Abschaffung der Sektorenziele

Ich denke, worauf @Schlossermeister anspielt, ist die Unterscheidung zwischen elementaren, fundamentalen Menschenrechten, die den Kern der Menschenwürde berühren, und dem, was darüber hinaus geht.

Gerade bei der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte ist das Wort „Willkür“ immer ganz zentral.

Gerade das Abstellen auf die Willkürlichkeit sagt hier ja auch, dass nicht willkürliche Einschränkungen durchaus vorgesehen sind. So gesehen gilt für die AEMR nichts anderes als für die Grundrechte nach dem Grundgesetz (GG), der europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) oder der Grundrechtecharta der EU (GRC). Viele Grundrechte haben eingebaute Gesetzesschranken und fast alle Grundrechte (im GG alle außer der Menschenwürde) können im Falle einer Grundrechtskollision eingeschränkt werden, was erstaunlich oft vorkommt.

Was @Schlossermeister hier also wohl meint, ist, dass in Anbetracht der immensen Gefahren für Leib und Leben (und die gesamte Gesellschaft dieses Planeten) es sehr fragwürdig ist, wenn Aspekte wie die Wohlstandssicherung, maximale Profite der heimischen Industrie oder die Gewährleistung der Wettbewerbsfähigkeit in der Abwägung kollidierender Interessen höher bewertet werden als die Konsequenzen des Klimawandels. Und das ist durchaus nachvollziehbar.

Auf der anderen Seite sehe ich natürlich auch das Risiko, dass diejenigen, die freiwillig die größten Entbehrungen auf sich nehmen, Gefahr laufen, wirtschaftlich abgehängt zu werden - wie so oft im Kapitalismus gewinnen die Egoisten, die es schaffen, ihre Kosten zu vergesellschaften (und nichts anderes ist Wirtschaftswachstum auf Kosten der Umwelt langfristig). Aber wenn jede Nation nach dieser Prämisse handelt, führt das eben zwangsläufig zu völligem Stillstand und wir schauen alle zu, wie wir den Planeten vor die Wand fahren. Das kann’s daher auch nicht sein. Wir befinden uns wieder in einem klassischen Dilemma.

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Die Auswirkungen des Klimawandels werden sehr vielen Menschen (vor allem im globalen Süden) in ihren Menschenrechten beschneiden. Oder überspitzt gesagt wird unsere Art des „Sicherung unseres Wohlstandes“ die Sicherung der Armut und die Beeinträchtigung der Würde (Flucht => Fluchtursachen nicht bekämpfen) von anderen sein. Denn unsere Handeln oder besser gesagt unser Nichthandeln wird die kommende Klimakrise verschärfen.

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Dazu musst du mit Regenwaldexperten sprechen. Ich habe gerade in einem Vortrag von Prof. Konrad Fiedler, Uni Wien, gelernt, dass das nicht sehr einfach ist, weil im tropischen Regenwald die Humusschicht fehlt. Das System funktioniert im Regenwald völlig anders als in unserem europäischen Wald, der gewohnt ist, mit Brand, Sturmschäden etc. umzugehen und ganze Flächen aus sich heraus nachzubewalden. In den (feuchten) Tropen spielen natürlicherweise Brände und andere Kahlschlagereignisse keine Rolle, sondern es werden nur immer mal einzelne Baumriesen umfallen und aus den umliegenden, kleineren Bäumen ersetzt.

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Update: Schon jetzt, bevor die kastrierte Fassung des Klimaschutzgesetzes in Kraft ist, erteilt das Kanzleramt dem Bundesautominister einen Freifahrtschein: Wissing muss kein Sofortprogramm vorlegen

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Weil wir das Thema Kipppunkte und Reversibilität hier hatten:

Kurzzusammenfassung: Es ist kompliziert. Energiewende besser jetzt als später. Apokalypse-Denken ist wenig hilfreich.

Ich verstehe nicht, warum diese Diskussion darüber, ob die Kipppunkte nun doch nicht so dramatisch sind und welche „Sicherheit“ die Wissenschaft darüber aktuell hat, immer wieder aufgemacht wird. Wir „füttern“ damit nur die Skeptiker gegenüber Klimaschutz: „Siehst’e, die Wissenschaft weiß es ja doch nicht. Wir sollten erst mal abwarten, bevor wir alles auf den Kopf stellen.“

Das Argument bleibt:

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Das sagt ein Klimaforscher, der will halt in Ruhe forschen.

