Anerkennung von Homöopathie als Religion

Der Spruch war halb scherzhaft, aber wenn ich die Reihenfolge richtig im Kopf habe, kam die „Einstiegsdrogenhypothese“ auf, dazu wurden auch Paper zitiert, dann kam von dir „les ich nicht und glaub ich nicht“ und den Ball habe ich zurückgespielt. Und um eine Behauptung zu widerlegen muss man allgemein gesprochen schon irgendwas anführen, oder?

Ich hab mal „Homöopathie Querdenker“ gegoogelt. Erster Ergebnis:

Natürlich letzlich anekdotisch und nicht auf Anteile einzelner Leute in Gruppen anwendbar, aber diese Nähe ist doch unbestreitbar.

Zum Punkt Verschwörungsideologie: Das ist ja ein sehr buntes Feld, aber bei Hardcorehomöopath:innen, die gegen die „Schulmedizin“ wettern finde ich die Zuschreibung jetzt nicht völlig abwegig.

Danke für den Artikel. Ich wollte auch nie abstreiten, dass es da nicht Ähnlichkeiten oder Überschneidungen geben kann. Lohnt sich auch jeden Fall im Auge zu behalten. Allerdings gibt es auch manche Ärzte, die einige der Aussagen tätigen würden, z.B. von Durchseuchung sprechen, etc. Und im Artikel wird dann auch wieder der Bogen geschlagen zu Bill Gates und Chips, die verpflanzt werden - und das sagt die Hahnemann-Gesellschaft nun ja auch nicht.

Zur Einstiegsdrogen-Hypothese und den Papern: meine Einstellung war nicht „les ich nicht glaub ich nicht“. Allerdings schienen mir die Paper laut Abstracts um andere, allgemeinere Themen zu Verschwörungstheorien zu gehen. Die sind bestimmt interessant, aber so viel Zeit hab ich dann auch nicht. Falls sie sich wirklich auf unser konkretes Thema und eben die „Einstiegsdrogen-Hypothese“ beziehen, gerne daraus zitieren!

Zur Verschwörungsideologie: dazu gehört schon viel mehr, z.B. der Glaube an Eliten, die die Welt kontrollieren wollen. Auch hier gibt es bestimmt Überschneidungen zwischen Anhängern, aber das hat zunächst mal gar nichts mit Homöopathie zu tun. Und es gibt schon auch manche Gründe, gegen die Schulmedizin zu wettern, auch wenn man kein Homöopathie-Anhänger ist :wink:

Naja, in der Wissenschaft gilt erst mal die Nullhypothese, oder? Heißt Gleichverteilung, wenn nichts anderes aufgezeigt wird. Und darum ging es mir: bisher ist eben die Vermutung, dass der Anteil an Homöopathie-Anhängern unter Querdenkern signifikant höher ist nur eine Hypothese, die auf Wahrnehmungen beruht. Und ich habe eine etwas andere Wahrnehmung (wobei ich hier auch nicht ausschließen will, dass es anders ist - natürlich ist das eine Möglichkeit und meine Wahrnehmung ist selbstverständlich subjektiv). Deshalb will ich auch gar nichts widerlegen, weil wir momentan alle nur über unsere Eindrücke hinsichtlich der Verteilung reden.

Das sind wichtige Punkte, die du ansprichst. Ich glaube man kann hier aber noch mal differenzieren. Du beziehst dich hier auf den Forschungsprozess, der inzwischen ethischen Regeln unterliegt.

Dass Wissenschaft immer das liefert, was politisch gewollt ist, würde ich so aber nicht unterschreiben. In den Beispielen, die du bringst ist das bestimmt der Fall. Aber ich glaube jetzt nicht, dass Dr. Drosten der Bundesregierung zuarbeitet. Im Gegenteil - teilweise ist er ja sogar recht unbequem. Natürlich ist auch das RKI bestimmten Wertvorstellungen verpflichtet, aber es ist bestimmt kein Instrument der Herrschenden, oder?

