der Lage, mir das Wort auf Deutsch zu erklären bzw. mir das deutsche Wort dafür zu nennen.

Ich bin in vorgerücktem Alter, aber sprachlich nicht unflexibel. Ich bin Anhängerin des Genderns (hierfür z.B. finde ich gerade gar keine Übersetzungsmöglichkeit) und fühle mich schon seit längerem nicht mehr angesprochen, wenn in einer rein männlichen Sprache geredet wird und liebe es, im Fernsehen in Nachrichten des ÖR das Binnen-I zu hören :slight_smile: - ja, und natürlich auch im Podcast der Lage.

1 „Gefällt mir“

Lieber Ulf!

Ich möchte mich hier ausdrücklich für Deine „Rückenstärkung“ bedanken. Dies umso mehr, als Du auch noch das schöne Sprachbild benutzt, zu meinem Schutz die Waffe meines „Feindes“, der in diesem Falle ja Dein Freund ist, zu zerstören. (Habe ich schon erwähnt, daß ich mich für Sprache (Nicht nur die deutsche!) begeistern kann und mir manchmal fast Freudentränen oder solche der Rührung in die Augen schießen, wenn ich wieder eine feine Figur erkannt habe?)
Insbesondere freut mich Deine Wortmeldung, weil ich zuvor von Deiner Begeisterung für das Anti-NPD-Video im Zusammenhang mit meinem Standpunkt recht enttäuscht war.

Einen guten Start in die neue Woche!

Peter

Hallo, Hufschmied!

Meine Entgegnung in einem Wort: Hä?

Etwas ausführlicher: Danke für Deine ausführliche Beschäftigung mit der Sache. Leider kann ich Dir nunmehr sicherlich sprachlich, eventuell auch intellektuell nicht mehr folgen. Ich strecke daher die Waffen, allerdings mit der Protestnote, daß ich mich etwas von der sprachlichen Atombombe vernichtet und weniger im Kampf mit gleichwertigen Waffen besiegt fühle.
Vercingetorix
(Aus „Asterix und der Avernerschild“ von Goscinny und Uderzo, herausgegeben vom EHAPA VERLAG GMBH 1972)
Deine Formulierungen kommen mir leider etwas wie das bei Hörern der „Lage“ wohlbekannte „überspezifische Dementi“ auf anderen Pfoten vor: Wenn es unverständlich genug formuliert ist, wird es schon als schlagendes Argument anerkannt werden.

Falls hinter dem Ganzen (wieder) in etwa steckt, daß man Anglizismen nicht kritisieren darf, weil Rechtsextreme das auch tun (Siehe das Anti-NPD-Antrags-Video, in dem eine Abneigung gegen Anglizismen und die Durchführung von Brandanschlägen in eine direkte Verbindung gebracht werden!), dann frage ich mich Folgendes: Darf man jedem, dem man nachweisen kann, daß es im Programm der MLPD etwas gibt, das einer seiner Positionen zumindest ähnlich ist, den Deutschen Herbst vorwerfen, wenn man es auch bei der Linken schafft, die Mauertoten nachlegen und zur Würzung des Ganzen bei der KPdSU genau hinschauen und im Falle einer einigermaßen erfolgreichen Suche Stalins Säuberungsaktionen hinzufügen? Bei dieser Vorgehensweise wird ein im politischen Spektrum recht heimatloser und damit mehr oder weniger überall in ausgewählten Teilaspekten wiederzufindender, sozialpolitisch zu weit links und umweltpolitisch auf zu grünem Boden stehender Konservativer wie ich ganz schnell an sämtlichem Unheil der Welt schuld sein. (Aber immerhin bekommt jeder andere auch ordentlich sein Fett ab!)

Vielleicht kann auch eine der dank der Vertrautheit mit einer Vielzahl von Anglizismen fachsprachlich beschlageneren Personen in dieser Diskussion mir mit einer „Übersetzung“ unter die Arme greifen? (War das jetzt gemein? Wahrscheinlich schon, aber nehmt es mit Humor!)

Das deutschsprachige Zahlensystem ist idiotisch, keine Frage. Eigentlich ein Wahnsinn, daß Euler, Gauß und weitere die Mathematik trotzdem so entscheidend voranbringen konnten.

Gruß

Peter

Hallo nochmals!

Auch hier kapiere ich nicht alles.

Aus meiner Sicht ist Sprache für Kultur jedenfalls absolut zentral. Ob man Bilder von Caravaggio, Vermeer oder Munch schöner findet, das wäre für mich tatsächlich eine reine Geschmacksfrage. Bei Anglizismen im Deutschen, insbesondere alle Woche wieder ein paar neuen, kommt es eben nicht nur zu geschmacklichen Problemen, sondern auch zu Verständnisproblemen z.B. meiner Schwiegermutter.

Sprachtalent ist sehr unterschiedlich verteilt. Ich glaube nicht, daß ein früherer Beginn mit Fremdsprachen bei allen automatisch ein ausreichendes Talent entstehen oder sichtbar werden läßt. Was ich aber glaube, das ist, daß heutige Kindergartenkinder vielleicht die falsche Sprache lernen, wenn man ihnen Englisch nahebringt, denn wir stehen doch (angeblich) am Anfang der asiatischen Dominanz (oder sind schon etwas weiter). Außerdem erledigt sich das Erlernen von Fremdsprachen im nächsten Jahrzehnt möglicherweise endgültig bzw. wird zum reinen Freizeitvergnügen, weil tragbare (oder im Ohr steckende oder implantierte) maschinelle Simultanübersetzer es möglich machen, daß die ganze Weltbevölkerung sich „frei Schnauze“ miteinander unterhält.

Die US-Amerikaner haben einen „funktionierenden multikulturellen demokratischen Staat“? Ich würde sagen, daß die „Lage“ da gerade in den letzten Jahren einen etwas differenzierteren Eindruck vermittelt hat. (Beispiel: Ausübungshürden beim theoretisch vorhandenen Wahlrecht)
War die Weimarer Republik nicht irgendwie vor dem Dritten Reich?
„Beim ersten Anzeichen von sogenannten Nicht-Deutschen [Meine Schreibweise] brennen Häuser und finden Hetzjagden statt“? Das ist jetzt schon eine etwas radikale Sicht, oder? Bei welchem Forscher, der einigermaßen breite Anerkennung genießt, kann man das denn nachlesen?

Schönen Abend!

Peter

Liebe MissJaneMarple!

Aha, da traut sich noch jemand aus dem Loch. :wink:

Ich finde eben auch, daß wir Deutschsprachigen da eben deutlich mehr Anstrengung und Kreativität an den Tag legen müßten. Im „Anti-NPD-Antrags-Video“ lästert der Redner z.B. über „Klapprechner“, wenn ich mich richtig erinnere. Das ist ein hervorragendes Beispiel für ein Wort, das wir heute selbstverständlich nutzen würden, wenn es bei Einführung der Gerätekategorie zügig etabliert worden wäre, davon bin ich überzeugt. Tatsächlich hört es sich heute leider deppert an. Stattdessen verwenden wir lieber „Schoßaufsatz“, weil das aber noch viel blöder ist, sagen wir es halt auf Englisch.

Einen schönen Abend!

Petert