Im gleichen Artikel steht auch:
„Eine andere Lesart versteht die Kippelemente viel stärker als die ersten Steine in einer Domino-Kette. Sie können vielleicht später wieder aufgestellt werden, aber zunächst lösen sie eine Kettenreaktion aus, die erst einmal viele neue Probleme bringt.“
und
„Es könnte sein, dass die bisherige Erwärmung sogar bereits ausreicht, um diesen Kipppunkt in Gang zu setzen.“

Die Forscher haben halt ausgerechnet, dass es für ihr Leben schon noch nicht zu den Kippunkten kommt, hoffen sie zumindest.

Aus solchen Artikeln kann man also rauslesen, was man gerade gerne möchte.
Da steht gleichzeitig drin, dass es demnächst zum kippt, und es steht drin vielleicht auch gar nicht.

Bei einer Sache bin ich selber von überzeugt. Solche Aussagen:
„Ich fände es besser, konsequente Wege in die kohlenstofffreie Energieversorgung zu fordern und zu verfolgen. Ich habe hier allerdings keine gute Idee, wie man das gut benennen könnte.“
sind komplett nutzlos um auch nur irgendeine Wirkung zu erzielen.
Schade für die Druckertinte.

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Ich wollte den Artikel nur der Vollständigkeit hier mit aufführen. Dort wird (aus meiner Sicht) gut ausgeführt, dass das Vorhandensein der Kipppunkte und das Zusammenspiel von positiven und negativen Feedbacks noch ziemlich unklar sind. Ebenso wird erklärt, dass viele Prozesse reversibel sind.

Genauso wird aber auch darauf hingewiesen, dass wir trotz aller Unklarheiten den Klimawandel ernst nehmen und dringend Klimaschutz betreiben müssen. Und es wird völlig richtig erklärt, dass Apokalypse-Denken völlig unangebracht ist.

Aus meiner persönlichen Sicht ist das ein gutes Beispiel wie Wissenschaftler und Wissenschaftsredaktionen kommunizieren sollten.

  1. Fakten kommunizieren
  2. Unsicherheiten benennen
  3. Emotionalisierung vermeiden oder Emotionalisierungen sogar aktiv wiedersprechen
  4. Persönliche Wertung als solche kennzeichnen, statt in die Wissenschaft einen Absolutheitsanspruch zu formulieren:

    Ich fände es besser, konsequente Wege in die kohlenstofffreie Energieversorgung zu fordern und zu verfolgen.

Wenn Klimaskeptiker korrekte Wissenschaftskommunikation so verstehen, dann verstehen sie sie falsch. Punkt 4 benennt ja klar eine positive Präferenz. Nur macht es halt Wissenschaftler völlig unglaubwürdig wenn sie hochkomplexe, nicht abschließend geklärte Prozesse, auf zwei markante Sätze reduzieren (müssen?) und Unsicherheiten völlig wegrationalisieren.

Aber ich kann natürlich verstehen, dass du Sorge vor einer Instrumentalisierung der Gegenseite hast. Ich fürchte, nur damit muss man Leben. Und Marc-Uwes Text ist natürlich zeitlos um auch Skeptiker zu stellen.

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Was ich im Nachhinein sehr skurril finde:

Nachdem mehr oder weniger reibungslos und ohne große Diskussion die Abschaffung der Sektorziele beschlossen wurde, folgte sofort die unsägliche „Heizungsdebatte“, die monatelang das ganze Land im Atem hielt.
Und niemand, wirklich niemand, hat dabei nochmal die Frage eingeworfen, ob es wirklich so vernünftig ist, die Verkehrssektor-Emissionen von den anderen Sektoren kompensieren zu lassen.

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Apokalypse-Denken ist gleich Resignation, also per se nicht hilfreich. Das sehe ich bei LG genau nicht. Sie tun was, nehmen Widrigkeiten auf sich, während ein ziemlich grosser Rest einfach weitermacht wie gewohnt. Die LG benutzt zwar apokalyptische Bilder, aber nur um die Leute wachzurütteln. Und dass die Zusammenhänge hyperkomplex sind und keines der jetzt irgendwie im Umlauf befndlichen Szenarien genau eintreffen würde oder wird, das ist ja wohl klar.

Aber was soll die „Warnung“ der Forschenden vor der sicher vereinfachenden
Vorstellung der „Kipppunkte“? Dass es „komplizierter“ ist sagt nicht, dass es nicht so schlimm werden wird. Leider wirkt die zitierte Meldung wie eine unterschwellige Beruhigungspille, mal wieder.

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Nicht im diesem Zusammenhang, sehe ich auch so.
Die Abschaffung der Sektorziele könnte ein Ampel Agreement in Vorbereitung der nächsten Wahl sein. Dadurch wird das Verfehlen auf alle Koalitionsparteien gleichmäßig verteilt.