Was @eratosthenes25 glaube ich sagen wollte, war, dass Menschen, die einen harten Lockdown befürworten, gleichzeitig eine moralische Wertung in ihre Aussage mit rein bringen (was man auch tun kann), die aber in den wissenschaftlichen Ergebnissen so nicht vorhanden ist.

Ich denke, ein Fehler ist es, Homöopathie isoliert betrachten zu wollen. In der Regel ist es doch aber so, dass eine Offenheit zu Homöopathie einhergeht mit der Offenheit gegenüber anderen Alternativ-/Pseudomedizinen.

Meines (Halb-)Wissens nach ist die Zugehörigkeit zum „Bildungsbürgertum“ ein statistisch relevanter Faktor, was die Offenheit für alternative Medizin angeht, gleichzeitig ziehen sich Verschwörungstheoretiker aber durch alle Gesellschaftsschichten.
Vielleicht ist daher eher so, dass Rechte & Verschwörungstheoretiker oft eine Nähe zur Alternativmedizin suchen, weil diese sich gut in bestehende Verschwörungserzählungen einbinden lassen und nicht, dass jede Person die an Homöopathie glaubt, gleich ein Verschwörungstheoretiker ist.

Die Kombination von Antroposophie/Steiner/Waldorf, Verzicht auf „Chemie“ und Unterstützung von „natürlichen“ Methoden, pauschaler Ablehnung des Gesundheitssystems (…) kann da aber natürlich trotzdem eine Basis bilden, auf die Verschwörungstheorien (z.B. „Pharmamafia“) und insbesondere auch Antisemitismus dann aufbauen können. Insbesondere die Coronaleugner haben ja auch erschreckend viel Zulauf aus dem linken und grünen Bereich.

Es ist also wohl eine etwas schwierige Beziehung zwischen Alternativmedizin, Verschwörungstheorie und Rechtsradikalismus.
Ein bisschen googlen hat folgendes ergeben:

Waldorf/Rudolf Steiner:
Nazi-Vorwürfe gegen Mahlsdorfer Schule
Rechtsdrehend an der Waldorfschule: Das autoritäre Erbe
Waldorf-Pädagogik: Auf Tuchfühlung mit dem rechten Rand

Alternativmedizin:
Die „Germanische Neue Medizin“ von Ryke Geerd Hamer
Kopp-Verlag - Pseudomedizin und Verschwörungstheorien in einem Verlag
YouTube - Gefährliche Allianz: Grüne Esoterik und braune Philosophie? | DokThema | Doku | BR
Vielfalt Mediathek - Alternativmedizin und Rechtsextremismus

Scheint also auf jeden Fall eine Verbindung zu geben, wobei der Sprung von Homöopathie im einzelnen zu Alternativmedizin im ganzen natürlich auch nochmal etwas ausmacht. Nicht jeder der Globuli nimmt, glaubt an Hand auflegen gegen Krebs.

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Dann finde ich es aber trotzdem wichtig Wissenschaft als Instrument zu haben um die Machthabenden auf den Boden der Tatsachen zu holen… Ich wünsche mir eigentlich viel mehr Wissenschaftler*innen, die auf den Straßen sind und für de Dinge einstehen, an die sie glauben und denen sie ihr Leben verschrieben haben…

Fairer Punkt, aber ich bezweifle dass es jemals eine Studie geben wird die diese Zusammenhänge als klare Zusammenhänge von Ursache und Wirkung zeigen kann. Gerade Sozialwissenschaften haben es da sehr schwer weil ihr oft eine adequate Kontrollgruppe fehlt. Nicht jeder xy glaubt auch z. So klar sind die Linien selten. Man kann jedoch statistische Korrelationen sehen - daher habe ich die Artikel angehängt, die sich mit solchen Korrelationen beschäftigen und später noch einmal zusammengefasst, was einige der Erkenntnisse und Theorien zurzeit sind.

Ich erwarte allerdings dass es nach der ersten Ära Trump ein erhöhtes Interesse an dieser Art von Forschung geben wird und es viele Studien zu diesen Themen in den nächsten Jahren geben wird… :wink:

Genau das wollte ich sagen, danke. :slight_smile:

@Kenny :Ob das Rassismus ist, wage ich zu bezweifeln. Ich gehe eher davon aus, dass es mit der Blase der deutschen Sprache zu tun hat. Im Zweifel gehen internationale Forscher gleich welcher Hautfarbe und welchen Geschlechts lieber in ein englischsprachiges Land. Außerdem sind die meisten Universitäten in Deutschland bestenfalls Mittelmaß. Es ist derzeit en vogue, überall Rassismus und Sexismus zu sehen, ich glaube, es lohnt sich, genauer hinzuschauen.

Schon zu diesem Zeitpunkt haben sie den Werten von Aufklärung widersprochen. Wissenschaft im dritten Reich ist nun nicht repräsentativ. Dasselbe kann ich dann auch für Journalismus und Kunst behaupten und sagen, dass sie nicht frei von Moral der Zeit sind. Auch politisch geförderte Forschung im kalten Krieg war zu dem Zeitpunkt nicht völlig legitim, sondern hatte den Ruch des Einflusses.
Insofern gibt es ein Ideal, das auch in den von dir genannten Zeitaltern existierte, und alles andere ist ein Abweichen von diesem Ideal bis hin zur Perversion. Die Perversion ist aber nicht der Normalzustand. Da ist mir deine Argumentation etwas zu pauschal.

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Natürlich wird es Rassismus und Sexismus auch an deutschen Hochschulen geben, allein schon aufgrund der Tatsache, dass gewisse rassistische und sexistische Muster gesellschaftlich verankert und damit in allen möglichen Bereichen anzutreffen sind.
Ich würde das allerdings auch weniger mit dem Anteil internationaler Wissenschaftler:innen, sondern eher an der mangelnden Durchlässigkeit des Bildungssystems und der Ungerechtigkeit für Nichtakademikerkinder (die überproportional einen Migrationshintergrund haben), den schlechteren Leistungen von Jungen in der Schule in Bezug auf Sprache&Lesen, dem geringen Anteil von Frauen im MINT-Bereich, etc. begründen. Zumindest im Bereich Sexismus wird allerdings glücklicherweise seit einigen jahren sehr viel im MINT-Bereich gemacht. Das Problembewusstsein ist also da.

Steile These. Natürlich gibt es Aktivist:innen, die radikaler sind und vllt auch übertreiben. Nicht jeder Vorwurf erhärtet sich am Ende auch.
Das delegitimiert ja aber nicht die Menge der Vorwürfe als solche. „Genauer hinsehen“ ist natürlich immer gut, aber eben nicht mit dem impliziten Vorurteil, dass die ja „sowieso überall Rassismus und Sexismus sehen“ und man sie deswegen vielleicht nicht ganz so ernst nehmen müsse.

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Nochmal zurück zum Thema: auch wenn man Homöopathie nicht verbieten muss, muss die Zulassung von Arzneimitteln auf eine rein wissenschaftliche Basis gestellt werden. Das aktuelle Verfahren für Homöopathie ist beschämend und absurd!

Homöopathie-Gesetz: Deutschlands schlechtestes Gesetz - YouTube

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Ich glaube da werden wir uns nicht einig. Für mich ist es so sehr teil der täglichen Praxis dass ich mich bereits daran gewöhnt habe es zu akzeptieren. Förderung kommt von politischen Institutionen, die immer Schwerpunkte setzen. Durch Covid kann man das gerade wunderbar beobachten und ich hatte eine Quelle im Kopf, konnte aber den verdammten Artikel auf Anhieb nicht finden. Hier ist er:
https://www.nature.com/articles/d41586-020-03388-w

Ein paar zusätzliche Beispiele: Das erste strukturierte Bildungssystem der Welt stammt aus dem britischen Empire um den Nachschub an Verwaltern sicher zu stellen, die schreiben und rechnen können. Aus ähnlichen Gründen hat sich das Bildungssystem in der westlichen Welt verbreitet. Es hätte noch vor 30 Jahren keine eigene Sparte in der Wissenschaftsförderung für Forschung am Klimawandel gegeben, dafür aber massive Investitionen in die Atomenergie. Das ganze Bildungssystem ist mehr auf MINT-Fächer als auf Geistes- und Sozialwissenschaften ausgerichtet, nicht weil sie wichtiger für die Menschheit sind sondern weil diese Professionen auf kurze Sicht für die Wirtschaftsleistung nötig sind. Und die Liste könnte man unendlch weiter führen.