Also, ich würde die nicht gestellte Frage mit ja beantworten.
War es nicht immer das Budget an noch emittierbaren CO2, das relevant ist? Vollkommen egal, ob es Bauen, Verkehr oder Strom oder in der Summe erreicht wird. Ein über alle Sektoren geltende Emissionshandel würde nämlich genau das verursachen. Im Endeffekt muss das Ergebnis stimmen.

Wenn am Ende die Kurve bei Netto-Null landet, ist alles gut.

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Ein über alle Sektoren geltender Emissionshandel würde zuallererst da Einsparungen bringen wo sich alle gegen scheuen un die Gelben massivst dagegen sind überhaupt etwas zu tun: im Verkehrssektor

Schlicht weil dort Maßnahmen am billigsten sind.

Das weiß die FDP aber auch, weswegen sie zwar medial immermal wieder darauf eingwht, aber nichts tut um wirklich etwas in die Wege zu leiten.

Denn mit Emmisionshandel würde Wissing ebenfalls das Tempolimit sehr schnell bringen müssen, denn dann ist richtig Geld da zu holen und der Druck wäre noch größer.

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Danke für Erwähnung des CO2-Budgets, das in 5 Jahren aufgebraucht sein wird. Bist Du der Meinung, dass das Einhalten dieses Budgets leichter wird, wenn der Verkehrssektor einen Freifahrtschein erhält? Glaubst Du, nach der „Heizungsdebatte“ und dem anschließenden Afd-Höhenflug, dass es einfacher ist, die Emissionen beim Heizen einzusparen als beim Verkehr?

Nein, die Fläche unter der Kurve ist entscheidend! Das politische Framing „irgendwann in der über-über-übernächsten Legislaturperiode auf netto null, dann ist alles gut“ ist komplett irreführend und ignoriert das CO2-Budget.

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Das wäre vielleicht eine mögliche Annahme, wenn man nur durch die Einspar-Brille auf das Problem schaut. Aber leider geht es in der Politik gerade eher um die Verhinderung von Einsparungen, besonders von der FDP-Seite her natürlich.

In der Realität hieße ein einheitlicher CO2-Preis über allem aber auch, dass die verschiedenen Sektoren (Übersicht von buzer) des Klimaschutzgesetzes gleichgesetzt werden.

Also z.B. wäre dadurch eine Tonne CO2, die in der Landwirtschaft erzeugt wird, genauso teuer und wichtig, wie eine Tonne CO2, die z.B. im inländischen Flugverkehr emittiert wird. Das finde ich eine schwierige Festlegung. CO2-Preise in wichtigen Bereichen, wie der Landwirtschaft, sollten doch eher geringer sein, als z.B. beim Fliegen.

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Stimmt, hab ich falsch ausgedrückt. Über Budget verstehe ich die Menge noch erlaubter Emissionen im Gesamten.

Nein, aber das entkräftet nicht das Argument. Das die FDP sich nicht an ihre eigenen Ideologie hält, ist ja jetzt schon sichtbar.

Nein, sollten sie nicht.
Es ist ja gerade Sinn und Zweck eines Emissionshandels, das aus volkswirtschaftlicher Sicht wie CO2-Tonne dort eingespart wird, wo sie am günstigsten zu vermeiden ist (Tempolimit ja, aber dort kann man die ablehnende FDP Position verstehen, wenn man den Preis wirken lassen möchte und nicht eingreift - die Fahrerin selbst wird langsam fahren, um die Kosten des CO2 Preises einzusparen).

Am Ende wird sich ein Preis einpendeln, bei dem die CO2 Entnahme aus der Atmosphäre gegebenenfalls genauso teuer ist wie eine Vermeidung (sofern CCS erlaubt sein wird). Dann stellt sich an dieser Stelle ein Preisgleichgewicht ein. Der, der CO2 nicht vermeiden kann, wird sich ein Zertifikat von jemanden kaufen, der CO2 aus der Luft entnimmt.

Das ist aus meiner Sicht die Konsequenz eines über alle Sektoren hinweg wirkenden Emissionshandels.

Der einzige Mangel des Emissionshandels ist eigentlich, dass die zur Verfügung stehenden Zertifikate sich nicht am restlichen Budget für 1,5 oder 2°C ausrichten.

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Btw.: Da Wissing sich geweigert hat, ein Sofortprogramm vorzulegen, hat FFF das kurzerhand für ihn getan: https://fridaysforfuture.de/wp-content/uploads/2023/07/Copy-of-Sofortprogramm-BMDV-.pdf

Wenn man kraft des Marktes die leichten Reduktionen zu erst durchführt, hat man für die schwierigsten später am wenigsten Zeit.
Wenn man schaut, wie lange es dauert einen Deutschlandtakt einzuführen und sieht dass gerade der Verkehrssektor nach hinten geschoben werden soll, kann man doch an dieser Theorie zweifeln.

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