Derzeitige Forschungsschwerpunkte des neuen HorizonEurope Programms finden sich hier:

Es gibt zwei ganze Sparten für industriell und politisch motivierte Forschungsziele, die vielleicht recht interessant sein könnten.

Besser kann man es einfach nicht zusammenfassen. Wenn es eine Politiker*in sich auf die Fahnen schreibt dieses Gesetz loszuwerden, ist meine Stimme sicher. :slight_smile:

Mit dem Kompromiss aus den USA könnte ich gut leben und würde dafür Plädieren ihn auf die komplette Kosmetikindustrie auszuweiten, was dort ebenfalls der Fall ist…

Dann kann man von einer informierten Entscheidung der Verbraucher*innen reden und könnte vollkommen tolerieren, wenn sich informierte Patient*innen für diesen Weg entscheiden wollen.

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Bei den Grünen gab es im letzten Jahr eine deutliche Homöopathie-kritische Bewegung (trotz der Eso-Spinner-Fraktion, die es natürlich auch noch gibt). Habe das Programm allerdings noch nicht gelesen.

Hier eine Podcast-Folge zur Debatte bei den Grünen: gmp055 Paula Piechotta - Die Grüne Homöopathie-Debatte — Gesundheit.Macht.Politik — Overcast
gmp055 Paula Piechotta - Die Grüne Homöopathie-Debatte — Gesundheit.Macht.Politik — Overcast

Edit: Link

Das sehe ich auch so. Die Durchlässigkeit des Bildungssystems ist seit den 80er Jahren meiner Meinung nach sukzessive zurückgegangen. Übrigens sind es nicht nur die bösen Institutionen, sondern auch die Eltern, die Mädchen noch alte Patterns beibringen, nicht selten die Mütter. Aber das ist ein anderes Thema.
Und ohne gleich auf Sarrazin abheben zu wollen: Immer nur „ein System“ anzuklagen, ist mir zu wenig. Es muss auch Bildungsbereitschaft geben. Selbst bei einem durchlässigen System braucht es aus bildungsfernen Schichten immer auch eine Extraanstrengung. Ja, das ist ungerecht, aber die Geburt ist nicht immer gerecht und wird sie auch nie sein. Ein System kann nur versuchen, durch Qualität, Bildungszugänge und Durchlässigkeit Anreize zu geben. Durch das Tor durchgehen muss dann jedes Individuum selbst.

Das erscheint mir auch ein Unterschied zu dem Ansatz der 70er Jahre: Selbstverantwortung und Bildungserwerb war immer gekoppelt. Heute ist der Diskurs deutlich „opferlastiger“.

Dass es Rassismus gibt, unbestritten. Sexismus - sicher. Der Diskurs geht nur zunehmend in RIchtung „Identity Politics“. Es gibt nicht wenige, die darin zunehmend undemokratische und autoritäre Tendenzen sehen, und ich gehöre dazu. Von Identitätspolitik halte ich sehr wenig. Es reduziert die Identität auf Hautfarbe und Sexualität und baut ein wütendes Opfernarrativ drumherum. Aus dem Opfernarrativ entsteht dann moralische Überlegenheit, die wiederum in automatisch legitimierte, auch gerne autoritäre Maßnahmen umschlagen. Eine gefährliche Denkrichtung. Ich finde gerade einen Link zu einem interessanten Artikel im Atlantic gerade nicht, reiche ich gerne mal nach.
Aber das führt zu weit in diesem Diskurs, glaube ich. :thinking:

Sicherlich denken nicht alle so, nur werden die sozialen Medien davon dominiert.

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Ja, da müssen wir uns ja auch nicht komplett einig werden. Dass es politische Förderung gibt, das bestreite ich ja auch gar nicht. Die Frage ist doch, ob die wissenschaftliche Arbeit und Methodik an sich wertfrei ist oder nicht. Das heißt, ob Resultate produziert werden, die gewünscht sind im Sinne von „hingebogen“. Welche Schwerpunkte eine Gesellschaft z.B. in der universitären Forschung setzt, das ist sicher unterschiedlich. Das heißt aber nicht, dass wir in einem theokratischen oder totalitären Regime leben, die bestimmte Forschungen verbieten. Siehe Saudi-Arabien und Gender Studies. Oder konterrevolutionäre Studien im Maochina. Jeder hat die Forschungsfreiheit und wird im Idealfall nur gemessen an den Ergebnissen und den Methoden. Das ist das Ideal, was ich meine. Dass die Welt nun mal nicht ideal und manchmal ziemlich bescheiden ist - nun ja.

Dazu kann ich ergänzen, dass das deutsche Bildungssystem im Kern noch aus den Stein-Hardenbergschen Reformen entstammt und damit sehr preußisch ausgerichtet ist. Ziel war es, einen produktiven Staatsbürger zu schaffen. Kreative Bereiche standen da lange zurück. Klar, jedes Bildungssystem soll ein gesellschaftliches Ideal erfüllen. Das ist schon spannend, wenn man zum Beispiel das koreanische, das norwegische und das chinesische vergleicht.

Na ja. Deutschland bringt schon viele Geistes- und Sozialwissenschaftler hervor, nicht? Und auf dem Gymnasium haben wir mittlerweile ein Problem in den MINT-Fächern, da gehen die Leistungen merklich nach unten. Ich sehe da eher eine zunehmende Lücke im Vergleich zur asiatischen Konkurrenz…

Ich glaube du hast recht damit, dass das in dieser Diskussion zu weit führt. Trotzdem wollte ich kurz loswerden, dass ich Identitätspolitik auch für sehr bedenklich halte. Teilweise wird diese auch von Feministinnen kritisiert (z.B. von der lesbischen Autorin und Filmemacherin Caroline Fourest), die sich aber mit ihrer Kritik in einen Sturm des Zorns und der Anschuldigungen begeben. Mit der Identitätspolitik stellt sich die Frage was links ist ganz neu. Die klassische Linke sieht sich ja eher gruppenübergreifend und vereinend, während diese neue Strömung die eigene Gruppe abschottet.

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Ja, es gibt bildungsferne Schichten und ja, diese haben es oft schwerer. Ich würde daraus aber eine andere Konsequenz ziehen:
Du sagst, diese Menschen müssten sich immer etwas mehr anstrengen, Geburt sei nicht immer gerecht. Das ist die Realität, aber ich bin der Überzeugung, dass die daraus folgenden Konsequenzen nicht in Stein gemeißelt sind. Andere Länder machen es ja vor, eine deutlich gerechtere Bildung ist möglich und am Ende profitieren davon alle, auch die nicht von vornherein Benachteiligten. Natürlich heißt das nicht, dass man Unterschiede zu 100% ausradiert, Menschen treffen trotzdem individuelle Entscheidungen: Es gibt aber einfach noch viele Möglichkeiten „Qualität, Bildungszugänge und Durchlässigkeit“ wie du sagst deutlich zu verbessern.
Außerdem bin ich auch der Meinung, dass ein wohlhabendes Land wie Deutschland eben auch den Anspruch haben sollte, ein sehr gutes Bildungssystem zu besitzen.


Grundsätzlich denke ich, auch Identitätspolitik hat ihre Legitimität, genauso wie es Kritikpunkte daran geben kann. Hautfarbe und Sexualität werden deshalb fokussiert, weil diese neben dem Vermögen in der Regel die größten Ursachen für gesellschaftliche Ungleichbehandlung waren und sind. Zunehmende „autoritäre oder undemokratische Tendenzen“ wären selbstverständlich ein Problem, auch wenn sie aus einer „guten“ Intention heraus passieren. Meiner Wahrnehmung nach mangelt es ja aber nicht an Kritik an allem, was sich irgendwie als Identitätspolitik interpretieren lässt. Teile der Kritik teile ich sogar, die häufige pauschale Verurteilung nicht.

Die meisten Menschen sind auch deutlich gemäßigter und konstruktiver, wenn man sich mit ihnen persönlich unterhält, statt sich auf Twitter vorgefertigte Meinungen entgegenzuwerfen. Dementsprechend ist Social Media immer etwas unter Vorbehalt zu bewerten.
Definitiv nicht konstruktiv ist es, sich auf die radikalsten und extremsten Auswüchse zu fokussieren und anhand derer den gesamten Bereich abzuwerten. → „wütendes Opfernarrativ“. Es ist auch sehr bequem, Menschen, die sich ungerecht behandelt fühlen (und es faktisch lange auch wurden und in Teilen nach wie vor werden), ihre Wut vorzuwerfen. Man kann als Frau schonmal wütend über die gigantische Anzahl an Sexualverbrechen sein, die in der Regel von Männern verübt werden, man kann als asiatischstämmige Person schonmal wütend über den Anstieg der Straftaten gegen asiatisch aussehende Menschen (in den USA) seit Corona werden und man kann als Schwarzer auch mal wütend werden, wenn man deutlich häufiger grundlos kontrolliert und bei gleichen Vergehen signifikant härter bestraft wird, als Weiße.
Das heißt nicht, dass diese Wut immer konstruktiv ist, oder dass man den daraus gezogenen Konsequenzen immer zustimmen muss, aber das heißt, dass die Wut (meiner Meinung nach) absolut verständlich ist.

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Da bin ich ja voll bei dir. Faktisch habe ich auch kritisiert, dass das (öffentliche) Bildungssystem durch Qualitätsabbau, Mangel an Finanzierung und einer falsch verstandenen Anspruchsreduzierung vielen den Weg mittlerweile eher versperrrt, die nicht über finanzielle Mittel verfügen.
Insofern völlig d’acccord!

Wut ist verständlich. Natürlich. Schwierig wird dieses subjektive Gefühl, wenn es zu einer Leitschnur für den öffentlichen Diskurs wird. Wenn also eine verletzte Person plötzlich höhere Moralität qua Verletzung in ihren Aussagen bekommt und Gegenpositionen in einem moralischen Shitstorm enden. Insofern ist es schon relevant, was in der Post-Social-Media-Demokratie in den sozialen Medien passiert, oder?

Am Ende entsteht meiner Meinung nach ein Subjektivitätswettbewerb der Verletzung und Wut, wenn ich dann noch intersektional denke, mit klarer Hierarchisierung. So kann man dann weiß/schwarz, Frau/Mann, cis/LGBTQ, arm/reich, gesund/behindert frei verbinden und erhält eine subjektive Verletztheitshierarchie. Weiße Frau ist unterdrückt, aber doch irgendwie privilegiert; PoC/lesbische Frau ist per se unterprivilegiert, auch wenn sie in wohlhabender Familie geboren ist etc. Weißer nicht cis-Mann irgendwo dazwischen, aber etwas privilegierter als PoC nicht-cis-Mann.
So segmentiert man sich in eine auf systemischen Opferstatus beruhende Empörungsgesellschaft, mit der keine gesamtgesellschaftliche Politik mehr zu machen ist.

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Also was ich mitbekommen hatte war dass sie es auf dem Parteitag kurzfristig von der Tagesordnung gestrichen haben damit es keine Konflikte gibt… Das war eher mein Eindruck bisher aber ich bin sehr offen für konkrete Vorschläge aus dieser Richtung :slight_smile:

Deretwegen setzt zwar kein Glyphosat („Chemie“) ein, aber in Dauerkulturen z.B. Kupfer mit bis zu 3kg pro Jahr und Hektar, um Pilze loszuwerden. Ist jetzt keine klassische Chemiekeule, aber auch nicht gesund und kann sich im Boden anreichern.